
Interview mit einem Museumsdirektor
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Inhaltsverzeichnis:
Teil 1: Museum der Erinnerungen
Teil 2: Direktionswechsel
Teil 3: Spießroutenlauf
Teil 4: Zwischenfälle
Teil 5: Ausbruch
Teil: Die Sitzung
Teil: Interview mit einem Museumsdirektor
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Als die Aufnahme startet,
ist zuerst eine leise, brummige Stimme zu hören.
„Stört es Sie, wenn ich
rauche?“
Da keine Antwort, dafür
aber das typische Klicken eines Zippo gefolgt von dessen Betätigung ertönt,
kann davon ausgegangen werden, dass der Angesprochene genickt hat. Es folgt der
Laut eines Auspustens, ehe die Stimme – dieses Mal klarer, fester und lauter –
fortfährt.
„Ich darf heute einen
ganz besonderen Gast bei mir begrüßen, meine verehrten Zuhörer und Leser. Einen
Mann, der zusammen mit seiner, nun sagen wir ‚Unternehmung‘, bereits weltweit
in aller Munde, über den selbst aber kaum etwas bekannt ist. Ganz recht, es
handelt sich um niemand geringeren, als Nathaniel Simon Laval, den Direktor des
sogenannten Museums der Erinnerungen. Für all diejenigen unter ihnen, die die
letzten Jahre unter einem Stein verbracht haben: Das Museum der Erinnerungen,
ist kein gewöhnliches Museum. Es zieht von Stadt zu Stadt, verweilt immer nur
für kurze Zeit und präsentiert dabei Alltägliches, von jedermann.
Erinnerungsstücke von Ottonormalbürgern, wie Sie und ich, mit dem einzigen
Kriterium, dass ihnen etwas von Bedeutung anhaftet. Eine Erinnerung, die
vielleicht nur für seinen Besitzer von Relevanz ist und die nur er versteht,
die durch die Übertragung an das Museum jedoch ein kleines Stück Ewigkeit
erhält. Habe ich das so in etwa richtig zusammengefasst, Mister Laval?“
Eine zweite Stimme meldet
sich. Sie klingt etwas nüchtern, monoton, um nicht zu sagen gefühllos und
rational, dennoch hat sie etwas inne, was den Zuhörer dazu veranlasst, ganz
genau zu lauschen, als ob jedes seiner Worte, wohl gewählt und ohne viel
Verschwendung unnützer Silben, von absoluter Wichtigkeit wäre.
„Das ist weitgehend
korrekt.“
„Sehr schön.“ Der
Interviewende korrigiert seine Sitzposition, was an dem Schaben seiner Kleidung
an den Möbeln verdeutlicht wird und fährt fort. „Also Mister Laval, fangen wir
klein an: Erzählen Sie uns ein wenig über sich. Wo kommen Sie her, was haben
sie vor ihrer Tätigkeit als Direktor gemacht, solche Dinge halt. Die Leute da
draußen wollen schließlich endlich erfahren, wer sich hinter der mysteriösen
Figur versteckt, die das berühmte Museum der Erinnerungen leitet.“
Der Angesprochene setzt
genau dann an, als der andere aufhört zu sprechen, als ob er ganz genau gewusst
hätte, wann sein Gegenüber aufhören würde zu reden.
„Mein Name ist Nathaniel
Simon Laval, ich bin achtundzwanzig Jahre alt, wo ich herkomme spielt keine
Rolle und bevor ich den Posten des Direktor eingenommen habe, war ich Assistent
meiner beiden Vorgänger.“
Es entsteht eine kurze
Pause, in der der Interviewende offensichtlich damit rechnet, dass Nathaniel
noch etwas hinzuzufügen hat, doch dieser schweigt. Nach einer guten, halben
Minute wird die Stille von einem Räuspern unterbrochen.
