Haus eines Künstlers Kapitel 2
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Mir wurde schlagartig übel und auf meinem Rücken, sowie meiner Stirn brach der kalte Schweiß aus. Während ich den Brief ein zweites und ein drittes Mal las, um überhaupt zu realisieren, was dort stand, traf mich die Erinnerung wie ein harter Schlag in die Magengrube. Auf Einmal war alles wieder zurück und präsenter denn eh und je. Das finstere Anwesen, die Kreuze, der Keller, die Kleider aus Menschenhaut… die Kleider… Oh mein Gott!
Mit einem Ruck riss ich das restliche Papier von dem sogenannten „Geschenk“. Ich musste würgen als ich sah was dort in meiner Hand lag. Es war eine Brieftasche. Dünn und weiß spannte sich die Haut glatt über die Oberfläche. Hier im Tageslicht konnte man erahnen um was für ein Material es sich hierbei handelte. Kein Leder. Kein Stoff. Haut. Glatte, weiße Menschenhaut
Nichts davon war ein Traum. Ich hatte nicht geträumt!
Geistesabwesend taumelte ich, ohne den Briefkasten hinter mir zu schließen, die Stufen zu meiner Wohnung hinauf. Oben angekommen steckte ich den Schlüssel ins Schloss. meine Finger zitterten dabei so sehr, dass ich es kaum fertig brachte, den Schlüssel zu drehen um die Tür zu öffnen. Als es mir schließlich gelang, stürzte ich in die Diele und von dort aus direkt ins Badezimmer, öffnete die Toilette und übergab mich… zum zweiten Mal an diesem Tag.
Während ich so über der Toilettenschüssel hing, kristallisierte sich ein grässlicher Gedanke aus dem Chaos heraus, das in meinem Kopf tobte: Er weiß wo du wohnst. Vielleicht weiß er auch was du machst. Vielleicht beobachtet er dich. Sei vorsichtig.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich mich wieder beruhigt hatte.
Nun saß ich mit angewinkelten Beinen auf der Couch, hatte meinen schmerzenden Kopf in die Hände gestützt und ordnete meine wirren Gedanken. Die groteske Brieftasche lag vor mir auf dem Wohnzimmertisch. Doch ich brachte es kaum fertig, sie anzusehen. Als ich schließlich doch näher hinschaute, rumorte mein ohnehin schon malträtierter Magen heftig und ich musste den Blick abwenden. Eins war sicher. Dieses Ding musste zur Polizei. Doch zuerst beschloss ich, Allan anzurufen. Ich musste diese ganze Scheiße mit jemandem Teilen. Ansonsten würde ich hier langsam aber sicher wahnsinnig werden. Ich brauchte jemanden zum Reden. Jemanden dem ich vertraute.
Ich hob das Telefon ab, das auf einer kleinen Beistellkommode in meinem Wohnzimmer stand und wählte seine Nummer. Das Kratzen der Drehscheibe klang seltsam fremd in dem Stillen Zimmer. Als ich fertig war hielt ich den höher ans Ohr und wartete bis Allans Stimme das monotone Tuten unterbrach.
„Hallo, Allan Green am Apperat.“
„Hi Allan ich bin’s Elija. Ich muss dich unbedingt unter vier Au-“
„Hallo?“ Unterbrach mich Allans Stimme schroff.
„Ja, eh… hallo Allan? Ich würde dich gerne unter vier Augen sp…“
„Tja wer auch immer da ist, ich versteh kein Wort.“ Für einen Moment herrschte verwirrte Stille zwischen uns beiden. Dann drang ein Lachen durch den Hörer.
„HAHA, war nur Spaß ich bin nicht dran. Sprich nach dem Piep-Ton.“
Ein lautes Piepsen dröhnte mir ins Ohr. Verärgert knirschte ich mit den Zähnen und Wiederholte mich abermals mit der angehängten Bitte, dass er mich doch zurückrufen solle wenn er zeit hat. Dann legte ich den Hörer zurück. Gerade als ich mich von dem Telefon entfernte und wieder auf dem Sofa platz nahm. Begann das Telefon zu klingeln. Ich verdrehte die Augen, ging zurück und nahm den höher ab.
„Hi Elija, Allan hier. Du hattest mich angerufen?“
Etwa 15 Minuten später stand Allan vor meiner Tür. Ich hatte ihm am Telefon nicht geschildert was geschehen war, alles was ich sagte war, dass ich dringend mit ihm sprechen müsse und das nicht am Telefon möglich wäre. Er würde mir nie glauben, ohne das Portemonnaie und den Brief, mit eigenen Augen gesehen zu haben.
Ich ließ ihn also herein und wir setzten uns gemeinsam ins Wohnzimmer. Ich nahm wieder auf der Couch Platz und er ließ sich in den gemütlichen Sessel, mir gegenüber fallen. Allan war knapp ein Jahr älter als ich, dunkelhäutig und sportlich mit einem dichten Flaum, der sein Kinn umhüllte und kurzen Haaren, die man dank der Baseball cap, die er meistens trug nur selten zu Gesicht bekam.
