GeisterKonversationenKurzMord

Die Gasse

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

von AtomPils

John Namara war ein alter Bulle. Schon alles gehört, schon alles gesehen. Und letztendlich hatte ihn das alles irgendwie abgestumpft. Er war taub, schmerzfrei, aber nicht blind. Nein, seine Sinne waren scharf, wie die eines Schäferhundes. Für seine 58 Jahre, 39 davon im Dienst des Chicago Police Departments, hatte er sich gut gehalten.

Das Schlagen der Autotür hallte durch die Straßen der Southside, des gefährlichsten Viertels der Stadt. Es übertönte das Gejaule der Polizeisirenen, das hier nachts, fast ohne Pausen, durch die Straßen zog. Detective Namara schob die Hand unter seinen dunkelgrauen Anorak und tastete nach seiner „Lebensversicherung“. Er spannte den Hammer seiner 9mm SigSauer, hörte es zweimal leise klicken. Seine Mundwinkel zogen sich zufrieden nach oben. Dann ging er mit großen Schritten auf die riesige Backsteinfassade zu, die lediglich vom schummrigen Licht der Gaslaternen beleuchtet wurde. Traurige Gegend, dachte Namara und kramte in der Manteltasche nach seinem Notizzettel. „69th street and troop – Code 4-1-7 – Klasse.”, 4-1-7, das stand für bewaffnete Person. Bullensprache.

Immer tiefer trat der Polizist in die Dunkelheit. Ganz mieses Gefühl. Ein blechernes Geräusch, Namaras Augen zuckten. Rechts, Links! Wo kam das her? Eine alte Dose rollte vor ihm aus. Eine Katze begann wild zu fauchen und verschwand. „Klasse John, das behälst du für dich“, er schmunzelte. Namara knipste seine Taschenlampe an. Vor ihm kreuzten sich zwei Gassen. Vorsichtig richtete er den Strahl der Lampe in die schwarze Einmündung. Eine Silhouette. „Polizei! Stehenbleiben!“. Der Schatten erstarrte für den Bruchteil einer Sekunde, schlug einen Haken und rannte davon.

Namara nahm die Verfolgung auf. Die Gassen schienen kein Ende zu haben und es fiel ihm schwer, den Abstand zum Verfolgten zu verringern. Er war schließlich auch nicht mehr der Jüngste. Der Mann bog nach rechts. Namara holte auf und zog nach. Hab ich Dich. Die Gestalt stoppte vor einem 3 Meter großen Zaun. „Chicago Police! Sofort stehen bleiben!“. Von einer Sekunde zur nächsten, gefror ihm das Blut in den Adern. Er erkannte das bedrohliche Ende einer 12 Gauge. Eine von den Dingern, die auf diese Entfernung immer trafen. Und meistens töteten. Adrenalin schoss ihm in die Venen, seine Pupillen weiteten sich, die Lunge presste sich zusammen. Das ausdruckslose Gesicht des Gegenübers aber war eiskalt. Game Over, John.

Dreimal knallte es in kurzer Folge. Stille. Der Leib zuckte, brach dann wie ein nasser Sack in sich zusammen. Namara starrte ungläubig auf den leblosen Körper. Wo kam das her? Hinter sich konnte er Schritte vernehmen. Dann eine Stimme, „Chicago Police. Hände auf den Kopf!“. Erleichtert atmete John aus und gab sich zu erkennen.

„Da haben Sie aber Glück gehabt“, lächelte der junge Streifenbeamte, während er seine Waffe holsterte.

„Wie kommen Sie hierher?“

„War gerade in der Gegend, als ich was in der Gasse gehört habe. John Namara, stimmt´s?“

„Hast es erfasst, Jungchen. Danke, hast einen gut bei mir. Wie ist dein Name?“

„Nichts für ungut. Sie sind ja schon eine echte Legende. Mike Pendelstein, Sir.“

„Hast aber eiskalt abgezogen, Kleiner. Ist wohl nicht das erste Mal.“

„Nein. Leider nicht.“

Einige Minuten später öffnete Namara die Tür seines Wagens, lehnte sich über den Fahrersitz und griff nach dem Funkgerät.

„Zentrale, hier Adam 3-6. Schießerei, 69th street and troop. Verdächtige Person am Boden, vermutlich tot. Könnt ihr ein paar Leute vorbei schicken?“

„Adam 3-6 hier Zentrale. Verstanden. Alles Okay bei dir?“

„Ja, alles klar soweit. Ein Officer Pendelstein hat mir den Arsch gerettet. Ist ´n guter Junge.“

Namara schaute zu dem jungen Polizisten, der in diesem Moment aus der Gasse schritt und ihn aufmerksam musterte. Wieder knackte es im Funkgerät.

„Witzig John, sehr witzig.“

„Was?“

„John, du bist ein guter Polizist. Aber genau diese dummen Sprüche sind der Grund, warum du nicht schon längst in der Chefetage sitzt.“

„Da will ich gar nicht sitzen. Und jetzt sagst du mir, was du verdammt nochmal damit meinst.“

„Pendelstein ist tot, John.“

„Du willst mich verarschen?“

„…stand damals überall in den Nachrichten. Abgeknallt von einem 17 jährigen Junkie. Mit einer abgesägten Schrotflinte.“

John versuchte den jungen Polizisten zu fixieren. Nur ein Schatten, eine Gestalt, verlor sich in der Dunkelheit der Gasse und verschwand. Er ließ das Funkgerät los und rannte ihm hinterher. „Hey! Stopp! Witzbold. Dich kriege ich!“ Die Dose, die Kreuzung, Links, Rechts! der Zaun! Niemand zu sehen. Nur ein lebloser Körper, die Augen weit aufgerissen. Drei Löcher in seiner Brust. Daneben die abgesägte 12 Gauge Schrotflinte. Auf einmal war alles ganz still. Selbst die Sirenen verstummten für einen Moment. Schon alles gehört, schon alles gesehen. Als ob. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Wurde er langsam senil?

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