MittelTod

Der Held

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Er war ihr Held.

Aufgestiegen  nur weil er sich für das einsetzte woran er glaubte. Seine Kollegen erzählen es noch heute so. Geprägt durch Bescheidenheit und die Kunst alles schnell zu erfassen. Ja er sah die Zusammenhänge und stellte sich gegen das System, indem er einfach nur einmal laut aussprach was andere dachten.

In diesen Zeiten wurde den Menschen immer eingebläut, wie wichtig ihre Arbeitsstelle war. Das wusste auch Julien. Ihr Julien, ihr Held.

Das Klima war schlecht und sank immer mehr einem noch nicht vorhandenem Ende zu. Als würde man zusehen wie ein See austrocknet und der Wasserstand sich nur noch im Grundwasser behauptet. Eine zwei-Klassen-Gesellschaft entstand als man ihnen den neuen Leiter des Werkes vorstellte. Was einst eine Familie war wurde vom ersten Tag an entzweit. Gespräche zwischen den Mitarbeitern  verstummten. Die gewährte Hilfe wurde Zunehmens weniger unter ihnen. Der Leitspruch alle für einen wurde ersetzt durch den Slogan: Helf dir selber! Ja er schrie einen förmlich an, wenn man auch nur die Stechuhr berührte. Julien fand es direkt zu anfangs beunruhigend aber niemand stellte Fragen oder wunderte sich.

Die Zeiten wurden nun mal härter.

Wer interessiert sich für die Schicksale, wenn der Profit die Menschlichkeit  schon längst in die Schranken gewiesen hat?!Nur Metall welches in lustig aussehende kleine Ronden gestanzt wurde, namens Münzen, sollte alles bestimmen. Man gab ihnen einen Wert und ließ zu dass es unser Verhalten bestimmte. Während der Lohn am Monatsende die hungrigen Konten füllte, wurde Informationen in der Arbeiterebene mit Sicherheit belohnt, dass es auch weiterhin so sein würde. Das Misstrauen wuchs und schlug seine Wurzeln in die Abteilungen. Julien litt genau wie alle anderen darunter. Morgens aufzustehen wurde immer mehr zur Qual ebenso an dem Tag an dem er ihr Held wurde.

Es war der Tag der Betriebsversammlung. Wer hätte es gedacht.

Ein Programm welches sich jedes Jahr wiederholt, als wäre es immer dasselbe wurde herunter gespult. Nichtssagend ertrugen alle Anwesenden die einzelnen Punkte, wie brave Lämmer. An den richtigen Stellen mit der Hand auf den Tisch klopfen oder  betretenes Schweigen. Sie kannten alle die Prozedur, es war eine einstudierte Choreographie gewesen. Zum Abschluss wurde immer die Frage gestellt: „Wer noch etwas sagen möchte melde sich jetzt oder schweige bis zum nächstem Jahr!“ Und nie stand jemand auf um etwas  preiszugeben von den Gedanken die diese Person beschäftigten. Bis auf dieses Mal:

Julien stand auf ging schweigend zum Rednerpult und faltete ein handbeschriebenen Zettel auf. Er blickte verschüchtert alle an und musste sich räuspern. Nach einer Pause las er vor was vor ihm ausgebreitet lag  ohne auch nur einmal aufzusehen. Wahrscheinlich hätte ihn der Mut verlassen, hätte er auch nur in ein einziges Gesicht geblickt.

Er las die Worte:

Liebe Kollegen!

Was ist hier nur geschehen? Ich frage euch weil ich es mir nicht erklären kann. Wir  waren einmal wie eine Familie. Wir halfen einander, wer nicht mitziehen konnte, den zogen wir mit. Niemals haben wir zugelassen, dass man uns als Menschen schlecht behandelt. Und doch passiert es die letzte Zeit immer mehr. Wir sind wie eine Herde Vieh welche man auseinandergerissen hat. Wer von euch kann denn noch in den Spiegel schauen, nachdem er heimlich zu dem ranghöherem Bock geschlichen ist um ihm weiterzutragen, welches Missgeschick den einzelnen Herdentieren passiert ist. Und warum macht man sowas? Ich habe dafür zwei Antworten gefunden: Entweder man verspricht sich eine bessere Stellung  in der Hierarchie oder man will von seinem eigenen Unzulänglichkeiten ablenken. Wie auch immer, ich kenne euch alle, so wie ihr mich. Ich kenne eure Familien eure Kinder, eure Frauen oder Männer! Ich kenne eure Probleme, eure Sorgen, eure Nöte, aber wir müssen aufhören uns gegenseitig das Leben so schwer zu machen. Hört auf! Hier sitzen Geschwister oder Anverwandte. Ich bitte euch, ich flehe euch an hört auf gegen einander zu arbeiten. Merkt ihr nicht, dass ihr ausgespielt werdet? Lasst nicht zu dass alles woran wir einst glaubten zerstört wird durch die Machtgier eines Einzelnen. Was  kann Einer denn ausrichten, gegen eine Gemeinschaft? Denkt darüber nach und lasst es uns ändern. Wir haben es ganz allein in der Hand!