„Alter was ist das denn?“ fragte er angewidert und deutete auf die Haut-Brieftasche, welche immer noch zwischen uns, auf dem kleinen Couchtisch, lag. „willst du die Mandarine da nicht mal lieber wegschmeißen bevor sie vergammelt? Ist ja ekelhaft.“
Eine Mandarine? Ernsthaft? Allan trug für gewöhnlich eine Brille. Ohne sie war er blind wie ein Maulwurf, trotzdem trug er sie nur selten, da er der Meinung war, er sähe ohne Brille besser aus. „das ist keine Mandarine“ gab ich tonlos zurück „ich erkläre dir gleich was das ist und warum ich dich gebeten habe hierher zu kommen aber zuerst habe ich eine Frage an dich. Was weißt du über das verlassene Haus am Stadtrand?“ mehr brauchte es nicht. Natürlich wusste Allan sofort welches Haus ich meinte. Jeder der schon etwas länger in Madison lebte kannte das alte Haus, das dort verlassen mitten im Wald lag. Ein düsterer Fleck in der Landschaft. Ein Stück totes Land, das jedes Lebewesen abzuschrecken schien. Nur mich eben nicht. Warum das so war? Keine Ahnung.
„Ehm nicht viel. Es hat früher einmal einem Künstler…oder Designer gehört. Aber der sitzt seit Jahren im Knast. Seitdem steht das Haus wohl leer. Warum fragst du?“
„Ich war gestern Nacht dort.“, sagte ich und versuchte dabei diesem einen Satz so viel Gewicht wie möglich beizumessen. Allan zog die Augenbrauen hoch. „Aha, Naja ich war auch schon mal dort… unheimlich diese… Kreuze, nicht?“
„Nein, Du verstehst nicht.“ gab ich zurück, „ich meine Ich war drin.“
Nun sah Allan doch interessiert aus.
„Was, Ernsthaft? Krass, Mich würden da ja keine 10 Pferde rein kriegen.“ sagte er und zeigte ein schiefes Grinsen.
„Mich ja eigentlich auch nicht.“ gab ich mit Nachdruck zurück, „aber gestern hat mich irgendwie die Neugier gepackt. Also bin ich über das Tor geklettert und durch ein Fenster rein.“
„Alter, Wie kannst du überhaupt noch gehen? Deine Eier müssen schwerer als Billardkugeln sein.“ Er lachte. Und auch ich musste lachen. „Ich weiß selber nicht so ganz was mich gestern geritten hat.“
„Und? Wie war es?“ das Lachen erstarb augenblicklich.
„Ziemlich hübsch eigentlich. Etwas Altmodisch und heruntergekommen, aber Stilvoll. Doch das ist nicht der eigentliche Grund warum ich dich sprechen wollte.“
„So? Naja ich hab nichts mehr zu tun heute also… bin ganz Ohr.“ sagte Allan, streckte sich und lehnte sich entspannt zurück. „was dagegen wenn ich eine rauche?“ fragte er mit einem Blick auf den Aschenbecher, welcher auf dem Beistelltisch stand.
„Nein aber mach vorher bitte ein Fenster auf.“ Allan tat wie ihm geheißen, hievte sich vom Sessel hoch, ging hinüber zu einem der altmodischen Fenster und öffnete es. Dann kam er zurück und ließ sich wieder in den Sessel fallen. Er kramte eine Packung American Spirit hervor, zog eine Zigarette heraus und zündete sie an. Dann reichte er mir die blaue Schachtel, mit dem kleinen Indianer, der genüsslich an einer Friedenspfeife zog.
„Auch eine?“ fragte Al mit der Zigarette zwischen den Lippen. Unwillkürlich, zog ich eine heraus.
Ich rauchte für gewöhnlich eigentlich nicht, zumindest nicht regelmäßig, doch gerade hatte ich das Gefühl, genau das zu brauchen.
Ich zündete meine Zigarette an, zog den Rauch tief in die Lungen und blies ihn anschließend in die Luft. Verdammt, dachte ich verdrießlich. Trotz des geöffneten Fensters würde es ewig dauern bis ich den Geruch aus der Wohnung los war. Dennoch spürte ich, wie ich mich augenblicklich etwas entspannte.
„Das Haus, steht nicht leer Al. Dieser Künstler lebt dort immer noch.“
Diesmal hatte die Theatralik tatsächlich die gewünschte Wirkung gezeigt.
„Was?“ fragte Allen und verschluckte sich beinahe an seiner Zigarette. Seine Augenbrauen kuschelten mit seinem Haaransatz.
„Das meinst du doch nicht im ernst? Ich hab damals selbst gesehen wie die Polizei den Kerl mitgenommen hat. Die Cops meinten er kommt auf den elektrischen Stuhl, bei dem was er Angestellt hat.“
„Achso? Haben sie denn gesagt, was er angestellt hat?“
„nee Mann. Die waren alle Kreidebleich. Keiner von denen wollte Einzelheiten nennen. Selbst die Zeitung schien nichts zu wissen – alles „topsecret“, muss aber was ziemlich abgefucktes gewesen sein.“
„Was du nicht sagst.“ gab ich kühl zurück.
Allan beugte sich vor und stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab. Ein deutliches Zeichen dafür, dass ihn etwas interessierte. Dieses Muster konnte man bei ihm immer wieder in der Uni beobachten.
„Was denn? Hast du etwa eine Ahnung was er getan hat?“
„So eine ungefähre…“
„Ach echt? Na dann schieß los, was hast du gesehen?“
Ich nahm einen langen und tiefen Zug von meiner Zigarette und begann ihm alles von Anfang an zu erzählen.
Von der großen Halle, dem Korridor, den Bildern, den Schaufensterpuppen, Den Kleidern aus Menschenhaut. Nur den Teil mit dem Monster ließ ich aus, da ich mir mittlerweile nicht mehr sicher war, ob ich diesen Teil nicht vielleicht doch im Traum hinzugedichtet hatte.
Als ich mit meiner Erzählung am Ende war, schwiegen wir beide einen Augenblick. Allans Miene war unergründlich.
