Die Goldmünze
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Der Minutenzeiger der alten, massiven Wandschrankuhr wanderte weiter. Er stand nun auf fünf vor zwölf.
»Für eine Geschichte, bleibt uns gerade noch Zeit.« Alac Castle bedeutete seinem Enkel David, auf die Uhr zu sehen. »Habe ich dir jemals von dem Fund, meiner Goldmünze erzählt?«
David sah seinen Großvater erwartungsvoll mit großen Augen an und schüttelte den Kopf. Der alte Seemann beugte sich zum Tisch und schenkte seinem Enkel noch eine Tasse Tee ein.
»Hier, noch eine kleiner Rest, bevor er kalt wird.« Dann lehnte er sich in seinen Ohrensessel zurück. »Es ist schon viele Jahre her, doch so ein Ereignis vergisst man nicht. Weißt du?«
Das Kaminfeuer, das die alte gemütliche Wohnstube erhellte, wurde schwächer.
»Ich war noch Jung und hatte auf einem Fischtrawler angeheuert. Wir waren schon einige Tage auf See, als in den noch frühen Morgenstunden, der Maat auf der Brücke Alarm schlug. Vor Schreck, aus unseren Kojen gefallen, eilten wir zur Brücke. Dort erwartete uns bereits neben dem Maat, der Kapitän. Wir fragten was passiert sei, doch die Beiden zeigten nur mit sorgenvoller Miene auf den kleinen Schirm des Radars. Ein Schiff hielt frontal auf uns zu. Der Maat hatte bereits Signale gegeben und versuchte das Schiff anzufunken. Es antworte nicht. Doch es hielt völlig unbehelligt von unserer Gegenwart seinen Kurs. Der Kapitän ordnete ein Wendemanöver an. Wir sollten an das Schiff anlegen.
Es kam in Sichtweite. Zu unserem Erstaunen, handelte es sich um eine alte Brigg, voll aufgetakelt und doppelt so groß wie unser Trawler. An Deck rührte sich nichts. Wir legten an das andere Schiff an. Der Kapitän, zwei weitere Männer und ich gingen schließlich an Bord. Der Maat und ein Matrose blieben auf der Brücke zurück. Wir teilten uns auf und durchsuchten die Brigg. Doch es war keine Menschenseele auf dem Schiff. Ich ging in Richtung Achtern, weil ich dachte Jemanden gesehen zu haben. Ich begab mich unter Deck.
Essen stand auf dem Tisch und es duftete nach frischen Kaffee. Doch die Tassen, genau wie die Teller und das Besteck, waren an dem Tisch festgerostet. Etwas viel mir ins Auge. Neben einer der Tassen, lag eine Golddublone. Eine portugiesische Münze, 1772 geprägt. Ich steckte die Münze in meinen Mantel und verschloss die Tasche. Plötzlich knarrte hinter mir die Tür und ich hörte Schritte auf mich zu kommen. Ich wagte es nicht mich umzudrehen, so sehr fürchtete es mich. Doch zu meinem erleichtern, handelte es sich um den Kapitän. Auch er hatte nichts gefunden.
Es dämmerte bereits, als wir die Brigg verließen und ablegten. Wir sahen dem Schiff hinterher, wie es seinem Kurs folgend, in dem aufkommendem Nebel verschwand.«
Der Gong der Wandschrankuhr ertönte.
»Punkt zwölf Uhr. Mitternacht.«
Flüsterte Alac Castle. Er zeigte auf eine kleine Holzschatulle, die auf dem Kaminsims, neben anderen kleinen Kostbarkeiten thronte.
»Da oben ist sie. Seit dem Tag meiner Rückkehr, liegt sie da drin.«
Der alte Alac, beugte sich zu seinem Enkel vor, der in einer Decke vermummt auf dem Sofa saß.
»Willst du sie mal sehen?«
Kindliche Neugier, aber auch ein wenig Angst, lagen in Davids Blick.
»Ja, Opa!«
Sagte er schließlich. Alac erhob sich aus dem Ohrensessel und ging rüber zum Kamin. Das Feuer, war noch schwächer geworden. Die schwächelnden Flammen, tauchten das Wohnzimmer in ein schummriges Licht. Er nahm das kleine Holzkästchen und ging zum Sofa zurück. Der alte Seemann ließ sich neben seinem Enkel nieder und öffnete die Schatulle. Beide machten große Augen.
Das Kästchen war leer. David sah ihn an.
»Aber Opa, da ist ja gar nichts drin!«
Alac seufzte.
»Oh! Ich muss sie wohl im Laufe der Jahre verloren haben. Schade eigentlich. Es war eine schöne Münze.« Er klopfte seinem Enkel auf die Schulter. »Na ja, gut. Und jetzt ab ins Bett mit dir! Deine Großmutter wartet sicher schon.«
David tat die Decke bei Seite und stand auf.
»Gute Nacht Opa.« Er wollte gerade aus dem Zimmer gehen, als er auf der Schwelle inne hielt.
»Das mit dem Schiff und der Münze… Ist das wahr, Opa?«
Der alte Alac nickte.
»Aber natürlich! Jedes Wort. Das Schwöre ich, bei meiner Seefahrerehre.« Er lächelte.
»Gute Nacht, David.«
Sein Enkel verließ das Wohnzimmer. Alac Castle stand auf und ging zum Fenster. Das Kaminfeuer würde gleich ausgehen. Er betrachte die kleine Holzschatulle. Merkwürdig, dachte er sich. Er schaute hinaus zum Fenster. Unterhalb der Düne, lagen der Strand und dahinter, der endlose schwarze Ozean. In der Ferne sah er den Leuchtturm. Der alte Seemann ließ seinen Blick, über das vom Nebel bedeckte Meer schweifen. Da sah er es plötzlich.
Ein Schiff. Eine Brigg, voll aufgetakelt. Er blinzelte. Sollte es etwa tatsächlich… In diesem Moment erlosch das Kaminfeuer. Alac drehte sich um. Ein paar Funken wirbelten durch den Raum. Er wandte sich wieder zum Fenster und blickte zum Meer hinaus.
Das Schiff war verschwunden.