Die Höhle im Wald
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es ist schon viele Jahre her, dass sich jemand zu mir verirrt hat. Einst war ich wie du, ein Abenteurer, ein Entdecker, ein Forscher. Doch diese Tage sind vorbei. Es gibt nichts mehr, was ich erforschen kann, nichts, was ich entdecken kann, und Abenteuer warten schon lange nicht mehr auf mich. Meine einzige Chance, meine momentane Situation zu ändern, bist du! Du fragst dich, wie? Setz dich, ich erzähle dir eine Geschichte.
Es ist jetzt fast 150 Jahre her, und ich erinnere mich, als wäre es gestern passiert. Bevor du dich wunderst, hier bei mir altert man nicht, man wird nicht müde, man benötigt nichts zu trinken oder zu essen, aber man bekommt alles mit, was in der Außenwelt passiert. Ich bin gerade einmal 14 Jahre alt, ich sehe auch noch so aus wie früher. Meine braunen Haare tragen immer noch die einstige Lockenpracht, meine Kleider sind weder kaputt noch verblasst und mein beiges Hemd hat nicht einmal Flecken. Nur der Glanz in meinen braun-grünen Augen erlosch, nach so vielen Jahren, in denen ich hier alles entdeckt hatte. Nach den Jahren, in denen ich erkennen musste, dass ich hier nicht hinaus komme. Nach den Jahren, in denen ich erkannte, dass niemand kommen‚ und mich erlösen‚ würde.
Ich habe damals mit meinen Klassenkameraden aus unserem Dorf hier im Wald gespielt. Wir waren so oft an der Lichtung, bei dem kleinen See und dem Bootshäuschen. Ich frage mich, ob es das Bootshäuschen immer noch gibt, aber egal. Eines Tages spielten wir in diesem Teil des Waldes Verstecken. Mein Kumpel, Harry, musste bis 100 zählen, und wir rannten alle in verschiedene Richtungen. Und ich rannte hierher, und hier fand ich sie auch. Diese Höhle. Sie war so wunderbar versteckt, und ich wusste, dass Harry mich hier niemals finden würde. Es vergingen viele Minuten, viele Stunden, so kam es mir jedenfalls vor. Ich wollte irgendwann nicht mehr Verstecken spielen, ich wollte aufgeben und etwas anderes spielen, oder nochmal im See schwimmen, bevor wir alle nach Hause mussten.
Ich versuchte lange, die Höhle wieder zu verlassen, aber je näher ich dem Ausgang kam, umso weiter schien er entfernt zu sein. Ich habe stunden-, tage-, wochen-, ja sogar monatelang versucht, hier hinaus zu kommen. Irgendwann habe ich aufgegeben, nach vorne zu laufen; ich erkundete jeden Winkel der Höhle, um vielleicht doch noch einen Ausgang zu finden, aber egal, welche Winkel und Ecken ich entdeckte, nirgendwo war ein Ausgang. Nirgendwo konnte ich Tageslicht sehen, deswegen ging ich wieder in die Nähe des Ausgangs.
Bereits am ersten Abend in der Höhle fragte ich mich, warum mich niemand suchte. Ich würde doch vermisst werden. Harry würde bestimmt nach mir suchen, ebenso wie Egon und Bernd, meine anderen beiden Freunde. Und meine Familie, ja, meine Familie, dachte ich, vermisst mich bestimmt. Aber die Zeit verging, niemand kam vorbei, um mich zu suchen. Immer wieder hörte ich von draußen Stimmen, ich versuchte verzweifelt, mich bemerkbar zu machen, aber niemand hörte mich. Die erste Zeit weinte ich viel, ich war verzweifelt, ich wollte aufgeben. Aber hier, in der Höhle, ist es nicht möglich zu sterben. Also akzeptierte ich mein Schicksal. Ich lebe hier schon so lange, und so habe ich gelernt, den Worten der Höhle zu lauschen. Und nach vielen, vielen Jahren, in denen ich ihr zuhörte, sagte sie mir, wie ich hier rauskommen könnte. Dazu brauche ich dich. Keine Sorge, du brauchst keine Angst zu haben, denn es ist wirklich sehr leicht. Du musst einfach nur zu…
„Alex, ey Alex wo bist du?“ rief Timo ganz aufgeregt. „Ich bin hier, ich komme!“ Ich spielte gerade mit meinen Freunden Entdecker, das taten wir in den Sommerferien fast jeden Tag. An den Tagen, an denen es zu warm war, schwammen wir durch den See oder trafen uns mit den Jungs aus den umliegenden Dörfern und unternahmen mit denen etwas. Vor ca. einer Woche entdeckte ich diese Höhle. Ich traute mich jedoch nicht hinein, sie war dunkel, und ich habe wahnsinnige Angst im Dunkeln. Aber je länger ich die Höhle beobachtete, umso mehr hatte ich das Gefühl, dass sie mit mir sprach. Zuerst dachte ich, dass es wohl der Wind sei, der sich nur etwas komisch anhört und durch die Höhle verstärkt wird. Aber irgendwann verstand ich schon einige Worte, und mittlerweile kann ich hören, was die Höhle mir sagt. Ich versuchte mit meinen Freunden und meinen Eltern darüber zu sprechen. Vergebens. Ich hätte zu viel Fantasie, sagten sie. Ich bilde es mir nur ein, sagten sie. Und ich schob es irgendwann auch meiner Fantasie zu, aber es ließ mich nicht los.
