Okkultenbrut (Teil 1)
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Samstagabend. Grade hatte die betrachtlich große Uhr in meiner Zimmerecke 21 Uhr geschlagen, und der Duft von verrottetem Fleisch stieg mir in die Nase. Ich saß in meinem Gästezimmer und zeichnete die Gartenszenerie. „Boah, was zur Hölle-“ Mir blieb der Atem stehen und ich zog mir mein blaues T-Shirt vor die Nase und versuchte, durch den Mund zu atmen so gut wie irgendmöglich. Der Regen prasselte auf die Dachschrägen hernieder und verursachte in mir das beklemmende Gefühl, beobachtet zu werden. Schnell sprang ich auf und lief die hölzerne Treppe gleich nach dem gut bestückten Korridor hinunter zu meiner Tante.
„Tante Grace? “
Ich rief nach meiner Tante, die mich freundlicherweise meine Sommerferien bei ihr hier auf dem amerikanischen Lande verbringen ließ.
Ich schrak auf, als sich plötzlich mit einen quietschen die Haustür öffnete. Grace trat herein und riss sich zuerst einmal die grünen Gummistiefel und den schwarzen Regenmantel vom Leib. Mit einem überraschtem Blick schaute sie mich an.
„Was gibt es? Ich habe dich nach mir rufen hören.“
Was hat sie draußen gemacht? Aus irgendeinem Grund traute ich mich nicht zu fragen.
„Es riecht nach verrottenden Fleisch“, antwortete ich.
Grace zog etwas Rotze nach oben bei dem Versuch etwas zu riechen. „Kommt von draußen. Ein alter Hund hat sich zum Sterben hinter meine Scheune gelegt und war mir bis eben nicht aufgefallen. Ich habe ihn grade entsorgt, damit der Gestank nicht weiter stört.“ Als sie ihren Satz beendet hatte, roch sie an ihren Sachen. „Ich werde nach oben gehen und duschen. Hol doch ein Brettspiel heraus. Das können wir dann gleich gemeinsam spielen.“
Mit diesen Worten ging sie die Treppe hinauf.
Das hörte sich wirklich seltsam für mich an – besonders, da ich die letzten vier Wochen, die ich schon dort gewesen war, nichts dergleichen hinter der alten Scheune gesehen hatte. Aber was sollte es auch sonst sein! Misstrauisch sah ich zu, wie sie ihren modrig riechenden Regenmantel mitsamt der Gummistiefel in den Wäschekorb warf. Als sie oben war, kramte ich in ihrer Jackentasche herum und fand einen mit altem Blut bedeckten Strick. Ach du Kacke, dachte ich, was ist hier eigentlich los? Kurz musste ich aufstoßen und rannte in die Küche, um mir die Hände zu waschen. Darauf ging ich hinauf und sah mich im Gästezimmer nach einem Brettspiel um; der Fernseher funktionierte schon seit Wochen nicht mehr. Huch, was ist das? Diese blaue Spielverpackung mit goldener, zerkratzter Aufschrift stach mir als Erstes ins Auge, da sie keinen Staub hatte wie die anderen. Nach ungefähr 10 Minuten, die ich nach meinem Rufen gewartet hatte, stand ich auf und begab mich Richtung oberes Badezimmer.
Es war sehr ungewöhnlich für Tante Grace zu duschen und, falls sie mich gehört hatte, keine Antwort zu geben.
„Grace?“ Ich klopfte an die Badezimmertür. Zögernd legte ich die Hand auf den Türknauf als ich plötzlich ein lautes Zischen vernahm.
Schnell öffnete ich die Tür und wurde im nächsten Augenblick pitschnass. Aber nicht mit normalen Wasser, so wie ich es im ersten Moment erwartete, sondern mit rotem Blut, was sich auf meiner Haut und meinen Sachen absetzte.
Starr vor Angst bewegte ich mich keinen Zentimeter. Tante Grace stand in neuen Sachen vor mich und schüttelte mich auf einmal hastig an der Schulter.
„Noah? Noah, was hast du?“
Es dauerte eine Weile, bis ihre Stimme zu mir durchdrang. Ich zuckte kurz und schien kurz darauf wie aus einem Traum zurückgeholt. Das Blut an mir war verschwunden.
„Ich weiß nicht…“
Ich schaue in Tante Graces erschrockenes Gesicht.
„Was hast du? Du hast plötzlich nicht mehr auf mich reagiert. Du warst wie weggetreten“, erklärte sie mir.
Ich war wie weggetreten? Sie hatte mir doch nicht mehr geantwortet. Oder war das Einbildung?
„War ich das? Echt?“ Ich konnte es für einen ewig scheinenden Moment nicht begreifen; dann hob ich das Spiel auf, nachdem ich es schließlich fallen gelassen hatte. „Möchtest Du vielleicht, dass ich Dir einen Tee mache –
zur Beruhigung?“ Dankend schüttelte ich den Kopf, und Grace und ich begaben uns in einer unangenehmen, fast schon Totenstille, ins karg beleuchtete Wohnzimmer. Das ist doch wirklich alles seltsam! Ich habe dieses Blut doch sogar gespürt und gerochen! Grace starrte beim Gehen auf den Fußboden. und wenn sie mich anblickte, dann bloß flüchtig und gepresst. Ich traute mich aber nicht zu fragen, was denn los sei. Im Wohnzimmer angekommen, warfen wir uns auf die große Couch, und Grace platzierte das Brett samt Holzdreieck auf dem verschmierten Glastisch. Meine Tante und ich sahen uns gegenseitig bedrückt an; sie brachte jedoch als Einzige etwas heraus. „Noah, ich möchte bitte, dass Du mir etwas versprichst…“, unterbrach sie die beinahe unangenehme Stille im Raum, „Wenn ich Dir sage, dass Du rennen sollst, renn; wenn ich Dir sage, dass Du das Haus ohne mich verlassen sollst, tu das! Versprichst Du mir das?“ Beide ihre Augen gaben jeweils eine einzelne Träne von sich, und sie hielt meine Hand. „Aber was haben wir denn vor?“, fragte ich vollkommen entsetzt.
