Organisation des Grauens
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Es war kalt in jener Nacht.
Ich rieb mir nochmals die Hände, bevor ich das Nachtsichtgerät über meine Augen zog. Ich stand vor dem Gebäudekomplex der Cirus Corporation, einem grossen Chemiekonzern, wie er meistens beschrieben wurde. Ich wusste es besser. Bei der Firma handelt es sich weniger um einen Konzern, sondern um eine kriminelle Vereinigung mit Wurzeln bis ganz nach oben in unsere Regierung.
Wenige wussten, was hinter den Mauern des Komplexes vorgeht, wenn ich aber meinen Informanten trauen darf, finden hier Experimente mit neuartigen Stoffen und deren Auswirkungen auf lebende Organismen statt, die jeglicher Moral und Ethik widersprechen. Wir reden hier von Tests am Menschen.
Durch mein Nachtsichtgerät erkannte ich alsbald die Wachleute, die bis an die Zähne bewaffnet waren. Zum Schutz von «handelsüblichen Chemikalien» benötigt man normalerweise wohl nicht so viel Feuerkraft. Viele der Waffen konnte ich noch aus meinem Dienst im Militär erkennen. Alles hochmoderne Waffen, die ebenfalls von unserem Militär verwendet wurden. Scheisse! Dementsprechend geschult musste das Wachpersonal sein.
Schon seit einiger Zeit war ich Cirus Corp. bereits auf der Spur und hatte es mir höchstpersönlich zur Aufgabe gemacht, dieser perversen Organisation das Handwerk zu legen. Vor einem Jahr hatte meine damals 20-jährige Tochter ein Praktikum in eben diesem Komplex begonnen, nachdem sie erfolgreich Ihre Ausbildung zur Chemikerin abgeschlossen hatte. Ich war ein stolzer Vater, meine kleine Laura war ausgesprochen intelligent und hilfsbereit, und wir verbrachten viel Zeit miteinander, soweit es ihre Arbeit zuliess! Sie war mein Augenstern.
Dann kam diese eine Nacht, diese verfluchte Nacht. Ein Polizeibeamter klingelte damals spätabends an unserer Haustür. Meine Frau Frederika und ich öffneten ahnungslos die Tür und er erzählte uns detailliert über einen Arbeitsunfall bei Cirus, bei dem unsere Laura ums Leben gekommen war. Danach hörte ich nichts mehr. Meine Frau brach an Ort und Stelle zusammen, während ich nicht mehr klar denken konnte. Unsere Laura? Tod? Das kann einfach nicht sein, nein!
Meine Frau wurde zum Schatten ihrer selbst. Sie schlief und ass nicht mehr, konnte keinen klaren Gedanken fassen ohne an unseren tragischen Verlust denken zu müssen. Zwei Wochen später nahm sie sich das Leben, und ich war allein.
Ich geriet an den Abgrund meiner Existenz, konnte nichts mehr mit mir anfangen, ausser an Laura und Frederika zu denken. Die Leichenidentifizierung war grausam, einzig einen verkohlten Haufen Knochen und Fleisch konnte ich «identifizieren». Ich fiel in ein tiefes Loch, aus dem ich dachte, nie wieder herauszukommen. Lange dachte ich darüber nach, meiner Frau und meiner Tochter zu folgen, hier gab es schliesslich nichts mehr. Nichts, was ohne meine Tochter und meine Frau noch von Bedeutung für mich wäre.
Und dann erhielt ich diese Mail.
Es war ein Einzeiler, von anonymen Absender:
«Cirus ist Böse! Ich habe dich lieb, Papa. Bitte suche mich nicht»
Es dauerte einige Momente, bis ich die Tragweite dieser Nachricht begriff. Meine kleine Laura, die ich nie wieder zu sehen geglaubt hatte, war am Leben! Diese Mail ist der Beweis! Und zum ersten Mal seit jener Nacht, verspürte ich wieder so etwas wie Hoffnung.