Doch dann lachte er auf „Haha, oh Mann alter, für einen Moment hattest du mich.Ich dachte schon du meinst das ernst.“
verdattert blickte ich ihn an.
„Was meinst du?“ fragte ich. In meiner Stimme schwang ein Anflug von Ärger mit. Ich hatte mir viele Reaktionen erhofft, doch nicht diese.
„Du hast geträumt Mann. Dieses Haus steht seit Jahren Leer. Da ist nichts. Und vor allem keine Klamotten aus Haut oder so.“ Wieder begann er zu lachen.
Wie um seine Aussage zu unterstreichen drückte er seine Zigarette betont gründlich im Aschenbecher aus. Dann fügte er hinzu, „Okay wir haben zwar nicht Halloween aber trotzdem, nette Gruselgeschichte, die du dir da hast einfallen lassen. Ich glaube du hast viel zu viel Freizeit.“
Für einen Moment schwankte ich zwischen Unglaube und Wut hin und her. Etwas an seinem Lachen machte mich furchtbar aggressiv. War das sein scheiß Ernst?
Gut, zugegeben meine Geschichte war schon etwas abgedroschen… sehr abgedroschen.
Hätte ich mir geglaubt?
Trotzdem spürte ich wie der Ärger mir ins Gesicht geschrieben stand.
„Ich habe nicht geträumt.“ sagte ich mit Nachdruck und drückte ebenfalls meine Zigarette aus. „was denkst du bitte von mir? Wenn ich solche Träume hätte wäre ich längst in der Klapse“ Allan zog die Brauen zusammen. „Ja das würde mir allmählich sorgen machen. Wann warst du denn zuletzt bei deinem Psychiater?“
„Donnerstag.“ sagte ich kühl. „Es geht mir schon viel besser. Der Psychotherapeut meinte selber, ich bräuchte höchstens noch ein zwei treffen dann bin ich wieder richtig fit. Aber von einem Trauma erholt man sich eben nicht. Zumindest nie so richtig.“
Dann viel mein Blick auf das Portemonnaie, welches dort unbeteiligt unsere Konversation verfolgt hatte und ich füge an: „Außerdem kann es kein Traum gewesen sein weil ich vorhin das im Briefkasten hatte.“ Ich deutete auf das Portemonnaie und kramte mit der anderen Hand den Zettel von Edward Gein hervor.
Bevor ich Ihn vorwarnen konnte, schnappte sich Allan das Portemonnaie vom Tisch und hob es sich vor die Augen.
„verdammt, das ist wirklich gut. Was ist das? Ein Scherzartikel oder so was? Sieht beinahe wie echte Haut aus.“ Mit Kennerblick musterte er die Brieftasche von allen Seiten „Ist ja echt eklig Mann.“, stellte er dann schlussfolgernd fest und klatschte das Ding zurück auf die Tischplatte.
„Und was hast du da?“ Er deutete auf den Brief in meiner Hand. Ich zog ihn weg bevor er ihn sich ebenfalls schnappen konnte und seine Hand griff ins Leere.
„Das ist ein Brief von dem Künstler selbst. Der lag vorhin bei mir im Briefkasten.“ erst als ich ausgeredet hatte, gab ich Allan den Brief, der ungeduldig die Hand danach ausgestreckt hatte. Er überflog ihn einmal. Dann noch einmal. Dann ließ er ihn sinken.
„Edward Gein was? Naja wenn du meinst…“ Allans Augen waren auf die letzten Zeilen des Papiers gerichtet. Eine seltsame Erkenntnis spiegelte sich plötzlich in ihnen wieder.
„Was? Sagt dir der Name etwa was?“, fragte ich aufgeregt.
„Habe den Namen schon öfter gelesen…“
„Und? Weißt du wer er ist.“
Allan Blickte mich mit großen Augen an. „Edward Gein, war ein Serienkiller und Grabschänder.“
Es war als würde mir etwas schweres in den Magen fallen. Eine Gänsehaut lief mir den Rücken hinab.
„weißt du sonst noch etwas über ihn?“
„Er wurde vor einer Weile verhaftet. Mehr weiß ich nicht. Ich weiß nicht mal wo er gewohnt hat. Aber laut deinem Brief muss es ja dieses Haus gewesen sein…“ Allans Stimme, sowie sein Gesichtsausdruck waren vollkommen unergründlich. In mir tobte ein Kampf.
Nein, das konnte nicht sein. Das alles musste ein riesengroßer Scherz sein.
„Und?“ fragte ich.
„Und was?“ gab Allan zurück.
„Na was denkst du?“
Allan legte den Brief wider zurück auf den Tisch, und rieb sich seufzend mit den Fingerkuppen die Augen. „Ich denke, dass du vollkommen irre geworden bist. Hast du zu viel Freizeit oder warum denkst du dir so einen Quatsch aus? Übrigens solltest du was essen, du siehst irgendwie total blass aus.“
Ich spürte wie augenblicklich Wut in mir hochkochte. Gleichzeitig spürte ich wie mein leerer Magen auf das Wort „Essen“ reagierte und laut zu knurren begann.
„also schön.“ sagte ich bissig. „wenn du mir nicht glaubst ist das deine Sache. Ich werde morgen zur Polizei fahren und denen das Portemonnaie und den Brief übergeben.“
Allan zog abermals die Augenbrauen hoch. „Okay Mann, du hattest deinen Spaß. Aber jetzt finde dich auch damit ab, dass ich dir deine Geschichte nicht abkaufe.“
„Es ist Keine Geschichte!!“ Ich war aufgesprungen. Woher dieser Plötzliche Wutanfall kam wusste ich nicht. Doch es tat gut in Als erschrockenes Gesicht zu Blicken. „Ich weiß genau was ich gesehen habe. Hör auf so zu tun als wäre ich verrückt!“ rief ich und merkte selbst, wie verrückt ich in diesem Moment klingen musste.