 Danke!

Als er von Pult stieg, gab es erst ein betretenes Schweigen jedoch ließen sich einige hinreißen zu applaudieren. Nach und nach stiegen alle mit ein.

Fast alle……. eine kleine Ecke saß zähneknirschend da, den blanken Zorn in den Augen.

An diesem Tag wurde den Menschen etwas wiedergegeben. Vielleicht etwas von der längst verloren geglaubten Würde. Durch diese banalen Worte, dieses plumpe Gekritzelt, machte man ihn zum Helden. Ein Held der nur ihnen gehörte. Man bestaunte seinen Mut und die meisten nahmen sich zu Herzen was er an diesem Tage sagte.

Vielleicht war er nicht der Held in strahlender Rüstung der sich durch einen wütenden Mob kämpfte um Gerechtigkeit zu bringen. Julien hatte kein Damoklesschwert, welches er wütend über seinen Kopf heben konnte. Er hatte nur ein paar Fragen und eine Bitte. Rückblickend ist es faszinierend, was ein paar einfache Worte bewegen konnten. Das begriffen  leider viel zu wenige, das war Julien nun all zu bewusst.

Er hatte etwas bewegt, ob es anhielt vermochte keiner zu sagen. Aber was die Zukunft brachte war ihm egal. Noch viele Tage nach seinem Auftritt wurde er wie eine wichtige Persönlichkeit behandelt. Die Leute wurden wieder freundlicher zueinander. Vereinzelt standen sie plötzlich auch wieder füreinander ein. Vielleicht besinnen sie sich nun eines besseren dachte Julien während ihm die Tränen aus den Augenwinkel rannen. Er war der Held in einer kleinen Fabrik und jeder hatte Respekt vor ihm. Man hielt ihn für mutig und kühn die Kollegen dazu anzuhalten sich als Gemeinschaft gegen das System zu behaupten. Er wusste tatsächlich wer alles ein Haus abzubezahlen hatte oder wer seine Familie ernähren musste. Viele wurden zum Schweigen angehalten, indem  sie einfach Angst hatten, dass sie ihren Verpflichtungen der eigenen Familie gegenüber nicht einhalten konnten. Das Dach über dem Kopf wollte bezahl werden, ebenso der Kühlschrank der das Essen bereithielt.

Dennoch hoffte er, dass sich nun das Leben für diese Menschen bessert. Das die Arbeitszeiten wieder regelmäßiger wurden ebenso der Lohn. Das man einsah das die Menschen nicht jeder nur für die Arbeit leben kann. Die Hoffnung in seinen Gedanken war da, aber das Ergebnis ungewiss.

Alle hielten ihn für etwas besonderes, warum wusste er selber nicht. Dies verstärkte nur den bohrenden Schmerz tief in ihm. Er wollte das alles nicht. Denn nun wo er in der Wanne lag und das Blut ins Wasser strömte, fühlte er sich sogar etwas schuldig. Wie konnte er deren Held sein. Verdammt wieso mussten sie sich ihn erwählen. Er wollte ihnen nur ins Gesicht schreien, dass sie alles selber in der Hand haben. Sie wollen Veränderungen, dann müssen sie was dafür tun! So wie er nun das tat was schon solange in ihm gedieh. Er sah wie das Blut seine Arme herunterlief und seine Bahnen zog um dann das warme Wasser rötlich zu verfärben. Die Lieder wurden schwer und es war immer anstrengender nicht einzuschlafen. Das Messer lag gedankenverloren auf dem nackten Fliesenboden. Es musste schon vor einer Weile  vom Badewannenrand gefallen sein, seine Klinge war aus rostfreiem Stahl. Das eingestanzte  Symbol  des Herstellers war nicht mehr zu erkennen, da das Blut die Prägung  aufzufüllen schien. Während sein Herz die letzten Schläge ausführte und sein Brustkorb unendlich lange brauchte um die letzten Atemzüge zu erarbeiten, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Eine Mischung aus Zufriedenheit und Amüsiertheit, so dachte er noch bei sich : Ihr seht nur was ihr wollt und in euren Augen war ich ein Held.“

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