Die größte Ehre
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Ich wurde in einer sehr religiösen Gemeinschaft aufgezogen. Gott und Jesus Christus sind noch immer die Zentren meines Lebens und ich lebe jeden Tag, um ihnen zu dienen. Ihnen zu preisen erfüllt und entflammt noch immer die Seele tief in mir, obwohl ich zugeben muss, dass einige Freude und Magie, die ich verspürte als ich jünger war, mich verlassen hat. Meine Hingabe hat nicht nachgelassen, das kann ich dir versichern, aber vielleicht ist die Minderung eines solchen Vergnügens nur die natürliche, wenn auch tragische, Wirkung des Alterns.
Aber, oh, wie wundervoll war es als ich ein Junge war! Jedes Jahr veranstaltete meine besondere Kirche einen speziellen Gottesdienst zu Ehren des Karfreitags. In Vorbereitung auf diesen Gottesdienst hatten alle jungen Männer unter dreizehn Jahren die Möglichkeit an einem Wettbewerb teilzunehmen – eine Art Tombola, nehme ich an. Der Preis für den Gewinner sollte es sein, in der bevorstehenden Zeremonie eine ganz besondere Rolle zu spielen. Alle Jungen aus unserer gesamten Gemeinde würden praktisch aus dem Mund schäumen, während wir auf den frühestmöglichen Moment warteten um unsere Hüte in den Ring werfen zu können. Was uns angespornt hat, war viel mehr als nur der Wunsch zu gewinnen. Es war die wahre und tiefe Hingabe, die unsere jungen Herzen erfüllte. Es war aufregend Teil einer solchen Menschenmenge zu sein.
Der Karfreitag, an den ich mich am besten erinnere, war der meines letzten wählbaren Jahres. Ich sollte im Juni dreizehn werden und dann würde ich nie wieder meinen Namen abgeben können, um an dem Gottesdienst teilzunehmen. Ich war jedes vorherige Jahr da gewesen seit ich neun wurde, aber nie wurde ich ausgewählt. Ich erinnere mich, dass ich mein kleines Ticket mit der langen Nummer darauf hielt, hoffend, dass der Pastor sie nennen würde.
Mein kleiner Bruder Frederick war in diesem Jahr ebenfalls beim Wettbewerb angetreten. Ich wage zu sagen, dass er aufgeregter war als ich. Als der Pastor verkündete, dass es Zeit sei, den besonderen Gewinner auszuwählen, erinnere ich mich daran, wie Frederick aus seinem Sitz aufgesprungen war und lauter gejubelt hat als jeder andere.
„In Ordnung, meine Herren“, sprach Pastor Francis, „Seid ihr bereit?“
Wir jubelten alle wie wild. Der Pastor fuhr fort. „Also gut, jetzt, Dale, würdest du mir bitte den Korb bringen?“
Dale, die Frau des Pastors, erfüllte pflichtbewusst die Aufgabe ihres Ehemannes. Sie hielt den Korb voller Tickets hoch und Pastor Francis fischte dramatisch nach dem Gewinner. Endlich hatte er eine Wahl getroffen.
„Hier ist es, Jungs. Der Gewinner und ganz besondere Teilnehmer an der diesjährigen Karfreitagszeremonie ist derjenige, der das Ticket mit den Nummern sechs….vier…drei hält.“
Stöhnen ist überall zu hören. „Das ist es, Leute.“, sprach Pastor Francis. „Wer hat es? Wer hat es? Wo bist du?“
Ich konnte mich kaum bewegen. Die Gewinnnummer war genau hier, auf meinem Ticket! Ich frage mich bis heute, ob das nicht der schönste Moment meines Lebens war. Ich hatte noch nie zuvor etwas gewonnen und meine Augen füllten sich mit Tränen als die Erkenntnis mich überschwemmte.
Da wandte ich mich zu Frederick um. Sein gebeugter Kopf und der niedergeschlagene Ausdruck in seinen Augen ließen keinen Zweifel zu, was er fühlte. Mein Herz schmerzte. Ich hatte ihn noch nie so enttäuscht gesehen. Ich wusste in diesem Moment, dass dies ein göttlicher Test war und, so schwer es auch sein würde, ich war entschlossen, ihn zu bestehen.
Bevor Frederick protestieren konnte, griff ich nach seinem Ticket und vertauschte es mit meinem. „Pastor!“, schrie ich, „Der Gewinner ist hier! Hier drüben!“ Ich blickte auf meinen kleinen Bruder und lächelte. Er strahlte mich an, ein Bild der Dankbarkeit. Ich wusste, dass ich seinen Karfreitag gerettet hatte.
Einen Moment später war er auf dem Weg zu Pastor Francis. „Nun, hallo, mein Sohn.“, sagte der Pastor, „Bist du bereit, die wichtigste Aufgabe dieses ganzen Gottesdienstes zu erfüllen?“
Pastor Francis hielt meinem Bruder das Mikrophone an den Mund und ohne zu zögern antwortete der Junge: „Ja, Sir!“
„Hallelujah!“, rief Pastor Francis, „Lasset uns beginnen.“ Während er sprach, kamen vier Diakone mit einem Holzkreuz hinter ihm hervor. „Wie ihr sicher wisst“, begann der Pastor, „hat der Herr, unser Gott, seinen einzigen Sohn geopfert, damit wir Sünder eine zweite Chance auf das ewige Leben haben.“
„Amen.“, kam die versetzte Antwort der Gläubigen.
„Heute, meine Brüder und Schwestern“, fuhr der Pastor fort,“ erneuern wir diesen Schwur genau hier. Ja, ihr Gläubigen, der Herr hat den jungen Frederick ausgewählt, um als greifbares, sichtbares Gedenken an das höchste Opfer zu dienen, das er selbst vor fast zweitausend Jahren dargebracht hat. Erinnern wir uns, wenn wir Frederick auf seinem Platz über der Kanzel für das nächste Jahr sehen, dass Gott gut und seine Liebe wirklich ist.“
Die Diakone legten das Kreuz nieder und positionierten meinen Bruder darauf. Ich war so stolz auf ihn. Er schrie nicht einmal bis der zweite Nagel einschlug, was für einen Jungen seines Alters bemerkenswert war. Als die Diakone fertig waren, hievten sie ihn hoch, damit alle ihn sehen konnten. Fredericks große Augen beobachteten die jubelnde Menge, bevor sie sich auf mich richteten. Ich lächelte, wischte eine Träne weg und segnete ihn schweigend als er anfing zu verkrampfen. Ich wusste in diesem Moment, dass, obwohl ich meine letzte Chance auf eine so große Ehre verpasst hatte, dass sie an keinen würdigeren, jungen Mann hätte gehen können.
Übersetzung von [http://creepypasta.wikia.com/wiki/The_Greatest_Honor]