„Nun… das war
aufschlussreich, vielen Dank.“ Der Sprecher zieht erneut an seiner Zigarette,
was daran zu merken ist, dass in der zweiten kurzen Pause wenige Sekunden
später, wieder ein Ausblasen hörbar wird. „Sie erwähnten ja gerade schon“,
setzt er etwas verunsichert fort, ehe er sich wieder fängt und fließend
weiterspricht, „dass sie vor Ihres Amtsantritts als Direktor, als Assistent
gearbeitet haben. Was haben Sie getan, bevor sie zum Museum gekommen sind?“
„Auch das, spielt keine
Rolle.“
Erneute Stille. Der
Interviewende zieht schon wieder an seiner Zigarette, ehe er sich vorbeugt und
sie in einem Aschenbecher, welcher scheinbar in der Nähe des Aufnahmegeräts
steht, ausdrückt. Mit gedämpfter Stimme erklärt er: „Hey, Mister Laval, ich
fühle mich ja wirklich geehrt, dass Sie es ermöglichen konnten heute
hierherzukommen, aber wenn wir mit diesem Interview ein präsentables Ergebnis
erreichen wollen, müssen Sie mir schon ein bisschen mehr liefern, als diese
kurz angebundenen, kryptischen Antworten, ok?“
„In Ordnung, Mister
Ferral. Ich werde mich bemühen, ihren Ansprüchen ab sofort gerecht zu werden.“
„Danke.“ Er lehnt sich
wieder zurück und macht nahtlos da weiter, wo er aufgehört hat. „Dann kommen
wir doch gleich, zu einer Frage, die unsere Fans sicher sehr interessieren
dürfte. Ihre beiden Vorgänger… von dem ersten, wissen wir noch weniger, als von
Ihnen, Mister Laval. Wer war er, wie hieß er, was hat er getan, bevor er das Museum zu leiten begonnen hat?“
„Darüber kann ich Ihnen
leider keine Auskunft geben, da ich es selbst nicht weiß. Als ich dem Museum
beigetreten bin, hat der Direktor es schon jahrelang geleitet. Er hat sich
immer nur als ‚der Direktor‘ vorgestellt, nie seinen wahren Namen genannt, nie
etwas über seine Vergangenheit preisgegeben. Was ihn anbelangt hat, war er
nicht mehr, als der Leiter des Museums, die Zeit davor, schien für ihn nicht
länger zu existieren, die Person, die er einst gewesen war, schien schon lange
vor ihm gestorben zu sein.“
„Faszinierend…“ Ein
weiteres Mal ertönt das Klicken des Zippo, mit dem eine neuerliche Zigarette
angezündet wird. „Und gestorben ist der gute Herr Direktor, soweit wir wissen,
indem er einfach eingeschlafen und nie wieder aufgewacht ist.“
„So ist es. Das war kurz
vor der Übernahme durch Francis.“
„Den zweiten Direktor,
richtig.“ Eine bedeutungsschwangere Pause tritt ein. „Dessen Verschwinden bist
heute ungeklärt ist.“
„Ist es das?“ Man meint
regelrecht zu hören, wie Nathaniel eine Augenbraue hebt.
Mister Ferral lacht kurz
auf. „Nun ja, alles was wir ‚offiziell‘ wissen, ist was Sie in ihrer Geschichte
‚Museum der Erinnerungen – Direktionswechsel‘ dazu geschrieben haben. An dieser
Stelle vielleicht noch eine kurze Anmerkung für unserer Zuhörer und Leser, die
es noch nicht wissen: Mister Laval schreibt über einige, nun sagen wir
spezielle Exponate des Museums – zu denen wir später noch kommen – Kurzgeschichten,
die in Bänden zusammengefasst und veröffentlicht werden. Jedenfalls haben Sie
in genau dieser Story, über das tragische Ableben ihres Vorgängers geschrieben
und wie Sie seinen Platz eingenommen haben. Beweise für den Wahrheitsgehalt
dieser Erzählung konnten nicht gefunden werden, was uns zu der Frage führt, was
wirklich passiert ist.“
„Nur weil keine Beweise
gefunden wurden, heißt es nicht, dass es sich nicht so abgespielt hat.“
„Verstehe.“ Es kommt zu
einer weiteren Pause, in der Mister Ferral vermutlich wohlweislich nickt. „Sie
wollen es uns also nicht verraten, ist in Ordnung. Verehrte Damen und Herren,
haben sie bitte Verständnis dafür, dass unser geschätzter Mister Laval, die
Rolle des mysteriösen Mannes sogar außerhalb seines Geschäftsbereich spielt,
was ihm, wie ich persönlich sagen muss, ungemein gut gelingt.“
„Sie verstehen überhaupt nichts, Mister Ferral.“ Selbst über die Aufnahme, scheint die Temperatur im dem Raum, in dem sie abgespielt wird, auf einmal um mehrere Grad zu fallen. „Ich spiele keine Rolle wie Sie es nennen. Was ich in meinen Geschichten schreibe ist zugegebenermaßen häufig hinzugedichtetes Material, da es mir an Berichten zu den tatsächlichen Geschehnissen mangelt, im Falle von Direktionswechsel jedoch, habe ich lediglich verfasst, was ich erlebt habe. Es ist alles wahr.“
Die Kälte bleibt noch
einige Momente lang, begleitet von einer drückenden Stille bestehen, ehe sie
von prustendem Gelächter unterbrochen wird, welches jedoch nur kurz anhält,
bevor es wieder der gewohnten Professionalität weicht. „Da haben Sie mich
beinahe drangekriegt, Mister Laval, Respekt. Fast habe ich Ihnen ihr kleines
Spielchen abgekauft.“
„Das ist kein Spiel,
Mister Ferral.“
„Jaja, schon gut. Nehmen
wir mal an, rein hypothetisch, dass es wirklich so stattgefunden hat, wie in
Ihrer Geschichte beschrieben. Bedeutet das nicht, dass Sie zugeben, einen Mord
begangen zu haben?“
„Ich habe keinen Mord
begangen.“ Selbst bei dieser Anschuldigung bleibt Nathaniel kühl und gelassen.