„O-okay Mann. Lass uns das nochmal in ruhe überdenken…K-könntest du dich bitte wieder hinsetzen?“ mit nervösen Fingern wies Allan auf Die Couch hinter mir. Ich setzte mich und starrte ihn wütend an.
„Okay hör zu Mann… und lass mich bitte ausreden ja? Es ist nicht so, dass ich dir nicht glauben will es ist nur… du bist mein bester Freund, das weißt du, und ich will nicht dass du dich in irgend eine Scheiße verrennst, die vielleicht gar nicht real ist. Sieh mal, ich bin jetzt kein Psychologe, aber wenn man seine Eltern bei einem Unfall verliert, kann so etwas eben manchmal sehr tiefe Wunden hinterlassen und mit Sicherheit auch sehr lebhafte Albträume verursachen. So etwas ist ja bekannt über Traumata.“
Obwohl ich demonstrativ schnaubte, war ich etwas überrascht, wie einleuchtend diese Worte aus seinem Mund klangen. Was wenn ich nie in diesem Haus gewesen war? Aber wer hätte mir dann das Portemonnaie in den Briefkasten stecken sollen wenn nicht ich selbst? Niemand wusste von meinem gestrigen Spaziergang außer mir.
„So war es diesmal nicht“ sagte ich also, „Der Unfall ist nun zwei Jahre her und mich verfolgen immer noch dieselben Albträume. Ich sehe ein grelles licht. Ich höre einen Knall und das Quietschen von Reifen. Sehe jede menge Blut und… meine..Eltern. Völlig reglos“ bei dem letzten Teil brach meine Stimme und ich musste schlucken. Ein mehr als vertrautes Gefühl.
Bevor mir die Tränen in die Augen steigen konnten, fuhr ich rasch fort,
„doch mit diesem Haus hatten meine Träume nie zu tun gehabt. Ich bin mir zu 100% sicher, dass das was ich letzte Nacht gesehen habe, echt war.“
Wir schwiegen für eine Weile. Dann seufzte Allan und ergriff erneut das Wort:
„Na gut wenn du dir so sicher bist, hast du schon mal darüber nach gedacht, dass dich vielleicht irgendjemand verarscht? Mal angenommen ich nehme dir die ganze Story ab: Es sei dahin gestellt, ob Dieser Edward Gein wirklich in diesem Haus gelebt hatte, aber der Brief kam sicher von anderem. Irgend-jemand Hat dich in diesem Haus eingesperrt und terrorisiert dich jetzt.“
Ich stutzte. Tatsächlich hatte ich dank des Schocks, der mir immer noch in den Gliedern saß, nicht einmal darüber nachgedacht. An Allans Theorie könnte tatsächlich etwas dran sein.
„Mein Gott, Allan du bist ja ein verdammtes Genie.“ sagte ich anerkennend, „bleibt aber immer noch die Frage, wieso jemand das tun sollte.“
Allan strich sich nachdenklich mit dem Finger übers Kinn.
„Nun ja, vielleicht Ist er, oder sie, Obdachlos und wohnt in diesem Haus. Vielleicht will er verhindern, dass du zurückkommst.“
„das könnte sein.“, erwidere ich, „erklärt aber trotzdem nicht woher er meine Adresse kennt.“
„Das stimmt allerdings.“ Für einen Moment schwiegen wir beide. Nur das Ticken meiner Wanduhr durchbrach in regelmäßigen Abständen die dröhnende Stille. Dann erhob Allan schließlich das Wort.
„Hmm, ich fürchte mit Spekulation kommen wir hier nicht weiter.“ Ich blickte ihn an. Seine Miene war wieder vollkommen unergründlich.
„das heißt?“ frage ich vorsichtig.
„Okay hör zu Mann“, setzte Allan an, „ich sag dir jetzt mal was: Es ist spät und dunkel und ich beabsichtige heute nirgends mehr hinzugehen. Deshalb schlage ich vor, wir treffen uns morgen gegen Mittag an diesem Haus und schauen uns die ganze Sache von innen an und dann werden wir ja sehen ob an deinen Gruselgeschichten was dran ist oder nicht. Vielleicht kriegen wir dieses Arschloch ja auch zu fassen dass mit dir seine Spielchen treibt.“
Ungläubig starrte ich ihn an. Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit.
„Ist- ist das dein Ernst?“
„Mein voller ernst, Alter.“
ich schüttle langsam den Kopf und wäre ihm am liebsten in dem Augenblick um den Hals gefallen. „du bist echt der Hammer.“
„Ach werd mir hier nicht sentimental.“ gab er trotzig zurück.
Ich dachte daran, wieder zurück in dieses Haus zu gehen. Ein wenig grauste es mir vor dem Gedanken, doch die Tatsache, dass wir bei Tageslicht dort sein würden und dass Allan diesmal an meiner Seite war, ließ mich neuen Mut schöpfen. Mein knurrender Magen unterbrach meine wilden Gedankengänge, mit der Lautstärke eines aufgedrehten Bassverstärkers und Allan Grinste.
