KurzTod

Hoffnungsschimmer

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Nur langsam komme ich zu mir. Das Erste, was ich spüre, sind mörderische Schmerzen, die von meinem Hinterkopf ausgehen. Dieser tut so sehr weh, als hätte man ihn als Glockenklöppel oder als Abrissbirne verwendet. Jedoch handelt es sich nicht um die stechenden Schmerzen, die viele von Migräne kennen, oder mit denen einen der Körper dafür bestraft, dass man an einem heißen Tag zu wenig getrunken hat, sondern um dumpfe, harte Schmerzen, wie wenn man sich den Kopf versehentlich am Türrahmen stößt.
Ich kann diese Stelle zwar nicht direkt sehen, aber ich müsste dort eine ziemlich große und, dem saugenden Geräusch zufolge, das zu hören ist, wenn ich meinen Kopf anhebe, auch ziemlich blutige Wunde haben. Mir wird etwas übel, doch nach mehrmaligem tiefem Durchatmen fasse ich mich wieder. Sicher werden die Ärzte gleich meine Verletzung versorgen.

Als ich in Erwartung von blendendem Licht und schneeweißen, grell reflektierenden Arztkitteln zögerlich die Augen erst zu schmalen Schlitzen und dann ganz öffne, sehe ich nichts als tiefste Schwärze. Finsterer als die finsterste Stelle des klaren Nachthimmels. Verwundert kneife ich meine Augen für mehrere Sekunden zusammen, erst nur leicht, dann so stark, dass bunte, psychedelische Muster durch mein Blickfeld tanzen. Als ich sie danach wieder öffne, hat sich nichts an der scheinbar unendlichen Leere direkt vor mir geändert.
Bis vor wenigen Sekunden war ich mir noch sicher, dass ich mich in einem Krankenhaus befinde, weil ich gestürzt bin oder einen Unfall hatte und mir durch den Aufschlag eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Das würde auch mein Unvermögen erklären, mich an die letzten Stunden zu erinnern. 
Leider liege ich nicht in einem bequemen Bett mit vielen Kissen, einem tollen Fensterblick und einer süßen Krankenschwester, die mich rund um die Uhr mit Essen versorgt; ich liege mutterseelenallein in meinem eigenen Blut irgendwo in der Finsternis und erleide Höllenqualen. Wo bin ich?

Irritiert versuche ich, meine nähere Umgebung zu ertasten, um die mehr als ungewöhnliche Situation irgendwie einzuordnen. Ich strecke vorsichtig eine Hand nach oben aus, und sie trifft schon nach etwa 20 Zentimetern auf festen Widerstand. Als ich meine Hand über die glatte Oberfläche gleiten lasse, erkenne ich zuerst nicht wirklich ihre Beschaffenheit. Doch als ein kleiner Splitter in meinem Zeigefinger steckenbleibt, beschleicht mich ein Verdacht. Dieser verhärtet sich weiter, als ich die teilweise mehrere Millimeter breiten Rillen zwischen den schlampig zusammengehämmerten Brettern spüre. 
Von einer Sekunde auf die nächste fügen sich in meinem Kopf all die losen Puzzlestücke zu einem zusammenhängenden Bild zusammen. Wunde, Filmriss, Dunkelheit, Holz. 
Ich bin lebendig begraben. 

Im ersten Moment verfalle ich in Panik, meine Atmung und mein Herzschlag beschleunigen drastisch, und ich würde mir vor Verzweifelung am liebsten die Hände an der Innenseite des Sargdeckels blutig kratzen und die Kehle wund schreien. Doch sofort realisiere ich, dass mir das außer Schmerzen rein gar nichts bringen würde. Ich zwinge mich, ruhig zu bleiben, und rational und logisch nachzudenken. Denn nur so habe ich eine Chance, diese Scheiße hier zu überleben.

