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Narben

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Hatte mein Wecker geklingelt?

Ich hasse das, plötzlich hellwach im Bett zu liegen, ohne zu wissen, warum ich aufgewacht bin. Es sieht so aus, als würde es draußen schon dämmern… welcher Tag ist heute? In letzter Zeit schalte ich ständig im Halbschlaf meinen Wecker aus und schlafe sofort wieder ein. Normalerweise wache ich dann in einer Viertelstunde von alleine auf, oder meine Mutter jagt mich aus dem Bett und ich darf quasi sofort aus dem Haus und zum Bus rennen, ohne Frühstück, ohne noch schnell zu duschen, also immer ein wunderbarer Start in den Tag… Moment, gestern war Montag, ich war in der Schule. Verdammt, ich muss also raus. Wie lange liege ich jetzt schon wach hier rum? Noch keine fünf Minuten.

Es ist bis jetzt leise im Haus, also ist es vielleicht doch noch nicht Morgen, ich bin der einzige in der Familie, der ständig verschläft. Das Licht, das von draußen reinscheint, könnte auch von den Straßenlaternen kommen. Egal, ich muss mittlerweile mal. Ich stehe auf, mache aber kein Licht an, das bisschen Helligkeit von draußen reicht mir, um aus meinem Zimmer zu finden. Ich gehe über den Flur zum Badezimmer. Es scheint wirklich außer mir noch niemand wach zu sein, ich sehe noch nirgendwo Licht brennen und es ist immer noch so still. Ich mache das Licht im Bad an, der Schalter hört sich in dieser völligen Stille so laut an… warum ist der eigentlich für dieses, nur für dieses Zimmer außen und nicht IM Zimmer?

Damit man gleich alles drinnen sieht. Damit man nicht so leicht überrascht wird.

Blöde Phantasie. Und als ob das einen Unterschied macht, wenn irgendetwas da drinnen ist, ob ich es sofort sehe oder erst wenn ich schon einen Schritt im Zimmer bin.

Irgendetwas.

Was sollte denn im Bad auf mich warten? Blöde Paranoia, blöde Phantasie. Da ist nichts.

Ganz sicher.

Ich habe die Hand schon auf der Klinke, drücke sie bereits herunter, noch während ich das alles denke. Ich mache die Tür auf und versuche so wenig wie möglich in die Lampe an der Decke zu schauen, es ist zum Glück noch eine von den alten Glühbirnen drin, die so ewig brauchen, um richtig hell zu werden. Ich muss trotzdem blinzeln.

Da ist nichts im Bad.

Was hast du erwartet?

Alles sieht aus wie immer, keine Monster, keine Einbrecher.

Wirklich, Monster? Ich bin kein kleines Kind mehr… und kein Einbrecher versteckt sich im Bad, Idiot.

Ich gehe zur Toilette, hebe den Deckel und die Klobrille hoch.

Wer zieht eigentlich ständig den Vorhang an der Dusche zu?

Das ist nicht dein Ernst oder…

Ich drehe mich um, gehe zur Dusche und schaue hinter den Duschvorhang.

Da war natürlich auch nichts, Angsthase.

Nachdem ich fertig mit pinkeln bin, wasche ich mir die Hände und schaue in den Spiegel. Total rote Augen, sie jucken aber kein wenig. Ich bin inzwischen noch wacher als vorher. Die Klospülung ist anscheinend wieder voll und es wird schon wieder so verdammt still.

Das einzige, was ich überhaupt hören kann, ist mein Herzschlag.

Der schon wieder schneller wird.

Angsthase.

Als ich so dastehe und lausche, halte ich fast die Luft an, mich bemüht, selber kein Geräusch zu machen, mein Atem klingt in meinen Ohren viel zu laut, genau wie der Herzschlag und sogar meine Schritte auf dem kalten Fußboden. Ich komme mir irgendwie dämlich vor, löse mich aus meiner Erstarrung und versuche, mich endlich wieder zu beruhigen, aber dieses beklemmende Gefühl verschwindet nicht ganz. Ich glaube nicht, dass ich jetzt nochmal einschlafen könnte, wenn ich es versuche. Was soll´s, endlich mal wieder kein Stress am Morgen.

Also gehe ich zum Fenster und ziehe schonmal den Rollladen hoch.