„Wie wär’s mit Wendys?“
„Uff ich hab ewig keine Burger mehr gegessen… gerne, aber nicht Wendys. Irgendwie schmeckt dort alles gleich.“ In dem Blick den ich nun von Allan erntete, spiegelte sich gleichermaßen entsetzen und Bestürzung wieder. „Ist das dein ernst?? Ich könnte jeden Tag zu Wendys gehen.“ Ich musste lächeln. Wäre Allan nicht ebenso begeistert an Sport, wie an Essen würde er dank seiner katastrophalen Ernährung vermutlich längst mit den Regenwürmern kuscheln. Doch da er Football ebenso liebte wie Junk-food, schaffte er es irgendwie, einen Ausgleich zu schaffen. Er spielte als Verteidiger für die Mannschaft unserer Universität und stand fast jeden Tag bei Wind und Wetter auf dem Spielfeld.
„Wendys ist fast-food. Wenn du gute Burger essen willst, lass uns zu Fudrukkers.“ gebe ich zurück. Allan dachte einen Moment nach. Dann sprang er auf.
„Gut… das ist ein Argument. Also dann: Fudrukkers.“
Der nächste Tag war ein Freitag. Freitag war Freitag im wahrsten Sinne des Wortes, denn keine einzige Vorlesung zierte unseren an ansonsten stets vollgestopften Stundenplan.
Die Sonne schien vom beinahe wolkenlosen Himmel herab und es war so warm für Februar, dass ich meine Jacke offen trug, während ich über den altbekannten Waldweg lief. Der letzte Abend war ziemlich entspannt gewesen. Kein einziges Mal kamen die Worte, Haus, Künstler oder Kreuze zur Sprache und als Allan, irgendwann aus dem Nichts fragte, um wie viel Uhr wir uns denn nun heute treffen würden, war ich etwas überrumpelt gewesen und hatte erst einmal nachfragen müssen, was genau er meinte.
Ich war immer noch gesättigt von dem deftigen Essen bei Fudrukkers und hatte mein Frühstück ausfallen lassen. Zumindest nahm ich an dass es das Essen war. Es hätte aber auch genau so gut das flaue Gefühl in meinem Magen sein können, mit dem ich heute Morgen aufgewacht bin und das sich immer weiter verstärkte, je näher ich nun dem finsteren Anwesen kam.
Auch wenn Allan die ganze Sache für einen irren Witz zu halten und nichts davon wirklich ernst zu nehmen schien, mir machte die Vorstellung nun doch Angst, wieder die dunklen Korridore entlang zu schleichen, wie gestern Nacht.
Ich sah Allans grell-blaue College- Jacke mit den weißen Ärmeln schon vom Weiten. Rauchend lehnte er an dem schwarzen Tor und trat gelangweilt von einem Fuß auf den anderen.
„Da bist du ja endlich. Alter dieses Grundstück wirkt sogar schon am Tag total unheimlich. Du kannst mir nicht erzählen dass du nachts allein dort drin warst.“
„Tja wirst du ja gleich sehen. Spätestens wenn du merkst dass ich recht hatte.“ gab ich etwas bissig zurück.
Ich stellte mich neben ihm an das Tor, welches das Grundstück von der Straße abtrennte, umschloss zwei der schwarzen, rostigen Stäbe mit meinen Fingern und blickte hinauf zum Anwesen.
Am Tag sah es beinahe schön aus. Irgendwie mystisch. Die Natur holte sich nach und nach alles zurück, was ihr durch Menschenhand genommen worden war. Efeu rankte an den Steinwänden der Mächtigen Fassade empor und überall wuchsen Gräser und Gestrüpp zwischen den vielen Kreuzen. Morgentau ließ alles glitzern, auf das die Vormittagssonne viel und an Sträuchern und Büschen bildeten sich die ersten Knospen des Frühjahres und flößten er Szenerie einen Hauch von neuem Leben ein. Die Häute, die selbst bei Tageslicht wie einfacher Stoff aussahen bekleideten die Kreuze wie Schaufensterpuppen. Ein Anblick, der mich ein wenig schaudern ließ. Der Wind strich sanft durch Kiefern und Tannen, welche das Grundstück, wie ein schützender Wall aus grünen Dornen umsäumten. Es sah alles so friedlich aus, dass ich mich tatsächlich kurz fragte ob ich überhaupt schon mal wirklich hier gewesen war. Doch eine Sache, trübte das idyllische Bild, und das war die allgemeine Stille, die in diesem Abschnitt des Waldes herrschte. Nicht einen Vogel hörte man singen. Nicht ein Rascheln im Gebüsch. Es war Totenstill.
„Naja, ich bin mal gespannt.“, hörte ich Allan neben mir sagen, während er den ausgerauchten Zigarettenstummel unter seinem gelben Chuck begrub, „Ich rechne immer noch damit, dass du die ganze Sache gleich auflöst und wir da gar nicht erst rein müssen.“
„Da kannst du lange warten.“ Das Verlangen, den Schrecken auf Allans Gesicht zu sehen, wenn er erkannte, dass ich nicht gelogen hatte, und vor allem, dass ich mir nichts einbildete, war größer als die Angst davor, wieder in diesen Keller zu gehen, wieder die Kleider aus Haut zu sehen, wieder diesem furchtbaren Etwas zu begegnen, von dem ich nicht sicher war, ob es tatsächlich dort unten in der Dunkelheit existierte, oder bloß meiner puren Einbildungskraft entsprungen war.