Ich recherchierte also, fand viel über Cirus heraus. Ich vermisste meine Frau schrecklich. Hätte sie doch nur bis zum Erhalt der Mail durchgehalten, dann wären wir noch zusammen. Doch auf diese Reise, auf die Suche nach Laura, unserer gemeinsamen Tochter, werde ich mich alleine machen müssen. Ich hatte unser Haus verkauft und investierte viel Geld in Informanten und Mitarbeiter der Organisation, um möglichst viel Nützliches herauszufinden. Schnell war klar, dass Cirus einen direkten Draht zur Polizei hatte und diese auf Ihrer Gehaltsliste hatten. So erklärte sich also die falsche Aussage des Polizisten. Ich fasste einen Entschluss. Auf die Polizei konnte ich mich nicht verlassen, also nahm ich unser Schicksal selbst in Die Hand. Ich investierte das restliche Geld in Waffen und Ausrüstung. Mein Ziel: Ich wollte Laura befreien!
Den Standort von Cirus fand ich mittels entsprechendem Geldfluss schnell heraus. Ich werde das Geheimnis um diese vermaledeite Firma und dem Schicksal meiner Tochter heute Nacht auf den Grund gehen.
Und hier stand ich nun, bewaffnet und vorbereitet, vor eben diesem Gebäudekomplex, welcher am Rande der Grossstadt aus der nebligen Nacht bedrohlich hervorragte. Scheinwerferlicht schweifte über das Areal, stets auf der Suche nach Neugierigen und Eindringlingen, wie ich einer war. Die Wachtürme waren bemannt und die Haupteingänge waren mit dicken Eisentoren verschlossen.
Alles in allem das, was mir berichtet wurde. Entsprechend vorbereitet war ich. Ich blickte auf meine digitale Armbanduhr. 23:59 Uhr. Gleich war es soweit.
Ein ohrenbetäubender Knall ertönte! Eine Explosion an einem der geparkten, schwarzen Limousinen auf den Firmenparkplätzen. Das Auto wurde sicherlich 10 Meter in die Luft geschleudert und fiel gegen einen der Wachtürme, welcher sofort bedrohlich ächzte und schlussendlich in sich zusammenfiel. Die 20 Riesen, investiert in ein Mitglied der Putzbrigade des Komplexes, waren gut angelegtes Geld. Er hatte seinen Job erfüllt und die Autobombe zum besprochenen Zeitpunkt hochgejagt. Natürlich wusste ich, dass sich der separate Generator der Alarmanlage in eben diesem Turm befand, und diese nun für 10 Minuten ausser Betrieb war, bis das städtisch gesteuerte Notstromaggregat einsprang.
Chaos entstand auf dem Gelände, Wachen wuselten herum, schrien sich gegenseitig zu. Punkt Mitternacht war Wachablösung, weshalb die meisten Wachen sich zum Zeitpunkt der Explosion bereits von ihren Posten entfernt hatten, und aufgrund der Sprengung rückten die neuen Wachen nicht direkt nach auf ihren Posten. Lautlos, komplett in Schwarz gekleidet und hoffentlich so gut wie unsichtbar spurtete ich los. Auf leisen Sohlen sprang ich mittels einer Wolldecke über den Maschendrahtzaun, welcher auf der anderen Seite des Gebäudes war, von wo die Explosion gekommen war. Seit meiner Zeit bei den Spezialkräften im Militär hatte ich nur wenig verlernt und war noch fast genauso agil. Auch hatte ich von damals bereits einige Erfahrung damit gemacht, unbemerkt in Gebäude einzudringen.
Nun war ich also innerhalb des Areals, hielt mich aber noch im Schatten, um die nähere Umgebung zu begutachten. Circa 30 Meter entfernt von mir war der Lieferanteneingang, mein erstes Ziel.
Dazwischen nur ein Wachmann, der in sein Walkie-Talkie sprach: «Auf dieser Seite ist nichts zu melden. Bitte um Erlaubnis die Kollegen beim Brandherd zu unterstützen! »«Negativ. Die Sicherheit des Traktes geht vor» gab die statische Stimme aus dem Gerät zurück.». «Verstanden! », antwortete der Wachmann.
