Sieben Gesichter
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Ich stehe
vor dem Spiegel. Mit versteinerter Miene starre ich auf die kalte Oberfläche.
Sieben Gesichter starren zurück. Meine sieben Gesichter…Ich selbst und doch so
fremd. Ich hasse sie. Wie immer versuche ich durch sie hindurch zu sehen, in
der verzweifelten Hoffnung vielleicht einen Blick auf mein wahres Ich zu
erhaschen. Doch sie blockieren den Weg zu meinem Selbst. Immer sind sie da. Sie
lauern auf mich, die sieben Fratzen hinter dem dünnen Spiegelglas. Eine
schlimmer als die Andere. Und ihre Bosheit ist ohne Gleichen und zu schrecklich
für unsere Welt. Alle sind ein Teil von mir. Bitterer Hass frisst sich durch
meine Seele, ich verabscheue und fürchte sie! Sie sind nicht wie ich. Sie
verseuchen meinen Geist, spuken in meinem Kopf und kontrollieren meinen
Verstand. Sie sind böse.
Ich stehe vor dem Spiegel, starre hilflos.
Das erste Gesicht ist weiß. Krankhaft
bleiche Haut spannt sich über den nasenlosen Schädel. Lidlose Augen quellen aus
dem von schwarzen Zotteln umrahmten Gesicht und der Mund klafft zu einem viel
zu breiten, psychopathischen Grinsen auseinander. Weggebrannte Lider, eingeschnittene
Mundwinkel. Grauenhaft! Dieser Anblick ist unerträglich und ich schaue angewidert zur
Seite.
Das bin ich nicht!
Abermals schaue ich auf und meine Erwartungen werden nicht enttäuscht. Die
nächste Fratze starrt mir schon entgegen. Die neue Fratze hat auch schwarzes
Haar, weiße Haut und ein breites Grinsen, doch sonst kaum Gemeinsamkeiten mit
der Ersten. Der verzerrte Gesichtsausdruck ist perfider, dämonischer, böser. Fahl glühende
Augen eingebettet in tiefschwarze Ringe, die Haut glatt und beinahe gummiartig.
Aus dem dunkel geschminkten Mund ragen spitze Zähne, lang und messerscharf wie
die eines Haifisches. Die lange spitze Nase, ist schwarz weiß geringelt und
wirkt wie aufgesetzt. Ein Clown, jedoch nicht bunt, sondern schwarz-weiß.
Tiefes Unbehagen macht sich in mir breit. Ich schüttle den Kopf und die
scheußliche, monochrome Fratze verschwindet.
Das kann doch nicht ich sein!
An ihre Stelle tritt eine neue, erschreckend gesichtslose Gestalt. Nichts
könnte grauenhafter sein als diese gähnende Leere.
Eine unerklärliche Paranoia ergreift Besitz von mir und ich fühle mich
beobachtet, obwohl mein Gegenüber keinerlei erkennbare Gesichtszüge aufweist. Plötzlich
tauchen aus dem Hintergrund schwarze Tentakeln auf. Sie wachsen aus der
Schulter von diesem Ding und bewegen sich zuckend auf mich zu. Ich drehe mich
ruckartig um, doch wie immer, ist da nichts. Stöhnend schließe ich die müden
Augen.
Ich kann es nicht glauben.
Ich weiß, dass es noch lange nicht vorbei ist, trotzdem öffne ich sie wieder.
Ein junger Mann lächelt mich freundlich an. Braune Haare, normale Hautfarbe,
normales Lächeln. Er verunsichert mich. Doch wer ist das? Das bin nicht ich.
Warum starrt er mich an? Seine Augen. Seltsam. Eines blau und eines grün. Und
nun macht er mir doch etwas Angst. Kaum habe ich dies bemerkt, verändert sich
sein Lächeln. Es wird böser und verrückter. Der pure Wahnsinn strömt aus seinen
Augen und seinem verzerrten Mund. Ich weiß, dass ich keine Chance gegen ihn
hätte. Ich schlage mir entsetzt die Hände vors Gesicht. Lange werde ich diese
Tortur nicht mehr ertragen.