„Also“, ergriff ich das Wort, „klettern wir rüber?“
„Sicher. Dachtest du ich kneife?“ gab Allan lässig zurück, packte, das Gitter und begann, noch vor mir, seinen aufstieg. Behände schwang er sich über die schwarzen, bedrohlich wirkenden Spitzen hinweg und landete mit einem Satz auf der anderen Seite. Genau wie bei mir, gaben seine Knie nach dem Aufprall nach und er fing sich mit den Händen am Boden ab.
„Scheiße“, fluchte er „Ist ja höher als erwartet.“
„Ja das gleiche habe ich auch gestern gedacht.“, antwortete ich, wahrend ich ihm deutlich umsichtiger folgte. Als ich neben ihm sicher auf meinen Füßen, statt auf allen Vieren landete, blickte ich ihn an. Er erwiderte meinen Blick nicht sondern sah mit zusammengezogenen Augenbrauen hoch zum Anwesen. Eine Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben und Stahl der Szenerie augenblicklich jegliche Wärme und Behaglichkeit. Auf einmal sah das Haus ausladend und finster aus und mein Herz begann merklich schneller zu klopfen. Allan drehte den Kopf zu mir. Sorge lag in seinen Augen, deren Sehkraft nun durch eine kreisrunde Brille mit dünnen Rändern verbessert wurde.
„Hör mal, Wenn das ein Spaß ist, dann sag es mir jetzt bitte.“
Zur Antwort schüttelte ich langsam den Kopf. „kein Spaß Wir können trotzdem umkehren wenn du willst. Ich sagte ja schon was ich tun werde.“
„Du willst zur Polizei gehen?“
Ich nickte. Allan atmete einmal hörbar tief durch.
„Verdammt. Warum bin ich nur so verflucht neugierig? Natürlich gehen wir da jetzt rein.“
Und mit diesen Worten setzten wir uns in Bewegung.
Es war als würden die Kreuze uns nachblicken. Als würden sie sich zu uns umdrehen, während wir an ihnen vorbei gingen. Allan beäugte die hölzernen Gebilde mit interessiertem Kennerblick.
„Sieht für mich eher wie gewöhnliches Leder aus… und du sagst bei diesen Fetzen, da an den Kreuzen handelt es sich um Haut?“
„Ja“
„Echt Menschenhaut?“
„Ja, Echte Menschenhaut. Du hast den Brief gelesen, er hängt sie aus um sie irgendwie dehnbar zu machen oder so. Vielleicht ist es auch einfacher sie so zu bearbeiten“
„Voll krass!“ sagte Allan.
Als ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah, fügte er rasch hinzu: „also krass im Sinne von abgefuckt.“
Ich lächelte. Mann konnte von Allan halten was man wollte, aber ich war in diesem Moment unendlich froh nicht allein zu sein. Sicher hätten mich keine zehn Pferde wieder hierher gebracht, ebenso wenig wäre ich mit dem Portemonnaie heute zur Polizei gegangen, da war ich mir beinahe sicher. Jemanden an meiner Seite zu haben, mit dem ich diese schrecklichen Erfahrungen, die ich gemacht hatte nun teilen konnte, gab mir ein Gefühl der Sicherheit.
Als sich das gewaltige Gebäude vor uns erhob, deutete ich nach rechts auf das kleine Türchen, durch das ich letzte Nacht in den hinteren Teil des Hofes gelangt bin.
„Die Eingangstür war beim letzten mal verschlossen. Da hinten ist ein Türchen zwischen den Hecken. Ich hatte letzte Nacht sogar den Eindruck, jemanden dort hindurchgehen zu sehen.“, erinnert ich mich plötzlich und merke wie ich für einen kurzen Moment den Drang verspürte Allan stehen zu lassen und einfach davon zu laufen.
„Ach du siehst auch alles was du sehen willst du alter Psychopath.“,feixte Allan und stapfte durch das hohe Gras in Richtung des Türchens. „Ich sehe keine Menschenseele.“
Ich folgte ihm in einigen Metern Abstand und sah immer wieder zögernd zu den hohen Hecken hinüber, welche das rostige Türchen umgaben. Doch kein Gesicht, blickte uns entgegen. Keine Gestalt verschwand eilig hinter den dichten zweigen. Da waren nur die Blätter, die sich sanft im Wind wiegten und das Türchen, dass mit seinen rostigen, geschwungenen Metallstäben, wie ein Portal, in eine fremde Welt, wirkte.
Als wir davor standen, drückte Allan die Klinke hinunter und rüttelte daran.
„Bewegt sich keinen Zentimeter.“
„Warte. Lass mich mal.“ sagte ich und schob ihn sanft zur Seite.
Dann drückte ich die Klinke hinunter und lehnte mich mit meinem gesamten Gewicht gegen das rostige Metall. Das dichte Gras gab nach und das Türchen öffnete sich langsam.
„Tja, Gewalt ist manchmal eben doch eine Lösung.“, murmelte Allan, als er sich hinter mir durch den schmalen Spalt quetschte, den ich so mühsam freigekämpft hatte.
„Mann, was zur Hölle geht denn hier ab?“, staunte er als er sich umsah und die vielen Kreuze begutachtete, die so dicht an dicht standen, dass man selbst kaum platz hatte um sich umzudrehen. Dann rümpfte er die Nase. „Alter, Ich kotze im Strahl wenn das echt alles Haut sein soll…“
„Dann kotz du mal schön.“, gab ich trocken zurück und sah mich ebenfalls um. Zu meinem großen überraschen stand die Leiter immer noch dort, wo ich sie zurückgelassen hatte. Sie lehnte unterhalb des zerschlagenen Fensters an der grauen, steinernen Wand.
