
Eifer
Vanessa und ich haben uns mal wieder gestritten. Warum? Aus den üblichen Gründen. Sie hatte angekündigt, dass sie heute geplant hätte, mit einem alten Schulfreund in ein Café zu gehen. Reden über alte Zeiten und sowas, nichts weiter. Sie stellte aber direkt klar, dass sie nicht wolle, dass ich und meine Langzeitfreundin Eifer zu dem Treffen mitkämen. Eifer war Vanessa schon lange ein Dorn im Auge. Immer wieder kamen wir uns ihretwegen in die Haare. In meiner Verzweiflung packte ich Vanessa am Arm, flehte sie an, zu bleiben und nicht ohne mich zu dem Treffen zu gehen. Vanessa ließ sich aber nicht weichkochen oder zur Besinnung schütteln. Nein, sie betitelte mich nur als krank, stürmte an mir vorbei und schlug die Tür hinter sich zu. Geknickt starrte ich aus dem Fenster und sah Vanessa zu, wie sie mit dem Auto davon raste. Zu einem anderen Mann. Alleine. Ohne mich, und das nur, weil sie Eifer so sehr hasste, es nicht mehr so mit uns weitergehen könne und sie Eifer nicht mehr länger an meiner Seite dulden würde. Bla. Bla. Ich war froh darüber, dass Eifer mich schließlich doch noch überredete, Vanessa zu folgen. Vorsicht ist schließlich besser als Nachsicht. Eifer, eine wahre Freundin. Was wäre ich nur ohne sie?
Eifer und ich sitzen jetzt im Kaffee und beobachten unauffällig meine Frau. Sie sitzt gegenüber von einem Mann und rührt in ihrem Tee herum. Vanessa sieht wie immer gut aus. Aber wer ist der Kerl? Den habe ich noch nie zuvor gesehen. Von wegen alter Schulfreund. Da ist doch etwas faul. Vanessa lächelt ihn sogar an und kichert über etwas, was der Idiot gerade von sich gegeben hat. Eifer berührt mich an der Schulter und ich schlucke schwer, weil ich ahne, was gleich kommen wird. Eifer und ich sind so eng und vertraut, sie kann praktisch schon meine Gedanken lesen. “Sie verstehen sich wohl sehr gut, die Beiden”, flüstert mir Eifer zu und sie hat recht. Die verstehen sich wirklich viel zu gut. Wie lange läuft das denn schon zwischen den beiden? Warum hat Vanessa mir den Kerl nie vorgestellt? Hat sie etwa was zu verbergen? Vanessa fängt an zu lachen und prustet dabei ein bisschen Tee über den Tisch. „Scheint echt lustig zu sein der Kerl, sie amüsiert sich prächtig“, meint Eifer zu mir. Und ja. Das tut sie. Und wie sie das tut. Über meine Witze hat Vanessa nie so herzhaft gelacht. Denkt sie überhaupt an mich, während sie sich mit diesem Typen hier amüsiert? Hat sie denn gar kein schlechtes Gewissen, weil wir uns wieder einmal so heftig gestritten haben?
Ich nehme mein Handy aus der Jackentasche und schreibe Vanessa eine SMS, um sie daran zu erinnern, dass ich auch noch existiere: ‚Schatz wo bist du?‘ Ihr Handy leuchtet auf dem Tisch auf und sie nimmt es sogar in die Hand, blickt aber nur kurz auf das Display und verstaut es anschließend in ihrer Handtasche.
„Sie hat wohl keine Zeit, dir zu antworten, der Kerl ist ihr anscheinend wichtiger als du. Vielleicht weiß der Typ nicht einmal, dass du existierst.“
Was ist, wenn Eifer wieder recht hat? Vielleicht denkt der Kerl tatsächlich, Vanessa wäre single und er könne sich an sie heranmachen. Tränen der Wut und der Verzweiflung steigen mir in die Augen. Du miese Schlampe, wie kannst du mich ihm nur verheimlichen?
„Du musst der Schlampe zeigen, dass du auch begehrenswert bist. Schlage sie mit ihren eigenen Waffen. Du brauchst eine Absicherung“, schlägt Eifer vor. Stimmt, Vanessa soll ebenfalls leiden, ihr eigenes Gift schlucken. Ich scrolle meine Kontaktliste auf meinem Handy durch. Mit Linda habe ich schon lange nicht mehr geschrieben. Was die wohl so macht? Oder Susi, die wollte schon immer was von mir oder wie wäre es mit der schönen Jasmin?