„Francis war zu dieser Zeit schon dem Tode geweiht, ich habe lediglich eine
größere Katastrophe verhindert.“
„Eine Katastrophe sagen
Sie… Sie meinen, durch die sogenannten ‚dunklen Erinnerungen‘, nicht wahr?“
„Ganz genau.“
„Wollen Sie vielleicht
kurz erläutern, worum es sich dabei handelt?“
„Sicher. Die dunklen
Erinnerungen bewahren wir in einem gesonderten Bereich auf, welcher für
Öffentlichkeit nur während spezieller Führungen zugänglich gemacht wird. Es
handelt sich dabei um Exponate, welche einen zumeist tragischen oder blutigen
Hintergrund haben. Sie sind gewissermaßen beseelt, von einer Energie, die
entfesselt nur weiteres Leid über die Welt bringen würde. Deswegen bewahren wir
sie im Museum auf, wo sie niemandem schaden können. Zugang erhalten die
Besucher auch nur deswegen, da ihre gemischten Gefühle und ihre Neugierde für
die Geschichten der Gegenstände, die gestaute Energie zerstreuen. So eng nebeneinander
platziert, würden die Erinnerungen sonst nur noch mächtiger werden, als sie
ohnehin schon sind.“
„Und Francis ist einer
solchen bösen ‚Energie‘ verfallen?“ Es ist Mister Ferral deutlich anzuhören,
wie wenig er die Sache ernst nimmt, dennoch bleibt Nathaniel ruhig.
„Ich habe nie gesagt,
dass sie böse wären. Diese moralische Wertung maße ich mir gar nicht erst an.
Ich sage lediglich, dass diese Energien nicht unkontrolliert in der Welt
schwirren sollten. Auch, um nicht in falsche Hände zu geraten.“
Während er sich gerade
seien dritte Zigarette anzündet, fragt Mister Ferral: „Weil Menschen diese
‚Macht‘ für ihre Zwecke missbrauchen könnten?“
„Unter anderem, ja. Wobei
ich eher befürchte, dass es eher genau andersrum kommen würde.“
Es kommt zu einem
weiteren Moment der bedächtigen Stille, in der nur das leise Auspusten des
Zigarettenrauchs vernehmbar ist.
„Seit jenem Ereignis,
sind jedenfalls Sie der neue Direktor, Mister Laval.“
„Das bin ich.“
„Wie fühlen Sie sich
damit?“
„Es ist eine Verantwortung,
die zu tragen ich mich nicht nur in der Lage sehe, sondern, von der ich glaube,
dass ich sie von allen bisherigen Direktoren, am besten ausfülle.“
Mister Ferral schnauft
kurz. „Haben Sie Francis deswegen umgebracht? Weil Sie glauben, besser geeignet
zu sein?“
Der Angesprochene lässt
sich nicht im Geringsten aus der Fassung bringen. „Wie ich bereits sagte: Ich
habe ihn nicht umgebracht.“
„Ja, das erwähnten Sie
bereits. Tut mir leid das war…“ Das Geräusch von Haut, die aufeinander reibt,
ist zu hören. In Anbetracht der folgenden Worte, kann angenommen werden, dass
Mister Ferral sich mit der Hand über das Gesicht fährt. „Das war
unprofessionell. Ich werde das später rausschneiden.“
„Ist schon in Ordnung,
Mister Ferral. Sie haben keinen Grund nervös zu sein. Zumindest noch nicht.“
Den letzten Satz spricht er so leise, dass er leicht überhört werden kann.
„Wie bitte?“ Der
Interviewende klingt auf einmal aufs Höchste konzentriert.
„Ich sagte, dass sie
keinen Grund dazu haben nervös zu sein.“
„Nein, nein, was sie
danach gesagt haben.“
„Ich habe danach nichts
weiter gesagt.“
Pause. Stille. Ein
Räuspern.
„Nun, wie dem auch sei…
Wo… wo waren wir stehen geblieben?“
Sein Gegenüber geht nicht
auf die Frage ein, sondern stellt seiner statt selbst eine. „Dürfte ich kurz Ihre
Toilette aufsuchen?“
„Was? Ich meine J-ja,
klar, natürlich. Den Flur runter, zweite Tür links.“
„Danke.“ Nathaniel steht
auf, verlässt den Raum. Es kehrt solange Ruhe ein, bis das Öffnen und Schließen
einer weit entfernten Tür erklingt.
„Gott…“, flüstert Mister
Ferral. „Dieser Kerl macht mich echt fertig. Was ist bloß los mit dir Patrick?