Es ist stockdunkel draußen.

Das ganze fühlt sich irgendwie seltsam an, meine innere Uhr steht schon auf Morgen, sogar mein Bauch ist mittlerweile schon aufgewacht und meldet sich mit diesem unangenehmen Grummeln.

Aber draußen finstere Nacht, nicht einmal der Mond ist zu sehen, vor diesem Fenster ist einfach alles schwarz. Ich sollte eigentlich noch total müde sein, gestern war ich den ganzen Tag lang kurz vorm Einschlafen, aber dieses unruhige Gefühl lässt mich nicht los, mein ganzer Körper fühlt sich an wie mit Adrenalin vollgepumpt, als würde jede Faser meines Körpers auf irgendetwas warten, sich auf irgendetwas vorbereiten und ich weiß nicht auf was!

Entspann dich.

Tief durchatmen.

Naja, das hilft ein wenig, was ist nur los mit mir? Ich lasse den Rollladen wieder runter. Noch ein wenig Schlaf ist wahrscheinlich doch nicht verkehrt. Ein letzter Blick in den Spiegel… ja, ich sehe fertig aus, jetzt spüre ich auch langsam die Müdigkeit wieder. Warum hatte ich eigentlich nicht auf die Uhr gesehen, als ich aufgewacht bin? Mein Wecker steht auf dem Nachttisch direkt hinter dem Bett. Deshalb schaffe ich es auch wahrscheinlich immer, ihn auszuschalten, bevor ich richtig wach bin. Muss endlich mal einen anderen Platz für den Wecker finden.

Das sag ich mir auch jeden Morgen, oder?

Ja, ich muss ein wenig lächeln, solange ich hier wohne, werde ich es auch wahrscheinlich nicht mehr schaffen, ihn auch tatsächlich irgendwo anders hinzustellen.

Als ich die Hand auf die Türklinke lege, fühle ich plötzlich in der Magengegend wieder so ein unangenehmes Kribbeln.

Reiß dich zusammen, trödel nicht noch länger rum.

Ich versuche das Zittern in meiner Hand zu ignorieren, versuche, es irgendwie amüsant zu finden, dass mir mein Herz schon wieder bis zum Hals schlägt. Ich drücke die Klinke herunter, versuche automatisch, mich zu beruhigen, indem ich im Kopf alles durchspiele, was ich gleich mache, wie ich den Lichtschalter rechts neben der Tür drücke, die Tür hinter mir zuziehe, jeden einzelnen Schritt durch den Flur.

Ich mache die Tür auf.

„Angsthase“

Meine rechte Hand liegt schon auf dem Lichtschalter, ich wäre fast in die schwarzgekleidete Gestalt vor mir hereingelaufen. Vielleicht zehn Zentimeter vor meinem Gesicht beugt sich sein ausdrucksloser Schädel zu mir herunter. Das gelbliche schwache Licht aus dem Raum hinter mir scheint nur auf seinen Kopf, deshalb sieht es fast so aus, als wäre er körperlos. Ich stehe vollkommen bewegungslos vor ihm, halte die Luft an. Mein Puls rast, ich spüre wieder das Adrenalin bis in die Fingerspitzen, aber die Angst lähmt mich, macht meine Beine zu Pudding. Ich kann den Blick nicht von seinem bleichen Gesicht abwenden, über das sich ein paar hässliche Narben ziehen. Seine Haut sieht irgendwie wächsern aus, sie ist straff über den Schädel gespannt, aber am schlimmsten sind die Augen. Er blickt mich mich aus vollkommen leeren Augenhöhlen an, aber dahinter liegt nicht die Rückwand seines Schädels, sondern einfach nur abgrundtiefe Dunkelheit.

Ich sehe irgendetwas aus dem Augenwinkel, schaffe es kurz, meinen Blick für einen Sekundenbruchteil von den unendlichen Tiefen seiner Augen loszureißen. Er streckt langsam seine Hand in meine Richtung, die Finger sind knochig und abartig lang und genauso farblos wie sein Gesicht. Ich schaue wieder zu ihm nach oben und in diesem Moment fällt mir auf, dass auch seine Hand völlig vernarbt war, das Gesamtbild von diesem Etwas hatte sich bis ins kleinste Detail in mein Gehirn eingebrannt, ich würde ihn wohl noch genauso vor mir sehen, wenn ich die Augen schließen würde. Wenn ich die Augen schließen könnte.