„Ich wollte dich nirgendwo mit hineinziehen. Bitte tu einfach, was ich Dir sage und verlasse das Haus, wenn ich Dich dazu auffordere. I-ich weiß, ich bin Dir eine Erklärung schuldig, aber es ist wirklich nicht so leicht und-“
„Schon gut.“ Ich legte Tante Grace beruhigend eine Hand auf die Schulter. Ihr aufgelöster Gesichtsausdruck machte es für mich einfach unmöglich, weiter nachzufragen.
„Ich vertrau‘ Dir, Tante Grace. Erklär mir bitte alles, wenn Du Dich dazu bereit fühlst.“
Innerlich war mir klar, dass diese Worte nur zur Hälfte wahr waren. Ich wollte unbedingt wissen, was hier vor sich ging, aber ich brachte es nicht übers Herz, meine zitternde Tante jetzt auch noch wie bei einem Verhör auszufragen.
Zu meinem Verwundern schien sich Grace ziemlich schnell wieder zu fassen. „Ich werde das hier wieder wegstellen. Es ist kein richtiges Brettspiel.“ Sie stand auf und war dabei das Quija-Brett wieder wegzuschaffen.
„Was ist es dann?“, fragte ich neugierig.
„Man nutzt es, um mit Geistern zu kommunizieren“, erklärte sie nach einigem Zögern.
Meine Tante sprach mit Geistern? So langsam konnte ich mir einen Reim darauf machen, was hier vor sich ging und warum Tante
Grace vorhin so verstört gewirkt hatte. Unwohlsein überrannte mich. „Ich werde auf mein Zimmer gehen und mich ausruhen“, teilte ich Tante Grace mit.
„Es ist wirklich nichts, womit man spielen sollte – das musste ich selbst merken“, warf sie mir hinterher. Im Augenwinkel konnte ich jedoch sehen, wie sie das Brett auf dem Esstisch ablegte und einen Großteil der Beleuchtung dimmte. In dem Moment fing ich an, ein wenig schneller zu gehen, und ich sprintete von der vorletzten Treppenstufe in mein Zimmer. O Gott! Was sollten wir denn jetzt bloß machen? Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf, doch sie alle verdichteten sich zu einem einzigen finsteren. Ich setzte mich mit geweiteten Augen an meinen Schreibtisch am Fenster und warf einen Blick auf die texanische Einöde, die jedoch fast schon von einem Nebelschleier überdeckt wurde; mir wurde es eisig kalt, ich konnte förmlich fühlen, wie sich meine Ängste schon in meinen eigenen Gedanken festsetzten. Kein Geist – nicht einmal ein Poltergeist – würde in der Lage sein, sich durch jede noch so enge Ritze dieses Landhauses auszubreiten. Obwohl mein Fenster verschlossen war, konnte ich immer noch den modrigen, süßlichen, verkommenen Geruch des Hund vernehmen, der sich angeblich zum Sterben hinter der Scheune niedergelassen hatte. Mir war schlecht, und ich verließ meinen Raum mit demselben Tempo, mit dem ich ihn betreten hatte. Auf dem Weg hinunter, dann, blies mir ein frostig kalter Wind durchs Gesicht. Das Ouija-Brett lag auf dem altmodischen, leicht versifften Teppichboden, und die Eingangstür stand offen; die einst weiße Holztür schlug gegen die Familienbilder an der Wand und fegte die Scherben beiseite. „Grace, wo bist Du?“ Ich blickte mich um und erhaschte einen kurzen Blick auf alle Bereiche des Erdgeschossen, und dabei sah ich, dass der nach Verwesung stinkende alte Regenmantel und das durchnässte Paar Gummistiefel nicht mehr im Wäschekorb waren. „Scheiße, wo ist Grace hin?!“ Die Angst packte mich.
Hier im Haus sollte irgendwo ein Dämon spuken und jetzt war auch noch Tante Grace verschwunden. Den Rest gab mir der Stromausfall, der folgte. Ich schob Panik. Ohne weiter nachzudenken, schnappte ich mir meine Jacke, sprang in meine Gummistiefel und rannte aus dem Haus. Die Tür ließ ich hinter mir zuschlagen. Ich rannte über den schlammigen, nebligen Hof, dabei rutschte ich bestimmt vier Mal aus und schürfte mir das Knie auf. Ich spürte es bei jedem Schritt, aber das war erst einmal nebensächlich.
„Grace? Grace!“ Ein fürchterlicher Verwesungsgeruch kroch mir in die Nase. Die Scheune und somit der alte Hund waren ganz in der Nähe. Erneut rief ich nach ihr und ich folgte dem strengen Geruch.