Reiß dich gefälligst zusammen man… Es ist doch nur ein Interview, seit wann
verlierst du so leicht die Fassung?“ Er lässt die Frage unbeantwortet im Raum
stehen, während er sich daran macht, sich seine vierte Zigarette anzuzünden. Diese
Tätigkeit unterbricht er mutmaßlich plötzlich, als zwei Dinge gleichzeitig
geschehen. Ein Klingeln ertönt und Mister Ferral erschrickt darüber so sehr,
dass er kurz aufschreit.
„Herrgott nochmal!“,
flucht er leise, nachdem er sich beruhigt hat. „Nur die Türklingel, nur die
gottverfluchte Türklingel!“ Er rappelt sich auf und verlässt den Raum.
Stille, wieder einmal.
Bis Schritte sich nähern und jemand zum zweiten Mal in Folge so sehr von einem
Schrecken durchfahren wird, dass ein knapper Schrei seine Lippen verlässt.
„Mister Laval ich… ich habe gar nicht mitbekommen, wie Sie hinter mir zurück hierher
geschlichen sind.“
Tatsächlich ist auf der
Aufnahme kein Anzeichen dafür zu finden. Keine Schrittgeräusche, kein Schaben
von Kleidung auf einem Sitzmöbel, gar nichts. Der Angesprochene reagiert nicht
weiter auf die Aussage. Dafür setzt Mister Ferral sich auf seinen Platz zurück,
wobei er etwas neben dem Tonbandgerät ablegt.
„Die Post“, erklärt er
unnötigerweise, da sein Gast sicher selbst erkennt, dass ein Paket gekommen
ist.
„Wollen Sie es nicht
öffnen?“
„Wie meinen? Oh… nein,
nein, das werde ich später machen.“ Er räuspert sich. „Also, noch einmal: Wo
waren wir stehengeblieben?“
„Wir haben gerade
festgestellt, dass ich der neue Direktor des Museums bin, nachdem ich meinem
Vorgänger Francis dabei geholfen habe, von seinem Leiden erlöst zu werden.“
„Aber… haben Sie nicht
gesagt, sie hätten ihn nicht… ich meine…“
„Getötet?“
Mister Ferral schluckt so
laut, dass es sogar auf dem Tonband zu hören ist. „Ja…“
„Das habe auch nicht.“
„Aber, wenn Sie sagen,
dass…“
„Setzen Sie Erlösung mit
Mord gleich, Mister Ferral?“
„Ich… ich…“ Er räuspert
sich. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Schätze, es kommt auf die Perspektive
an.“
„Ja… Immer alles eine
Frage der Perspektive.“ Erstmalig während des Gesprächs, klingt Nathaniel nicht
nüchtern, sondern ein wenig versonnen. „Stellen Sie sich vor, Mister Ferral,
Sie werden von einer dunklen Macht ergriffen. Einer Macht, die sich in ihnen
festbeißt, sich durch ihren Körper frisst, sie von innen heraus zerstört und
dabei unendliches Leid bereitet. Würden Sie es da nicht als Gnadenakt
betrachten, als Erlösung, wenn man Sie statt dieser grausamen Existenz weiter
frönen zu müssen, lieber tötet?“
„Das…“ Erneut räuspert er
sich nervös. „Das kann ich unmöglich beantworten.“
„Müssen Sie auch nicht.
Sie sind schließlich nicht in dieser Situation, nicht wahr? Sie haben ganz
andere Probleme.“
„Was? Wovon sprechen Sie
da?“ Mister Ferrals Erregung nähert sich langsam dem höchsten Punkt des
Ertragbaren. Er steht kurz davor seine Nervosität durch Angst oder gar blanke
Panik zu ersetzen.
„Sie wissen genau, wovon
ich spreche, Mister Ferral.“
Jetzt steht der
Angesprochene auf und deutet vermutlich vehement in Richtung der Tür. „Ok, ich
denke das reicht. Ich muss Sie jetzt bitten zu gehen.“
Nathaniel denkt scheinbar
gar nicht daran. „Setzen Sie sich, Mister Ferral, wir sind noch lange nicht
fertig.“
„Oh doch, dass sind wir.
Verlassen Sie jetzt bitte meine Wohnung, ich sage es kein drittes Mal.“
„Ich denke, es wird
langsam Zeit, dass Sie ihr Paket öffnen, Mister Ferral.“
„Was? Nein! Nein, verdammt noch mal! Sie gehen und zwar jetzt!“ Während er sich immer weiter in Rage redet, stapft er wütend mit dem Fuß auf, was selbst über die Aufnahme mehr lächerlich, denn bedrohlich wirkt.
„Stolpern Sie nicht,
Mister Ferral.“
„Wa…?“ Ein lautes Poltern
ertönt, gefolgt von einem Schmerzensschrei. „Ah, verdammte Scheiße! Was… Ein
Stein? Wie… wie kommt der hier her? Haben Sie den da hingelegt? Ich hätte mich
ernsthaft verletzen können, Sie verfluchtes…“
„Haben Sie aber nicht.
