Inspiration (Komposition 2)
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
(Ja, ich weiß. Es gibt schon eine Creepypasta, die den gleichen Namen trägt und diese ist bestimmt gut. gelesen habe ich diese noch nicht. Ich hoffe dennoch dass sie drin bleibt, sonst bin auch bereit meine umzubenennen. Dann nach gefühlten Jahren endlich der zweite Teil bzw. die Vorgeschichte. Danke an Marconiac für die Idee 🙂 )
Er ruhte auf seinem Bett. Mit dem Blick auf der Raufasertapete der Decke. Wieder eine Absage einer Kunsthochschule. Er hatte sich schon unzählige Male beworben. Unzählige Male war er umgezogen, um es an einer anderen Schule zu versuchen. Freunde ließ er enttäuscht zurück, um sich seinen Traum zu erfüllen. Er zeichnete Gemälde, in denen sich die Menschen wiederfinden oder verlieren konnten. Egal, ob er diese mit Acryl oder Wasserfarben erschuf. Er fertigte Skulpturen aus Marmor, Sandstein oder Alabaster, von denen die Struktur so fein war, dass sie menschlicher Haut ähnelte. Er kreierte Musikstücke auf einem Klavier oder auf dem Cello. Einige davon brachten seine Hörer zum Weinen, andere wiederum zum Lächeln. Seine Arbeiten waren gut, doch nicht gut genug für die Jury an den Schulen. Es fehlte sein Wiedererkennungswert. Seine Werke wurden von Ihnen als Kopien abgetan und abgewiesen. Dabei steckte in seinen Werken so viel Arbeit und noch mehr Mühe. Er hatte keine Motivation mehr. Eine kleine Pause von seinem selbstgemachten Druck würde ihm jetzt gut tun.
Er entschied sich am Abend den Club, um die Ecke zu besuchen. Ein schlichtes Etablissement, welches gut besucht war, aber nicht wegen des guten Service oder der Hygiene, sondern wegen der Preise. Ein alkoholisches Mischgetränk kostete dort nur die Hälfte des Preises, welchen die anderen Clubs verlangten. Nachdem der junge Mann also gespeist und sich für einen Abend hergerichtet hatte, an dem er seine Sorgen vergessen und neuen Mut sammeln wollte. Er verließ sein schäbiges Ein-Zimmer-Apartment und trat hinaus in die dunkle und dennoch belebte Freitagnacht. Als er den Club betrat, dröhnte aus den Boxen ein bekanntes Lied aus den Charts, welches er nicht sonderlich mochte. Der Bass des Liedes passte, für einen Perfektionisten wie ihn, nicht zum Beat und die schrille Stimme der Sängerin fügte sich nicht in die digital erzeugten Instrumente. Auch wenn er kein Fan dieses Musikstils war, setzte er sich an die Theke und bestellte sich ein alkoholfreies Getränk.
Seine Aufmerksamkeit galt jetzt nicht mehr der Musik, sondern einer Frau in seinem Alter. Sie lehnte sich über die Theke und orderte ein weiteres Getränk. Ihr braunes, gelocktes Haar fiel auf die verschmutzte Fläche der Bar, auf der die Gläser und Flaschen der anderen Gäste standen. Die Frau trug ein pfirsichfarbenes Oberteil aus Seide, das im wilden Licht glänzte. Leicht aufgeknöpft lag die Bluse locker an ihrem Körper. Die schwarze enge Jeans, in der die Bluse steckte, betonte ihren wohlgeformten Körper. Der junge Mann winkte den Barkeeper zu sich und übernahm die Kosten für das Getränk, welches sich die junge Dame bestellt hatte. Während er an seinem koffeinhaltigen Getränk nippte, beäugte er die Dame, die überrascht ihr Glas annahm. Der Barkeeper deutete mit dem Kopf in die Richtung des Mannes, der am Ende der Theke in der Ecke saß. Sie schaute zu ihm und schmunzelte. Als er ihr Lächeln erwiderte, zögerte sie nicht und gesellte sich zu ihm. Anscheinend gefiel er ihr auch und die zwei verbrachten den Abend an der Theke.
Die Stunden vergingen. Die Zwei lernten sich kennen und viele der Besucher verließen nach und nach den Club, um sich in ihre warmen Betten zur Ruhe zu legen. Auch für die zwei war die Zeit gekommen zu gehen. Der Barkeeper verkündete, dass das der letzte Ausschank sei und er danach alle Gäste bitten müsse zu gehen. Die junge Frau war müde geworden und wollte sich aber nur ungern von ihrer neuen Bekanntschaft verabschieden. Er bot sich also an, sie nach Hause zu begleiten. Sie nahm sein Angebot dankend an und zusammen verließen sie das Etablissement und traten hinaus in den dichten Regen. Die Nacht hatte sich nun völlig über die Stadt gelegt, wie eine dicke Decke, die keinerlei Licht hindurch ließ. Ein helles Zucken erleuchtete den Himmel und ließ die junge Frau zusammenschrecken, dann schaute sie in die Augen ihrer Begleitung und beide stimmten in ein peinlich berührtes Lachen ein.
