
Absolut Verboten sein
Noch am selben Tag hat er die Tür vor meinem Zimmer abgeschraubt und hat mir somit das Einzige genommen, was mir noch was bedeutet. Mein Rückzugsort. Jetzt bin ich der Schikane meiner Schwester dauerhaft ausgesetzt. Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht in meinem Zimmer steht und mir deutlich zu verstehen gibt, was für ein absoluter Versager, Creep und Widerling ich doch bin. Sie wirft mir auch vor, ihre Freundinnen mit lüsternen Blicken anzugaffen und dass sie es ja so satt hat, so einen erbärmlichen Bruder wie mich zu haben. Dabei lasse ich sie und ihre Freundinnen immer in Ruhe. Sie ist das Monster, der Wolf im Schafspelz. Nicht andersrum.
Zurück zum Anfang. Auf Knuddels habe ich einen älteren Mann kennengelernt. Er versteht mich. Er hört mir zu und meinte, er wäre in meinem Alter genauso gewesen wie ich. Er nennt sich HeavensKnight und kennengelernt haben wir uns im Musik-Channel, weil wir den selben Musikgeschmack teilen. Nach einem Tag haben wir uns schon so gut verstanden, dass unsere Gespräche schnell tiefgründiger geworden sind. Ich bin nicht schwul oder so, aber dieser Mann versteht es, die Barrieren, die ich um mich herum gebaut habe, einfach niederzureißen und mir das Gefühl zu geben, mit ihm über Gott und die Welt reden zu können. Sowas bedeutet mir viel, weil ich noch nie so jemanden wie ihn kennengelernt habe.
Vorgestern hat meine Schwester dem Fass nun endgültig den Boden ausgeschlagen. Sie hat sich, als ich geschlafen habe, in mein Zimmer geschlichen und meinen Schritt mit Wasser übergossen. Als ich panisch hochgeschreckt bin, hat sie den Moment mit einem Foto festgehalten und gedroht, dass ‘Pipi-Foto-haha-wie-lustig’ von mir auf Social Media zu posten, wenn ich ab sofort nicht nach ihrer Pfeife tanze und ihren Handlanger für alles spiele.
Am liebsten hätte ich sie geschlagen. Es hat mich so viel Kraft gekostet, es nicht zu tun. Hätte ich es getan, wäre Dad auf mich losgegangen, weil das Prinzesschen sein größter Schatz ist und ich in seinen Augen der Schandfleck der Familie bin. Es war mir klar, dass ich nicht mehr so weitermachen konnte. Also habe ich HeavensKnight regelrecht angebettelt mir zu helfen.
Das Paket von HeavensKnight ist gestern angekommen. Ein Pappkarton voller Utensilien, die ich brauchen werde, um genau dasselbe zu tun, was HeavensKnight viele Jahre zuvor seiner Schwester angetan hat. Und heute ist der Tag, an dem ich es durchziehen werde.
Ich kann nur darauf vertrauen, dass das gleiche Resultat bei mir herauskommt, wie bei meinem Freund aus dem Internet und ich endlich zu meinem ruhigen Alltag zurückkehren kann. Es ist 7 Uhr morgens und unsere Eltern sind bereits außer Haus. Da mich Tiffany zwei Tage zuvor zu ihrem persönlichen Sklaven degradiert hat, ist es meine neue Aufgabe der Prinzessin das Frühstück ans Bett zu servieren.
Ich hole das Fläschchen aus meiner Jeans und tröpfle fünf Tropfen in den selbstgepressten Orangensaft. Immerhin kann keiner behaupten, ich würde mir keine Mühe geben. Die Nutellabrote packe ich auf einen Teller und bringe dann beides nach oben und stelle es vor Tiffanys Zimmertür auf dem Boden ab.
Ich klopfe zweimal, weil mir ein eingepferchter Anstand untersagt, das Zimmer eines Mädchens ungeladen zu betreten. Privatsphäre ist mir schließlich unsagbar wichtig. Ich lehne mich gegen die Wand und warte auf eine Reaktion. Die Türklinke wird heruntergedrückt und ein müdes Augenpaar linst durch die Öffnung. Kommentarlos schnappt sich Tiffany das Frühstück vom Boden, fährt einen Mittelfinger aus und knallt die Tür zu.
Ich schaue auf die Uhr auf meinem Handgelenk. Plötzlich stellt die Tür ein Hindernis dar. Wie soll ich so herausfinden, ob und wann Tiffany den Orangensaft zu sich nimmt? Das bringt mich in eine missliche Lage, die mich dazu nötigt, etwas zu tun, was ich noch nie getan habe. Ich gehe vor der Tür in die Knie und schaue durch das Schlüsselloch. Dort sehe ich sie. Meine Schwester liegt auf ihrem Bett.
Die restlichen Minuten nutze ich, um mich fertig für die Schule zu machen. Ich werde heute ohnehin zu spät kommen. Aber es sollte alles so normal wie möglich ablaufen, falls Tiffany ihr Zimmer vor dem Ablauf des Timers verlassen sollte. Was nicht der Fall ist.