Öffnen Sie jetzt das Paket.“
„Nein, das werde ich
nicht!“ Mittlerweile klingt er fast wie ein trotziges Kind.
„Doch, das werden Sie.
Ich bin ein vielbeschäftigter Mann, Mister Ferral. Mein Museum leitet sich
nicht von alleine. Zwar habe ich kürzlich erst unerwartet tatkräftige
Unterstützung erhalten, doch möchte ich die beiden nur ungern länger als nötig
allein lassen, also strapazieren Sie bitte nicht länger als ohnehin schon meine
Zeit und tun endlich, was man Ihnen sagt.“
„Und wenn nicht? Hey!…
Legen Sie das Messer weg, man!“
„Ich wollte das nicht
tun, Mister Ferral, aber Sie lassen mir keine andere Wahl. Machen Sie es uns
beiden leichter und öffnen Sie einfach das Paket, dann geschieht Ihnen von
meiner Seite aus nichts, Sie haben mein Wort.“
Einige Sekunden lang
atmet der andere hektisch, panisch. „Das haben Sie von Anfang an geplant, oder?
Sie wollten überhaupt gar kein Interview geben, Sie wollten mich nur… mich… Was
zum Teufel, wollen Sie von mir?“
Ein Seufzen ertönt. „Auch
auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: Das Paket, öffnen Sie es.“
„Ok. Ok! Ich öffne ihr
scheiß Paket, wenn Sie mich dann endlich in Ruhe lassen!“
„Mehr verlange ich
überhaupt nicht von Ihnen.“
„Mehr verlange ich…“,
echot Mister Ferral halb, während ein hysterisches Lachen sich seinen Weg seine
Kehle entlang nach oben bahnt. „Sie sind doch völlig durchgeknallt.“
Gleichzeitig ist er jedoch schon dabei das Päckchen zu nehmen und es
aufzureißen. „Ich weiß echt nicht, was dieser Schwachsinn soll. Was bezwecken
Sie damit, hm? Macht es Ihnen spaß unschuldige Menschen zu bedrohen? Geht Ihnen
dabei einer ab? Na, sagen Sie schon!“
„Ich entscheide nicht,
wer unschuldig ist und wer nicht. Und nein, das hier bereitet mir nicht die
geringste Freude. Ich tue es, weil es mein Job ist, Mister Ferral, meine
Pflicht, als Direktor des Museums.“
„Ach hören Sie doch
endlich auf! Museum hier, Museum da. Sie können mir doch nicht ernsthaft
erzählen, dass sie diesen ganzen Mist, den sie da verzapfen, wirklich glauben!“
„Ich verlange nicht von
Ihnen, dass Sie es verstehen, Mister Ferral. Ich verlange lediglich, dass Sie
tun, was ich Ihnen sage.“
„Tue ich doch. Ich tu’s
doch! Kein Grund sich aufzuregen!“
„Klinge ich in
irgendeiner Weise aufgeregt, Mister Ferral?“ Tatsächlich ist Nathaniels Stimme
das gesamte Gespräch über weiterhin ruhig und beständig geblieben.
„Ach Sie können mich mal, Mister Laval…“ Das „Mister“ speit er regelrecht aus. Auch wenn er sich reichlich Zeit gelassen hat, so nähert er sich nun doch dem Ende des Öffnens. Papier wurde zerrissen und zusammengeknüllt, Klebeband mühevoll abgezogen und jetzt ist zu vernehmen, wie der Deckel aufgeklappt wird. Eine Seite, zwei… es stoppt. Noch ist der Inhalt halbwegs verdeckt. „Was ist da drinnen?“ Die Stimme des Mannes bebt leicht, sie ist nur als Hauchen wahrzunehmen.
„Das werden Sie gleich
sehen, Mister Ferral. Machen Sie weiter.“
Er zögert, kommt dann
aber doch der Aufforderung nach. Nachdem es gänzlich offen vor ihm liegt, kehrt
erst einmal wieder einige Sekunden lang Stille ein.
Dann ist wieder Mister
Ferrals Stimme zu hören, noch leiser als zuvor. „Oh Gott… Oh mein Gott… Das…
das ist…“
„Sie haben es fast
vergessen, nicht wahr? Dass sie das Museum der Erinnerungen, schon vor Jahren
einmal besucht haben. Damals haben sie uns etwas hinterlassen, nur… wie soll
ich sagen. Es war nicht komplett.“
Ein Poltern wird
vernehmbar. Dem Geräusch nach zu urteilen, hat Mister Ferral das Paket von sich
gestoßen. Jetzt schluchzt er leise vor sich hin. Nathaniel nimmt darauf keine
Rücksicht, sondern spricht in einfach in gemäßigtem Ton weiter.
