
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Das grelle Licht durchstieß die Tiefe des Tunnelsystems und bahnte sich Stück für Stück durch die Dunkelheit. Dies tat es mit einem langgezogenen Rauschen. Mit einem folgenden, unangenehm lauten Quietschen, kam die U-Bahn an der Haltestation zum stehen. Ein Menschengrüppchen, bestehend aus Rucksackträgern, Anzugträgern, Jackenträgern und einer Frau mit Kinderwagen, nahm die U-Bahn in Empfang und passierten sogleich die Seitentüren, die sich zügig öffneten.
Dies war ein Ort des Elends. Obdachlose, die in verschieden und abseits liegenden Winkeln herumlungerten oder aufgebrauchte Heroinspritzen, die in so mancher Ecke aufblitzten, waren hier keine Seltenheit. Ein Polizist lief an einem siffigen Zeitungsstand vorbei und verschwand schließlich hinter einer Weggabelung. Zwielichtige Gestalten lehnten lässig an maroden Säulen, rauchten oder schauten finster drein.
Dies alles war der Ort an dem ich arbeitete.
Ich war Angestellter eines kleinen Subunternehmens, das seine Dienstleistungen zur Säuberung von U-Bahnstationen anbot: Sei es die Reinigung des Bahnsteigs, das Beseitigen von Müllspuren der Fahrgäste, Graffiti-Reinigung oder eben ganz klassisch – die Reinigung der Bahnhofstoilette. Mit genau dieser Arbeit verdiente ich meine Brötchen. Und dreimal dürft ihr raten, worin ich für die heutige Schicht eingeteilt worden bin… Einer der unangenehmsten Orte, den die menschliche Zivilisation je hervorbringen konnte; das Bahnhofsklo.
So hüllte ich mich in meinen Dienstkleidungs-Overall, legte die Gesichtsmaske an, und betrat jene Stätte, des übelriechenden Grauens. Mit der linken Kabine fing ich an. Die Erste von insgesamt Vier. Irgendwann hatte ich mich bis zur dritten Kabine voran gearbeitet. Dort bemerkte ich etwas ungewöhnliches.
Etwas, dass sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Mitten in der Wand, neben der Toilette, schaute ein stilles, dunkles Loch zu mir auf.
„Wieder diese randalierenden Jugendgangs…“, dachte ich mir und rollte genervt mit den Augen.
Aufgrund des Sachschadens, war ich bereits dabei die Nummer der zuständigen Behörden zu wählen, als plötzlich ein leiser Hilferuf aus dem Loch ertönte. Es war die Stimme eines kleinen Mädchens. Es dauerte einen Moment, ehe die Information bei meinen Synapsen angekommen war und ich die Situation schlagartig realisierte: Jemand steckte in Schwierigkeiten.
Sofort kniete ich zum Loch, warf die Gesichtsmaske weg und rief: „Halte durch! Ich hol‘ dich da gleich raus!“, hinein. Viel zu sehen gab es allerdings nicht. Um mehr erkennen zu können als auch um herauszufinden, wo das Mädchen genau feststeckte, kroch ich mit dem Oberkörper ein Stück weiter hinein. Alter Mörtel rieselten an den Wänden herunter, was mich die Augen zusammenkneifen ließ. „Wo steckst du?!“, rief ich in den schwarzen Schlund. Als einzige Antwort, nur mein eigener Widerhall. Plötzlich krachte unter mir, wie aus dem Nichts und absolut unerwartet ein Teil der Fließen weg, worauf sich unter mir ein Spalt auftat, ich schrie lauthals und stürzte in eine Art ‚glitschige Röhre‘.
Wie bei einem Sog, zerrte es mich tief in den Abgrund. Ich bekam gerade noch so am Rande mit, wie ich mir den Kopf gestoßen hatte. Danach begann alles um mich herum verschwommen zu werden. Das Bewusstsein hatte mich verlassen.
