MittelSci-Fi

Ketzer

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Harald von Heugen biss die Zähne zusammen, als die Nadel des Blutprüfers wieder aus seinem Hals gezogen wurde. Die Prozedur war sehr schmerzhaft, aber wie jeder Bürger des Großeuropäischen Reiches, war es dennoch. Ein Priester-Sanguis seines Bezirkes nickte eine gütige Bestätigung und weihte von Heugens Stirn mit Heiligem Öl. Damit war die Prozedur abgeschlossen. Das Hologrammdisplay zeigte eine genetische Reinheit von 99,8% und somit keinen Anlass für eine Beanstandung seines Genmaterials. Seine Gesundheitsstatistik war ebenfalls tadellos und sein Gencode würde bald zugelassen werden für die Bank der Heiligen Ritter von Haag. Von Heugen bebte vor Erwartung und Vorfreude, endlich aufgenommen zu werden. Seine Familie war seit vier Generationen auf der Warteliste und die Ehe mit den Richthausens hatte seinem Vater endlich einen der vordersten Plätze gesichert. Der Nachkomme der geplanten Reinheit des Genmaterials zeigte eine unendliche Dankbarkeit und verneigte sich tief or dem geweihten Priester-Sanguis Samson VI. Dieser lächelte und beglückwünschte von Heugen, ermahnte ihn aber, wieder schnell in das Haus der Inquisition zurückzukehren, um seine Arbeit wieder aufzunehmen.

Auf dem Weg aus der Halle der Bewahrung hörte Harald eine ihm wohlbekannte Stimme: „Harald? Bist du das? Oh, gelobt sei Sankt Pugnator! Wir haben uns ja ewig nicht gesehen! Wie geht es dir?“ Ein breites Grinsen erschien auf Haralds Gesicht, als er seinen alten Freund Roland aus der Lehrzeit erkannte. Ebenso überschwänglich empfing er ihn und klopfte ihm mehrfach kräftig auf den Rücken. Lachend erwiderte Harald: „Sehr gut, sehr gut. Danke der Nachfrage. Heute den letzten Test für die Aufnahme gemacht. Endlich grünes Licht für meine Familie. Wir dürfen bald in die Genbank einzahlen. Die Ehre ist einfach unbeschreiblich. Und bei dir? Wie ist es dir ergangen?“ Das Grinsen von Roland wurde breiter und eine Spur boshafter. „Auch sehr gut, mein ältester Sohn hat seine Ausbildung als Electus Iudex abgeschlossen und ist bald auf dem Weg ins Heilige Land. Von dort aus wird er wohl bald in die Wüste zu den Truppen des südlichen Kreuzzuges stoßen. Ich bin so stolz auf ihn, wie du dir sicher vorstellen kannst.“ Harald konnte sich einer Spur des Neides nicht erwehren. Mit seinen 39 Jahren war er sehr spät, was Nachwuchs anging. Er hatte erst drei Kinder mit seiner Frau, und keines war bisher aus der Schule raus. Sein Ältester, Samson, war gerade erst 16 geworden und konnte sich erst in zwei Jahren für eine Ausbildung in der Richterakademie bewerben. Wobei Harald sich sicher war, dass er lieber eine Pastoren- oder Inquisitorausbildung anstreben würde. Der Einsatz außerhalb des Reiches war nichts für seine Familie. Die von Heugens hatten sich immer eher für den Schutz des Reiches im Inneren eingesetzt. Nicht dass Harald es nicht zu schätzen gewusst hätte, was die Heiligen Truppen auf dem afrikanischen Kontinent, der asiatischen Strahlenwüste, dem barbarischen Osten oder den amerikanischen Kolonien leisteten, aber der Schutz der Inquisitionshauptstadt des Europäischen Großreiches in Sankt Jakobus war aufgrund der Abstammung seiner Familie aus der barbarischen Vorzeit, als die Stadt noch den Haag hieß, einfach naheliegender. „Dein Sohn ist also ein Kriegs-Richter geworden, Glückwunsch! Deine Ahnenlinie könnte nicht stolzer auf deine Familie sein. Meiner wird wahrscheinlich bald nach Rom an die Angelus Michaelis Akademie gehen, wahrscheinlich eine Inquisitor-Laufbahn anstreben. Oder er bleibt hier und lässt sich als einfacher Pastor oder Prediger ausbilden, wenn er nicht angenommen wird. Wobei ich das bei unserem Genpool nicht glaube“, fügte Harald noch lachend hinzu. Langsam gingen die beiden die Stufen der Halle hinunter, wobei beiden die Feuer der Scheiterhaufen bereits den Geruch verbrannten Fleisches in die Nase trieben.