Vanessas erneutes Auflachen lässt mich innehalten und mein Fokus springt auf den Kerl über, der meine Frau schon wieder zum Lachen gebracht hat. Er ist aufgestanden, grinst selbstzufrieden und steuert breitbeinig die Männertoilette an. Ich sinke in den Stuhl und verstecke mich hinter der Zeitung, die ich extra mitgenommen habe. Als der Kerl an mir vorbeiläuft, spähe ich kurz über den Rand der Zeitschrift und mustere ihn einmal von oben bis unten.
„Gut sieht er aus, diese blauen Augen, das volle Haar und hast du diese Muskeln gesehen?“, schwärmt Eifer. Ich muss Eifer zustimmen, er sieht wirklich gut aus. Viel fitter als ich. Über die Jahre habe ich mich etwas gehen lassen, bin ein wenig in die Breite gegangen. Findet mich Vanessa nicht mehr attraktiv und trifft sich deshalb mit anderen Männern? Männer mit tollen Muskeln und vollem blonden Haar? Ich tippe gegen meinen Bauch. Ganz schön aus der Form. Na klasse, bis der Speck wieder runter ist, hat Vanessa doch längst einen Neuen gefunden.
Als der Kerl zum Tisch zurückkehrt, strahlt Vanessa ihn an. Da liegt ein Funkeln in ihren schönen Augen. Mich hat Vanessa schon lange nicht mehr so angesehen. Im Gegenteil, sie scheint mich gar nicht mehr anzusehen, schenkt mir kaum noch Aufmerksamkeit und behauptet ständig, ich und Eifer würden sie zu sehr einengen. Sie brauche auch mal Abstand von uns, möchte mehr Zeit mit Freunden verbringen. So wie sie es heute tut. Mit diesem ominösen Schulfreund, den ich noch nie zuvor gesehen habe.
„Das nennt sie Zeit mit Freunden verbringen? Sieht eher so aus, als wolle sie uns loswerden und gegen diesen Typen austauschen”, zischt Eifer empört. Ja. Ersetzen, wie einen kaputter Stuhl will sie uns und mit einem schöneren und neueren Stuhl durchbrennen. Einem Designerstück! Eifer legt ihre Hand tröstend auf meine, weil sich die Tränen mittlerweile wie ein Fluss ihren Weg durch mein Gesicht bahnen. Bullshit. Mir reicht’s! Vanessa hat recht, so kann es mit uns nicht mehr weitergehen. Ich winke der Kellnerin, bezahle meinen Kaffee, nehme meine Jacke vom Stuhl und verlasse wutentbrannt das Lokal, um es wenig später wieder zu betreten. Diesmal soll mich Vanessa sehen, denn einer von uns Dreien ist einer zu viel und von Eifer werde ich mich garantiert nicht trennen. Der Revolver in meiner Jackentasche wiegt schwer, als ich ihn heraushole und mit einem Knall aus einer Drei eine Zwei mache.
Es tut weh, Vanessa in ihrem Blut liegend zu sehen, aber es hätte auch weh getan, sie mit einem anderen Mann an ihrer Seite zu wissen. “Es ist ihre Schuld, dass es so gekommen ist”, sagt Eifer noch zu mir, als sie mir Handschellen anlegen und mich abführen. “Sie hätte uns kein Ultimatum stellen und schon gar nicht über die Witze von dem Typen lachen sollen.”
Ich blicke über die Schulter zu dem Mann, der angeblich ein Schulfreund meiner Frau sein soll, und als ich seine Tränen sehe, weiß ich, dass ich das Richtige getan habe.
Er hätte mir meine Vanessa weggenommen, doch ich bin ihm Dank Eifer zuvor gekommen.
Wunderschön, aber sehr traurig. Danke für deine Arbeit und Gedanken, die du dir gemacht hast. Wir haben das gute Stück vertont. Ich hoffe, dir gefällt es. Das ist unser Dank, den Wir, das Team hinter CrimeZ, dir mitgeben. Mach weiter so.
Hey, danke für die Vertonung 🙂 Hat mir gut gefallen und hab mich sehr gefreut !