Mittel

Der Wald der Liebenden

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Es war ein milder Sommerabend im
Juli. Jack und seine Freundin Sophie fuhren die kleine, gewundene Straße
Richtung Wald hinauf. Auf dem Rücksitz befand sich, fein säuberlich eingepackt,
ein geflochtener Korb, mit billigem Wein, einer Decke und einem Paar Gläser,
die bei jeder Kurve ein leises Klimpern von sich gaben.

„Vertrau mir, ich kenn den
perfekten Ort für das Picknick, dort hat man die beste Aussicht“, sagte Jack
und klappte den Sonnenschutz herunter. Es war 20:49 Uhr und die goldene Sonne
stand tief am Horizont. Die Lichtstrahlen, welche noch vor wenigen Augenblicken
ungehindert auf das Auto fielen, taten sich nun immer schwerer damit, ihren Weg
durch die dichterwerdende Blätterdecke zu finden.

„Es war nett von deinem Vater, uns
sein Auto zu leihen, besonders heute.“ Sophie streichelte zärtlich über Jack’s
Hand, die locker auf dem Schalknüppel ruhte und abrupt einen Gang
herunterschaltete, als sie auf einen kleinen, ungeteerten Waldweg abbogen.
„Mein alter Herr versteht das schon. Solange wir um 23 Uhr wieder Daheim sind.“
Aus dem anfänglich, kaum hörbaren Klimpern der Gläser, wurde nun ein
penetrantes Klirren. Der Weg war durchzogen von Wurzeln und Unebenheiten, die
den Wagen immer wieder aus dem Gleichgewicht brachten. Nach wenigen Minuten
hielt Jack am linken Wegrand an.

„Da sind wir auch schon, bitte
aussteigen Madame.“ Er schaute in Sophies verwirrtes Gesicht und konnte sich
ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Wo ist denn hier eine schöne Aussicht?“,
fragte Sophie spöttisch.

„Du wirst schon sehen.“ Jack
stieg aus dem Auto aus und rannte auf die andere Seite, nur um Sophie mit „die
Dame“ und einer edlen Handbewegung die Beifahrertür zu öffnen. Mit verstellter,
vornehmer Stimme erwiderte sie: „Danke sehr, der Herr“ und griff nach seiner
Hand. Mitsamt dem Korb, führte er Sophie zu einem kaum erkennbaren Trampelpfad,
der durch einige, wild durcheinander wachsende Gebüsche führte. Es hatte etwas
Fantastisches, denn als Jack die letzten Äste und Blätter zur Seite schob,
zeigte sich ein Bild wie aus einer anderen Welt.

Eine alte Holzbank stand dort am
Waldrand, zu dessen Füßen ein gigantisches Rapsfeld lag, welches durch den
Sonnenschein und eine leichte Priese, wie ein gelbes Meer mit seichtem
Wellengang erschien. Weiter unten im Thal, lagen wie gemalt die Häuser der
Vorstadt und irgendwo auf dem Weg, zwischen den Straßen und dem Waldrand,
verstummte ihr Lärm. Sophie fiel um Jack’s Hals. „Oh mein Gott, hier ist es
wirklich wunderschön.“

„Das ist der Wald der Liebenden“,
erzählte Jack und führte sie zur Bank, auf der zahlreiche Initialen und Herze
in das heruntergekommene Holz geritzt waren. Hektisch griff er von einer
Hosentasche in die nächste. „Verdammt, ich habe das Taschenmesser vergessen.
Wenn man hier herkommt, muss man seine Anfangsbuchstaben in die Bank ritzen, so
haben es sogar schon meine Eltern gemacht, alles andere bringt Unglück.“ Nach
kurzem Suchen, streifte er über die, kaum noch lesbaren, Buchstaben T und H.