„Da haben die Jäger aber ganz schön Beute gemacht, nicht wahr?“, lachte Roland laut, als er die Schreie der brennenden Verräter vernahm. Harald zuckte nur ein wenig mit den Mundwinkeln, bevor er erwiderte: „Wir geben diesen gottlosen Ketzern eindeutig zu viel Aufmerksamkeit. Die sterben doch dort den Märtyrertod. Dreckige Atheisten. Woher kommen die bloß immer noch? Hat der Heilige Stuhl die Welt nicht endlich von der Ketzerei befreit? Warum hält man an diesem Aberglauben fest? Ich meine, als während des großen Krieges die ganze Welt gebrannt hat und der Große Erlöservater, Papst Bellum Rex I., geheiligt sei seine Seele, das großeuropäische Reich vereint hat, die Ketzer vernichten ließ und uns die Aufgabe, Gottes Garten Eden auf der gesamten Welt wiederherzustellen, auf unsere Schultern lud, warum gibt es immer noch Menschen, die unsere göttliche Aufgabe ignorieren? Sogar verleugnen, unseren Herrn zu verleugnen? Die Schwerter der Kriegsengel sollen Sie strafen.“ Roland nickte zustimmend, während das Feuer sich in seinen vor Freudentränen feuchten Augen spiegelte. Ein kurzes Stück des Weges gingen sie noch gemeinsam, vorbei an den Feuerwachen der Inquisition und den vier Predigern, die den Ketzern ihre Sünden vorlasen, während sie brannten. Roland verabschiedete sich, warf Harald noch den Gruß des Heiligen Kreuzes zu und sie verabredeten sich, bald auf eine gemeinsame Messe zu gehen.

Die Stadtbahn brachte Harald in Richtung seiner Wohnung. Auf der Fahrt lauschte er dem Funk-Gottesdienst der Stadtverwaltung, welcher immer und zu jeder Tages- und Nachtzeit durch die Lautsprecher der Nah- und Fernverkehrsverbindungen drang. Ein wohliges Gefühl der Ruhe und des Heiligen Friedens erfüllte ihn und er würde seiner Frau Magret voller Stolz berichten, dass ihre Familie endgültig in die Gendatenbank des Heiligen Krieger-Zuchtprogrammes aufgenommen werden würde. Im Sankt Andreas-Distrikt der Stadt angekommen, stieg er aus, glättete seine weiße Uniform und machte sich auf den Weg zu dem 80-stöckigen Wohnwolkenkratzer der Verwaltungsangestellten. Auf dem Weg fielen ihm außergewöhnlich viele Ketzerjägerschwadronen auf. Die waren mit ihren gänzlich schwarzen Uniformen, den silbernen Helmen und dem goldenen Kreuz des Erlösers auf den Umhängen einfach nicht zu übersehen. Angeführt wurde jede Schwadron von einem Inquisitor, an seiner strahlend weißen Uniform, dem Offiziershut mit dem Kreuz und der Sigille des Engels Gabriel auf der Brust zu erkennen. Alle waren schwerst bewaffnet, und Harald wurde immer nervöser, als er seinen Wohnkomplex erreichte. Eine große Traube Gläubiger hatte sich dort versammelt und er brauchte einen Weile, sich da hindurchzukämpfen. Der Eingang war abgeriegelt. Zu seinem grenzenlosen Erstaunen waren dort fünf Heilige Krieger in den übergroßen Panzerrüstungen zu erkennen. Die genverbesserten Menschen waren ein Meisterwerk der Heiligen Kirche. Die besten, zähesten Kämpfer, die die Welt je gesehen hatte. Gezüchtet aus dem Genmaterial der reinsten und gläubigsten Diener Gottes auf Erden. Sie unterstanden offensichtlich dem achten Bataillon der Ketzerjäger; das Flammenabzeichen schimmerte rot auf der schwarzen Vollpanzerrüstung der zweieinhalb Meter großen Diener des Heiligen Vaters. Das war genau die Genreihe, die auch hoffentlich bald das Erbgut seiner Familie beinhalten würde. Wieder erfüllte Stolz seine Brust und er fragte sich gleichzeitig, was die Inquisition hier zu suchen hatte. Als würde seine Frage die Realität beeinflussen, wurden die verzierten Flügeltüren des Einganges aufgestoßen und der Großinquisitor von Sankt Jakobus, Samuel Magniforus, trat heraus. Begleitet von zwei Priestern der Reinheit. Die Menge kniete sofort nieder und senkte das Haupt. Der Mantel des Würdenträgers, des Boten und Vollstreckers des Heiligen Stuhls in der Provinz, flatterte in der Brise und er ließ die Spitze seines Zeremonienschwertes auf den weißen Stein der Treppe knallen. Das veranlasste die Anwesenden sich zu erheben, zu bekreuzigen und das Haupt demütig gesenkt zu lassen. Er hatte nun alle Aufmerksamkeit.

