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ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
83 bin ich nun geworden und ich weiß,…ich werde ihn nie wiedersehen…
In meinen 30ern machte ich gerne Spaziergänge. Kein Feld und kein Wald in meiner Umgebung kannte ich noch nicht. So ging ich an jenem Frühlingstag erneut eine längere Strecke, die sich über unsere örtlichen Felder streckte. Dort war ich oft, wenn mir die Welt einfach mal wieder zuviel wurde. Draussen war es mild und ich ging bereits eine Weile, als ich eine Veränderung bemerkte. Es wurde zügig und die Frühlingssonne wich einem immer stärker werdenden Nebel. Ich war verwundert und blickte mich einmal rundherum um, doch der Nebel wurde schnell so dicht, dass ich nach einer Umdrehung um mich selbst nichts mehr weiter wahrnehmen konnte als ein undurchsichtiges Weiß/Grau. Die Nebelfeuchte legte sich auf mein Gesicht und es begann kühler zu werden. Mir wurde nicht kalt, aber es war dennoch unangenehm. Wo kam dieser Nebel so plötzlich her? Ich beschloss, nicht weiterzugehen, sondern meinen Rückweg anzutreten – Ich dachte, wenn ich zurücklaufe, komme ich aus dem Nebel heraus und würde mich wohler fühlen. Nach ein paar Schritten merkte ich jedoch, dass meine Umgebung sich veränderte. Nicht der Nebel lichtete sich wie erhofft, sondern meine Umgebung nahm eine fremde Gestalt an. Dort wo vorher freies Feld war, erschienen im Nebel plötzlich Häuser und Straßen. Ich blieb stehen und versuchte ungläubig zu verifizieren was ich da sah – Doch ich sah richtig. Um mich herum erschien ein kleines Dorf. Die Häuser bildeten sich immer deutlicher und die Straßen und Wege wurden präziser. Es waren alte Häuser, keine Bauten wie sie in unserer Zeit zu finden sind und die Straßen waren mit rötlichen Steinen gepflastert. Es gab kleine Trampelpfade aus Erde, die zwischen den Häusern entlang liefen und alles wirkte so…vergangen. Der Nebel verschwand nicht ganz, aber er entfernte sich soweit, dass ich eine deutlichere Sicht auf alles um mich herum bekam. Leichte Panik stieg in meiner Brust auf, als ich Menschen sah. Ich konnte Menschen sehen, die ihrem Alltag nachgingen. Frauen standen vor ihren Häusern und verabschiedeten ihre Männer, Kinder spielten fröhlich auf den Straßen und das Gackern der Hühner im nahegelegenen Stall war deutlich zu hören.
Ich ging zu einer Frau, die gerade dabei war ihren Teppich im vorgartenähnlichen Bereich auszuklopfen und trat ihr entgegen mit den Worten: „Hallo? Können sie mir sagen wo ich hier bin?“ Doch sie hörte mich nicht, ja sie reagierte gar nicht. Ich sprach sie erneut mit der gleichen Frage an, doch es schien so, als würde sie mich gar nicht wahrnehmen. Ich blickte mich um und stellte fest, dass niemand mich wahrnahm. Ich lief hektisch von einer Person zur nächsten und sprach mit allen, die sich in meiner Nähe aufhielten, doch niemand gab mir eine Antwort. Niemand sah mich?
Es wirkte alles so real und doch wie in einem Traum. Ich beschloss, an einem der Häuser anzuklopfen – Schliesslich musste mich doch irgendjemand bemerken. Ich ging zu dem Haus, neben dem auch der Hühnerstall stand und klopfte an eine hölzerne Tür. Das Holz war massiv und ich schlug mit meinen Knöcheln fest darauf….doch es öffnete niemand. Hatte man mich nicht gehört oder war niemand Zuhause? Ich ging um das Haus herum und sah durch ein Fenster einen Mann im Inneren. Er saß an seinem Esstisch und speiste, doch er machte nicht den Anschein, als hätte etwas seine Aufmerksamkeit erregt. Also klopfte ich an sein Fenster, doch nichts passierte. Warum bemerkte mich dort niemand? Wo ich doch mein eigenes Klopfen laut und deutlich hören konnte?! Ich trat zurück und begab mich auf einen freien Platz in der Mitte des Dorfes. Auf dem Weg dorthin begegnete ich dem ein oder anderen Menschen, doch niemand schien sich für mich Fremden zu interessieren, geschweige denn wurde ich gegrüßt oder beachtet. Mir wurde klar, dass hier etwas nicht stimmt.