„Mach dir keine Gedanken“,
antwortete Sophie und breitete die rot-weiß karierte Decke auf dem Boden aus.
„Wir können uns hier auch beim nächsten Mal verewigen“. Er setzte sich zu ihr
und aus einem Glas Wein, wurden schon bald drei. Die Zeit verschwamm und die
Sporen, die in der Luft hingen, formten von der Sonne angestrahlt, eine Kuppel
aus Goldstaub, die die Realität abzuhalten schien. Die Liebe zeigte ihre
schönsten Facetten und ehe sie sich versahen, stand auf Jack’s Uhr 00:00, in
abgerundeten Lettern. Er schreckte hoch. „Sophie, wir haben Zwölf Uhr! Wie kann
das sein?“

Sophie nahm ihr Handy heraus und
tippte wie wild darauf herum, doch der Bildschirm blieb schwarz. „Deine Uhr
geht bestimmt bloß falsch, schau doch mal, die Sonne scheint noch.“ Sie deutete
auf die langsam rot werdende Sonne, die allmählich hinter einigen dichten
Wolken verschwand. „Mein Handy ist auch leer.“ Besorgt runzelte Jack die Stirn.
„Komm mit, wir gehen am besten mal schnell ins Auto schauen wieviel Uhr es ist,
dann haben wir wenigstens Gewissheit.“

Sophie stellte seufzend ihr Glas
auf den Boden, nahm Jack’s Hand und sie wanderten über jenen, kaum sichtbaren
Pfad zurück in den Wald. Im Inneren angekommen, zierten lediglich wenige Äste
und totes Gestrüpp die Stelle, an der das Auto stand. „Es hat doch hier
gestanden!“ Jack schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Mein Vater bringt
mich um!“ Sophie zog vorsichtig an Jack’s Arm. „Mein Vater hat mir vertraut.
Wie soll ich ihm das erklären?!“

„Jack…“ Sophies Stimme war nun
nur noch leise und kaum hörbar. „Was ist denn?!“ fauchte Jack ihr entgegen. Mit
ungläubigen Augen schaute sie in Richtung Himmel, wo der Mond in tiefschwarzer
Nacht über dem Wald stand. „Das…das kann nicht sein…“ flüsterte Sophie. „Gerade
eben schien noch die Sonne, du hast es doch auch gesehen.“

Sie gingen spärlich ein paar
Schritte nach vorne, von der Stelle, wo ihr Auto stand, bis zu dem staubigen
Waldweg und mit jedem Schritt schien sich die Dunkelheit auszubreiten. Die
Blätter der Bäume absorbierten den Mondschein und schimmerten weißlich von den
Kronen herab. In den Momenten der Stille pfiff der Wind durch das Geäst und
wenn man genau hinhörte, konnte man meinen, sie stimmten gemeinsam ein träges
Lied an, welches sich im Gehirn vergrub und dort sein Unwesen trieb.

Aus dem Nichts riss ein Schrei
die Melodie auseinander. Ein Frauenschrei, der aus der Dunkelheit zu ihnen
vorstieß.

„W..wir gehen einfach zurück“,
stammelte Jack. „Wir gehen zu fuß, komm schon Sophie.“

Er packte sie am Arm, doch kam
nur einen Schritt voran. Sophie wehrte sich. „Hast du nicht den Schrei gehört?
Wir müssen schauen wer das war.“ Sie riss sich von ihm los und ging zielstrebig
Richtung Finsternis. Der Gedanke alleine zurückzugehen durchstreifte kurz
Jack’s Kopf, aber als er nur noch Sophies schemenhafte Silhouette wahrnehmen
konnte, rannte er hinter ihr her. „Warte doch mal!“, schrie er und griff nach
ihrer Hand. Inzwischen war die altbekannte Stelle, an der noch vor wenigen
Stunden ihr Auto stand, verschwunden. Um sie herum standen einzig tote, mit
Löchern durchzogene Bäume in Reih und Glied. Zwischen ihnen, nahm Schatten den
Platz der Luft ein.

Sophie ließ nicht mit sich reden,
entschlossen schien sie einem unsichtbaren Weg zu folgen. „Vielleicht war das
nur irgendein Tier. Sophie, jetzt lass uns umkehren, ich weiß schon gar nicht
mehr, wo wir genau sind. Ich will nicht, dass wir uns…“ Ein dicker Tropfen fiel
von oben herab und zerplatzte spektakulär auf Jack’s Schulter. „…Was war denn
das?“ Er fuhr sich über die Schulter und stieß einen hysterischen Schrei aus.
Ein Blut-Rinnsal floss seinen Rücken herunter. Panisch schaute er nach oben und
gerade als der Mond im richtigen Winkel stand, erhellte er im grellen Licht,
unförmige Konstruktionen, die notdürftig aus Stöcken und menschlichen Herzen
zusammengebaut, in den Baumkronen hingen.