„Da müssen wir hoch.“
Allans Augen weiteten sich. „Warst du das etwa? Ach du scheiße… du bist also echt Schonmal hier gewesen.“
„Hab ich doch die ganze Zeit gesagt.“ antwortete ich wahrheitsgetreu.
„Heilige scheiße. Okay und du sagst da drin ist immer noch dieser Kerl und schneidet Menschen auf. Oder war wenigstens das erfunden?“
Ich drehte mich zu Allan um. War er etwa blass? Oder lag es am licht, dass seine Haut um die Nase herum etwas heller wirkte? Seine immer-gute Laune schien sich mit einem mal beinahe vollständig zurückgezogen zu haben.
„Würdest du mir noch folgen wenn es so wäre?“
Für einen Moment herrschte Stille zwischen uns. Bis auf das gleichmäßige Rauschen der Bäume war nichts zu hören.
Dann nickte Allan kaum merklich und ich drehte mich auf dem Absatz um. „Na dann.“
Wir schlängelten uns schweigend hinüber zur Leiter und begannen unseren Aufstieg. Oben angekommen holte ich zwei Taschenlampen aus meiner Jackentasche und hielt die eine Allan entgegen.
„Kannst du fangen?“
„Klar“ gab er knapp zurück und ich ließ die Lampe fallen.
Allan fing sie geschickt auf und ich schwang ein Bein durch die dunkle Öffnung. In dem Zimmer herrschte immer noch eine beklemmende Dunkelheit, doch durch das Fenster viel diesmal ein gleißender Lichtstrahl, der die Staubkörner in der Luft glitzern ließ. Als ich über den alten hölzernen Schreibtisch hin-wegstieg, tauchte Allans Kopf über dem Fensterbrett auf. „Sei vorsichtig mit dem Glas.“, sagte ich. „hier und da kann man sich bestimmt noch nen-“
„Au! Ach scheiße“
„-Splitter einfangen.“ Naja, einen Versuch war es wert.
Mit dem rechten Daumen im Mund, der scheinbar zu bluten begonnen hatte, folgte Allan mir in den Raum und sah sich um.
„Wow. Diese Möbel müssen hundert Jahre alt sein.“ nuschelte er
„Der Staubschicht nach zu urteilen, sogar schon älter.“
Ich schritt über den alten vergilbten persischen Teppich, hinüber zur Zimmertür und öffnete sie.
Gegenüber von mir lag die Wand, von der langsam aber sicher die ausgegraute Tapete abblätterte. Nach links und rechts zweigte der breite Flur, mit den dunklen Holzdielen ab. Zersprungene und durchgebrannte Glühbirnen steckten in altertümlichen blütenförmigen Lampenschirmen in Wandhalterungen. Ihre Leuchtfunktion hatten sie bereits vor Ewigkeiten aufgegeben und ich knipste meine Taschenlampe an. Ich erinnerte mich damals nach links gegangen zu sein, wodurch ich in die Prunkvolle Eingangshalle gelangt war, doch es juckte mich auf einmal in den Fingern die rechte Seite zu erkunden. Tiefer in die Eingeweide des finsteren Gebäudes vorzudringen und den Geheimnissen auf den Grund zu gehen, die sie verbargen. Ich ließ Allan kurzerhand stehen.
„Warte mal kurz hier auf mich. Ich bin gleich wieder da.“
„Klar kein Ding. Ist hier ja nicht schon zu zweit gruselig genug.“
„Jetzt mach dir nicht gleich in die Hose ich bin in zwei Minuten wieder da.“
Kaum war ich aus der Tür verschwunden und in die Dunkelheit abgetaucht, kam Allan mir hinterhergelaufen.
„Denkst du echt du kannst mich hier alleine stehen lassen? Hier in diesem Scheiß-gruseligen Zimmer. Wo willst du überhaupt hin?“
ich leuchtete mit der Taschenlampe über die Schulter.
„gestern Nacht bin ich nach links den Flur entlang gegangen. Ich will nur mal kurz gucken was auf der rechten Seite, also im hinteren Teil des Gebäudes ist.“
„vermutlich nichts als Staub und noch mehr Staub.“ Sagte Allan.
Rechts von uns reihten sich einige Türen aneinander.
Ich versuchte ein Paar davon zu öffnen, doch sie waren alle fest verriegelt.
Nach etwa acht Metern, machte der Flur einen Schlenker nach links und verlor sich in der Finsternis. An der Wand, welche nun vor Kopf lag befand sich eine weitere Tür. Ich drückte die Klinke hinunter und sie öffnete sich. Wir traten beide hindurch und staunten nicht schlecht als wir sahen was dahinter lag.
Gleißendes Sonnenlicht schien uns entgegen und wir mussten blinzeln. Wir standen plötzlich im freien. Vogelgezwitscher umgab uns, während wir verwirrt über die Bewaldeten Hügel blickten, welche die Stadt umgaben.
Dann wurde mir klar was los war. Irgendjemand oder Irgendetwas hatte, auf dieser Seite des Gebäudes gewütet. Die wände waren Zerschlagen und teile des Bodens sowie der Decke fehlte. Es war als hätte man ein Stück aus einem Kuchen herausgebrochen. Als hätte man das Gebäude auf dieser Seite mit einer Abrissbirne bearbeitet.
„Was ist denn hier bitte passiert?“ fragte Allan schockiert und blickte mich an, als erwarte er von mir eine Erklärung für dieses Chaos.
