Durchs Schlüsselloch
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Dunkelheit machte sich über dem Himmel breit, als sich ein Mann zur Rezeption eines Hotels begab, um dort einzuchecken.
Die junge Frau hinter dem Eichentisch schien, trotz ihres Alters, schon sehr lange an diesem Ort tätig zu sein, denn nachdem sie ihm seinem Schlüssel überreicht hatte, hielt sie ihn noch kurz zurück, und sagte mit gesenkter Stimme: „Sir, auf dem Weg zu ihrem Zimmer wird ihnen ein Raum auffallen. Er hat keine Nummer, und ist immer abgeschlossen.“ Bevor er das Gesagte infrage stellen konnte, fuhr sie energisch fort: „Niemand darf ihn betreten, und bitte, zügeln sie ihre Neugier, denn sie dürfen unter keinen Umständen hineinblicken, oder gar dort anklopfen!“ Ihre Worte waren so überzeugend, dass der Mann es nicht wagte, ihr zu widersprechen.
Aber nachdem er bereits auf dem Weg zu seinem Zimmer war, hatte er dutzende Fragen mehr. Zum Beispiel: Was denn Schreckliches geschehen würde, wenn er durch ein mickriges Schlüsselloch sah. Trotzdem legte er sich, nachdem er an seinem Ziel angekommen war, ohne Umwege in das Bett, das man schon liebevoll für ihn vorbereitet hatte.
Die Decke war rot. Dunkelrot. Eine schöne Farbe…
Am nächsten Tag jedoch ließ ihn seine Neugier einfach nicht in Ruhe. Was hatte es mit dem Raum ohne Zimmernummer auf sich? Was, oder besser gesagt wer befand sich in diesem Zimmer? Warum durfte man nicht hinein?
Zuerst versuchte er die Tür zu öffnen, und drückte die Klinke – natürlich vergeblich – herunter. Doch dann beugte er sich hinunter, und blickte durch das Schlüsselloch, durch welches kühle Luft drang, die sein Auge beinahe sofort umschloss. Etwas besonders Aufregendes konnte er auf den ersten Blick nicht erkennen.
Eine ältere Dame lief an ihm vorbei, und stieß etwas aus, dass sich wie „Spanner“ und „Rezeption informieren“ anhörte, aber er ignorierte sie galant.
Ein gewöhnliches Hotelzimmer mit Kommode, Schrank, Lampe und Bett. Jedoch war alles in diesem Raum viel … ungeputzter. Es schien so, als ob eine dicke Staubschicht alles umgab, und ihre Farben dämpfte. Dann bemerkte er die weibliche Gestalt, welche auf dem Bett saß. Sie hatte den Rücken zu ihm gewandt, und lehnte mit dem Kopf an der Wand. Theoretisch nichts Ungewöhnliches, doch ihre Haut- und Haarfarbe verblüffte ihn.
Sie war strahlend weiß.
Aus Verwunderung hielt er in seiner Bewegung inne, und versuchte mehr zu erkennen. Doch mehr gab es nicht. Der Rest des Raumes befand sich außerhalb seines Blickfeldes. Zuerst wollte er sogar anklopfen – aus Neugier – doch er erinnerte sich an die warnenden Worte der jungen Frau, und wandte sich etwas beschämt ab. Ein erwachsener Mann sollte nicht wie ein kleines Kind nach einem Gruselmärchen suchen.
Und das rettete ihm sein Leben.
Beinahe traurig schlich er zurück in sein Zimmer. Dieser Raum war abgesehen von der Gestalt völlig uninteressant. Und wahrscheinlich war die schneeweiße Haut der mysteriösen Frau auch nur eine optische Täuschung gewesen.
Er schlief in dieser Nacht nicht besonders schnell ein.
Am nächsten Tag blickte er abermals durch das weite Schlüsselloch, doch dieses Mal konnte er weder die Gestalt, noch den Hotelraum ausmachen. Das Einzige, was er sah, war vollkommene Röte. Nicht mehr, nicht weniger. Es war ein dunkles Blutrot, und er wusste nicht recht, was er davon halten sollte, bis er mit den Schultern zuckte, und sich wieder abwandte.
Wahrscheinlich hatte die Bewohnerin nur bemerkt, dass er letzte Nacht hindurchgestarrt hatte, und von Innen das Schlüsselloch mit irgendetwas Rotem blockiert. Das war durchaus verständlich. Er würde ja auch nicht gerne beobachtet werden.
Doch nun fasste er den Entschluss, die Rezeptionistin zu fragen. Als er an den Eichentisch trat, fragte sie, ohne ihren Kopf zu heben: „Haben Sie durch das Schloss geblickt?“ Er nickte etwas verschämt, und sie seufzte, obwohl ihr Blick weiterhin gesenkt war. Und dann sah sie auf, und begann zu reden. „Der Besitzer des Hotels behauptet, ein Mann habe in diesem Raum seine Frau ermordet.“ Der Mann musste sich zusammenreißen, um nicht die Augen zu verdrehen. Eine Touristenattraktion also. „Diese ist dann zurückgeblieben um den Tatort heimzusuchen. Und ja, ich weiß, dass Sie mir nicht glauben, aber niemand, der da rein gegangen ist, kam wieder … normal… raus. Das Ungewöhnliche an ihr ist, dass sie vollkommen weiß ist.“ Ja, die Frau war tatsächlich schneeweiß gewesen. Unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Er wollte schon wieder gehen, da die Rezeptionistin nicht weitersprach, doch dann fügte sie hinzu:
„Abgesehen von ihren Augen.
Die sind nämlich rot.“
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