Mehr konnte er nicht sagen, denn die Zeit hatte ich genutzt, um mich an den Kerl anzuschleichen. «Was zum- », stiess er noch hervor, bevor ich ihn mit beiden Händen am Kopf packte und mit einer raschen Bewegung diesen verdrehte. Das mir bekannte Knacken erklang, sein Genick war gebrochen. Kein Mitleid habe ich mit diesen Häschern des Bösen. Ich liess seinen Körper langsam auf den Boden gleiten, und zog ihn ins schützende Dunkle der Schatten. Ich schnappte mir sein Walkie-Talkie und eilte stumm zum Eingang. Auch dieser war mit einer dicken Eisentür versperrt. Ich zog ein kleines Bündel aus meiner Tasche und platzierte es direkt auf dem Schloss der Türe. Die Lunte, die aus dem Bündel ragte, entzündete ich und brachte mich in Deckung. «gutes altes Thermit», murmelte ich zu mir selber, während ich die Augen vor dem grellen Licht abwandte. Ich hoffte, dass keiner der Wachleute das Licht bemerken würde, aber jenseits der Ecke, wo sich alle Wachen tummelten, gab es keine weitere Reaktion. Ich machte also weiter.
Nachdem die Flamme wieder erlosch, konnte ich den Türgriff entfernen, und die Tür schwang ohne grösseres Zutun auf. Ein breiter Korridor, wohl gedacht für die Lieferanten, eröffnete sich vor mir. Ich sah die Kameras entlang des Ganges. Diese waren leider nicht am Alarm-Generator angeschlossen und waren noch immer in Betrieb, damit hatte ich aber gerechnet. Schnell zog ich meine SIG Sauer mit angebrachtem Schalldämpfer und schaltete die Kameras mit ein paar gezielten Schüssen aus. Ich hechtete durch den Gang, bis zu dessen Ende, an dem eine Dekontaminationsdusche war. Ab hier begann der sterile Bereich.
Im Vorfeld konnte ich zwar Baupläne des Gebäude-Grundkomplexes aneignen, der sterile, «Experimentelle» Bereich war allerdings nirgends kartographiert, sodass ich von nun an ins Ungewisse ging.
Ich ging weiter. Immer mit meiner SIG im Anschlag. Der Gang wurde weiss und dämmrig beleuchtet. Die «Wissenschaftler» arbeiteten wohl in der Nacht nicht, weshalb hier bereits der Nachtmodus herrschte, zu meinem Vorteil.
Und doch war es verdächtig, wie ungestört ich bisher vorankam. Keine Wachleute befanden sich hier in den Gängen. Vermutlich waren sie noch alle damit beschäftigt, Kollateralschäden der Explosion zu beheben. Ich ging also weiter in die Eingeweide des Komplexes, unbehelligt von Störenfrieden. Ich kam an eine Treppe mit Beschilderung. Schnell war klar, wo ich hinmusste. «Experimentelle Wissenschaften / Toxikologie / Radiologie». Das musste es sein.
Ich ging die Treppe hinunter und… stockte. Mit jedem Schritt wurde mir flauer im Magen. Das dämmrige Licht schien hier noch düsterer zu werden, und etwas fühlte sich, nun ja, bedrohlich an. Unten angekommen konnte ich es nicht mehr ignorieren. Jede Faser meines Körpers sagte mir, dass das hier ein böser Ort ist und man hier nicht verweilen sollte. Die Gefahr war nicht sichtbar, jedoch mehr als spürbar. Ich widerstand meinem Instinkt, diesen gottlosen Ort auf der Stelle zu verlassen und quälte mich, unten angekommen, Schritt für Schritt den neuerlichen Gang entlang. Der Gedanke an Laura war schlussendlich um einiges stärker als das Verlangen von hier zu fliehen.
Ich passierte vorsichtig eine Schwingtür, wie man sie aus Spitälern kennt, …und fand mich in einem neuen Gang wieder.
Links von mir waren die Wände verglast, sodass man sehen konnte, was sich in den Räumen dahinter abspielte.
