Kosmischer HorrorMittelMord

Der lächelnde Mond

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Everything here is so cold

Everything here is so dark

I remember it as from a dream

In the corner of this time

Diabolic shapes float by

Out from the dark

I remember it was here I died

By following the Freezing Moon

The Freezing Moon“ – Mayhem

Es ist kein sonderlich großes Geheimnis, dass ich selbst nicht
gerade der Idealvater war. Ja, ich habe ihn vielleicht desöfteren
vernachlässigt. Ja, ich habe ihn manchmal einfach allein gelassen.
Und ja, auch die letzten Tage lang habe ich das getan. Aber ich bin
nicht für das verantwortlich, was mit ihm geschehen ist! Oh nein,
genausowenig wie meine Frau! Und das auch noch, wenn ihr mir und ihr
die dreifache Menge an Fragen in den Rachen stopft! Ich wollte es doch nicht einmall!

Alles verlief doch seinen normalen, ruhigen Gang und ließ keinerlei
Veränderung zu. Nun gut, machmal verschwand Yngve einfach, jedoch
nur für einige Minuten. Meistens hatte er sich dann hinter dem
breiten Sofa versteckt, um den Zucker direkt aus der Tüte essen zu
können, ohne von meinem harschen Blick erfasst zu werden. Oder
manchmal stahl er sich auch einfach davon, um heimlich den Kater
meiner Nachbarin zu streicheln. Ich hatte es ihm nämlich verboten,
weil mit seiner Tierhaarallergie nicht zu spaßen war. Und ich wollte
nicht, dass mein fünfjähriger Sohn in einem so frühen Alter schon
von der Welt treten müsste, nur weil ihn ein alter weißer Kater in
seinen Bann gezogen hätte.

Und mit meiner Nachbarin hatte ich alles Diesbezügliche schon
mindestens sechsmal durchgekaut, doch die werte Frau Fauskanger
ignorierte es trotzdem und ermutigte ihren fetten Kater mit
kleinen Fleischstückchen zusätzlich noch dazu, in das Zimmer meines
kleinen Jungen zu klettern. Und immer, wenn ich von der Arbeit
zurückkam, lag das faule Tier auf meiner Türschwelle und stank nach
rohem Fleisch, das ihm seine Herrin wahrscheinlich noch zur Belohnung
für seine Schandtat hingeworfen hatte. Daher trat ich den fetten
Kloß manchmal einfach weg, weil ich nach einiger Zeit einen
unglaublichen Hass auf ihn entwickelt hatte und stetig nur betete,
dass ich meinen Sohn nicht angeschwollen und erstickt in seinem
Zimmer finden würde.

Zum Glück leistete meine gute Helga ihren Teil dazu oft bei, indem
sie das Tier mit ein paar gekonnten Besenschlägen verjagte, bevor
die giftigen Haare auch nur in die Nähe von Yngves Kinderzimmer
gekommen waren. „Verschwinde Edgar!“, hatte sie immer
gebrüllt, wenn sie mit dem braunen Reisigbesen, der mehr Deko als
Werkzeug war, fast jeden Tag aufs Neue hinter dem elenden Vieh
herrannte.

Und so ging das ein ganzes halbes Jahr lang, bis ich endlich den
Entschluss fasste, der alles verändern sollte: Ich vergiftete den
Kater.

Es ging ganz schnell. Es waren vielleicht drei Sekunden, in denen
sich das Tier in Agonie auf dem Boden wand, bevor es sein Leben
aushauchte und jämmerlich verging. Mit einigen schnellen
Spatenhieben in einer abgelegenen Ecke meines Gartens verscharrte ich
ihn, stets auf der Hut vor Fauskangers blitzenden Augen. Sie mochte
vielleicht alt sein und senil wirken, doch sehen konnte sie wie eh
und je und würde nicht zögern, gegen mich vorzugehen. Und um
ehrlich zu sein, hatte ich enorme Angst vor ihr. Denn immer, wenn ich
und meine damaligen Freunde früher auf der nahegelegenen Wiese
Fußball spielten, passierte es häufig, dass unser Ball nach einer
gewagten Flanke mitten in ihrem kleinen Garten landete und einige
ihrer sorgsam gepflegten Dahlien zerdrückte. Daraufhin war ich stets
der Einzige, der nicht schnell genug wegrennen konnte und von ihr
aufs Übelste gescholten und geschlagen wurde.