Die Zwei wurden von dem Regen völlig durchnässt, doch die warme Sommernacht ließ das Pärchen nicht frieren. Sie wanderten durch die Straßen und kamen in ein Viertel am Stadtrand. Die Straßen waren menschenleer. Die Mehrfamilienhäuser wirkten sehr in die Jahre gekommen und die Fassaden waren brüchig geworden. Die Dame blieb vor einer Gasse stehen und versicherte ihrer Begleitung, dass sie den restlichen Weg alleine schaffen würde. Unser Protagonist hatte sich dennoch mehr erhofft von ihrem gemeinsamen Abend. Mehr Zärtlichkeit. Sex.
Das war seine letzte Ablehnung. Das letzte Mal, dass man zu ihm Nein sagte. Sein angestauter Frust wandelte sich zu Wut um. Er schubste die junge Frau, sie geriet ins Wanken und fiel rückwärts in die Gasse. Unsanft landete sie in einer von Dreck verfärbten Pfütze und fühlte, wie sich das Wasser einen Weg an ihre Haut suchte. Der Tobsuchtsanfall ihrer Begleitung hatte nun ihren Höhepunkt gefunden und er packte einen Gegenstand, der an der Wand der Gasse lehnte.
Der Donner übertönte das laute Wimmern und Jammern der jungen Frau und als er das erste Mal mit dem kaputten Holzgriff einer Schaufel auf sie einschlug, entfuhr ihr nur noch ein klägliches Schluchzen. Sie wusste, dass ihr niemand helfen würde. Sie wusste, dass sie nun die letzten Minuten ihres Lebens verbringen würde, denn er schlug immer und immer wieder zu. Als er ihr das spitze Stück des Griffes in ihren Torso rammte, verließ ihre Lunge das letzte Mal Luft und ihn verließ die Kraft erneut zuzuschlagen. Sein Kopf war von aller Wut befreit.
Jetzt gab es nichts mehr, was ihn hielt. Doch wo wollte er hin? Früher oder später würde die Polizei ihn stellen und für lange Zeit einsperren. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als nach Hause zu gehen und auf die Beamten zu warten. Als er aus dem Regen in seine Wohnung trat, begab er sich als Erstes in die Dusche, um das Blut von seinem Körper zu waschen. Erschöpft, wie von einem Marathon, ließ er sich ins Bett fallen. Doch der ersehnte Schlaf blieb aus. Der Regen klang in seinen Ohren wieder und der Donner begleitete ihn. Dazu gesellte sich das leise Klagen seines Opfers und das Brechen der Knochen. Die dumpfen Schläge seiner Tatwaffe und seinem aufgebrachten Atem. Der Mann schreckte aus dem Bett hoch. Das war seine Komposition. Sein Atem war der Rhythmus. Ihr Klagen seine liebliche Melodie. Die verschiedenen Geräusche fügten sich zu einem gesamten Lied zusammen, welches er nun auf den Notenzeilen verewigte.
Am nächsten Morgen wurde er von seinem Radiowecker aus dem Schlaf gerissen. Der Mann war an seinem Tisch eingeschlafen. ,,Heute früh um halb acht wurde eine junge Frau, von einem Spaziergänger mit seinem Hund, tot aufgefunden. Ihr Körper wurde bis auf die Unkenntlichkeit verunstaltet. Der Regen, der immer noch andauert, erschwert den Ermittlern die Spurensuche. Also falls Sie die Tat beobachtet oder Hinweise haben, welche zum Täter führen können, melden Sie diese bitte umgehend der Polizei.“, informierte der Nachrichtensprecher. Der junge Mann blickte auf das Gerät, welches soeben ein älteres Rock-Lied spielte, dann wechselte sein Blick auf das Papier vor sich.
Mit dieser Komposition wurde er endlich an einer Kunsthochschule angenommen. Endlich konnte er sich entfalten und seine Gedanken in die Musik einfließen lassen. Es dauerte nicht lang und ausgebuchte Veranstaltungen und überfüllte Theatersäle ließen ihn seinen Unterhalt verdienen. Hunderte Menschen kamen, um seinem Stück „Die liebliche Marie“ zu lauschen. Doch bald schon braucht er eine neue Inspiration.