Ich blieb erstarrt stehen und während mein Gehirn noch versuchte, das alles irgendwie einzuordnen, hörte ich hinter mir eine Stimme: „Sie können dich nicht sehen.“ Ich drehte mich um und ein älterer Herr stand plötzlich hinter mir. Sein Haar war lang, es hing seidend bis zu seinen Kniekehlen. Sein Bart war zu einem Zopf geflochten, der ruhig auf seiner Brust lag. Weiß sah er aus. Weißes Haar, ohne einen Schimmer der etwas reflektierte,…einfach nur ein strahlendes Weiß.
„Was sagten Sie?“ entgegnete ich ihm und er begann zu sprechen: „Sie können dich weder sehen, noch hören. Sie nehmen dich nicht wahr.“ Völlig entsetzt fragte ich ihn daraufhin: „Wer sind diese Leute und wer bist du???“ Er schmunzelte leicht und begann zu erzählen: „Auch ich bin nicht fehlerfrei. Ich bin der Archivar. Meine Aufgabe ist es, das was ihr „Zeit“ nennt zu sammeln und zu archivieren. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind Eins. Eine stetige Zeit, wie ihr sie kennt, gibt es nicht. Die Bühne der Zeit ist ein Ganzes und alles was je passiert ist und noch passieren wird, läuft parallel und stetig zueinander ab. Meine Aufgabe besteht darin, dass alle Dimensionen ohne Probleme nebeneinander existieren können. Doch auch mir passiert hin und wieder ein Feaupax.
„Also bist du ein Geist?“ fragte ich ihn… „Einen Geist nennst du mich…nein…ich bin kein Geist. Was ihr Geister nennt, existiert nicht in dieser Form. All eure Geisterscheinungen, mögen sie auch noch so paranormal erscheinen, sind Überlappungen der Dimensionen. Energien, die einst existiert haben und noch nicht in ihrer Dimension zugeordnet werden konnten. Ich sagte ja bereits – auch ich bin nicht fehlerfrei.“
„Ich verstehe es nicht…“flüsterte ich halblaut vor mich hin.
Der Archivar trat einen Schritt näher und zeigte auf die Umgebung: „Alles was du hier siehst, die Häuser, die Menschen, das Leben…existierte einst in eurer Dimension und ihr nennt es Vergangenheit. Doch sie existieren immer noch, anhand ihrer Informationen und Daten. Nur in einer anderen Dimension. Weißt du wie schwer es ist, eure Emotionen, eure Erinnerungen und eure Energien in die richtige Dimension zu leiten, wenn ihr verstorben seid? Nun, das ist es was ich tue…ich archiviere.“
Mich erfüllte ein Moment des Glücks. Meine Gedanken waren zu verworren für das gerade Gehörte, doch ich empfand…Glück. „Aber…“ stotterte ich heraus, doch der Archivar unterbrach mich und sprach leise: „Nun ist es aber an der Zeit, in deine Dimension zurückzukehren. Irgendwann begegnen wir uns wieder…wenn auch nur in Form deiner Energie….lebewohl lieber Mensch…“
Bevor ich noch etwas sagen konnte, begann meine Umgebung sich in dichten Nebel zu hüllen und in Luft aufzulösen. Ich sah, wie die Hütten und Wege, die Menschen und ihre Leben, immer transparenter wurden, bis der Nebel sie verschlang. Während ich Gänsehaut bekam und mich wild umsah, begann ich wieder meine gewohnte Umgebung zu erkennen. Der Nebel verschwand und ich sah langsam wieder die Felder um mich herum. Die Sonne küsste meine Wangen und es wurde mir wieder etwas wärmer. Völlig verdutzt stand ich da…mitten auf dem Feld…und schaute mich um, in der Hoffnung eine Erklärung zu finden. Ich fand sie nie….
…83 bin ich nun geworden und ich weiß, ich werde ihn nie wiedersehen…