„Es sehnt sich nach
Ihnen, müssen Sie wissen. Es sehnt sich nach seinem Gegenstück, es fühlt, dass
es nicht vollständig ist und das, Mister Ferral, hat uns seit jeher einigen
Ärger bereitet. Leider hat der Direktor nie die Zeit gefunden, sich darum zu
kümmern und Francis erst recht nicht, weswegen es nun an mir liegt, dass hier
zu Ende zu bringen.“
„Nehmen… Nehmen Sie es
einfach wieder mit sich. Nehmen Sie es weg von mir und lassen Sie mich in
Ruhe!“ Seine Stimme zittert, er atmet hektisch und unkontrolliert.
Zwischenzeitig ist immer wieder ein Schluchzen zu vernehmen.
„Damit Sie es wieder
vergessen können, Mister Ferral? Mir scheint, sie haben das Konzept unseres
Museums nicht ganz verstanden. Die Menschen, die zu uns kommen, werfen nicht
irgendwelche unliebsamen Lasten von sich, um nie wieder an sie denken zu
müssen. Sie geben uns Ihre Erinnerungen, damit wir sie bewahren und auf lange
Zeit am Leben erhalten. Es geht nicht darum zu vergessen, es geht darum der
Vergangenheit zu gedenken, sie als das zu schätzen, was uns zu dem gemacht hat,
was wir heute, im hier und jetzt sind. Freilich geht es auch darum, die dunklen Erinnerungen von der Außenwelt fernzuhalten, doch selbst diese, sollen nicht
einfach im Nebel des Vergessens verschwinden. Ganz im Gegenteil, sie in
Nichtigkeit vergehen zu lassen, würde sie nur umso gefährlicher machen, die
Kräfte, die in ihnen ruhen, würden zornig werden und herausbrechen, um sich
erneut in den Verstand ihrer ehemaligen Besitzer oder jeder beliebigen Person zu
brennen. Wollen Sie das, Mister Ferral? Wollen Sie verantwortlich sein, für das
Leid anderer?“
Erst antwortet der
Angesprochene überhaupt nicht, dann platzt es plötzlich aus ihm heraus: „Ich
will nur in Frieden gelassen werden!“ Die folgenden Laute lassen darauf
schließen, dass er aufspringt und sich auf seinen Gast stürzt, über ihm
aufgebaut brüllt er auf ihn herunter: „Es ist mir scheiß egal, was mit anderen
geschieht, nehmen Sie nur dieses… dieses Ding von mir weg und lassen mich
endlich in… ahhh!“ Er stolpert ein paar Schritte zurück. „Sie verdammtes
Arschloch! Wollen Sie mich umbringen?!“
„Beruhigen Sie sich
Mister Ferral, an dem kleinen Schnitt werden Sie schon nicht verbluten.“
„Sie sind doch völlig
irre! Wissen Sie was? Ich glaube Ihnen! Ich glaube Ihnen, dass sie diesen…
diesen Francis umgelegt haben, oder ‚erlöst‘, wie Sie es so schön nennen. Haben
sie auch den Alten auf dem Gewissen, hm? Na sagen Sie schon!“
Obgleich er immer noch
gelassen bleibt, ist Nathaniel erstmalig ein Hauch von Zorn anzumerken. „Wagen
Sie es nicht, mich zu beschuldigen, den Direktor auch nur angefasst zu haben,
Mister Ferral. Er war der erste Mensch, der mir einen Sinn gegeben hat, eine
Aufgabe. Nie hätte ich ihm etwas antun können. Aber genug von mir, hier geht es
um Sie, nicht um mich.“
Kraftlos lässt der andere
sich zurück auf seinen Platz fallen und zündet sich eine Zigarette zur
Beruhigung an, ehe er flüsternd antwortet. „Was wollen Sie von mir?“
„Das sagte ich doch
bereits. Ich möchte die komplette Erinnerung und eine ordnungsgemäße
Übertragung an das Museum.“
„Nein. Nein, i-i-ich kann
das nicht.“ Eine kurze Pause, dann wiederholt er noch einmal: „Nein.
Unmöglich.“
„Sie haben nur leider
keine andere Wahl, Mister Ferral. Auch wenn sie offenkundig kein Verständnis dafür
haben, kann ich nicht zulassen, dass Sie und Ihre halb übertragene Erinnerung,
weiterhin eine Gefahr für das Allgemeinwohl und auch für mich darstellen. Also
bitte, wollen wir dann anfangen? Wo lagern Sie den Rest von ihr?“
In den Sekunden danach
erklingt lediglich das schwere Atmen des Interviewenden. Scheinbar tut er sich
sehr schwer, mit dem, was von ihm verlangt wird. Vermutlich sitzt er verkrampft
auf seinem Platz, zitternd, kreidebleich, kalter Schweiß auf der Stirn, hektisch
hin und her zuckende Augen, stetig auf der Suche nach einem Ausweg aus diesem
Albtraum, in den er sich selbst hineinmanövriert hat. Wahrscheinlich gehen ihm
mehrere Szenarien durch den Kopf, wie er zu fliehen versucht oder gar Nathaniel
überwältigen möchte, ihn niederschlagen zum Beispiel.