„Keine Ahnung.“ gab ich zurück und schüttelte langsam den Kopf. „Vielleicht ein Hurrikan…“
„Sicher. Ein Hurrikan, der alle Bäume im Umkreis stehen gelassen und nur eine Wand, eingerissen hat? Never. Das muss irgendwas Menschliches gewesen sein. Vielleicht dieser Künstler selbst. Vielleicht wollte er nicht dass jemand diesen Raum findet, beziehungsweise dass was sich in diesem Raum befunden hat.“
Ich dachte nach. Möglicherweise hatte das Grauen hier damals seinen Anfang genommen. Lange bevor Gein sich seinen geheimen Keller in die Erde unter seinem finsteren Haus grub. Oder… Ich dachte zurück an den dunklen Keller. Ich erinnerte mich nur noch schwach an das Monster, mit seiner gigantischen Keule. Wäre es dazu in der Lage gewesen?
„Lass uns wieder zurück gehen.“, sagte Allan etwas beklommen, nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten. „Hier gibt es denke ich nichts mehr zu sehen. Gerade als ich mich umdrehen, und Al zurück in den dunklen Flur folgen wollte, passierte es.
Verschwindet!
Ich drehte mich verwirrt zu Allan um. „Was?“
„Nichts, Ich hab nichts gesagt.“
für einen Moment herrschte verwirrte Stille dann durchzuckte mich Plötzlich ein gleißender Schmerz, als würde mir eine unsichtbare Hand einen Kochlöffel ins Hirn rammen und darin herumrühren. Ich schrie auf – mehr aus Überraschung, als vor Schmerz – und hielt mir den Kopf. Der Flur um mich herum begann sich zu drehen und ich spürte wie ich zu taumeln begann.
„Elija? Hey Mann alles okay?“, hörte ich Als dumpfe Stimme rufen.
Er klang meilenweit entfernt und doch gleichzeitig so nah als würde er mir direkt ins Ohr schreien, nur durch einen sehr langen Tunnel hindurch, was die Schmerzen augenblicklich zum kochen brachte.
Ich stöhnte, viel auf die Knie und stützte mich mit den Händen auf den hölzernen Dielen ab. Plötzlich projizierten sich Bilder, in rascher Folge vor mein Geistiges Auge. Ich glitt einen Flur entlang. Sah Blut. Spürte wie es über meine Hand lief. Meine Finger. Rot und warm, während das Messer schnitt. Tiefer und Tiefer.
Schreie. Doch nicht nur meine eigenen. Ein alter Mann. Glatzköpfig. Fahl. Blut lief über sein Kinn und und seine Augen waren eingefallen. Er drehte sich zu mir um sein Gesicht war eine Blutverschmierte Fratze des blanken Grauens. Tränen stiegen mir in die Augen. Tränen der Verzweiflung. Ich war auf einmal so klein. So Hilflos.
Er schrie mich an und Blut spritzte aus seinem Mund auf sein weißes Hemd, dass an ihm hing wie an einer dürren Vogelscheuche. Geh! Verschwinde! Ich brauche nur sie!
Und ich wurde aus der Tür geschleudert, den Korridor entlang, durch die Eingangshalle, zum Fenster Hinaus. Glas zersplitterte und und ich hörte die Schmerzensschreie von vier Personen. Allan ich und…
Ich riss die Augen auf. Meine Wange kuschelte mit den rauen Holzdielen. Ich lag auf der Seite und Atmete flach. Mein Ganzer Körper zitterte. Ich hörte Allans Stimme über mir. „Elija. Was zur Hölle ist denn los mit dir?“ Ich konnte Verzweiflung aus seiner Stimme hören, während er über mir Kniete. Seine Hand ruhte auf meiner Schulter.
Gute Frage, was zur Hölle war los mit mir. So schnell der Anfall gekommen war, so schnell war auch wieder vorbei. Ich versuchte mich langsam aufzusetzen. „Verdammt. Sei vorsichtig.“ sagte Allan besorgt, während er mir aufhalf.
Mein Kopf fühlte sich an als hätte ihn jemand in Watte gepackt. Immerhin waren die schmerzen verschwunden.
„Was ist Passiert?“, fragte ich verdattert.
„Du hast auf einmal angefangen zu schreien und hattest mega den… Anfall.“, sagte Allan, und starrte mich an, als wäre ich plötzlich zu einem Fremden Lebewesen Mutiert. Ich war vollkommen verwirrt. Ich versuchte mich zu erinnern, was ich für Bilder ich gerade gesehen hatte, doch sie waren viel zu verschwommen.
Es war, als würde sie mir jemand aus dem Verstand fischen, bevor ich eines von ihnen zu fassen bekommen konnte. Ich erinnerte mich, wie ich vor Schmerzen zusammengebrochen war, doch der Rest, verschwand im Nebel. Ich ließ mir von Al auf die Beine helfen. Meine Knie waren etwas wabblig und ich fühlte mich zittrig, aber ansonsten ging es mir gut. „Gehen wir zurück. Du solltest dich ausruhen.“
„Nein“, antwortete ich bestimmt, „ich will dir den Keller zeigen. Ich will dir zeigen was hier vor sich geht. Danach wirst auch du dich ausruhen müssen. Das kann ich dir versprechen.“
„Bist du dir sicher? Du solltest lieber mal zum Arzt gehen mit solchen Kopfschmerzen.“
Ich blickte ihm tief in die Augen. Sorge lag darin. Sorge, wie sie nur ein echter Freund für einen übrig hatte.
„Nein, Ich will dass du siehst was ich gesehen habe.“
dann fügte ich etwas nachgiebig hinzu: „Morgen gehe ich zu einem Arzt. Versprochen“
Und damit war es entschieden.