Stimmen aus den Räumen drangen an mein Ohr und ich ging in Deckung. Da die Fenster zu den Räumen jeweils nur Hüfthoch waren, konnte ich mich dahinter verstecken, und einen Blick in den ersten Raum erhaschen.
Darin befanden sich zwei Männer in weissen Kitteln, gebeugt über eine Liege und hantierten an dem herum, was sich darauf befand. Ich veränderte meinen Winkel und konnte nun die ganze Szenerie sehen. Auf der Liege befand sich ein Mensch. Nein. Vielmehr schien dies einmal ein Mensch gewesen zu sein. Es war komplett nackt. Und aschfahl. Keine Beine waren mehr an dem Wesen, diese wurden scheinbar chirurgisch abgetrennt, und nur klaffende Stümpfe befanden sich noch da. Alles oberhalb der Schenkel entbehrte sich der gesunden Proportion eines Menschen. Schläuche ragten aus den Seiten und stetig wurde eine schwarze Flüssigkeit in den Leib des Gepeinigten gepumpt. Dieser zuckte mit jedem Stoss an Flüssigkeit, die durch seine Venen jagten, schmerzerfüllt. Der Oberleib war aufgeschnitten und man konnte auf die schwarzen Organe sehen, welche unentwegt pulsierten. Wie konnte dieses Wesen noch Leben sein? Auch sein Kopf war verstörend angeschwollen, Mimik war nicht mehr zu erkennen, nur ein dunkles Loch, wo einst der Mund war. Nase, Ohren und Haar wurden entfernt. Das allerschlimmste jedoch war die Grösse der Gestalt insgesamt. Es war kein Erwachsener, sondern die Körpergrösse eines Kindes.
Ich starrte auf die surreale Szenerie, und entdeckte mit jeder Sekunde neue Gräuel in diesem Raum. Sägen, die blutig auf der Seite lagen, Spritzen, die mit unbekannten Flüssigkeiten gefüllt waren und die Männer, die mit gleichgültiger Mine ihre Arbeit an ihrem Opfer verrichteten.
Einer sprach zum anderen, leicht entnervt: «Gib mir mal das Skalpell, hier haben wir noch intakte Muskelfasern! »«Unglaublich, dass sich das Testsubjekt noch immer bewegen kann, obwohl fast sein komplettes Muskelgewebe durchtrennt wurde. Die Lösung aus Pech und Schwefel zeigt tatsächlich die erhoffte Wirkung und hält den Organismus am Leben und bewegungsfähig. Einfach unglaublich. » erwiderte sein Gegenüber.
Ich wandte mich ab. Mir wurde schlecht und musste einen Schwall Galle zurückhalten. Was in diesem Raum passierte, konnte mit Worten nur schwierig beschrieben werden, aber nie habe ich etwas so Grausames gesehen. Jedoch wollte ich nicht eingreifen und riskieren, denn mittlerweile wieder aktiven Alarm auszulösen. So zog ich also weiter, immer nur mit dem Ziel vor Augen, meine geliebte Tochter zu finden.
Erst jetzt blickte ich genauer auf die rechte Seite des Ganges und spähte durch die Fenster. Dahinter befanden sich grosse Glasbehälter. Was sich darin befand liess mich erneut würgen. In grünlicher Flüssigkeit schwammen Menschen, beziehungsweise bezeichnet man sie besser nur noch als Organismen, denn diese.. Dinger hatten nicht mehr viel mit dem Erscheinungsbild eines Menschen gemein. Genau wie das eben beobachtete Wesen, waren diesen ebenfalls alle Extremitäten oder Teile davon entfernt worden. Schwarze Adern waren fahl unter der Haut zu sehen, wo wohl dieselbe schwarze Flüssigkeit gespritzt wurde. Kiefer und Augenlider waren bei fast allen entfernt worden. Und auch hier waren die Körpergrössen nicht die eines Erwachsenen, nein, sogar Säuglinge, zumindest hielt ich es für welche, waren hier präsentiert. Ich schaute mir den mir am nächsten befindlichen Körper genauer an und blickte in die trüben Augen des ausgestellten Körpers. Ich versank in Gedanken, was wohl mit diesen armen Seelen passiert sein musste, bis das Wesen seine Augen direkt auf mich richtete. Ich erschrak und stolperte nach hinten. Inbrünstig hoffend, dass die beiden Männer im vorherigen Raum nichts davon gehört haben, ging ich weiter.