Dieser bemerkt seine
Gedankengänge wohl, denn er kommentiert sie wenige Augenblicke später. „Mister
Ferral, kommen Sie nicht auf dumme Ideen. Glauben Sie nicht, dass ich nicht
bereit bin Ihnen weh zu tun, wenn Sie sich weiter sträuben sollten oder gar
versuchen, dieser vertrackten Situation zu entkommen. Sie haben selbst zu
verantworten, was Sie gerade durchmachen. Tragen Sie die Konsequenzen Ihrer
Entscheidung mit Anstand und Würde.“
„Erzählen Sie mir nichts
von Anstand oder Würde, Sie gottverdammter Psycho“, zischt der andere.
Ein tiefes Seufzen fährt
durch Nathaniels Kehle. „Ich sehe schon, so kommen wir nicht weiter. Mister
Ferral, wollen Sie mir vielleicht einen anderen Gefallen tun?“
„Nein.“
„Schön. Würden Sie sich
bitte umsehen? Nicht oberflächlich, sondern ganz genau. Nehmen Sie sich Zeit,
betrachten Sie ihre gewohnte Umgebung, ihre Möbel, ihre Dekorationsgegenstände,
jedes Detail und sagen Sie mir Folgendes: Glauben Sie wirklich, sich in Ihrer
eigenen Wohnung zu befinden?“
„W-was? Wovon zum Teufel
reden Sie da? Drehen Sie jetzt völlig… Wa…“ Man meint regelrecht zu hören, wie
Mister Ferrals Herz einen Aussetzer macht, wie die Luft drückend schwer wird.
„Das… das ist… unmöglich…“
„Ist es das? Konzentrieren
Sie sich weiter, Mister Ferral und Sie werden schon bald erkennen: Hier, im
Museum der Erinnerungen ist nichts unmöglich.“
Plötzlich ist das laute
Poltern eines umkippenden Stuhls zu hören. „Was soll das? Was ist das hier? Was
wird hier gespielt?! Wo bin ich, verflucht noch mal?!“
„Mister Ferral, würden
Sie bitte nicht so grob mit den Exponaten umgehen? Und um auf ihre Frage zurückzukommen: Es ist wie Sie vorhin schon gesagt haben: Alles eine Frage der
Perspektive. Dieser Stuhl hier Beispielsweise“, besagter Gegenstand wird just
in diesem Moment wieder geradegerückt, „ist eine Art Ankerpunkt zwischen den
Realitäten. Eben befanden Sie sich noch in einer Realität, in der wir in Ihrer
Wohnung gesessen haben, jetzt befinden wir uns in einer, in der Sie hierher, in
das Museum der Erinnerungen gekommen sind. So einfach ist das.“
„So einfach ist das“, wiederholt
der andere dumpf.
„Ganz recht. Ich hoffe
Sie sehen damit ein, Mister Ferral, dass Sie nicht in der Position sind, sich
mir zu widersetzen.“
„Das glauben Sie.“ Ein
schwacher Versuch sich zur Wehr zu setzen. „Noch habe ich zwei gesunde Beine,
um vor Ihnen wegzulaufen.“
Nathaniel lacht kurz
humorlos. „Sein Sie lieber nicht so vorlaut, Mister Ferral. Eines unserer
Exponate ist eine Bärenfalle, wie Sie sehr gut wissen sollten, da sie meine
Geschichten ja offensichtlich gelesen haben. Wäre Francis noch am Leben, er
könnte Ihnen sicher einiges darüber erzählen.“
„Sie meinen es wirklich
ernst, oder?“ Auf einmal klingt der Mann deutlich ruhiger, beinahe
schicksalsergeben.
„Habe ich auch nur durch ein Wort meinerseits, Zweifel daran aufkommen lassen, dass ich es nicht ernst meinen könnte?“
„Nein, ganz und gar nicht
Mister Laval. Ganz und gar nicht.“ Er legt eine kurze Pause ein, denkt nach.
„In Ordnung, ich sage es Ihnen. Ich sage Ihnen, wo Sie sie finden. Den Rest,
die andere Hälfte.“
„Ich weiß Ihre Kooperation
zu schätzen, Mister Ferral, aber Sie werden schon ein bisschen mehr tun müssen,
als das. Wie ich bereits sagte, verlangt diese Erinnerung nach einer
ordnungsgemäßen Übertragung, dazu gehört allerdings auch, dass Sie sich
vollumfänglich ihrer bewusst werden.“
„Ich glaube nicht, dass
ich das kann…“
„Das müssen Sie aber
Mister Ferral, Sie können nicht ewig vor ihrer Vergangenheit davonrennen.“
„Es stimmt wohl, nicht
wahr? Dass sie einen immer wieder einholt, meine ich.“
„So pauschal, würde ich das
nicht sagen, Mister Ferral. Sie hatten nur einfach Pech, auf mich getroffen zu
sein.“
Wieder vergeht einige
Zeit, in der der andere schweigend nur laut atmet, grübelt, seine Möglichkeiten
abwägt. „In Ordnung. Sie haben gewonnen, ich tue was auch immer Sie verlangen.