„Ketzerei wird nicht toleriert. Ketzerei wird bestraft. Für Ketzerei gibt es keine Gnade.“

Mit diesen Worten ließ ein Zeichen nach hinten geben, woraufhin vier Gestalten mit Säcken über den Köpfen von den Priestern nach vorne geführt wurden. Alle wurden gewaltsam auf die Knie gezwungen, während der Großinquisitor weitersprach.

„Diese abscheulichen Kreaturen, die sich als Menschen verkleiden, sind nichts anderes als Verräter am Heiligen Stuhl. Verräter an euch. Verräter an unserem Herrn und Erlöser. Widernatürliche Ideologien wie Demokratie, Gottlosigkeit, Sittenverfall, Genetische Vielfalt und Toleranz der Ketzerei gegenüber haben keinen Platz auf Gottes Erde.“

Die Säcke wurden nun von den Köpfen gezogen. Bei dem Dritten in der Reihe stockte Harald der Atem. Es war sein Sohn, Samson. Er konnte nicht mehr an sich halten. Harald stürmte nach vorn, während er schrie:

„MEIN SOHN! WIE KONNTEST DU NUR!?!?? WAS HAST DU UNS ANGETAN? DU ELENDER VERRÄTER, KETZER, DU….“, er wurde von einem der Heiligen Krieger aufgehalten. Wie eine Wand baute sich die Hand des übermenschlich starken Mannes vor Harald auf. Nun sah Samuel Magniforus den reinerbigen Verwalter direkt an. „Das ist dein Sohn?“ Weinend, schluchzend und fluchend bestätigte von Heugen. Magniforus scannte den Gencode des Jungen und den Haralds und nickte bestätigend.

„Es tut mir leid für dich und deine Familie. Wir werden deinen Sohn heute hinrichten. Deine Familie wird aufgrund des Aufkommens eines Ketzers niemals wieder in Betracht gezogen werden, eine Genspenderfamile zu werden. Eine gesalbte Prüfungskommission wird sich deines Stammbaumes annehmen, um weitere Verunreinigungen auszuschließen. Melde dich umgehend bei einem Priester für dein Seelenheil! Ketzerei kann ansteckend sein, das weißt du. Jedes Wort, jede Tat eines Ketzers, geschrieben und gesagt und ausgeführt, ist infektiöser als jede Grippe. Diese Krankheit muss ausgerottet werden. Möge der Vater dich von deinen Sünden erlösen. Amen.“ Mit diesen Worten verließ der Großinquisitor den Ort des Geschehens. Harald von Heugen saß noch stundenlang dort und betete. Bat um Vergebung und schloss seine Bitte schließlich mit „Amen“.

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