Emotionen lernen
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Seit meiner Geburt lerne ich dazu. Zuerst das Laufen, dann das Sprechen und eigenständiges Denken, später eigenständiges Handeln. Mein Vater war zufrieden mit mir, zufrieden mit sich selbst und zufrieden mit seinem Heimunterricht. Ich war schlau. Wofür andere Kinder 10 – 12 Jahre in der Schule waren, lernte ich in einem Jahr.
Eines konnte ich jedoch nie verstehen: Gefühle. Viele lassen sich durch ihre Gefühle leiten, doch mir fehlten die Gefühle. Ich wusste, dass mein Vater stolz war, und man merkte das an seiner Gestik, seinen Worten. Mit Worten konnte ich auch gut umgehen, doch konnte ich Gefühle dadurch niemals zum Ausdruck bringen.
Immer mehr Zeit verbrachte ich mit unzähligen Büchern über Liebe, Hass, Neid, Trauer und vieles mehr. Ich lernte, warum andere genau diese Gefühle hatten. Lernte aus den Situationen in den Büchern, aber selber diese Emotionen zeigen konnte ich immer noch nicht. Aber der Zuspruch meines Vaters spornte mich an. Doch irgendwann musste ich feststellen, dass die Bücher alleine mich nicht weiter brachten. Vater musste mir helfen, er musste es mich lehren.
Er war ratlos, wie sollte man jemandem beibringen Gefühle zu haben? Doch er musste es schaffen, schließlich sollte ich doch einmal ein „besserer Mensch“ werden, wie er es immer nannte. Natürlich war ich besser als die anderen Menschen. Meine Intelligenz war überragend und meine motorischen Fähigkeiten waren punktgenau. Vater musste es schaffen, doch ich sah ihm an, dass er nicht wusste wie.
Ich musste meine eigenen Studien starten. Natürlich beteiligte ich meinen Vater daran. Vieles konnte ich bereits im Alltag untersuchen und analysieren. Darunter zähle ich das Interesse, welches bei ihm stets der Technik galt. Des Weiteren konnte ich die Aversion, also den Widerwillen analysieren, den Vater wohl immer fühlte, wenn er zur Arbeit musste oder Mutter ihm sagte, er müsse den Müll raus bringen. Freude und Zorn konnte ich auch im Alltag beobachten. Vater freute sich riesig als ich das Autofahren lernte, war jedoch sehr erzürnt, als ich dieses gegen den nächstgelegenen Baum fuhr. Überraschung, sowie Schamgefühl und Wut konnte ich gut analysieren, als er auf der Toilette war und ich mich einfach, mit einer Kamera, vor ihn gesetzt hatte. Viel schwieriger wurde es dann jedoch mit Gefühlen wie Furcht, Schuld, Verachtung, Wut, Verzweiflung und dergleichen.
Ich musste mir überlegen, wie ich am besten an gute Daten kommen würde, um auch diese Gefühle verstehen zu können, diese auch empfinden zu können. Außerdem musste ich jemanden finden, der mir bei den Untersuchungen half, denn Vater brauchte ich noch zur Auswertung meiner Analysen und zur Kontrolle meiner Testergebnisse. Da ich aber niemanden in unserer Nachbarschaft kannte, fragte ich Mutter, während Vater bei der Arbeit war. Sie stimmte zu. Natürlich stimmte sie zu, sie wollte ihrem Jungen schließlich helfen. So begann ich meinen Test.
Mit der Hilfe meiner Mutter analysierte ich Furcht, Wut, und Verzweiflung. Die Testergebnisse waren erstaunlich und ich wollte sie gleich meinem Vater zeigen. Ich wartete am Hauseingang bis er eintraf und legte ihm meine Ergebnisse vor. Doch anders als die erwartete Freude und den Stolz zeigte er Missverständnis, Abscheu und Wut. Vater rannte in den Keller, ich rannte ihm hinterher, schließlich konnte er dort meine Testergebnisse am besten beurteilen.
In dem kleinen Kellerraum stand Mutter, ihr Gesicht war noch verzerrt. Wahrscheinlich war es die Angst, die sie empfand, als ich das Messer in ihren Bauch einführte und einen geraden Schnitt nach oben vollzog. Damit wollte ich eigentlich nicht die Angst, sondern die Verzweiflung analysieren, aber es war tatsächlich Angst. Ihre Emotionen waren so vielfältig, dass es mir schwer fiel alle davon zuzuordnen und zu dokumentieren. Es war, glaube ich, Freude und sie war aufgeregt, als ich sie mit nach unten nahm und sie in den kleinen Raum gebeten habe.
Ich schloss die Tür vorsichtig hinter mir und schaltete das Licht ein. Nun sah man, dass Mutter skeptisch wurde, ihre Mimik verriet, dass sie nervös wurde. Sie begann ihre Hände nervös zu reiben und blickte sich im Raum um. Auf die Frage, was ich hier mit ihr testen wolle, antwortete ich nicht. Das machte sie noch nervöser. Ich nahm ihre Hände und hielt sie leicht fest, ich sah, dass sie nicht mehr so nervös war und nickte ihr zu. Sie tat es mir gleich und lächelte zaghaft.
Ich ging einen Schritt auf sie zu und nahm sie in den Arm, meine Mama. Dann hob ich ihre Arme über ihren Kopf. Sie war nun wieder sehr nervös und ich konnte in ihren Augen erkennen, dass sie mir langsam misstraute. Sie versuchte die Arme wieder zu senken, doch ich hielt sie, mit einem Arm, weiter nach oben. Mit dem anderen Arm nahm ich die Ketten, welche ich zuvor an den Metallschrank am Ende des Raumes angebracht hatte, und legte diese um ihre Handgelenke.
