Das Aufatmen der Sterbenden
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Als ich noch ziemlich klein war, ich glaube, ich muss so um die 11 bis 12 Jahre alt gewesen sein, lebten meine Eltern und ich in einem Mehrfamilienhaus. Wir hatten die Wohnung direkt unterm Dach, während unter uns ein älteres Ehepaar lebte, zu denen ich nach der Schule manchmal ging, wenn meine Eltern Termine hatten oder länger arbeiten mussten. Die Beiden waren immer sehr nett zu mir, sorgten dafür, dass ich an solchen Tagen ein Mittagessen bekam, brachten uns manchmal Kuchen und machten mir auch Geschenke zu Weihnachten und meinem Geburtstag.
Ein 1/2 Jahre lebten wir so, ich muss ca. 13 gewesen sein, als der ältere Herr plötzlich an einem Herzversagen starb. Ab da an kümmerte ich mich um die alte Frau, half ihr beispielsweise im Haushalt und war auch da, wenn sie nur reden wollte. Nach dem Tod ihres Mannes ging es, so sehr ich ihr auch helfen wollte, ziemlich steil bergab.
Endgültig ging es mit ihr im Kopf los, nachdem sie eine schlechte Diagnose bekommen hatte, die sie uns allerdings nie erzählt hatte. Sie begann, zu allen möglichen Tageszeiten an unsere Tür zu klopfen, weil sie unsere Hilfe brauchte, welche wir ihr auch immer zur Verfügung stellten. Ihre Krankheit wurde schlimmer und nach einer Zeit hörte sie auf, 3X zu klopfen und „Hallo?“ zu rufen wenn sie unsere Hilfe brauchte, denn sie war ans Bett gefesselt.
An einem Nachmittag, ich war gerade von der Schule zurück gekommen, klingelte es an unserer Tür. Der Sohn der alten Frau war gekommen, um zu erzählen, dass seine Mutter „weggebracht“ wurde. Wie meine Mutter in Erfahrung gebracht hatte, handelte es sich bei diesem Ort nicht um ein Krankenhaus oder einem Altenheim, sondern um ein Hospiz.
Ihre Krankheit war also schlimmer geworden. Vielleicht schon zu schlimm.
Um die 20 Tage vergangen, an denen ich an die Frau dachte, von der ich nichts mehr gehört hatte.
In einer Nacht dann, kurz vor meinem 14. Geburtstag, wurde ich von einem Klopfen an unserer Haustür geweckt. Ich sah auf meinen Wecker, es war 3:19 Uhr. Es klopfte 3x und danach hörte ich ein leises „Hallo?“.
Erst dachte ich, ich hätte es mir eingebildet, doch dann öffnete ich meine Zimmertür, um nachzusehen, was los war. Ich stellte fest, dass in exakt dem selben Moment wie ich, meine Mutter die Tür des Schlafzimmers meiner Eltern öffnete, hinter ihr mein Vater. Wir sahen uns recht lange an, bis wir realisierten, dass wir alle das Gleiche gehört hatten.
Nach einem Moment, in dem wir uns alle sammeln mussten, immerhin war die Frau in einem Hospiz, mit einer schweren Krankheit, die sie ans Bett gefesselt hatte, sahen wir dann zu unserer Haustür, an der unser Hund kratzte, was er sonst nie nachts tat, wenn nichts zu hören war. Er hatte es also auch gehört.
Wir dachten, vielleicht ging es ihr doch wieder besser und sie sei abgehauen, als wir die Tür öffneten. Doch da war niemand. Wir gingen dann nochmal runter zu ihrer Wohnung, und klingelten, doch auch darauf gab es keine Reaktion.
Da wir relativ lange gebraucht hatten, bis wir die Tür geöffnet hatten, überlegten wir uns, dass sie in dieser Zeit vielleicht zu Besinnung gekommen war und sich wieder auf den Weg zum Hospiz gemacht hatte.
Wir gingen wieder ins Bett und ich schlief bis 10 Uhr, denn es war ein Samstag. Als ich aufwachte, sah ich als Erstes aus meinem Zimmerfenster, aus dem ich einen guten Blick auf den Garten hinterm Haus hatte. Mir stockte der Atem, als ich erkannte, dass unten die alte Frau im Garten arbeitete. Das hatte sie das letzte Mal getan, als ihr Mann noch lebte.
Ich, ohne Plan wie ich reagieren sollte, aber glücklich, rannte zu meiner Mutter, um ihr das zu sagen.
Sie erzählte mir von etwas, das sie „Aufatmen der Sterbenden“ nannte, und sie als kleines Mädchen bei ihrer Großmutter miterlebt hatte. Es sei etwas, das bei sterbenden Menschen manchmal vorkam, bevor sie starben und dazu führt, dass sie vor ihrem Tod noch für sie wichtige Dinge erledigen können.
Kurz darauf rief ich beim Hospiz an, denn die Frau war ja wohl von 3:19 oder früher bis jetzt unterwegs gewesen. Ich bekam eine nette junge Frau an den Hörer und erkundigte mich nach der alten Dame.
Nach diesem Gespräch überlege ich bis heute noch immer täglich, ob es wirklich das Aufatmen der Sterbenden war, oder nicht doch etwas Anderes. Ich hatte sie auch nie wiedergesehen, nachdem sie dort im Garten gearbeitet hatte.
Ich denke wirklich jeden Tag seither angestrengt darüber nach, denn die nette junge Frau teilte mir mit, dass die Dame in dieser Nacht verstorben war. Ihr Tod wurde um genau 3:19 Uhr morgens festgestellt.