Es klingt und ist vielleicht nicht so sonderlich bösartig, aber
trotzdem hat sich aus diesen Vorfällen eine Angst entwickelt, die
sich über all die Jahre gehalten hat. Mit den Jahren wurde sie zwar
schwächer, aber nachdem ich diesen Kater vergraben hatte, kam sie
erneut hoch, wie ein donnernder Wirbelsturm, und verwehrte mir die
darauffolgende Nacht den Schlaf.

Die ersten Tage danach ging ich noch ganz vorsichtig und beobachtend an
Fauskangers Haus vorbei und plante jeden Schritt und jedes mögliche
Szenario penibel genau. Doch mit der Zeit verschwand diese Vorsicht
wieder, denn mich beschlich langsam der Eindruck, Fauskanger sei
nicht mehr hier. Nie wurden die Jalousien hochgezogen, nie einmal die
Fenster geöffnet, und nicht einmal die Vordertür zum Einkaufen
aufgeschlossen! War sie umgezogen? Hatte sie einen Herzangriff
erlitten? Ich wusste es nicht.

Aber eines Tages, ungefähr zweieinhalb Monate nach meinem
Katzenmord, übermannte mich meine Neugier und ich klingelte an ihrer
Tür. Wie angenommen öffnete niemand, und auch auf mein Klopfen und
Rufen bekam ich keine Reaktion, sodass ich mich gezwungen sah, den
Ersatzschlüssel aus ihrem Briefkasten zu holen. Sie versteckte ihn
dort, weil sie oftmals ihren eigenen Schlüssel vergaß, wenn sie aus
dem Haus ging und sich daher schon öfter ausgeschlossen hatte.

Ich kannte das Versteck, weil ich einmal in meiner Jugend während
ihres Urlaubes für eine kleine Entlohnung den fetten Kater behütet
und durchgefüttert habe. Er war schon damals so penetrant und
nervtötend, und ich habe jeden Tag gehasst, an dem ich ihm seinen
Hungertod verweigern musste. Aber na ja, ich brauchte eben das Geld.
Helgas Geburtstag stand vor der Tür, und ich brauchte noch Geld für
die schöne Silberkette, die sie beim Bummeln so verliebt angesehen
hatte.

Innerhalb des Hauses war es kühl und ein leichter Geruch von
verfaultem Kohl lag in der Luft, genau wie in meiner Erinnerung.
Schnell suchte ich das Haus nach Fauskanger ab, doch fand weder sie
oder sonst irgendetwas innerhalb dieses Hauses. Das karge Wohnzimmer
war leer, und alle technischen Geräte vollkommen ausgeschaltet.
Ebenso verhielt es sich mit der Küche, dem Schlafzimmer, dem Bad und
einigen anderen Räumen, die sie scheinbar nicht benutzte. Überall
hingen nur verzweigte Spinnenweben und der Staub lag wie ein grauer
Teppich auf dem alten Mobiliar. Nirgendwo ein Zeichen von Fauskanger.

Der einzige Teil des Hauses, den ich noch nicht durchsucht hatte, war
der Keller. Mir graute es zwar davor, doch meine Neugier spülte
alle Zweifel hinfort. “Es ist ja noch hell und ihr Keller hat
Fenster”, dachte ich mir ermutigt, stieg die gewundene Treppe hinab
und landete in einem kleinen Flur, etwa vier Meter lang. Zu meiner
Linken befand sich nun eine kleine Waschküche, über und über mit
dreckigen Kleidungsstücken vollgestopft, und zu meiner Rechten eine
üppige Vorratskammer, aus der mir die von der Decke hängenden
Würstchen schon entgegenlachten. Doch nirgendwo war Fauskanger
vorzufinden.