Sophies Gesicht erhellte sich.
„Wir sind da!“, sagte sie freudig und zeigte auf den Eingang einer
unterirdischen Höhle. Jack’s Blick hing noch immer an den Herzen über ihnen. Es
fiel ihm schwer sich davon zu lösen, denn so wie sie sich dort oben, in den
Kronen drehten, hatten sie beinahe etwas Hypnotisches. Als er mit weit
aufgerissenen Augen nach vorne schaute, war Sophie verschwunden. Ihre
Fußabdrücke führten in die Dunkelheit der Höhle. Jack’s Körper begann zu
zittern. Er wollte schreien, doch bekam keinen Ton mehr heraus. Langsam nahm er
einen Nebel um sich herum wahr, der sich schleichend zu ihm gesellte. Er
brachte Gestank mit sich. Ein Gestank der Fäulnis, der in der Nase brannte. Er
umhüllte Jack, legte sich auf seine Schultern und hielt ihn an Ort und Stelle.
Ein Bluttropfen fiel erneut von Oben herab und gab den Startschuss, für hundert
weitere Tropfen. Die Herzen, sie fingen an in einem hektischen Rhythmus zu
pochen, zuerst noch unauffällig im Hintergrund, dann immer lauter. „Sophie! Wo
bist du?“, schrie er und rannte in die Höhle. Er konnte nicht dort draußen
bleiben, zu laut war das Schlagen, zu beißend der Gestank, zu schwer der Nebel.
Doch mit dem ersten Schritt hinein in die Höhle, hörten all diese Qualen auf,
Totenstille herrschte von einem auf den anderen Moment.  Die Höhlenwände waren rissig und rau. Ein
Flackern, das aus dem Inneren des Tunnels zu kommen schien, erhellte den Gang
unregelmäßig mal mehr, mal weniger. Aus dem Augenwinkel nahm Jack kleine
Bewegungen war. Sie kamen aus den Rissen, doch jedes Mal, wenn er hinsah waren
sie leer. Lediglich ein undefinierbares Kratzen durchzog die Wände, so als
würde sich etwas schwerfällig über das Gestein bewegen, wenn er nicht hinsah.
Er bog um die Ecke ab und sah Sophie vor einem flach angeschliffenen, hüfthohen
Stein stehen, in dessen Mitte ein Baby regungslos lag. „Sophie?…Was ist das
für ein Baby?“, fragte Jack zögerlich und betrat den ausgeleuchteten Raum. Sie
nahm es sanft auf den Arm und drehte sich zu Jack herum. „Es ist schon so lange
hier Jack.“ Ihre Stimme klang wehmütig, doch gleichermaßen unverhältnismäßig
ruhig. „Wir müssen es befreien“, fuhr sie fort. Jack überprüfte immer wieder
den dunklen Gang hinter sich. Das Kratzen wollte einfach nicht aufhören. „Na
gut, aber komm jetzt bitte endlich! Lass uns einfach hier raus.“ Lächelnd legte
sie ihre Hände um den Hals des Babys und drückte erst sanft und schließlich so
energisch zu, dass ein Krächzen aus seinem Hals entrann. „Was machst du denn?!“
Mit wenigen, jedoch großen Schritten eilte Jack zu ihr und schlug ihr das Baby
aus den Händen. In dem Moment, als sein Kopf auf dem Boden aufschlug, öffnete
es seine Augen und begann aus voller Kehle zu schreien. Sophie blinzelte, sie
schien das erste Mal seit dem Beginn dieses Albtraums Jack wieder zu
fokussieren. „Jack? Wo sind wir?“ Sie schaute sich in dem Höhlenraum um, kniff
allerdings angestrengt ihre Augen zusammen, als sie das immer lauter werdende
Schreien des Babys wahrnahm. Jack packte sie an der Hand. Ihr Blick wanderte zu
dem Baby, doch noch bevor sie weiter fragen konnte, zerrte er sie zurück in den
Gang. „Bitte vertrau mir Sophie! Bleib dicht bei mir“, flüsterte er ihr
keuchend zu. Das Schreien des Babys brachte die Höhlenwände zum Vibrieren.
Einzelne Stücke bröckelten von ihr ab und brachten Köpfe zum Vorschein,
menschliche Köpfe, die in den Wänden steckten, ihre blutunterlaufenen Augen
aufrissen und sie anstarrten. Das helle, kindliche Schreien des Babys wurde mit
der Zeit immer dunkler. Es mutierte zu einem schmerzerfüllten, kehligen Ton,
der den beiden ihr Blut in den Adern gefrieren ließ.