Mit erhöhtem Puls betrete ich ihr Zimmer. Tiffanys Lider sind schläfrig, als sie ihren Blick verwundert auf mich richtet. Ich bemerke, wie ihre Lippen sich bewegen, aber sie offenbar zu weggetreten ist, um was auch immer sie sagen wollte, in Worte zu fassen. Gut, das bedeutet das Mittelchen zeigt bereits Wirkung.
Im Keller angekommen, lege ich sie behutsam auf den Schlafsack, den ich einen Tag zuvor in einer unauffälligen Ecke ausgebreitet habe. Ich nehme die Seile aus dem Paket von HeavensKnight und fange an, den Knoten zu binden, den ich extra gestern geübt habe.
Ich bin ein kleiner Glückspilz, denn Tiffany trägt heute nur ihre karierten Schlafshorts und dazu ein weißes T-Shirt. Eigentlich sollte ich mich freuen, dass meine Schwester es mir so einfach macht, trotzdem bildet sich ein Kloß in meinem Hals, als ich auf sie herab blicke und sie dabei beobachte, wie sie sich wie ein angeschossenes Tier in den Seilen windet. Ihre Bewegungen sind so gemächlich, dass andere Männer diesen Anblick und das Schauspiel als sinnlich empfunden hätten.
Ich gebe mir ein paar Sekunden, bis ich mich um die Schlafshorts kümmere. Ruckartig ziehe ich sie bis zu Tiffanys Knien herunter und muss fluchen.
Erneut kommt die Tube zum Einsatz. Dieses mal bin ich nicht so zimperlich. Die Grenze habe ich ohnehin schon überschritten, also ist es an der Zeit, die Zurückhaltung endgültig abzulegen. Ich hole einmal tief Luft, um Mut zu schöpfen und tröpfle aus geringer Entfernung ein paar Tropfen aus der Tube direkt auf Tiffanys Geschlecht. Als die kühle Flüssigkeit die empfindliche Haut berührt, höre ich meine Schwester leise aufstöhnen. Irritiert weiche ich zurück. Abertausende Gedanken prasseln wie Blitze in Sekundenschnelle auf mich nieder.
Das ist genau das, wovor mich HeavensKnight ausdrücklich gewarnt hat. Lass dich nicht ablenken, mahne ich mich und blende abrupt das Chaos in meinem Kopf aus. Konzentrier dich auf das Wesentliche. Das Wesentliche, wiederhole ich leise für mich. Ein paar Spritzer fehlen noch auf Boden und Schlafsack. So perfekt. Zufrieden betrachte ich das Endergebnis. Es sieht aus wie etwas absolut Verbotenes und meine Schwester rahmt sich perfekt in das Bild ein. Für den letzten Feinschliff ziehe ich Tiffanys T-Shirt bis zu ihren Brüsten hoch und reisse den Stoff ihrer Schlafshorts in der Mitte auf.
Ich hole das Kamerastativ aus dem Paket und stelle es auf. Jetzt fehlt nur noch die Nachricht. Die Nachricht, die gleichzeitig Geständnis, Versprechen und Drohung ist. Als ich mein Handy aus der Hose pflücke, fällt die ganze Anspannung, die sich wie ein Mantel über meinen Körper gelegt hat, von mir ab. Es ist vorbei und ich habe es geschafft. Obwohl ich eigentlich überhaupt nicht der Typ bin, der gerne Dinge mit anderen teilt, verspüre ich das Bedürfnis HeavensKnight teilhaben zu lassen. Ich knipse ein Foto von Tiffany und will es schon senden, als ich es mir anders überlege und die Nachricht an Tiffany vorbereite:
Du weisst ganz genau, was ich dir angetan habe. Und ich kann es jederzeit wieder tun. Für den Fall, dass du den Drang verspürst, jemanden davon zu erzählen, denke immer daran, dass du viel mehr zu verlieren hast als ich. Also wenn du nicht willst, dass all deine Freunde sehen, was wir beide im Keller getrieben haben, rate ich dir den Mund zu halten und mich in Ruhe zu lassen. Das Video ist schneller im Internet als du glaubst.
PS: Das ist erst der Anfang.
Als alles erledigt ist, mache ich mich auf den Weg in die Schule und entsorge dabei das Paket mit der angefangen Tube und dem Betäubungsmittel. In der Schule verhalte mich so wie immer. Als wäre nichts passiert. Als wäre alles völlig normal.
Zu meiner Überraschung hat Tiffany auch nicht meine Sachen durchwühlt, auf der Suche nach irgendeinem Videobeweis, den es natürlich nicht gibt. Ganz untypisch für sie, aber ich begrüsse ihren Sinneswandel. Erleichtert melde mich bei Knuddels an, um HeavensKnight Bericht zu erstatten.
Ehe ich die Frage beantworten kann, taucht unverhofft meine Schwester im Türrahmen auf. Unsere Blicke kreuzen sich und als ich das Handy in ihrer Hand bemerke, lächelt sie verwegen.