Es ähnelt mir.
Ich atme tief ein und aus und blicke schließlich zaghaft durch meine zitternden
Finger. Etwas neues schimmert vor mir durchs matte Silberglas. Kein Gesicht dieses Mal, sondern eine Maske.
Blau und einfach gehalten. Eine glatte Halbkugel mit zwei großen schwarzen
Löchern für die Augen. Aus den leeren Höhlen rinnt eine dunkle, zähflüssige
Substanz und der Schatten einer Kapuze legt sich über sie. Ich trete näher an
den Spiegel heran. Obwohl ich weiß, dass ich seine vorhandenen Augen auch
dieses Mal nicht finden werde. Die leere Maske ruckt hoch und entsetzt stolpere
ich zurück. Sein augenloser Blick verfolgt mich, verwandelt mein Herz in Stein
und lässt mein Blut gefrieren. Zitternd stürze ich zu Boden und verfluche
diesen niemals enden wollenden Alptraum. Ich will endlich aufwachen!
Bin das wirklich ich?
Zornig rapple ich mich auf und sehe in das jungen Gesicht, welchem die blaue
Maske gewichen ist. Ein unscheinbarer Junge. Eine unglaubliche Angst ergreift
mich, denn ich traue keinem Gesicht mehr und diesem erst Recht nicht. Ein bösartiges
Lächeln und bösartige Augen, unterstrichen von großen, dunkeln Augenringen.
Er sieht aus wie ein Dämon in menschlicher Gestalt. Seine Fassade fängt an zu
bröckeln und an Hals und Kopf tun sich feine Risse auf, aus denen ein
grauenhaftes, violettes Licht heraus quillt. Es gibt immer eine noch schlimmere
Fratze. Meine Hände sind taub geworden und ich bemerke, dass dicke Tränen aus
meinen brennenden Augen rollen.
Kann das sein?
Meine Schultern zucken unkontrolliert und ich senke den Blick. Ich will das
nicht mehr. Hilfe! Gott! Irgendjemand! Mach dass dieser Alptraum aufhört. Ich kann
nicht mehr! Ich traue mich kaum noch einmal in den Spiegel zu blicken. Dennoch
hebe ich meinen Kopf an. Ich starre in mein eigenes Gesicht. Keine bleiche
Haut, kein Clown, kein gesichtsloser Kopf, keine verschieden farbigen Augen,
keine blaue Maske ohne Augen dahinter, kein Dämon. Nur mein eigenes, fahles, ängstliches
Gesicht, meine eingefallenen Wangen, mein trauriger Blick. Nur mein normales
Gesicht. Ich lächle. Endlich ist es vorbei. Endlich Frieden. Ich tauche meinen
Kopf in das kalte Wasser im Waschbecken, wasche den Schmutz, die Angst und die
bösen Gedanken fort.Ich greife nach dem Handtuch und trockne mein tropfendes Gesicht ab.
Dann hebe ich den Kopf und mich trifft der Schlag. Entsetzt starre ich in das
siebte Gesicht. Das Siebte und Letzte. Finster. Böse. Glühend rote Augen
funkeln mich an. Ein breites höllisches Grinsen, das nichts mehr mit einem
Menschen gemein hat. Und darum herum nur Dunkelheit.
Ich stehe vor dem Spiegel und starre hinein. Sieben Gesichter starren zurück.
Und sie alle sehen aus wie ich selber und sind doch anders. Sie sind Teile von
mir. Ich bin ihr Wirt. Sie alle sind böse.
Und ich muss es wohl auch sein.
Und du? Was siehst du, wenn du in den Spiegel starrst? Wer starrt zurück?
() 00:36, 26. Okt. 2014 (UTC) & () 00:37, 26. Okt. 2014 (UTC)