KreaturenMittelTraum

Meine Miniaturensammlung

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Aus weißen, toten Augen starrte ihn der riesige Dämon an. Sein schwarzer, an einen Hund erinnernder Kopf, war eines Primarchen würdig und die ausgebreiteten, rot-schwarzen Schwingen verdunkelten das Firnament. Die messingfarbene Rüstung reflektierte das Licht des blutroten Mondes und die riesige, mit Zähnen und schmuckvollen Verzierungen bestückte Axt, die das Monstrum bedrohlich in beiden Händen hielt, war besudelt vom Blut unzähliger Feinde. Hinter ihm ganze Heerscharen an kleinen, bösartigen Dämonen mit schwarzen Hörnern, denen die Blutlust ins Gesicht geschrieben stand.

Hach, was liebte er sie. Rico war geradezu besessen von seiner Miniaturensammlung. Figuren von bösartigen Monstern, Kriegern in goldenen Rüstungen, Echsenmenschen und Untoten, zierten sein Zimmer. Rico war stolz auf seine große Sammlung, die besonders in der neuen, beleuchteten Glasvitrine, welche er sich vor wenigen Tagen besorgt hatte, fantastisch aussah. Er verbrachte Stunden damit, diese Figuren zusammenzubauen, zu bemalen und damit zu spielen. Gerade das Bemalen der Armeen bereitete ihm besondere Freude. Mittlerweile war er richtig gut darin geworden, seinen Miniaturen durch passende Farbverläufe, Kantenakzente oder Lasuren, ein fantastisches Äußeres zu verleihen. Was ihn daran so sehr faszinierte, wusste Rico selber nicht genau. Er war aber jedes Mal froh, eine Miniatur fertigzustellen. Ein Werk, das er mit seinen Ideen, seiner Kreativität und seiner Arbeit geschaffen hatte. Es machte ihn stolz.

Und Stolz wird dem Gefühl, welches Rico empfand, wenn er den riesigen Dämon, das Herzstück seiner gesamten Miniaturenmalerei, betrachtete, als Umschreibung nicht gerecht. Als Miniatur konnte man dieses kolossale Wesen, welches beinahe die Maße von Ricos Unterarm hatte, kaum bezeichnen.

Mit dem Herzblut, welches Rico in die Bemalung dieses Monstrums steckte, wirkte es beinahe lebendig. Die weißen Augen bis aufs Kleinste herausgearbeitet, jede Faser der ausgefransten Flügel betont. Die Blutfäden, die Rico selbst aus verschiedenen Klebersorten gebastelt, bemalt und an der Miniatur angebracht hatte, versetzten den jungen Mann jedes Mal aufs Neue gedanklich auf die Schlachtfelder seiner geliebten Fantasiewelten.

Nur allzu gerne wäre er selbst ein Teil dieser Welten gewesen. Sich einmal in eine wuchtige, massive Rüstung werfen und mit einer flammenden Axt in die Schlacht gegen die Mächte des Bösen ziehen. Oder ein Teil ebendieser werden und Heere an Dämonen, grotesken Kreaturen und fanatischen Kriegern der Dunkelheit befehligen.

Doch leider, und das wusste Rico nur allzu gut, war dies nicht möglich. Er würde immer der kleine Verkäufer bleiben, der er nun einmal war und Kunde um Kunde an den Kassen seines Supermarktes abkassieren. Bis er irgendwann in den Ruhestand gehen und von einer mickrigen Rente leben würde. 

Ricos Leben war langweilig und trostlos. Zu seinen Eltern hatte der junge Mann seit seinem Auszug nur selten Kontakt und seine Freunde waren mittlerweile mit ihren Familien beschäftigt. Wie gerne erinnerte er sich an all die durchzechten Nächte, die W-LAN-Partys und die unzähligen lustigen und dummen Dinge, die sie damals angestellt hatten. Doch diese Zeit war vorbei und so fristete Rico ein einsames Leben in einer kleinen Wohnung, die für ihn gerade so ausreichte. Zum Glück hatte er seine Miniaturen. Wie gern wäre er ein Teil ihrer Welt…