Ich lief an weiteren Horrorkabinetts vorbei und ich sah mich in all meinen Befürchtungen übertroffen, Cirus ist eine einzige Freakshow. Was die Organisation genau mit diesen «Experimenten» erreichen wollte, war mir noch unklar, aber nichts auf der Welt würden solche Gräueltaten rechtfertigen. «Sie werden dafür büssen! » bestätigte ich mir selber, nur um meinen Brechreiz wieder zu beruhigen.
Lange lief ich durch diesen Gang, der sich unermesslich weit erstreckte. Vorbei an mysteriösen Gerätschaften, die in der Dunkelheit immer wieder wie Silhouetten von Personen aussahen und mich immer wieder zwangen ein Versteck zu suchen. Ich wollte mir nicht ausmalen, wofür diese gedacht waren. Auch kam ich an weiteren Operationssälen vorbei. Nicht immer waren sie besetzt, aber einmal erhaschte ich einen kurzen Blick auf zwei weitere Kittelträger, die sich gerade an einem festgeketteten Hund zu schaffen machten. Dieser war wie ein Mensch auf einer Trage fixiert. Sie waren gerade dabei im den Unterkiefer durchzusägen. Das Jaulen des Tieres klang unnatürlich und drang bis zu meinen Ohren aus dem wohl schallgedämpften Raum.
Ich ging weiter, versuchend nicht der Hysterie zu verfallen, die dieser Ort auslöste. Ich war in der menschengemachten Hölle und ich konnte mir nur allzu gut vorstellen was passieren würde, sollte ich erwischt werden. Ich verdrängte den Gedanken schwer schluckend.
Und dann kam ich an das Ende des Ganges. Hier befand sich eine hermetisch verriegelte Tür mit der Aufschrift «Abgeschlossene Experimente». Ich trat ein.
Der Raum war dunkel und ich konnte nur schwer etwas erkennen. So streifte ich mir erneut mein Nachtsichtgerät über und erblickte den Raum vor mir. Er war gross, fast schon eine Lagerhalle. Über und über gefüllt mit Glaskäfigen. Darin befand sich das Grauen. Auch hier befanden sich «Subjekte» in den Käfigen, allerdings waren diese offensichtlich noch am Leben, denn alle starrten sie mich mit blinden Augen direkt an, trotz der Dunkelheit, und grunzten flehend, nicht im Stande noch weitere Geräusche von sich zu geben. Alle waren sie grösstenteils bewegungsunfähig, sei es durch entfernte Gliedmassen oder tiefen Schnitten in den Muskelgeweben. Es stank nach Eiter, Schwefel und Tod.
Ich erbrach auf den Fussboden. Wie nur konnte man eine solche Perversion an lebenden Wesen, und dann noch an Kindern vornehmen. Es waren auch Erwachsene, zumindest der Grösse entsprechend, darunter, jedoch nur vereinzelt.
Nun bemerkte ich auch, dass jeder Glaskasten angeschrieben war mit einer Seriennummer und einem Namen. Auf dem ersten stand «Subjekt 132 – Ariana». Das sich darin befindende «Subjekt» hatte Auswüchse aus ihrem Kopf, welche an Hörner erinnerte und die Pupillen waren komplett schwarz. Es schien mich bemerkt zu haben, denn es grunzte wehmütig in meine Richtung, konnte mich aber scheinbar nicht optisch wahrnehmen. Ich riss mich von diesem grausigem Anblick los und musterte die anderen Käfige. Sie alle waren in alphabetischer Reihenfolge angeordnet. Ich wusste, was zu tun war. Ich lief weiter, rannte schon fast, Tränen in meinen Augen.
«B – Bertram»… «F – Fabienne» …»J – Jana» … «L –»
Ich blieb stehen. «Subjekt 734 – Laura».
