ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Wisst ihr, es gibt schon immer Dinge, die anders sind als die gewöhnlichen Dinge. Da gibt es zum Beispiel das normale Messer und dann ein Springmesser. Es gibt rote Rosen, und es gibt weiße Rosen. Es gibt Menschen und es gibt… nun das ist schwer, da ich nicht weiß, was sie sind. Doch ich weiß, dass ich ihre Geschichte weiter erzählen werde. Doch nicht lebendig. Ich höre die Bussarde draußen kreisen, und ich sitze hier in einem Meer aus Körperflüssigkeiten und warte, bis sie kommen, um mich zu holen.
Das Buch
Ich bin einer der Jugendlichen, die anders sind. Andere tragen diese dämlichen Jogginghosen, die ihnen am Arsch hängen, und ich trage Army Shorts und Springerstiefel. Sie tragen Markenshirts, ich trage Bandshirts, die in Kindergärten Schreiattacken der Kinder auslösen würden. Die sitzen auf Spielplätzen und kiffen, ich sitze in der Bücherei und lese. Klar, ich rauche auch, aber nicht das Zeug, das die rauchen. Wie dem auch sei. Ich bin wahrscheinlich der einzige Jugendliche in der Stadt, der Bücher nutzt, um sie zu lesen und nicht, um sie… ich weiß nicht was diese Ignoranten mit ihnen machen, ich will es auch nicht wissen.
Es ist ein Sommertag wie jeder andere. Ich schleppe mich durch die schwüle Hitze, auf dem Weg zur örtlichen Bücherei. Die Zigarette hängt mir lose im Mundwinkel, zum Rauchen ist es einfach zu warm. Ich komme an den gläsernen Türen der Bücherei an und will gerade durchgehen, als ich das Schild sehe. „Wegen Betriebsferien bis zum Ende der Ferien geschlossen.“ Fuck! Ich stehe recht enttäuscht da. Ich weiß nicht, wo sonst hin. Ziellos wandere ich durch die Straßen der Innenstadt. Mal hier hin, mal dort hin, bei einem Antiquitätenhändler bleibe ich stehen. Ich schaue mir mäßig interessiert die Auslagen an. Am Büchergrabeltisch bleibe ich hängen und blättere wahllos durch alte zerfetze Western. „Kann ich dir helfen, mein Junge?“ höre ich eine gutmütige Stimme fragen. Der Besitzer des Ladens ist rausgekommen. Es ist eher der gemütliche Großvatertyp, und er hat tatsächlich eine Pfeife im Mundwinkel. Aber wie meine Zigarette ist sie aus. Ich lächele flüchtig. „Sind das alle Bücher, die sie haben?“ frage ich. Er ruckt mit dem Kopf in den Laden. „Hinten im Hinterzimmer hab ich noch ein paar stehen. Vielleicht ist was dabei, was dir gefällt.“
Ich betrete den kühlen Laden und gehe durch nach hinten. Der Raum ist klein und vollgestopft mit Büchern aller Art. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Alte Ausgaben von längst vergessenen Büchern, manche in alter Schrift, die ich noch nie gesehen habe. Ich lasse mich nieder und stöbere durch die Kisten. Innerhalb von einer halben Stunde habe ich mir ein paar schöne Exemplare rausgesucht: Eine Erstpressung von Frankenstein, eine Enzyklopädie über Mittelerde und Rosemaries Baby. Ich nehme meine Entdeckungen und will gerade nach vorne gehen, als mein Blick auf einen Karton fällt, den ich vorher nicht beachtet habe. Er ist schmuddelig, wie die anderen, und so unauffällig, dass man ihn nicht beachtet, wenn der Blick nicht zufällig drauf fällt. Und das tat er. Ich lege die Bücher beiseite und ziehe den Karton hervor. In ihm ist ein Buch. Selbstverständlich, was sollte sonst drin sein? Ich schüttele den Kopf und nehme das Buch raus. Es ist alt, älter als die andern Bücher hier. Ich streiche über den dünnen Ledereinband. Echtes Leder, nicht dieses billige Kunstleder. Auf dem Einband ist ein Vogel abgebildet. Ich will es aufschlagen, als ich hinter mir eine Stimme höre. „Das würde ich sein lassen.“ Ich schrecke herum. Es ist der Ladenbestizer, und er starrt angsterfüllt auf das Buch. „Warum?“ frage ich verwundert. Ich verstehe seine Nervosität nicht. „Das Buch ist anders. Die Seiten sind nicht aus Papier, sie sind aus Menschenhaut gemacht. Und sie erzählen keine Geschichten, die erfunden sind. Sie erzählen viel Schlimmeres. Die Wahrheit.“ Ich schaue den Alten verwundert an. „Wenn sie mir Angst machen wollen, viel Vergnügen, ich bin einiges gewohnt. Außerdem machen sie mich umso neugieriger.“ Ich will das Buch aufschlagen, doch der Alte schlägt seine Hände drum. „Bitte, Junge. Jedes Buch, das du willst. Jedes. Ich mach dir einen guten Preis, aber nicht das.“ Scheiße, der Kerl versteht was vom Werbung machen. Ich atme durch. „Hören sie, guter Mann. Ich habe Dracula gelesen, als ich sechs war. Ich habe American Psycho in der dritten Klasse gelesen und Der Exorzist stand auf meinem Wunschzettel, als ich elf war. Also sagen sie mir nicht, dass das Buch gruselig sei. Und ihre Verkaufsmasche, so gut wie sie ist, wirkt bei mir nicht. Also, egal was sie sagen, das Buch war in ihrem Verkaufssortiment, und ich will es kaufen.“ Der Alte blickt mich voll Grauen an. „Und nichts, was ich sage, kann dich davon abbringen?“ fragt er mit zitternder Stimme? „Nein“, antworte ich lächelnd. „Nun gut. Aber seien Sie gewarnt. Das Buch ist auf Wegen zu mir gelangt, über die ich nicht reden darf, und es hat eine Geschichte hinter sich, für die man mich lebenslang in die Anstalt bringen kann.“ Ich nicke und gehe zur Kasse. Für die anderen Bücher bezahle ich insgesamt nur fünf Euro. Das lederne Buch kostet nichts. Ich blicke den Alten fragend an. Er schüttelt nur den Kopf und geleitet mich raus. Er verbirgt es einigermaßen gut, aber ich weiß, dass er mich loswerden will. Als wir vor dem Laden stehen, blickt er mir in die Augen. „Mein Freund, ich bitte Sie in aller Himmels Namen, lassen Sie dieses Buch hier. Es wir Ihnen nur Unglück bringen.“ Ich klopfe ihm freundlich auf die Schulter, verabschiede mich höflich und gehe meiner Wege nach Hause.