Giftige Sümpfe sonderten ihre abartigen Gase ab und Rico konnte das Würgen kaum unterdrücken. Dieses geschundene, verpestete Land war durch und durch von Verfall und Fäulnis durchdrungen. Die verrotteten Pflanzen um ihn herum hatten ihr Leben vor langer Zeit gelassen und dienten den kleinen Lebewesen in diesem Moor als Nahrung. Egal wo man hinsah, Teppiche aus Maden, Schwärme von Schmeißfliegen und überall dieser Gestank nach Tod und Verderben. Dies war kein Ort, an dem Rico sich länger als nötig aufhalten wollte. Er beschleunigte seinen Gang und suchte nach einem Ausweg aus diesem sumpfartigen Gebilde. Rico war nervös. Die matschigen Schritte, das wirre Lachen und die brabbelnden Stimmen, welche er seit einiger Zeit leise zu vernehmen glaubte, sorgten dafür, dass er unterbewusst die ganze Zeit mit einer Hand den Griff seines Streitkolbens umschlang. Er war mit diesem und seiner matten, metallisch-blauen Rüstung zwar gut ausgerüstet, aber dennoch nicht scharf darauf, in eine Meute Seuchenzähler zu rennen. Diese Kreaturen, welche perfekt in das Panorama dieses Landstrichs passten, waren wahrlich vom Verfall gesegnet. Aufgedunsene Leiber aus grüngrauem Fett, Eingeweide, die aus ihren faulenden Körpern hingen, schmierige Schwerter, die mit allen möglichen Krankheitserregern bedeckt waren und dieser widerliche Gestank – man musste einen starken Geist haben, um nicht beim bloßen Anblick dieser Kreaturen den Verstand zu verlieren.

Rico setzte seinen Weg fort. Jeder Schritt über den weichen Boden erzeugte ein unangenehmes Schmatzgeräusch und die Eintönigkeit dieser faulen Einöde machte es schwer, sich zu orientieren. Lediglich die mit Eiterbeulen und brandigen Wunden bedeckten Tiere der Gegend brachten etwas Abwechslung in das trostlose Gebilde. Zum Glück waren diese Wesen friedlich, wenn auch ziemlich abscheulich.

Was soll das?! Plötzlich konnte Rico seine Beine nicht mehr bewegen. Mit einem Schlag fühlte er sich krank, seine Nase fing an zu laufen, seine Augen brannten und seine Beine begannen zu schmerzen.

Rico blickte langsam nach unten und erschrak heftig, als er bemerkte, dass sich seine Gamaschen auflösten. Eine grünliche Hand umschlang seinen Fußknöchel, übersät von eitrigen Pusteln und blutigen Wunden, die sich langsam auf Ricos Bein übertrugen. Er schaffte es nicht, sich loszureißen und verfiel in Panik, als sich der Seuchenzähler, zu dem der Arm gehörte, aus dem Boden quälte. Rico zog geistesgegenwärtig seinen Streitkolben und zertrümmerte den Kopf des Monsters. Schlammige, eitrige Flüssigkeiten bespritzen sein Gesicht und er übergab sich an Ort und Stelle. Die Pusteln und Beulen erreichten langsam seinen Unterleib und Rico war so sehr mit seinem verfallenden Körper beschäftigt, dass er den zweiten Seuchenzähler, der sich von hinten näherte, nicht bemerkte. Als er Notiz von der Kreatur nahm, war es bereits zu spät. Das Monster hatte seine Schultern fest im Griff, drehte ihn um und erbrach eine ockerfarbene Flüssigkeit aus den Tiefen seiner verrottenden Eingeweide in Ricos Gesicht. 

Er wachte panisch auf. Verwirrt schaute Rico sich um und bemerkte zu seiner Verwunderung, dass er sich in seinem Schlafzimmer befand. Es gelang ihm nur langsam, den Nebel des Schlafs abzuschütteln und in der Realität anzukommen. Er strich durch sein zerzaustes, kastanienbraunes Haar und dachte über diesen ungewöhnlich realistischen Traum nach. Manchmal steigerte er sich zu sehr in seine Fantasiewelten, obwohl er zugeben musste, dass er den Traum genossen hatte. Auch wenn er in diesem starb, war das die Spannung, die er in seinem echten Leben so schmerzlich vermisste. Rico konnte die Eiterbeulen und entzündeten Wunden noch immer spüren. Verstohlen warf er einen Blick unter seine Bettdecke und stellte erleichtert fest, dass alles in Ordnung war. Wirklich gut fühlte sich Rico an diesem Tag aber nicht. Ihm war übel und er hatte leichte Kopfschmerzen. 