Zurück an der Waldoberfläche,
fanden sie sich in einem fingertiefen Meer aus Blut wieder. Sophie kam ins
Schwanken, ihre Beine zitterten unaufhörlich und waren kurz davor ihren Dienst
zu verweigern. „Sieh mich an!“ Jack packte mit beiden Händen ihr Gesicht und
hielt es fest vor das seine. „Wir rennen. Du darfst nicht zurückschauen. Wir
rennen einfach in eine Richtung und hören nicht damit auf. Hast du verstanden?“
Tränen flossen Sophies Wange herunter, doch vor dem langsam näherkommenden
Schrei des Babys, nickte sie schnell und gab somit das Signal. Sie rannten, so
schnell wie noch nie in ihrem Leben. Das Blut unter ihren Füßen spritzte bis zu
den Knien und mit den Metern, verfielen sie in einen Tunnelblick. Die Bilder um
sie herum, nahmen sie nur noch verschwommen und vage wahr. Jacks Blick heftete
sich an eine Person, die links vor ihnen, vor einem ausgehöhlten Baum kauerte.
Es war eine Frau. Sie umschlang ihre Beine und weinte bitterliche Tränen. Die
wenigen Sekunden, in denen sie die Frau sahen, vergingen träge. Sie war eine
surreale Gestalt. Trotz ihrer Tränen trug sie ein breites, fast schon
unmenschlich wirkendes Grinsen auf ihrem Gesicht und auch wenn ihr Kopf etwas
nach unten gesenkt war, verfolgte sie die beiden starr mit ihren großen Augen.
Es war mehr ein Reflex, als pure Absicht, doch Sophie konnte nicht anders als
zurückzuschauen und als ihre Blicke sich erneut trafen, stand die Frau auf und
rannte ihnen in steifen, ungelenk wirkenden Schritten hinterher. Erst jetzt
ergab sich ihre volle Statur. Sie war groß, doch so schmal, dass ihre Knochen
Mühe hatten, dass kaum vorhandene Fleisch an sich zu halten. Ihr Lächeln wurde
immer breiter, sodass ihre weißen Zähne hervorblitzten. „Sie kommt!“, rief
Sophie und schaute für einen Augenblick nach vorne zu Jack. Als sie ihren Kopf
wieder herumdrehte, war die Frau bereits bei ihr angekommen. Sie schlug ihre
langen Fingernägel in Sophies Hand, die unter Schmerzen auf den Boden fiel. „Da
drüben ist das Auto!“, schrie Jack erleichtert. Er hielt noch immer Sophies
Hand, doch befolgte seinen eigenen Rat und blickte nicht zurück. Mit ihrer
letzten Kraft riss sich Sophie von der Frau und von Jack gleichermaßen los und
stürmte zum Auto. Mit einem kaum noch hörbaren Klicken öffnete Jack die Türen
und beide stürzten Hals über Kopf hinein.

…schläfrig kniffen Jack und
Sophie ihre Augen zusammen. Die Abendsonne schien ihnen direkt in ihre
Gesichter. Jack hielt seine Hand schützend vor sich. „Was…ist passiert? Sind
wir eingeschlafen?“ Ungläubig nahm Sophie ihr Handy aus der Hosentasche.
„Tatsache. Wir haben 21 Uhr. Ich kann mich gar nicht mehr wirklich erinnern“
„Ich bin so unglaublich müde“ entgegnete Jack und streckte sich ausgiebig.
„Sollen wir jetzt wirklich noch rausgehen?“ Sophie kicherte. „Wir sind wie alte
Leute, aber du hast Recht. Ich bin auch müde. Lass uns einfach wieder
heimfahren. Wir können immer hier her kommen.“ Als hätte er nur auf diese Worte
gewartet, startete Jack den Motor und fuhr vorsichtig los. Sie rollten die
kleine, gewundene Straße Richtung Dorf hinab und als sie den letzten Baum
hinter sich ließen, schaltete Sophie das Radio an. „Oh das ist mein
Lieblingssong! Ohhh you will never escape, oh oh!“, sang sie lauthals mit und
legte ihre Hand auf die von Jack, welche locker auf dem Schaltknüppel ruhte.
„Von wo hast du denn diese Wunde an deiner Hand?“, fragte Jack und schielte zu
Sophie herüber. Sie hatte jedoch keine Antwort für ihn, lediglich ein breites
Grinsen.

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