…
Es mussten einige Stunden vergangen sein. Ein seltsames Licht leuchtete, oder vielmehr – blinkte – im Intervall, vor meinen Augen auf. Ich kam langsam wieder zu mir. Mein Overall war von oben bis unten verdreckt und wirkte nun ziemlich ramponiert. Ich setzte mich hin und kam langsam wieder auf die Beine, auch wenn ich dabei noch verwirrt hin und her schwankte. Der Sturz war heftig gewesen, daran gab es keinen Zweifel. Doch weder hatte ich mir was gebrochen noch hatte ich mir was geprellt, ich hielt mir nur den gestoßenen Kopf, dieser schmerzte noch etwas. Die Rutschpartie verlief recht steil in den Abgrund. Wie weit ich mich hier im Untergrund befand, konnte ich nicht sagen.
Dieser Ort war eine Art „metallischer Tunnel“ gewesen. Er verlief linear geradeaus. Geradeaus in eine Dunkelheit, die immer wieder von Licht-Intervallen unterbrochen wurde. Die Leuchten waren in den Wänden implementiert, wie es schien. Sie erinnerten an eine Fluglandebahn bei Nacht.
Direkt hinter mir befand sich nur das Ende der steilen Röhre, aus der ich geflutscht kam, und hatte zusammen mit der Wand, eine kompromisslose Sackgasse gebildet. Wenn ich hier wieder raus wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als es geradeaus, diesen Tunnel entlang, zu versuchen, was ich nun auch folglich tat.
So schlenderte ich den langen Tunnel entlang. Für eine ganze ganze Weile… Denn Abzweigungen, andere Schächte oder Seitentüren hatte es nicht gegeben. Nach etwa einer Stunde des Voranschreitens, entschied ich mich dazu, eine kleine Pause zu machen. Der lange Fußmarsch zerrte an meinen Kräften. Ich ließ mich fürs erste an der kalten Wand heruntergleiten und blieb dort für den Moment verharren. „Dieses Mädchen, welches um Hilfe rief… Ob es sich auch in diesem Tunnel befindet?“, fragte ich mich. Bis mich ein blechernes Geräusch schlagartig aus den Gedanken riss. Es kam aus der Tiefe des Tunnels… Es klang wie… Fußschritte auf einem Wellendach. Nur in dumpf und abgeschwächt.
Ich stand sofort auf und schaute in die schwarze Tunneltiefe. Konnte jedoch nichts entdecken, außer raunendes Nichts in Begleitung aufblinkender Licht-Intervalle. Diese machten mich langsam wahnsinnig… Selbst dann, wenn ich die Augen schloss, flackerten weiße Lichtpunkte auf, nachwirkend.
Die Schritte hingegen… klangen zum Glück recht schnell wieder ab, was mich beruhigte..
An das Übernatürliche, wie heimsuchende Geister und Dämonen, hatte ich nie geglaubt. Das war für mich stets alberner Blödsinn aus Film und Fernsehen. Trotzdem überkam mich ein leichtes Gefühl des Unwohlseins, das seinen dunklen Umhang über meinen Schultern abgelegt hatte, sanft wie heimlich.
Mir wurde von neuem klar, dass ich hier raus musste.
Also stand ich wieder auf und ging weiter.
Immer weiter und weiter.
Irgendwann holte ich mein Handy aus der Tasche. Bis auf einen Riss auf dem Display funktionierte das Teil sogar noch. Die Uhrzeit zeigte 16:48 Uhr an. Empfang hatte ich allerdings keinen, befand mich ja schließlich im Untergrund.
Immer weiter und weiter.
Aus der einen Stunde wurden zwei Stunden. Aus zwei Stunden wurden drei Stunden. Aus drei Stunden wurden vier Stunden. Doch der Tunnel blieb stur eintönig. Es war einfach kein Ende in Sicht. Nach wie vor gab es keinerlei Abzweigungen, Abwassersysteme oder anderweitige Weges-Alternativen. Es verlief alles absolut linear. Alles, in Begleitung der flackernden Lichter.
Diese Lichter… ich fing an sie vollen Herzens zu hassen.
Immer weiter und weiter. Die Zeit verstrich. Langsam verlor ich jegliches Zeitgefühl.
Immer weiter. Immer weiter. Immer weiter.
Licht, dunkel. Licht, dunkel. Licht, dunkel.
Meine körperlichen Kräfte verließen mich allmählich und diese Lichter… Diese verdammten Lichter… Sie zerrten an meinen Nerven. Vergewaltigten meine Nerven.