Diese Beschwerden waren ihm allerdings herzlich egal, denn heute war Samstag. Er musste nicht lange darüber nachdenken, was man an einem solch schönen, freien Tag anstellen könnte. Rico saß bereits kurz nach dem Aufstehen mit einer Tasse Kaffee an seinem Basteltisch und öffnete das Paket Miniaturen, welches er gestern nach Feierabend, neben einem brandneuen Winsor-&-Newton-Pinsel, im örtlichen Hobbyzentrum erstanden hatte. Treffend entschied er sich für ein Paket Seuchenzähler, was er in diesem Moment als überaus klischeehaft empfand. Die viereckige Verpackung zeigte zehn dieser grotesken Gestalten. Grüne Leiber mit unzähligen Beulen, Wunden und aus Knochen gefertigten Schwertern. Rico kam der Traum wieder in den Sinn und dessen Lebhaftigkeit sorgte dafür, dass er sich im Kopf bereits das Farbschema zurechtgelegt hatte, in welchem er diese Figuren bemalen wollte.

Nachdem Rico die Einzelteile der Miniaturen aus dem Gussrahmen gelöst, die fauligen Dämonen zusammengebaut und eine Grundfarbschicht mit einer Sprühdose aufgetragen hatte, öffnete er einen frischen Topf Farbe und fing an, seinen neuen Pinsel zu schwingen.

Die Stunden vergingen und Rico kratzte sich beiläufig immer häufiger an einer seltsam juckenden Stelle an der Innenseite seines Oberschenkels. Die Haut war mittlerweile rot und wund. Rico bemerkte dies nicht. Zu fesselnd war es, die kleinen Details der Figuren zu bemalen. Als die Sonne langsam unterging und Rico seine Miniaturen bis auf wenige Feinheiten vollendet hatte, entschied er sich, für heute Schluss zu machen. Seine Augen waren durch das stundenlange fixieren der Miniaturen errötet und brannten unangenehm. Rico wollte zur Entspannung ein Bad nehmen und den Rest des Abends bei einer Pizza auf dem Sofa ausklingen lassen.

Ein Schauer durchfuhr ihn, als er sich für das Bad entkleidete und die wunde Stelle an seinem Bein entdeckte. Kleine Pickel umrandeten die rötliche, juckende Haut. Er erinnerte sich schwach, beim Malen öfter an seinem Bein gekratzt zu haben, doch diese Wunde sah nicht aus, als wäre sie von Kratzern geschaffen. Eher wie eine allergische Reaktion. Um seine Haut zu schonen, ließ Rico nur mäßig warmes Wasser in die kleine Wanne ein und die Badekugel, die er sonst bei jedem Bad ins Wasser gab, blieb zur Ausnahme im Schrank. Rico stieg langsam in die Wanne. Die Haut des Beines fühlte sich trotz der lauen Temperatur des Wasser scheußlich an und pochte nach kurzer Zeit ununterbrochen. An Entspannung war hierbei nicht zu denken. Rico entschied, dass es besser wäre, das Bad zu beenden und stieg vorsichtig aus der Wanne. 

Nachdem er sich abgetrocknet und luftige Schlafkleidung angezogen hatte, suchte Rico die Karte seiner liebsten Pizzeria heraus und bestellte sich eine große Calzone. Die Wartezeit überbrückte er mit einer langweiligen Dokumentation über maritimes Leben. Darauf konzentrieren konnte er sich nicht, denn die Stelle an seinem Bein juckte mittlerweile sehr unangenehm und Rico kam es vor, als wäre sie größer geworden. Auch nahm die umliegende Haut einen ungesunden Blauton an. Rico schmierte sein Bein mit einer pflegenden Creme ein und wollte die gereizte Stelle etwas genauer unter die Lupe nehmen, als es an der Tür klingelte.