Die nächsten zwei Tage setzte ich mich wieder vor die Höhle, lauschte dem, was sie mir erzählte. Doch sie sagte nichts mehr. Den ersten Tag hatte ich noch Hoffnung. Ich hoffte, dass ich mir das nicht alles eingebildet hatte. Ich wollte einen Beweis, einen Beweis für mich, um mir selbst sicher zu sein, dass ich nicht verrückt wurde, wie meine Kumpels mich mittlerweile nannten. Am zweiten Tag, an dem ich nichts hörte, zweifelte ich wirklich an mir. Das konnte doch nicht sein, hatte das Ganze wirklich nur in meinem Kopf stattgefunden? Ich musste es wissen. Denn so eine Geschichte konnte nicht ernsthaft in meinem Kopf entstanden sein.
Heute stehe ich wieder vor der Höhle, wieder ist sie stumm. Ich schrie mehrfach hinein, schrie, was sie von mir wolle. Doch ich bekam wieder keine Antwort. Jetzt war es soweit, ich würde hineingehen, würde mich vergewissern, dass es sich nur um eine einfache Höhle handelte. Dazu hatte ich zuhause meine Taschenlampe gesucht, hatte mir etwas ältere Kleidung angezogen und hatte den Akku meines Handys geladen, falls ich mich verlaufen sollte oder meine Taschenlampe ausfallen würde. Nochmal tief durchgeatmet, und schon setzten sich meine Beine in Bewegung. Ich setzte den ersten Fuß in die Höhle und schaltete meine Lampe ein, doch es war nichts zu sehen. Langsam ging ich weiter hinein, leuchtete alle Ecken aus, doch ich sah immer noch nichts. Dann hörte ich eine Stimme. Eine Stimme, die von außerhalb der Höhle zu kommen schien.
„Du bist wirklich nicht schlau. Aber das hatte ich gehofft, als ich dich das erste Mal vor der Höhle sah. Eigentlich wollte ich dich überlisten, dir sagen, dass nur du mich hier rausholen kannst. Dass nur du mich sehen und hören kannst, und du der Auserwählte bist. Das hättest du mir wahrscheinlich geglaubt. Aber als du begonnen hast, unsicher zu werden, und immer näher an den Eingang getreten bist, wusste ich, ich muss einfach nur abwarten. Versuch einfach jemanden zu finden, der genauso leichtgläubig ist wie du, dann kannst du auch mit ihm Tauschen, so, wie es mir damals auch ergangen ist. Wer mein Leben gelebt hat, weiß ich nicht, aber deines ist sicher auch spannend. Gewöhn dich lieber schnell an die Einsamkeit, denn die ersten 100 Jahre lässt die Höhle es nicht zu, dass man sie, und somit auch dich, finden kann. Und ein gutgemeinter Rat, sollte dich jemand finden, denk an meine Geschichte, denn es gibt genug Idioten auf dieser Welt, die helfen wollen. Ach, und ich danke dir für das Handy, die Taschenlampe und dein Leben. „
Ich bin starr, blicke auf mein Ebenbild, welches außerhalb der Höhle steht und mich hämisch anlächelt. Zuerst konnte ich keinen klaren Gedanken fassen, aber sobald meine Gliedmaßen mir wieder gehorchten, rannte ich auf den Eingang zu. Ich beachtete nicht mein Spiegelbild, welches in den kleinen Pfützen genauso schnell rannte, wie ich es tat. Doch je näher ich dem Ausgang kam, umso mehr entfernte er sich. Ich rannte, bis meine Beine nachgaben, meine Lunge schmerzte und ich kaum mehr atmen konnte.
Auf dem Boden liegend sehe ich nun, in der Pfütze vor mir, mein Spiegelbild. Ein kleiner Junge, mit braunen, lockigen Haaren, einem beigen Hemd und blau-grünen Augen…