KreaturenMittel

So eisig die Nacht – Part 6

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

23. 12.
21: 27 Uhr

Dass ausgerechnet Dr. Armstrong die Person war, die an diesem Abend aus dem altbekannten Gebäude auf den Parkplatz traf, war purer Zufall gewesen. Vielleicht war es auch Schicksal gewesen – wer vermochte das schon zu sagen. Zwar war Tasha niemals gläubig gewesen, aber bis vor ein paar Tagen hatte sie auch die Existenz einer Kreatur wie dem Wendigo für Schwachsinn gehalten, also wie konnte sie nun die Anwesenheit einer höheren Macht ausschließen?
Im Grunde war es auch vollkommen egal, was sie dachte.
Tasha hätte auch jede andere Person genommen, die ihr irgendwie bekannt vorgekommen wäre, aber Armstrong erschien ihr nun, wo sie sie sah, wie der absolut perfekte Anfang.
Nicht, dass Tasha zu der Zeit, wo sie bei ihr in Behandlung gewesen war, irgendetwas gegen Armstrong gehabt hätte. Doch war sie eben die Person gewesen, die Tasha am meisten besucht, ihr am meisten Medikamente verabreicht hatte. Oder, um es mit den Worten des Wendigos zu formulieren, die am meisten an ihr herumgetestet hatte.
Tasha, die bestimmt drei Stunden lang in einer der hinteren Ecken das Parkplatzes hinter einem dort geparkten Fiat gehockt und abwechselnd die Einfahrt und die Eingangstür des Gebäudes beobachtet hatte, sah nun zu, wie Armstrong den Parkplatz überquerte, dabei in ihrer Tasche herumkramend, bis sie endlich gefunden zu haben schien, was sie suchte. Eines der Autos blinkte auf, ein silberner Fiat, der gute zehn Meter von Tasha entfernt stand. Zielsicher steuerte Armstrong darauf zu.
Tasha senkte nachdenklich den Blick. Betrachtete den Stein, den sie vor einer guten Dreiviertel Stunde vom Boden aufgesammelt und seitdem in der Hand gehalten hatte – eine Handlung, zu der der Wendigo sie aufgefordert hatte.
Der Wendigo war bereits vor einiger Zeit verschwunden. Seine Worte jedoch, hallten noch immer in Tashas Hirn, und hatten dabei eine seltsam beruhigende Wirkung auf sie, sorgten dafür, dass sie sich absolut sicher fühlte: „Du wirst schon wissen, was du tun musst, wenn es so weit ist! Du musst einfach nur warten.“
Nun, sie hatte gewartet. Und es hatte sich gelohnt.
Und auch der andere Teil der Aussage der Kreatur war vollkommen korrekt gewesen, wie ihr nun bewusst wurde – sie wusste ganz genau, was sie zu tun hatte.
Während Armstrong den Weg zu ihrem Wagen zurücklegte, huschte Tasha in gebückter Haltung zwischen den Reihen geparkter Autos hindurch, den zuvor aufgesammelten Stein noch immer in der Hand.
Sie hatte keine Ahnung, ob der Plan, der innerhalb des Bruchteils einer Sekunde in ihrem Hirn Gestalt angenommen hatte als hätte sie auf einen Schalter gedrückt, wirklich funktionieren würde, doch es würde auf einen Versuch ankommen.
Zur Not würde sie Armstrong auch hier auf dem Parkplatz töten. Doch da Tasha nicht genau zu sagen vermochte, ob es hier irgendwelche Kameras gab, auf denen die möglicherweise live beobachtet wurden konnte, würde sie einen anderen Tatort bevorzugen.
Als Armstrong vor dem Ford stehenblieb und die rechte hintere Tür öffnete, um den schwer anmutenden Aktenordner unter ihrem Arm dort abzulegen, duckte Tasha sich hinter den direkt daneben parkenden Wagen, einem klapprigen alten Gefährt, das definitiv schon bessere Tage gesehen hatte.
Betrachtete Armstrong voller Konzentration, darauf bedacht, sich nicht einen Zentimeter aus dem Schatten herauszuwagen, dann hob sie ihre rechte Hand und holte aus zum Wurf.
Der Stein traf einen Wagen etwa fünf Meter von Armstrong entfernt.
Prallte mit einem dumpfen Scheppern gegen das Blech und fiel dann auf dem Boden; eine Geräuschkulisse, die gegen die bisherige Stille der Nacht unendlich laut wirkte.