Resigniert lehnt ich mich gegen die hintere Wand des Flures und
dachte darüber nach, was wohl mit ihr passiert sei. “Vielleicht
ist sie ja gestorben und jemand hat sie schon vor längerer Zeit
abgeholt. Oder ist sie einfach umgezogen, ohne dass ich es bemerkt
habe?”, schoss es durch meinen Kopf, bis ich urplötzlich den
Widerstand im Rücken verlor und rücklings nach hinten fiel. Es war
gar keine Wand, sondern eine getarnte Tür!

Und nun stand ich dort. Es war ein kleines Zimmer, etwa vier
Quadratmeter groß, das von einer kleinen Glühbirne an der Decke
spärlich beleuchtet wurde. Ich kann mich zwar nicht daran erinnern,
sie eingeschaltet zu haben, aber trotzdem strahlte sie ohne Unterlass
mit ihrem vergilbten künstlichen Licht auf einen großen Tisch vor
mir. Wobei, es war eigentlich mehr ein Altar, aus weißem Stein
gehauen und mit kunstvollen verschleierten Symbolen geschmückt. An
der Vorderseite prangte zudem ein großer, von blauen Linien
durchzogener Kreis, der von innen und außen entlang seiner Form noch
mit zusätzlichen Symbolen geschmückt war. Auf dem Altar selbst
stand nur eine kleine weiße Schale, die mit klarem Wasser gefüllt
war und einen angenehmen Odem versprühte. Ansonsten war diese
mysteriöse Krypta vollkommen leer.

Mein Verstand gab mir zwar zu verstehen, so schnell wie möglich von
hier zu verschwinden, doch meine inneren Triebe zerrten mich immer weiter
zu der Schale hin und drängten meine Schritte allein in ihre
Richtung. Ohne Kontrolle über mein weiteres Verhalten machte ich
einen Satz nach vorn und tauchte meinen Kopf tief in das Wasser der
Schale hinein.

Es war wohlig warm, und ich hatte keinerlei Atemnot. Süße Gesänge
umfingen mein Ohr, und ich fühlte mich unheimlich wohl. Vor mir
huschten kleine Schatten und Lichter durch das Wasser und bildeten
rohe Bilder und Szenarien. Das Erste, was ich davon wirklich
erkannte, waren ein paar Menschen, die in einer Reihe standen und
eine weiße Kugel über sich anstarrten. Sie wirkten wie Wölfe, die
sich des Nachts in ihren Rudeln vereinigen und dann gemeinsam den
Mond anheulen.

Je länger ich dieser Szenerie zusah, umso detaillierter wurde sie
und ich konnte langsam die Körper der Menschen erkennen. Diese waren
alle gleichmäßig groß und mager gebaut, während die Gesichter
jedoch einfach fehlten. Da waren nur einige Vertiefungen in der ledern
wirkenden Kopfhaut, aber keine Öffnungen.

Die weiße Kugel über ihnen veränderte augenblicklich ihre Struktur
und schien mich nun direkt anzusehen. Schmerzhafte Kälte umfing mich
augenblicklich, und mein Kopf fühlte sich an, als ob er mit Nadeln
aus reinem Eis durchbohrt würde. Doch immer noch ohne Kontrolle
starrte ich diesen kalten Mond weiter direkt an und mir war, als
würde er direkt in die Augen sehen.

Umso länger ich diesen morbiden Augenkontakt hielt, desto stärker
wurden meine Schmerzen und verweigerten mir alles, sogar das bloße
Denken eines Wortes tat unheimlich weh. Ich weiß nicht, wie lange
diese Marter anhielt, doch nach einer gefühlten Ewigkeit lösten
sich die geistigen Schrauben etwas und ein tief dröhnender Schall
drang durch meine Ohren:

Du bist nicht Ghâvdag!”

Und ohne die Möglichkeit, noch einen meiner Sinne oder meinen
Verstand zu nutzen, umfing mich augenblicklich Dunkelheit und ich
verlor das Bewusstsein.