Ich schluckte, während ich noch das Schild betrachtete, nicht in der Lage, meinen Blick nach unten zu wenden und in den Käfig zu blicken – und doch riss ich meinen Blick los und starrte auf das Ding im Käfig. Nur wenig unterschied es sich von den anderen Subjekten. Es war ebenfalls noch am Leben, gerade so. Mit jeder Erhebung des Brustkorbes zog das Wesen gierig Luft in seine Lungen mit einem rasselnden Geräusch. Die Augen waren pechschwarz und auch ihr sprossen hornähnliche Geschwüre aus dem Kopf. Tränen rannen mein Gesicht herunter und völlig fassungslos starrte ich auf das, was einmal Laura gewesen war. Ich begann zu zittern und meine Fassung zu verlieren. Schluchzend ging ich auf meine Knie und kam meiner Laura so nahe, wie es der Glaskäfig zulies. Keuchend und weinend polterte ich auf das Glas ein. Angsterfülltes Grunzen kam als Antwort aus dem Käfig.
Durch meine Tränen erblickte ich das Dialogfeld am Rande des Käfigs, welcher wohl dazu diente, den Käfig aufzusperren. Ich stolperte zu dem Bildschirm und nach einigen Tastengriffen öffnete sich die Tür fliessend mit einem hydraulischen Geräusch. Der Gestank von Kot und Schwefel kam mir entgegen, doch es war mir gleich. Ich stürzte in den Käfig auf Laura zu und kniete vor ihr nieder.
«Es tut mir Leid Laura!!» schluchzte ich, «es tut mir so schrecklich Leid. Ich konnte dich nicht beschützen. Was haben sie mit dir gemacht? Meine süsse Laura. Mama wartet bereits auf uns, mach dir keine Sorgen. »
Ich zog meine Pistole, bereit uns beide von diesem furchtbaren Ort zu befreien und zu unserer geliebten Frederika zu gehen. Bereit, unserem Leid ein Ende zu bereiten. Den Lauf auf Laura gerichtet, mit verschlossenen und tränenden Augen bereit, alles zu beenden.
«Willkommen bei Cirus! Wie ich sehe haben Sie unsere Mail erhalten!», rief eine Stimme hinter uns. «Und wieder ist uns ein fürsorglicher Elternteil unserer geliebten Subjekte in die Falle gegangen. Ach, sie wollen ihre Tochter erlösen? Leider können wir das nicht zulassen! Glauben Sie, man kann so mir nichts, dir nichts in eines der am besten gesicherten Gebäude der Welt eindringen und sich unbeobachtet darin bewegen? Nein, mein Lieber. »
Noch bevor ich mich aus meiner Schreckstarre befreien konnte, wurde mir die Waffe aus der Hand geschlagen, und ein unbekanntes Gas kam aus den Düsen des Käfigs. Ich wurde ohnmächtig. «Laura. Bitte… verzeih mir! »
Ich erwachte mit hämmernden Kopfschmerzen. Gerade wollte ich mir an den Kopf fassen, als ich bemerkte, dass das nicht ging. Ich war gefesselt. Ich bäumte mich auf und wollte wild umherzappeln, als mir etwas weiteres auffiel. Neben meinen dröhnenden Schmerzen war mein Gelichgewicht stark gestört. Ich sah, soweit es mir möglich war, an mir runter und sah meine Beine nicht.
Sie waren entfernt worden.
Völlig von Sinnen schrie ich. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib. Meine Beine! Sie waren weg!
«Na, unser Gast ist wohl endlich erwacht! Willkommen in unserer experimentellen Abteilung. Wir werden viel Spass miteinander haben!»
Die Stimme sprach ausserhalb meines Blickfeldes.
«Ihre Tochter ist bei uns in sicheren Händen und wird ebenfalls noch viel mit uns erleben. Wir passen bestens auf sie auf, keine Sorge.» Der sprechende Mann trat mit seinem weissen Kittel ins Licht. Ein süffisantes Lächeln zierte seine Lippen. Er griff nach einer Edelstahlzange und machte sich in aller Ruhe an meinem Unterkiefer zu schaffen.
«Laura…»