Armstrong fuhr zusammen. Blickte sich um, hektisch, und ihre rechte Hand verschwand unter ihrem Mantel, um gleich darauf mit etwas zum Vorschein zu kommen, bei dem es sich zweifelsohne um eine Schusswaffe handelte.
Unter normalen Umständen hätte Tasha dieser Anblick wohl verängstigt. Sie von ihrem Vorhaben abgebracht, dafür gesorgt, dass sie möglichst schnell das Weite gesucht hätte, ohne dabei Armstrongs Aufmerksamkeit zu erregen.
Doch selbstredend waren diese Umstände alles andere als normal.
Und so beobachtete Tasha mit einem Hauch von Genugtuung, wie Armstrong, die Waffe im Anschlag, um ihr Auto herumging, in die Richtung blickend, in der der Stein gegen das Auto geprallt war, und sie war kein Bisschen überrascht, als sie die Ärztin rufen hörte: „McAllister? Sind Sie das?“
Armstrong erwartete sie. Fürchtete sie sogar, ansonsten hätte sie wohl kaum auf der Stelle ihre Waffe gezückt.
Dieses Verhalten erschien Tasha vollkommen sinnvoll, in ihren Augen war es nur logisch, dass ihre alten Bekannten damit rechneten, dass sie zurück kam… dass sie sich dafür rächen würde, was sie ihr angetan hatten.
Auch das war ein Gedanke, der Tasha in normalem Zustand wohl abwegig und weit hergeholt vorgekommen wäre. So jedoch zögerte sie keine Sekunde. Huschte weiter im Schutz der Dunkelheit hinüber zu dem Ford, öffnete mit spitzen Fingern die Hintertür, die zwar angelehnt, jedoch nicht geschlossen worden war und sich somit geräuschlos bewegen ließ, und kroch in das Innere des Wagens. Die Tür zog sie hinter sich wieder heran, schloss sie jedoch nicht. Jedes Geräusch wäre eines zu viel gewesen.
Hätte Armstrong einen kleineren Wagen besessen, einen, der ihr als allein lebende Frau vollkommen ausgereicht hätte, so hätte Tasha wohl Schwierigkeiten gehabt, sich effektiv zu verstecken.
Doch Armstrong hatte schon immer eine Vorliebe für große, protzige Autos gehabt. Der Ford war dafür ausgelegt, eine mindestens fünfköpfige Familie transportieren zu können, und unter den Rückbänken gab es dermaßen viel Platz, dass Tasha keinerlei Schwierigkeiten hatte, sich dort zu verstecken.
Es roch nach neuem Wagen, ein Geruch, der in Tasha stets Übelkeit auslöste, doch das würde sie nun ertragen müssen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie würde warten müssen, wie lange Armstrong fahren musste – sie konnte sie schlecht während der Fahrt angreifen, wollte sie doch jegliche Aufmerksamkeit zumindest vorerst vermeiden.
Doch das würde sich alles zeigen. Tasha musste einfach bloß abwarten.
Schritte waren zu hören, Schritte, die sich näherten, zum Auto kamen, und schließlich direkt neben der Hintertür verstummten. Der Lichtstrahl einer Taschenlampe erhellte das Innere des Wagens, tastete über die Sitze, den Boden, die Decke.
Um ein Haar wäre Tasha zusammengezuckt, schaffte es grade noch, sich zusammenzureißen… es hätte ein Geräusch verursacht. Ein Geräusch, das sie sich in dieser Situation nicht leisten konnte.
Dann verschwand der Lichtstrahl. Die Tür wurde zugeschlagen, der Wagen wackelte, dann wurde die Vordertür geöffnet und Tasha hörte, wie Armstrong sich mit einem Schnaufen auf den Vordersitz fallen ließ.
Ein weiterer Knall, als die Tür wieder geschlossen wurde. Dann das Klimpern von Schlüsseln.
„Ich werde ja schon total paranoid“, war Armstrong leise Stimme zu hören, und Tasha glaubte, dass sie noch weitersprach, doch der nun startende Motor übertönte ihre potenziellen Worte.
Das war gut. Der Motor bedeutete, dass Tasha sich bewegen konnte, zumindest ein wenig. Wenn Armstrong beschleunigte, würde er lauter werden, und dann konnte Tasha sich vorsichtig aus ihrem Versteck herauswagen, was ihr später, im entscheidenden Augenblick, wertvolle Zeit sparen würde. Der Wagen fuhr eine Kurve, dann trat Armstrong aufs Gas.
