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Dunkle Jahreszeiten: Schwarzer Winter

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

“Oh, the weather outside is frightful
But the fire is so delightful
And since we’ve no place to go
Let it snow, let it snow, let it snow“

– Jule Styne / Sammy Cahn

Wenn die Welt von der unheilvollen Faust des Schwarzen Winters
ergriffen wird, ist das wahrhaft ein Anlass zur Furcht. Der Schwarze
Winter ist kalt. Doch das ist seine einzige Gemeinsamkeit mit seinem
gewöhnlichen Verwandten. Wer mit dem Winter Dinge wie fröhliches
Schneetreiben, den würzigen Geruch von Bratäpfeln und Tannennadeln,
zauberhafte, weiße Landschaften und innere Einkehr verbindet, sollte sich
lieber schnell von diesen Bildern verabschieden.

Auch im Schwarzen Winter fällt Schnee. Doch er ist von nicht von
reinem Weiß, sondern von bräunlich, schwarzer Farbe und fällt aus
aschegrauen und manchmal auch dunkelroten Wolken. Seine Konsistenz ist
ölig und schmierig, aber es ist keine gute Idee ihn zu berühren.

Denn trifft er erst auf ungeschützte Leiber, so frisst er sich
mühelos durch Haut, Fleisch, Organe und Sehnen. Lediglich Knochen bieten
ihm Widerstand. Da der Schwarze Schnee allein Menschen verzehrt ist man
im Haus vor ihm sicher, sofern alle Fenster und Öffnungen gut
abgedichtet sind. Allerdings verbreitet er einen verlockenden, süßlichen
Duft, der geradezu dazu einlädt herauszukommen und mit seinen Flocken
zu spielen.

Wer nicht die größte Selbstbeherrschung besitzt, ist gut beraten sich
im Haus anzuketten, wenn der Schwarze Schnee auf die Welt niedergeht.
Andernfalls wird er als schmutziges, zerfressenes, bizarres Denkmal
enden und als schaurige Mahnung für Andere dienen, bis der Schwarze
Winter wieder endet, der schwarze Schnee abtaut und ihn als
blankpoliertes Skelett zurücklässt.

Auf Tiere indes hat der Schnee eine andere Wirkung. Bei Ihnen dringt
er harmlos durch Haut, Fell und Federkleid hindurch und gelangt letzlich
in ihr Gehirn, wo er grauenhafte Verheerungen anrichtet. Die
betroffenen Geschöpfe verlieren jegliche Fähigkeit zur Organisation und
jede Bindung zu Artgenoßen und Menschen. Rudel, Schwärme und Herden
lösen sich auf, wie auch jedwede Vertrautheit von Haus- und Nutztieren
zu ihren Besitzern. Zurück bleiben geistlose Geschöpfe, die wahllos
töten. Und zwar nicht etwa, um ihren Hunger zu stillen, sondern aus
reiner Lust an der Zerstörung.

Aus diesem Grund ist es auch dann höchst gefährlich das Haus zu
verlassen, wenn sich keine einzige Wolke am Himmel zeigt. Denn man weiß
nie, welche Kreaturen sich in der Nähe befinden. Andererseits: Ohnehin
widerstehen nicht viele Türen einem wilden Bären, der mit dem Schwarzen
Schnee infiziert ist. Oder ein paar Dutzend wahnsinniger Ratten. Und wer
kann schon sagen, ob der eigene Hund bei der letzten, sicher
erscheinenden Gassirunde, nicht die Nase in das kalte Verhängnis
gesteckt hat und sich die Gefahr womöglich bereits im eigenen Haus
befindet. Ein Umstand, der ziemlich unerfreulich sein kann, wenn man es
erst bemerkt, nachdem man gerade alle Türen und Fenster fest vernagelt
hat.

Aber auch wer kein Haustier besitzt ist nicht unbedingt frei von
Gefahren und Plagen. Zwar überleben in der Kälte nur wenige Insekten,
aber jene Käfer, Schaben, Fliegen, Mücken, Wespen und Bienen, die noch
umherfliegen und krabbeln sind von der gleichen schwarzen Zerstörungswut
getrieben wie Säugetiere und Vögel und weit weniger leicht auszusperren
und werden nicht zögern von ihren Stacheln, Rüsseln und Beißwerkzeugen
Gebrauch zu machen.