Ich denke ohnehin nicht, dass ich jetzt noch weit kommen würde, selbst wenn Sie
mich gehen ließen.“ Ein letztes Mal lässt er noch schwer die Luft aus seinen
Lungen entweichen. „Darf ich gestehen, dass ich eine Scheißangst habe?“
„Es ist legitim Angst zu
haben, Mister Ferral. Solange sie nicht unser Leben bestimmt. Und jetzt kommen
Sie, wir haben eine Erinnerung, aus dem Reich des Vergessens zu bergen.“
Hier endet die Aufnahme
abrupt, nur um durch eine weitere, später aufgenommene fortgesetzt zu werden.
„Mister Ferral hat seine
Pflicht nun erfüllt. Er hat sich seiner Erinnerung gestellt, sie wieder
zusammengesetzt und dem Museum übergeben.“ Nathaniel pausiert kurz, wodurch entfernte
Geräusche wahrnehmbar werden, die nach den bedächtigen Schritten und dem leisen
Gemurmel unzähliger Menschen klingen. „Ehrlich gesagt habe ich so etwas noch
nie erlebt oder gesehen. Dass es sich bei diesem Stück um ein ganz besonderes
handelt, habe ich von Anfang an vermutet, doch erst in seiner Gesamtheit, ist mir
bewusst geworden, wie besonders es wirklich ist.
Kann eine Erinnerung
grausig genug sein, um seinen Besitzer, wenn sie ihn nach langer Zeit, in der
er ihrer nicht mehr gedenkt hat, wieder ereilt, nicht nur in den Wahnsinn
treiben, sondern ihm auch kurz darauf den Tod bringen? Offensichtlich.
Mister Ferral hat sich
mit Dingen eingelassen, mit Kräften, die weit über das menschliche Verständnis
hinausgehen. Als ihm bewusst wurde, dass er diesen Mächten nicht standhalten
konnte, hat er einen Teil von ihnen von sich gestoßen und einen anderen bei
sich behalten. Mit dem abgestoßenen Segment hat er seinen Verstand bewahrt, mit
dem einbehaltenen seine physische Existenz, da es ihm gewissermaßen Immunität
gewährte.
Ich kann und werde an
dieser Stelle nicht beschreiben, worum es sich genau handelt. Damit verstoße
ich zwar gegen die Maxime des Museums, mehr noch, weil das Objekt zusammen mit
Mister Ferrals Leiche weggesperrt habe, doch das scheint mir die einzige Möglichkeit,
die restlichen Exponate, vor dieser Kraft zu bewahren. Undenkbar, was geschehen
würde, würde sie sich zwischen all den anderen Objekten entfesseln.
Hoffen wir, dass allein
meine Erinnerung genügt, um es ruhig zu stellen. Meinen unausweichlich notwendigen Nachfolger, der mich in vielen Jahren ersetzen wird, wird noch hehreren
Anforderungen standhalten müssen, als ohnehin schon.“ Er seufzt schwer. „Das
Museum wird von Jahr zu Jahr ein gefährlicherer Ort. Das Risiko eines Ausbruchs
der Erinnerungen steigt langsam ins unermessliche. War es wirklich eine so
weise Entscheidung, sie alle an einem Platz zu versammeln? Früher oder später
werde ich mir etwas einfallen lassen müssen… Aber nicht heute. Heute bin ich
müde und ein müder Geist, sollte sich nicht mit Fragen beschäftigen, die
womöglich das Schicksal der Menschheit bestimmen.“
Es ist zu hören, wie er
sich erhebt und den Raum verlässt, dabei jedoch vergisst, das Aufnahmegerät
abzuschalten, weswegen es noch einige Minuten lang weiterläuft. Die meiste Zeit
sind nur die entfernten Geräusche von vorher zu hören, gegen Ende der Aufnahme
hin, gesellt sich jedoch ein anderer, unterschwelliger Ton hinzu, der nicht
näher definiert werden kann. Es klingt wie ein kratzendes Summen, wie ein
kreischendes Flüstern, wie trauriges Lachen, wie unmögliche
Tonzusammenstellungen aus einer fremden Welt, die faktisch jedoch nahezu
eindeutig einem lebendigen Wesen zugeordnet werden kann.
In den letzten Sekunden
vermengt sich dieser unmögliche Klang mit etwas anderem, einem Singsang, der
ohnehin schon grässlich und schauderhaft genug klingt, zusammen mit den
fremdartigen Tönen allerdings zu einer wahren Kakofonie der Grausamkeit
anschwillt.
Na na na naaa naa na na na
Dann bricht die Aufnahme abrupt ab.