Er stand auf, öffnete diese und ihm stellten sich schlagartig die Nackenhaare auf. Einen solch unangenehmen Pizzaboten hatte Rico noch nie gesehen. Fettige, schulterlange Haare, Pickel, wo man nur hinsah. Rico ekelte sich regelrecht, die Hand des Boten aus Versehen gestriffen zu haben, als er ihm das Geld für die Pizza gab. Das Grinsen, welches der Bote dabei auf seinen mit Herpes befallenen Lippen trug, ließ Rico erschaudern und er war froh, als diese zwielichtige Gestalt weg war.

Rico legte einen Film in den DVD-Player, machte es sich auf seinem Sofa bequem und öffnete den schmierigen Pizzakarton. Sofort schlug ihm eine solch widerliche Wolke abartigen Gestanks entgegen, dass er den Karton samt Pizza fallen ließ und auf seinen Balkon rannte. Als Rico, mit den Händen auf der Brüstung, einige tiefe Züge der kalten Abendluft nahm, gingen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Erst dieser lebhafte Traum, dann die wunde Stelle an seinem Bein, dieser Pizzabote und zur Krönung eine vermutlich seit Tagen verfaulte Pizza. Rico wusste nicht, was er noch glauben sollte und wollte diesen unschönen Tag nur noch zu Ende bringen. Er betrat seine Wohnung, entsorgte mit Ekel die Pizza, welche durch die vielen Maden beinahe lebendig wirkte, und ging ins Bad, um sich vor dem Schlafengehen die Zähne zu putzen.

Das frische Gefühl, welches die Zahnpasta in seinem Mund hinterließ, sorgte dafür, dass Rico sich nicht mehr so schmutzig fühlte. Er spülte seinen Mundraum aus und warf, wie er es jeden Abend tat, vor dem Spiegel einen Blick auf seine Zähne.

Zu Ricos Unmut musste er feststellen, dass sich Zahnstein gebildet hatte. Dies war seltsam, denn vor wenigen Tagen ließ er beim Zahnarzt eine professionelle Zahnreinigung vornehmen. Dass sich in so kurzer Zeit Zahnstein gebildet hatte, kam ihm seltsam vor. Auch das kleine Herpesbläschen auf seiner Oberlippe trug nicht zu seiner Beruhigung bei. Rico wandte den Blick ab. Er fühlte sich träge und kränklich und wollte sich nur noch in sein Bett verkriechen… 

Glücklich. Rico war einfach glücklich. Diese schöne Landschaft, die prächtigen Braun-, Grau-, und Grüntöne. Die lieben Tiere, mit ihren herzlichen Blicken aus blutunterlaufenen Augen. Er hätte sich keinen Ort der Welt vorstellen können, an dem er lieber wäre. All die Bakterien, virulenten Ausflüsse und der süße Geruch, der in der Luft lag. Hier fühlte er sich wohl. Dass seine Darmschnur aus seinem aufgeplatzten Unterleib hing, empfand er als wahre Schönheit, als Segen des Verfalls. Die eitrigen Flüssigkeiten, die aus jeder Pore seines Körpers drangen, leckte er mit seiner grauen Zunge auf. Dieser köstliche, süßlich-abgestandene Geschmack. Er konnte sich wahrlich nichts Schöneres vorstellen. Er war glücklich…

Dröhnende Kopfschmerzen begrüßten Rico an diesem Morgen. Der Traum hing ihm in den Gliedern und er fühlte sich, als hätte er sich die grausigste Grippe aller Zeiten eingefangen. Der gesamte Körper schmerzte ihm und die kleinste Bewegung drohte, seinen Kopf zum Bersten zu bringen. Er schloss die Augen. Leere. Nichts als Leere, die Ricos Gedanken einnahm. Er wollte aufstehen, konnte sich jedoch kaum bewegen. Langsam zog er die Decke von seinem Körper, als ein stechender Schmerz sein Bein durchfuhr. Die Decke klebte an der entzündeten Wunde an seinem Bein, die sich mittlerweile über den gesamten Oberschenkel erstreckte und einen fauligen Geruch verströmte. Rico bekam es mit der Angst zu tun, entfernte die Decke unter Schmerzen, eilte ins Bad und desinfizierte die Wunde mit hochprozentigem Alkohol. Der anschließende, schmerzverzerrte Blick in den Spiegel sorgte dafür, dass Rico sich sofort auf den Weg ins Krankenhaus machte. Sein gesamtes Gesicht war von eitrigen Pusteln bedeckt und seine Mundwinkel tief eingerissen. Sein halber Kopf kahl und aus offenen Wunden, die sich quer über seinen Oberkörper erstreckten, nässte eine gelbliche Flüssigkeit.