Ich habe das Gefühl, jetzt atmete ich gerade zum ersten mal wieder, seit ich vor ihm stand. Ich spürte meinen Herzschlag irgendwo ganz oben in der Kehle, fast zwischen den Ohren. Es pochte so laut, dass es wehtat. Ich konnte ihn auch riechen, glaube ich. Er roch… kalt. Wie eine Winternacht, nur irgendwie… fauliger.

Dann spürte ich seine Hand um meinen Arm. Sein Griff tat nicht weh, war aber fest wie Stahl. Und kalt wie Eis. Mein ganzer Körper wollte wegrennen, in alle Richtungen gleichzeitig, aber mein Verstand war lahmgelegt vom Blick dieses augenlosen Monsters.

Sein Mund verzog sich langsam zu einem zahnfleischlosen Grinsen.

Meine Eltern haben mich am nächsten Tag nach stundenlangem Suchen bewusstlos in der Garage liegend gefunden. Im Pyjama. Ich habe ihnen erzählt, dass ich mich an nichts erinnere, an gar nichts. Was zur Hälfte sogar stimmte, denn ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wieso ich die halbe Nacht in der Garage lag und am ganzen Körper blutete. Der Arzt hat gesagt, dass die Schnittwunden alle „so gut wie vollständig“ heilen würden, also werden mich die Narben auf meiner Haut wohl noch den Rest meines Lebens an ihn erinnern.

Die letzten Wochen waren furchtbar, jeder Tag, jeder Moment eine endlose Qual. Er verschwindet nicht mehr aus meinem Kopf. Ich habe sein Gesicht jede einzelne Sekunde meines Lebens vor Augen… am schlimmsten ist es, wenn es mir gelingt, diese totenbleiche Fratze für einen Moment aus meinen Gedanken zu verbannen, nur um ihn hinter der nächsten Hausecke wie lebendig vor mir zu sehen. Jedes Mal stolpere ich in ihn hinein und er ist genauso schlagartig verschwunden, wie er aufgetaucht ist.

Mein Leben ist zu einem Alptraum geworden, die Realität fühlt sich unwirklich an und mein ganzes Denken wird von einer unerträglichen Paranoia überschattet. Wenn ich versuche, mich an etwas zu erinnern verschwimmt alles, es fühlt sich an, als würde mein Bewusstsein langsam und unaufhaltsam aus dieser Welt hinausgezogen werden. Ich habe Blackouts. Obwohl ich mir da nicht ganz sicher bin, meine Erinnerung besteht aus einem Haufen Puzzle-Teilen, die nicht mehr zusammenpassen. Und über immer mehr dieser Teile legt sich das Bild von zwei schwarzen, jegliches Licht schluckenden Augenhöhlen. Unendlich tiefen, leeren Augenhöhlen.

Meine richtigen Träume dagegen sind so detailreich, so echt wie nie zuvor. Ich habe zwar das Gefühl, als würde ich ständig träumen, unfähig aufzuwachen, aber wenn es dunkel wird, bin ich gefangen in einer anderen Traumwelt. Einer erschreckend realen Traumwelt.

Ich stehe wieder vor einer Tür. Ich kann nicht weglaufen, meine Muskeln reagieren nicht. Angst, nichts als Angst, sie umgibt mich wie die Dunkelheit. Die Türklinke vor mir bewegt sich, zögernd, so unendlich langsam. Jeder Moment ist eine Ewigkeit. Sie knarzt, ganz leise nur, aber das ist das absolut einzige Geräusch, das wie aus einer anderen Welt meinen Geist berührt. Ich kann nicht einmal meinen Atem hören. Immer noch unendlich langsam öffnet sich die Tür vor mir, ich kann immer noch nicht fort, immer noch meinen Blick nicht abwenden. Kaltes Licht dringt durch den Türspalt, während dieser immer größer wird. Das Licht erreicht meinen erstarrten Körper.

Ich spüre, wie mein Mundwinkel sich langsam nach oben zieht, während ich in das panische Entsetzen auf dem Gesicht des Kindes vor mir sehe.

() 10:29, 5. Mär. 2014 (UTC)

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