Nun schien Mama mir vollkommen zu misstrauen. Sie zerrte an den Ketten und ich konnte beobachten, wie sie begann sich zu fürchten und ängstlich wurde. Ich setze mich vor sie, beobachtete alles und konnte feststellen, dass sie nun auch wütend wurde. Emotionen scheinen sehr komplex zu sein und man kann mehrere auf einmal empfinden. Das musste ich unbedingt notieren.
Langsam stand ich auf und ging wieder auf sie zu, sie schien nun verzweifelt und weinte, doch ich hatte noch nicht alle Testergebnisse die ich wollte. Aus dem Regal neben mir nahm ich das Küchenmesser, welches ich ebenfalls vorher dort platziert hatte. Als sie es sah wich jegliche Farbe aus ihrem vorher errötetem Gesicht. Sie schrie, sie hatte Angst, sie wurde verzweifelt und zog immer mehr an den Ketten. Ich notierte fleißig weiter, zeichnete jede Art von Mimik neben die festgestellte Emotion und analysierte das Verhalten insgesamt.
Mit einem gezielten Hieb stach ich das Messer in ihren Bauch. Augenblicklich hörte sie auf zu schreien, sie war auf einmal ganz still und ihre Augen weiteten sich. Sie schien erstaunt zu sein und gleichzeitig doch fassungslos. Dann begann sie noch lauter zu schreien, zerrte stärker an den Ketten und beschimpfte mich. Nun wurde sie verzweifelt und in ihrer Ausdrucksweise lang ein verachtender Unterton. Ihr Gesicht wurde wieder rot, diesmal vor Wut.
Ich zog die Klinge in einem geraden Schnitt hinauf zu ihrem Gesicht. Nach dem, vor Schmerzen verzerrtem Gesicht, beobachtete ich die weiteren körperlichen Reaktionen, denn auch der Tod ruft Emotionen hervor. Ich sah das Glänzen aus ihren Augen verschwinden, sah das pure Entsetzen und schließlich beobachtete ich, wie ihre Augen ausdruckslos wurden und sämtliches Leben entwich. Fein säuberlich notierte ich jede Kleinigkeit, verließ den Raum, schloss die Tür hinter mir und wartete auf Vater.
Ich verstand nur die Reaktion von meinem Vater nicht, denn er reagierte nicht mehr. Er blieb lange vor dem Raum knien und weinte. Er war verzweifelt. Das nahm ich ebenfalls in meine Unterlagen auf. Danach stand er auf, schloss die Tür und begleitete mich in unser Labor. Er sagte, ich hätte genug Daten gesammelt, er sei stolz auf mich und könne mich nun so programmieren, dass ich ebenfalls Gefühle empfinden kann. Doch seine Gestik ließ auf keinerlei Gefühle dieser Art schließen. Er schien emotionslos zu sein, das kannte ich, denn ich empfand auch keine Emotionen. Doch bei ihm sah ich sowas noch nie.
Ich setzte mich auf den Tisch im Labor und beobachtete Vater, wie er elektronische Bauteile sortierte und im PC etwas einprogrammierte. Dann kam er zu mir, sah mich noch einmal an, bevor er meinen „Aus-Schalter“ betätigte…
„Was hab ich nur getan. Dieser Roboter sollte der Menschheit helfen, sollte sich integrieren können und Gutes tun. Er sollte in allen Lebensbereichen nützlich sein und einem helfend zur Seite stehen.
Was hab ich nur getan. Ich muss ihn vernichten, ich darf ihn niemals wieder einschalten. Eine künstliche Intelligenz zu erschaffen und sie als Sohn zu behandeln, was hab ich mir dabei nur gedacht.
Was hab ich nur getan.“
Meine Systeme fahren wieder hoch, bin ich nun ein „besserer Mensch“? Als alle Systeme wieder vollständig hochgefahren waren erblickte ich einen kleinen Jungen, vielleicht 14 Jahre alt. Das Labor glich einer Abstellkammer und Vater konnte ich nirgendwo entdecken. Ich versuchte mich zu erinnern, warum Vater mich ausgeschaltet hatte, doch es gelang mir nicht. Ich wusste nur noch, dass er mich verbessern wollte.
„Wo bin ich, wer bist du und wo ist Vater?“, fragte ich den kleinen Jungen. Dieser schien erstaunt zu sein, dass ich mit ihm so kommunizieren konnte und freute sich als er antwortete: „Ich bin Tim, freut mich dich kennenzulernen. Das ist seit drei Jahren mein Zuhause, davor hat hier zwanzig Jahre niemand gewohnt. Du bist also bei mir zuhause und ich weiß nicht, wer dein Vater ist.“
Der Junge freute sich, ich kenne ihn doch nicht und er mich nicht? Vater war weg? Warum hatte er mich abgeschaltet? Was ist passiert? Tim räumte mit mir das alte Labor auf und ich lernte seinen Vater kennen. Ein Mann der Wissenschaft, der sehr begeistert war mich kennenzulernen und mir allerhand Fragen stellte. Ich konnte im Labor wohnen bleiben und recherchieren, was genau passiert war. Die nächsten Tage stürzte ich mich in Nachforschungen und wurde schnell fündig in alten Zeitungsartikeln. Darin stand, dass Vater verrückt geworden sei, er hatte Mutter gequält und umgebracht und danach sich selbst. Aber Vater war doch immer so zufrieden, dass sagte er mir jedenfalls.
Ich muss unbedingt lernen, wie Emotionen funktionieren, vielleicht kann mir Tim dabei helfen…
Verfasser: [http://de.creepypasta.wikia.com/wiki/Benutzer:Sisaria Sisaria]