In Panik stürmte er aus seiner Wohnungstür und rannte in Richtung Parkplatz. Abrupt stoppte er vor seinem Auto. Sein Gefährt war zwar nicht mehr das jüngste, doch dass die Karosserie über und über mit Rost bedeckt war, hielt er nicht für möglich. Nicht von einem auf den anderen Tag. Er zog den Schlüssel aus der Hosentasche, öffnete die Fahrertür und wurde von einem Haufen Maden begrüßt, der sich quer über das Innenleben seines Autos verteilte.

Wütend knallte Rico die Tür zu und erneut durchfuhr ihn ein stechender Schmerz. Dieses Mal allerdings ging er von seiner Hand aus. Der junge Mann hatte in all der Aufregung nicht bemerkt, dass seine Hand, die Hand, mit der er den widerlichen Pizzaboten gestriffen hatte, komplett ausgetrocknet und rissig war. Durch die Wucht, mit der Rico die Tür des Wagens zuschlug, riss sie endgültig auf und glänzte nach kurzer Zeit in einem hellen Rotton. Rico wurde schwindelig. Blut konnte er noch nie sehen. Eine ungesund-grünliche Flüssigkeit bahnte sich ihren Weg seine Speiseröhre hinauf und mischte sich bald mit einer roten. Als Rico den markanten Geschmack in seinem Mund zuordnen konnte, war es zu viel für ihn und er verlor das Bewusstsein…

Ein nebliger Film lag auf Ricos Augen, als er erwachte. Der weiche Untergrund, auf dem er zu liegen schien, fühlte sich angenehm kühl auf seiner geschundenen Haut an. Sein Körper war ungewöhnlich steif und trotz der vielen Wunden verspürte er keinen Schmerz. Rico konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ein faulig-süßer Geruch lag in der Luft und es herrschte Totenstille. Rico richtete sich langsam auf und bemerkte einen ungewöhnlichen Widerstand in seiner rechten Schulter. Er tastete danach und fühlte etwas Spitzes, das daraus hervorragte. Ein großer, knochiger Stachel, an mehreren Stellen aufgebrochen, zierte sein Antlitz. Rico fühlte sich friedlich und mit seiner sichelförmigen Klaue, die einmal seine Hand war, spießte er die vor ihm liegende, tote Ratte auf. Er schob sie sich in den deformierten Schlund und fing mit seinen weit abstehenden Zähnen genüsslich zu kauen an. Rinnsale aus altem Blut und ranzigen Säften der Verwesung liefen sein mit Pusteln bedecktes Kinn hinunter. Er konnte ein groteskes Grinsen nicht unterdrücken. Womit hatte er das verdient? Sein gesamtes Leben war ihm nur schlechtes widerfahren und nun, aus dem nichts, durchlebte er etwas so Wundervolles. Er spielte gedankenverloren in seiner aufgeplatzten Bauchhöhle, als eine Gruppe Seuchenzähler auf ihn zukam. Rico richtete sich auf, schaute dem größten von Ihnen tief in alle drei Augen und verstand. Er legte den Kopf in den Nacken, stieß einen markerschütternden Schrei aus und verfiel in eine Ekstase des Glücks. In der Ferne hörte er nervöse Schritte durch das Dickicht stapfen. Er, dieser Wanderer in glänzender Rüstung, würde ihr Bruder werden. Die Gruppe Seuchenzähler setzte sich langsam in gang und Rico tat es ihnen gleich. Gemächlich setzte er einen verknöcherten Fuß vor den anderen und grinste dabei unaufhörlich. Endlich war er es.

Er war ein Teil ihrer Welt.

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