Die ersten Minuten versuchte Tasha noch, den Weg, den sie zurücklegten, in Gedanken nachzuvollziehen. Sie war in dieser Stadt aufgewachsen, hatte ihr ganzes Leben hier verbracht, die Straßen waren ihr absolut vertraut, selbst jetzt noch. Und dennoch verlor sie spätestens, als Armstrong von der Straße aus, die Tasha für die Arkham Street gehalten hatte, wobei sich sich auch da bereits nicht mehr ganz sicher gewesen war, nach links lenkte, gab Tasha dieses Unterfangen auf.
Es war auch vollkommen gleichgültig, wohin sie fuhren. Wichtig war, dass sie ankamen.
Im Laufe der Fahrt hatte Tasha sich in langsamen, vorsichtigen Bewegungen, die denen einer Raupe glichen, unter dem Rücksitz hervorgleiten lassen, und sich in zusammengekauerter Position direkt hinter dem Fahrersitz positioniert, eine Hand fest um den Griff des Messers geklammert. Sie sah die Pistole, die Armstrong vorhin in der Hand gehalten hatte, auf dem Beifahrersitz liegen, und sie war sich nicht ganz sicher, glaubte aber zu erkennen, dass sie gesichert war.
Das war gut. Auch das brachte wertvolle Zeit.
Zeit, von der Tasha, als der Wagen schließlich zum Stehen kam und das Geräusch des Motors verstummte, keine einzige Sekunde verschwendete.
Es hätte sehr gut sein können, dass Armstrong lediglich an den Bahnschienen zum Stehen gekommen war, und keinesfalls vor ihrem Haus, oder wo auch immer sie heute hingewollt hatte.
Doch so weit dachte Tasha nicht, zu angespannt hatte sie auf diesen Augenblick gewartet, und so war es eher ein Reflex als eine bewusste Handlung, der sie hochschnellen und die Arme ausstrecken ließ. Die Finger ihrer linken Hand krallten sich in Armstrongs Haare, die sie, wie immer, zu einem straffen Dutt zusammengebunden hatte, was einen festen Griff um einiges erleichterte. In der rechten Hand hielt Tasha das Messer.
Armstrong stieß einen überraschten, aber heiseren Schrei aus. Versuchte, den Kopf einzuziehen, doch Tashas Griff war zu stark, und so gelang es ihr lediglich, die Schultern hochzuziehen, eine Handlung, die ihr nicht sonderlich viel Schutz verschaffte.
Im Rückspiegel konnte Tasha Armstrongs Gesicht sehen. Die Ärztin war Kreidebleich, ihre Augen waren weit aufgerissen, der Mund zu einem weiteren Schrei geöffnet…
Aus den Augenwinkeln sah Tasha, wie Armstrong nach der Waffe tastete. Sie war weit davon entfernt, sie wirklich zu erwischen, aber dennoch wäre es dumm, noch mehr Zeit zu verschwenden, so faszinierend Tasha den Anblick im Rückspiegel auch fand… nicht bloß den der in Todesangst versetzten Ärztin. Sondern auch ihren eigenen. Oder viel mehr das, was Tasha sein sollte, was jedoch keinerlei Ähnlichkeit mehr mit ihrem früheren, menschlichen Selbst hatte.
Tashas Spiegelbild sah aus wie eine skurrile Mischung einer deformierten, jungen Frau, mit struppigem schwarzen Haar und eingefallener von Krankheit gezeichneter Haut, und der Kreatur, die sie in den letzten Tagen immer wieder begleitet, sich jedoch heute Abend nicht mehr blicken lassen hatte.
Tasha hatte geglaubt, dass der Wendigo fort war, dass er der Meinung war, dass sie ihn nicht mehr brauchte, und der Anblick im Spiegel schien diese Annahme zu bestätigen.
Ja, sie brauchte ihn nicht mehr. Sie war nun wie er.
All diese Überlegungen liefen in Bruchteilen einer Sekunde in Tashas Verstand hab. Winzige Augenblicke der Verzögerung, in denen Armstrong zwar nicht fähig war, ihre Waffe zu ergreifen, aber zumindest in der Lage war, die Worte hervorzubringen, die sie verzweifelt in die Nacht hatte hinausschreien wollen, die nun jedoch nicht mehr als ein Flüstern waren.
„Gott, bitte, nein! Lassen Sie… ich will nicht ster-…“
Der Rest ging in einem blutigen Gurgeln unter, ihre Stimme versiegte und wich einem Keuchen, gefolgt von einem rasselnden Pfeifen, während die Spitze des Messers sich tiefer und tiefer in ihren Hals unterhalb ihrer Kehle bohrte.

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