Ich blicke diesem Jungen hinterher. Dieser arme Junge. Jahrelang hat das Buch dagelegen, hat niemanden gestört, und jetzt hat er es ausgegraben. Ich kann nur um ihn beten. Um mich ist es zu spät. Ich gehe langsam in den Laden zurück. Der Laden hat mir viel bedeutet. Hab ihn von meinem Vater geerbt, vor fast sechzig Jahren. Ich gehe hinter den Tresen. Es hat keinen Sinn mehr. Jetzt ist eh alles zu spät. Ich nehme die Walther unter der Theke hervor. Möge der Junge nicht zu viel leiden. Und ich schieße mir in den Mund.
Ich bin wieder zuhause. Ich hab mich in mein Zimmer verkrochen, wie immer. Meine Mutter ruft nach mir, aber ich höre sie nicht. Oder besser gesagt, ich will sie nicht hören. Ich schmeiße meinen Plattenspieler an. Irgendwas von den Misfits läuft an. Ich packe meinen Rucksack aus und stapele die Bücher auf dem Schreibtisch. Interessiert streiche ich über den Einband. Mir gehen die Worte des Alten nicht aus dem Kopf. Warum zum Teufel wollte er sich nicht von dem Buch trennen? Er war panisch. Ich schlage es auf. Tatsächlich. Die Seiten sind nicht aus Papier, sie sind aus zähem, aber feinen Leder gemacht. Ich fange an zu lesen.
Scheiße. Der Alte, so verrückt er auch schien, er hatte recht gehabt. Ich verfluche mich selbst. Es ist zwei Stunden her, seit ich mit dem Lesen angefangen habe. Und seitdem fröstelt es mich. Die ersten paar Seiten waren ja noch ganz okay. Es schien sich um eine Art Tagebuch zu handeln. Geführt von einem Kerl namens Robert Blake. Hier mal ein paar Auszüge:
18.8.1898
Heute in C. angekommen. Es scheint, als ob mich ein Ruf hierhin verschlagen hat. Seit meiner Ankunft habe ich leichte Kopfschmerzen, allerdings nur im Hinterkopf. Vielleicht im Zug falsch gesessen.
19.8.1898
Kaum geschlafen. Irgendwas hat mich wach gehalten. Meine Kopfschmerzen sind stärker geworden. Werde nun spazieren gehen.
Abends. Habe die Stadt erkundet und bin auf die Ruinen in ihrer Mitte gestoßen. Auf Nachfrage bei den Einwohnern wurde ich zurückgewiesen und gebeten, sie nicht mehr zu belästigen. Doch als ich in der Nähe der Ruinen war, wurden meine Kopfschmerzen schlimmer denn je. Gedenke mich nun hinzulegen.
20.8.1898
Wenn es Albträume gibt, brauch ich für das, was ich erlebt habe, ein neues Wort. Ich wurde gehetzt, gemartert, verfolgt. Unendliche Angst lähmte mich. Irgendwas kroch durch meine Träume. Doch die Kopfschmerzen sind vergangen. Werde heute nochmal zu den Ruinen gehen.
Die nächsten Seiten beschrieben ein paar alltägliche Dinge, wie zum Beispiel einen Büchereibesuch und ein paar Einkäufe. Doch dann, ein paar Seiten weiter, fing es wieder an, und ab dem Punkt fröstelte es mir.
2..8…18…
Ich kann nicht mehr. Ich war in den Ruinen. Habe dort…eine Schatulle gefunden…GOTT!!!….wenn sie jemand findet, werft sie ins Meer, beschwert sie mit Steinen und versenkt sie am tiefsten Punkt der Welt. Doch werdet sie auf jeden Fall los. Das Grauen, das mich umfasst, lässt sich nicht in Worte… Plakut… Raykehm…. tetöt hcim…
Hier endet das Tagebuch. Und hier endet auch mein Verstand. Ich sehe Dinge, die nicht real sind. Ich höre den Schrei eines Bussardes draußen. Draußen, wo nur Schwärze herrscht. Die Unendlichkeit. Das grüne Licht. Ich höre sie vor der Tür schaben. Sie rufen mich in fremder Sprache. Ich will nicht da raus gehen. Nicht zu ihnen. Nicht zu ihr.
Zu spät….
Folge den Bussarden.
Renn.