GeisteskrankheitKurz

Liar 2

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Ich stehe neben Michael vor einem Schaufenster und betrachte die Kleider, die darin ausgelegt sind. Wir sind immer noch wie im Rausch nach unserer Flucht. Es ist einfach zu schön, wieder frische Luft zu atmen. Naja, auch wenn es anfänglich nur Stadtluft ist. Michael und Daniel wollten mir nicht erzählen, weshalb sie in der Klinik gelandet sind, und ich dränge sie auch nicht, damit es mir zu sagen. Ich weiß ja selbst nicht, was ich getan habe. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals jemanden ermordet zu haben, und gehe davon aus, dass auch das eine Lüge ist. Ich habe so viel erzählt bekommen. Am Anfang, dass ich einen Autounfall hatte. Dann war es plötzlich ein Schiffsunglück. Ab dem Punkt, an dem sie mir erzählten, ich hätte drei Menschen ermordet, wusste ich, dass sie lügen. Und ich weiß weder, wer ich bin, noch, wie ich heiße oder was ich getan habe. Ich vertraue niemandem außer Michael und Daniel.

Daniel kommt um die Ecke. „Da fährt in einer halben Stunde ein Bus nach San Mentirosa. Von dort aus können wir uns überlegen, ob wir nach Los Angeles wollen oder eher weiter östlich.“ Mir sagt keiner der Ortsnamen etwas, aber ich gebe keine Frage. Die Jungs wissen schon, was sie machen. Michael sieht mich von der Seite an. „Und? Was schlägst du vor?“ Ich zucke die Achseln. „Mich müsst ihr nicht fragen, mir sagt nichts von dem, was ihr da gerade erzählt habt, irgendwas.“ Michael nickt. „Okay, dann auf nach San Mentirosa.“ 

Unterwegs zur Bushaltestelle achten wir darauf, dass uns keiner erkennt. Wir mussten erst unsere weißen Krankenhaussachen gegen ein paar ordentliche Sachen eintauschen, mit etwas längeren Kapuzen, da unsere Gesichter ja anscheinend mittlerweile berühmt sind. Ich wollte vor einem Fernseher stehenbleiben und die Nachricht über unsere Flucht hören, aber die beiden haben mich schneller, als ich bis drei zählen konnte, weitergezogen. Wir stehen an der Bushaltestelle eng beieinander, als die ersten dicken Regentropfen aus den grauen Wolken tropfen. Ich finde es im Gegensatz zu den anderen Menschen hier schön. Aber vielleicht ist das auch, weil ich Monate oder Jahre lang keinen Regen mehr gesehen habe. Ich sehe hinter mir Michael, wie er zu mir sieht, und bilde mir kurz ein, dass er mich mitleidig anstarrt. Daniel studiert solange den Busplan. Eine halbe Stunde später sitzen wir im Bus, während der Regen auf das Dach prasselt.

Dann fällt es mir siedend heiß ein. „Wir haben gar keine Tickets.“ Daniel grinst. „Lass mich nur machen!“ Ich bin nervös, zugegeben. Aber ein falscher Schritt und wir landen vielleicht wieder in dieser schrecklichen Klinik. Geistesabwesend denke ich an das wunderbare Gefühl, als die Knochen dieses Lügners gebrochen sind. Es war ein gutes Gefühl. Ein Lügner weniger, ein falsches Lächeln weniger auf dieser anscheinend von Menschen verseuchten Erde. Ohne die Menschen wäre sie so schön. So friedlich.

Ich starre sie die ganze Zeit an. Sie spielt mit ihrem Haar und guckt sich verträumt in der Gegend um. Sie fasziniert mich ungemein. Ich weiß zwar nicht, was diese Krankheit auslöst, aber es interessiert mich sehr. Um genau zu sein, ich habe sie auch schon angelogen. Das tun Daniel und ich schon die ganze Zeit. Wir haben ihr erzählt, wir müssten schnell weiter, damit sie nicht die Nachrichten sieht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das Mädchen ist, das vor gut zweieinhalb Jahren im Fernsehen war wegen mehrfachen Mordes. Ein brutaler Mord. Ich habe es gesehen. Die Haut der Leichen waren entfernt, die Augen in den Mund gestopft und die Gedärme um sie herum verteilt. Kann einem als normaler Mensch einen Schrecken einjagen. Aber ich bin kein normaler Mensch. Ich habe in einer Woche mehr Leute ermordet als Jack The Ripper in seiner gesamten Laufbahn. Ich weiß nicht, wann es passiert ist, aber irgendwann konnte ich Leute, ohne sie zu berühren, zerreißen. Das hat die Behörden schnell auf mich aufmerksam gemacht. Daniel bringt die Menschen dazu zu tun, was er will. Auch so ein Punkt, der mich brennend interessiert. Vorhin hat Daniel mir erzählt, dass er genau das bei ihr versucht hat, aber es hat nicht funktioniert. Das beeindruckt mich. Ich sollte rausfinden, was es mit dieser Krankheit auf sich hat. Der Schaffner kommt. „Busfahrkarte bitte.“ Daniel lächelt. „Oh, sie werden doch bestimmt eine Ausnahme für uns machen, oder?“ Einen Moment will der Schaffner etwas sagen, dann nickt er und geht weiter. Midnight starrt ihn fasziniert an. „Wie machst du das?“, will sie wissen. Daniel zuckt mit den Schultern und wendet sich ab. Damit ist auch für sie das Gespräch beendet. Ich wende mich der Landschaft zu, die an uns vorbeifliegt.

Silence ist schon lange unterwegs. Ohne zu schlafen. Er weiß, wer ihm helfen kann. „Watcheye“, murmelt er ununterbrochen. Sein alter Freund weiß alles. Silence würde ihn nicht als Seher bezeichnen, aber er ist nützlich. Er betritt eine Bar und findet seinen Freund wie erwartet am Tresen, mit einem Glas in der Hand. „Grüß dich, Silence. Was kann ich tun?“ Silence wirft ihm ein Bündel Geldscheine auf den Tisch. „Eine Auskunft geben, mein Freund.“ Watcheye legt den Kopf schief. „Du willst also die kleine Teufelin fangen? Es stinkt dir, nicht einzigartig zu sein, nicht wahr?“ Silence ballt die Faust und spürt, wie seine Haut sich einen Moment rot färbt. „Was geht es dich an? Willst du das Geld, oder soll ich es jemand anderem anbieten, der meine Frage beantworten will.“ Watcheye gluckst vor sich hin. „Da müsstest du lange suchen. Deine kleine Freundin ist auf dem Weg nach San Mentirosa. Von dort will sie entweder nach Los Angeles oder weiter östlich.“ Silence dreht sich um und will gehen. „Lass auf, Silence. Sie hat zwei Jungen bei sich. Du kennst sie bereits.“ Silence lächelt bitter und verlässt die Bar. Ja, er kennt die beiden. Lügner, Verräter. Wie er Lügen hasst.

Silence fährt die ganze Nacht durch. Er wird die drei finden. Und er wird sich den Kopf des Mädchens holen, vorzugsweise in rot. San Mentirosa ist weit, aber er wird sie schon einholen. Er hat sowieso noch eine alte Rechnung mit Michael und Daniel offen. Drei auf einen Streich, das wird lustig. Nur muss er sich beeilen, denn sie wird bald ihre neuen Kräfte entdecken, und dann wird es vielleicht nicht mehr ganz so leicht, sich ihren Kopf zu holen. Aber er macht sich keine Sorgen. Er wird es schaffen.

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