Ich erwachte festgekettet auf einem schwarzen steinernen Stuhl, und
war umgeben von den Gesichtslosen, die eben noch in einer Reihe
stehend den Mond angestarrt hatten. Bittere Kälte nagte an meinem
Körper, und mein Auge schweifte über sich endlos ausweitende
Ebenen aus schwarzer Erde, bis mein Kopf gewaltsam nach oben gerissen
wurde und ich mich wieder im Schreckensantlitz des Mondes befand.
Erneut bohrten sich eisige Schwerter durch meine Schädeldecke und ich
versuchte zu schreien, doch mein Mund wurde von der flossenartigen
Hand eines der Gesichtslosen geschlossen gehalten.

Der Mond schien meine Qual sichtlich zu genießen. Denn auch wenn ich
auf dieser schwarzen Ebene mein Gefühl für Zeit vollkommen verloren
hatte, bin ich überzeugt davon, dass ich mehrere Tage lang nur unter
Schmerzen und den formlosen Augen des Mondes auf diesem Thron
verbracht habe, bis er endlich zu mir sprach. Seine Stimme war tief
und ekelhaft fremdartig, und jedes seiner Worte brannte sich wie ein
heißes Eisen in meinen Verstand.

„Du hast Ghâvdag mitsamt seiner Hüllen getötet und mir somit einen Teil meines irdischen Einflusses versagt. Dafür werde ich dir den Grund nehmen, der dich zur Ermordung meines Lakaien motivierte und dich in jeder Ära meiner vollen Macht tausendfach schlimmere Qualen durchleben lassen, als du sie hier schon durchlitten hast!”

Und ohne eine Vorwarnung oder etwas Anderes löste sich die komplette
Welt vor meinen Augen auf und ich fiel plötzlich prustend nach
hinten über. Ich hatte Wasser geschluckt und lag längs auf dem
Boden von Fauskangers Kellerflur, den ich innerhalb der nächsten
Sekunden mit einem Schwall von dickflüssigem schwarzen Schleim aus
meinem Hals teerte. Ich blieb bestimmt noch einige Stunden einfach
auf diesem harten gefliesten Boden liegen und starrte einfach nur die
Decke an. Ich hatte keine Schmerzen mehr, mir war nur etwas übel,
und nach meiner Armbanduhr waren erst drei Stunden vergangen, seit
ich Fauskangers Haus betreten hatte. Mir kam es aber vor wie eine
ganze Ewigkeit, die ich auf der nun wie aus einem Traum anmutenden Ebene
unter der Folter des Mondes durchlitten habe.

Ohne Gedanken und Emotionen verließ ich das Haus, warf den
Ersatzschlüssel in den Abfluss und bemühte mich, den mittlerweile
aufgegangenen Vollmond nicht anzusehen und hielt meine Augen auf den
Bordstein gerichtet, bis ich in meinem Haus angekommen war und zu
meiner Verwunderung Helga weinend auf dem Sofa sitzen sah. Als
ich fragte, was denn los sei, deutete sie nur schluchzend nach oben
und versank in meinen Armen.

Langsam gingen wir die Treppen hinauf und schlichen über den Flur,
bis sie die Tür zu Yngves Kinderzimmer öffnete und auf das Bett
deutete. Darin lag mein kleiner Sohn ausgestreckt auf dem Bauch und
hatte den Kopf im Kissen vergraben. Mit Vorsicht hob ich ihn an und
bemerkte mit Schrecken, dass sein Gesicht vollkommen verschwunden war
und nur noch kleine Vertiefungen zu sehen waren.

Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich starrte gedankenverloren aus
dem gegenüberliegenden Fenster, um den Anblick meines entstellten
Sohnes nicht ansehen zu müssen. Doch nun schien mir der grelle
Vollmond direkt ins Gesicht und tauchte das Zimmer in einen düsteren
weißen Glanz, der selbst die hintersten Ecken ausleuchtete.

Und er lächelte mich aus tiefster Seele an.

Bewertung: 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Überprüfen Sie auch
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"