Fassen wir zusammen: Mir wurde mit einem harten Gegenstand auf den Hinterkopf geschlagen, wodurch ich mein Gedächtnis teilweise verloren habe; und dann hat man meinen bewusstlosen Körper in einen selbst gezimmerten Sarg gelegt und irgendwo verbuddelt. Vielleicht im Glauben, ich sei tot, vielleicht auch im Wissen, dass ich lebe und hier unten wieder aufwachen werde. So weit, so grausam.
Warum sollte man einem Menschen so etwas antun und warum gerade mir? Soweit ich weiß, habe ich keine wirklichen Feinde. Ich bin schon immer ein eher zurückhaltender und schüchterner Junge gewesen. Immer habe ich versucht, zu jedem nett zu sein und bloß keine Umstände zu machen. 
Aber rein theoretisch könnte es jeder gewesen sein… etwa Herr Assmann, mein Mathelehrer, von dem jeder weiß, dass er mich nicht leiden kann? Oder der Typ, der mir letztens auf einer Internetseite im Darknet, die Neonazis benutzen, um gewaltsame Aktionen planen, nach einer Provokation meinerseits mit dem Tod drohte? Oder war es…

Scheiße, das ist jetzt alles nicht wichtig. Ich muss mich darauf konzentrieren, hier irgendwie lebend herauszukommen, und darf mir nicht den Kopf darüber zerbrechen, was alles hätte passiert sein können. Diese Liste ließe sich endlos weiterführen, doch das hilft mir nicht weiter.
Hätte ich mir den fetten Wälzer „Survival-Tipps für alle Lebenslagen“, den mein Großvater mir vor knapp zwei Monaten zum Geburtstag geschenkt hat, mal etwas aufmerksamer durchgelesen! Also, wie war das noch gleich? 

Entweder habe ich ein noch schlechteres Gedächtnis als bisher angenommen, oder es gibt wirklich nichts, was man in meiner Situation noch tun kann. Außer auf seinen jämmerlichen Tod zu warten.

Hoffnungsvoll habe ich Millimeter für Millimeter die Wände, den Boden und die Decke abgesucht. Zumindest soweit es mir aus meiner liegenden Position heraus möglich ist. Doch vergebens: keine Auffälligkeiten, ab und zu ein Astloch, aus dem trockene Erde rieselt, das war’s aber auch schon.

Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass ich hier unten sterben werde.

Ich habe mir meinen Tod immer in Verbindung mit einer großen Trauerfeier vorgestellt. Berührende Flügellieder werden gespielt, mein aus sorgsam gewählten Worten bestehendes Testament wird vorgelesen, jeder geht zu meinem breiten Ebenholzsarg und legt einen großen Blumenstrauß darauf. Meine Kinder, meine Enkel, meine Freunde, alle weinen verzweifelt und trösten sich gegenseitig.
Niemals hätte ich erwartet, dass mein Leben so enden wird. Ich denke an alle, die ich jemals getroffen habe, an alles, was ich jemals erlebt habe. An die guten und die schlechten Momente in meinem Leben. Eine einzelne Träne läuft über meine Wange. 

– Etwas später – 

Als ich durch den immer geringer werdenden Sauerstoffanteil in der Luft allmählich immer schläfriger werde, vernehme ich plötzlich ein leises Geräusch. Vor Schreck zucke ich zusammen und stoße mit der Stirn gegen die Innenseite meines hölzernen Gefängnisses. Bei dem Geräusch handelt es sich um so etwas wie ein Scharren, wie wenn ein aggressiver, großer Hund oder ein Wolf mit seinen Hinterläufen loses Erdreich beiseiteschaufelt. 

Neuer Lebenswille erfüllt jede Zelle meines Körpers. Auf einmal habe ich wieder einen Grund, noch nicht zu resignieren, noch nicht aufzugeben, weiterzukämpfen. Ich blende alles andere aus und konzentriere mich mit all meinen Sinnen auf das immer näherkommende Geräusch.
Dabei bemerke ich ein entscheidendes, alles veränderndes Detail.

Das Scharren kommt nicht von oben.

Es kommt von unten.

 09:11, 18. Jun. 2017 (UTC)

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