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I find peace in the rain

Wir sind auf dem Spielplatz – du und ich. Das Karussell ist nass. Deine Schuhsohlen stapfen durch den Dreck. Ich drehe mich rundherum und rundherum. Du hältst das Seil in der einen und das Messer in der anderen Hand.

Rundherum.

Dein Atmen zaubert Wölkchen vor deinem Gesicht.

Rundherum.

Mir ist kalt, doch meine Wangen sind ganz warm.

Rundherum.

In meinem Körper pocht es und ich weiß, das müssen die Raupen sein, die ich deinetwegen dort drin habe.

Rundherum.

Du sagst, ich soll zu dir herunterkommen.

Rundherum.

Du willst ein Spiel spielen.

Rundherum.

Eins, das schön ist.

Rundherum.

Eins, das Spaß macht.

Rundherum.

Und dann bleibst du stehen und siehst zu mir hoch. Immer wenn du mich ansiehst, schlüpfen Schmetterlinge in meinem Bauch. Ich drücke meine Handflächen dagegen und muss lächeln. Ich mag das Gefühl.

„Sind das die Schmetterlinge?“, fragst du mich und ich nicke.

„Die toben auch in meinem Bauch“, sagst du und lachst los.

Ich stimme mit ein, dann hilfst du mir herunter. Als ich vor dir stehe, ergreifst du meine Hand. Zusammen springen wir über den Fußballplatz.

Vor dem Netz bleiben wir stehen. Du gibst mir das Messer und stellst dich vor mir auf.

„Wenn du das in mich reinsteckst, kommen die Schmetterlinge aus meinem Bauch heraus, magst du die Schmetterlinge sehen, Sonnenschein?“

So nennst du mich immer. Ich bin dein Sonnenschein.

Ich nicke fröhlich und steche zu. Du stöhnst auf und sinkst vor mir auf die Knie. Nun halten wir beide das Messer fest.

Wir sehen uns an und da ist dieses Grinsen in deinem Gesicht, das meine Raupen zum Explodieren bringt.

„Siehst du schon die Schmetterlinge?“, fragst du mich und ich schüttle den Kopf. Du lachst und streckst deine Finger nach mir aus.

„Dann musst du es vielleicht noch ein bisschen tiefer in mich hineinstoßen.“

„Meinst du?“

„Ja, tu es, Sonnenschein. Du schaffst das.“

Ich mache, was du von mir verlangst. Da kommt rote Erdbeersoße aus dir heraus und weil ich nicht so stark bin wie du, hilfst du ein bisschen nach und drückst dich gegen mich und an mich ran.

„Wo sind denn die Schmetterlinge, Papa?“, frage ich, als immer mehr Erdbeersoße um uns herum ist.

„Ich weiß nicht, Sonnenschein, vielleicht gehe ich auch dorthin, wo die Engel wohnen“, antwortest du und deine Stimme hört sich ganz komisch an. Die Raupen wüten in meinem Bauch. Der Regen prasselt von oben auf uns hinab.

„Und wo gehe ich hin, wenn du bei den Engeln bist?“, brülle ich und lasse das Messer einfach los.

„Nach Hause, Sonnenschein, nach Hause, dort, wo du hingehörst“, flüsterst du schwach und legst dich in die Erdbeersoße hinein.

Ich lasse mich auf dich fallen und haue mit meinen Fäusten auf dich ein.

„Ich will aber nicht nach Hause“, schreie ich dich an. Irgendwann werde ich müde und liege neben dir im Matsch.

„Papa?“

„Hm?

„Weinen die Engel gerade?“

„Papa?“

„Papa?!“

„Papa … bist du schon bei den Engeln? Papa?“

„Papa, darf ich auch bei den Engeln wohnen?“

„Papa …“

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