Weit beunruhigender noch, sind aber die Kristallherzen. Was geradezu
poetisch klingt, ist vielmehr ein wahrer Fluch. Stellt euch vor, ihr und
euer Partner seid gemeinsam in einer Hütte oder einem Haus
eingeschlossen und verbarikadiert euch vor den Schrecken des Schwarzen
Winters. Im Kamin brennt ein flackerndes, knisterndes Feuer. Aber das
Einzige, was euch wirklich wärmt, ist eure Liebe. Sie ist der einzige
Grund noch weiterzumachen. Das einzige Stück Frühling, an dem ihr euch
festhalten könnt.

Aber die Tage werden immer kürzer, die Nächte immer kälter und
irgendwann findet diese Kälte ihren Weg ins Innere. Nicht nur ins Innere
des Hauses, sondern ins Innere eines Herzens. Dabei schlägt sie immer
dort zu, wo zwei Menschen versammelt sind, die sich sehr nahe stehen.
Egal, ob es sich dabei um Liebende, Geschwister oder Mutter und Kind
handelt.

Erst wird euer Gefährte immer einsilbiger. Immer verschlossener und
introvertierter. Die Haut wird Stück für Stück eisiger, die Lippen und
Augen werden blau oder weiß und egal, wie nah ihr euren Liebsten ans
Feuer oder an die Heizung bringt, er wird sich dennoch nicht mehr
aufwärmen. Er ist ein Kristallherz geworden. Ihr werdet versuchen ihm
Liebe zu geben, ihn mit Umarmungen und freundlichen Worten zu wärmen,
aber ihr werdet nicht mehr zu ihm durchdringen.

Eines Morgens wird er völlig apathisch sein. Eine atmende, starrende
Hülle, die keine Nahrung mehr braucht und eine Kälte verströmt, die euch
schier den Verstand rauben kann. Ihr werdet euer Bestes tun, um euch von
ihm fernzuhalten. Ihr werdet den Raum meiden wollen, indem dieser
tiefgekühlte Körper dampfende Eiswolken in die Luft bläst und euch mit
diesem grauenhaften Blick ansieht. Aber letzlich werden euch die
Ungewissheit, die Einsamkeit und die trügerische Hoffnung, die jedem
Menschen zu eigen ist, immer wieder zu ihm führen und euch seine
eiskalte Hand halten lassen.

Und ihr werdet fortan in ständiger Angst leben. Denn es gibt einen
Gedanken, der noch grausiger ist als der, dass sich dieses kalte Stück
Fleisch auch im Frühling nicht mehr regt und euer Partner für immer
verloren ist: Was ist, wenn sich dieses Ding eines Nachts doch erhebt?
Was wird es tun? Und was wird seine Schritte lenken?

Ihr könntet nun meinen, dass es am Sichersten ist, euch ganz allein
in einer warmen Hütte oder einer gut geheizten Wohnung zu verschanzen.
Aber das trifft nicht in jedem Fall zu. Manchmal, wenn die Kälte im
Schwarzen Winter besonders tief ins Fleisch schneidet und wenn der
Schwarze Schnee besonders schlimm wütet, bilden sich die Schwarzen
Gletscher. Eisige Giganten aus gepressten Schwarzem Schnee, die sich
rücksichtlos durchs Land fressen und mit Vorliebe die einsamsten
Menschen komplett in ihren Häusern einschließen, bis sie langsam
erfrieren oder ihnen die Luft ausgeht. Bis dahin allerdings hören sie
nagende, flüsternde Stimmen, die sich bisweilen in einen unerträglichen
Chor der Verdammnis steigern, durch den aber wieder und wieder – als
wäre es eine Anklage – die Stimmen jener durchklingen, die im Leben des
Isolierten einmal eine Rolle gespielt hatten.

Irgendwann endet es. Die Temperaturen steigen, der Schwarze Schnee
löst sich in Nichts auf und bis auf die Kristallherzen erinnert nichts
außer den angerichteten Zerstörungen mehr an den Schwarzen Winter.

Ein sanfter und wunderschöner Frühling wird dann folgen und viele der
Wunden heilen, die der Schwarze Winter der Welt geschlagen hat.

Anders verhält es sich aber, wenn der Schwarze Winter nicht alleine
kam. Wenn er vielmehr die letzte Spielkarte des unheiligen Quartetts aus
Fäulnisfrühling, Staubsommer, Hungrigem Herbst und Schwarzem Winter
gewesen ist, die das Schicksal auf den Tisch legt. Wenn die Welt alle
vier Schrecken durchleben musste und das Leben auf ihr nicht länger
existiert. Wenn die Jahreszeit anbricht, die fortan immer herrschen
wird: Die Fünfte Jahreszeit. Von ihr sollt ihr im letzten Teil meiner
Ausführungen lesen. Und ich hoffe für euch – und für uns alle, dass ihr
sie niemals erleben müsst.

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