Ich kauerte mich auf dem kalten Boden zusammen. Mein Körper musste neue Kraft schöpfen. Das Fabrik ähnliche, schwache Rauschen diverser Röhren, die wohl hinter den Wänden verbaut waren, wogen mich allmählich in den Schlaf.
Nach wenigen Minuten wurde es schwarz um mich.
…
Das Ganze war kein bloßer Albtraum... Ich befand mich weiter in diesem unterirdischen Dilemma, in welches ich gestürzt war. Diese Tatsache überkam mich, als ich nach mehreren Stunden wieder zu mir kam.
Ich wollte mich gerade von Neuem auf den Weg begeben, da vernahm ich zum zweiten mal blecherne Schritte.
Die Schritte raunten aus der Tiefe des Tunnels zu meiner Position. Diesmal war der Geräuschpegel jedoch ein klein wenig lauter. Erkennen konnte ich nach wie vor nichts.
Dann… Noch mehr Schritte. Sie waren immer noch dumpf und distanziert, ja, doch wurden sie immer deutlicher. Sie klangen eins zu eins wie Schritte auf einem Wellendach, die sich zuerst im Kreis hektisch bewegten, dann aber schlagartig inne hielten. Dies taten sie immer wieder, in bestimmten Abständen. Innerlich war ich extrem angespannt und ich schwitzte.
Die nebulösen Schritte näherten sich. Da ich nicht einschätzen konnte, von wo sie kamen, wirbelte ich in alle Richtungen und versuchte dabei, innerhalb der dichotomischen Fluchtpunkte, irgendein Anzeichen einer möglichen Bedrohung zu lokalisieren… Doch dort war nichts. Zumindest nichts, was das menschliche Auge erfassen könnte, so schien es mir.
Ich meinte sogar, ein Scharren gehört zu haben, welches in ein tiefes Schnauben überging. Was in mir die übelsten Wahnvorstellungen hervor preschen ließ.
Irgendwann entfernten sich die Schritte wieder und schlussendlich klangen sie wieder ab. Was den düsteren Tunnel, zu seinem sachten Röhrenrauschen zurückkehren ließ.
Nichts konnte in einem so schon merkwürdigen Tunnel beängstigender sein, als undefinierbare Laute.
Ich war sehr verunsichert und bekam ein mulmiges Gefühl. Doch wenn ich hier wieder raus kommen wollte, musste ich weitermachen.
So lief ich weiterhin den linearen Weg entlang. Auf der Suche nach einem Ausgang.
Einen kurzen Blick auf die Uhrzeit meines Handys konnte ich noch erhaschen, dann verabschiedete sich der Akku. Es war 7:19 Uhr. „Meine nächste Schicht sollte eigentlich schon längst begonnen haben. In einem anderen Teil der Stadt. Den Job kann ich wohl an den Nagel hängen… Ach, scheiß drauf! Soll meinem Chef, diesem gierigen Drecksack, doch die Augen mit einem Eisen ausgebrannt werden! Soll die ganze Stadt und all ihre untoten Ameisen, die darin wohnen, doch einfach von einem gigantischen Insektenspray ausgeräuchert werden! Von den korruptesten Politikern, zu den heuchlerischsten Moralaposteln, bis hin zu den raffgierigsten Konzernvorständen und sonstigen Konsorten, die sich in Selbstbeweihräucherung und Größenwahn suhlen. Sterbt alle. Es wäre mir eine Genugtuung!
Man müsse nur die richtigen Entscheidungen im Leben treffen, hart genug arbeiten und in der Schule aufpassen, damit man sich eines Tages zu den Gutverdienern zählen kann? Mag sein. Doch manchen Individuen werden schon zu Beginn ihres Lebens besonders große Felsbrocken in den Weg gelegt, kaum zu überwindende Felsformationen. Menschen sind doch so unendlich naiv…“, schwadronierte ich mit Widerhall in den Tunnel hinein, auch wenn dabei niemand meine aufgeladene Ansprache registrierte.
Was denn auf einmal in mich gefahren sei, dachte ich mir darauffolgend. War ich nicht stets ein Optimist? Ein Optimist, der alles im Leben immer positiv sah? Ein Optimist, der stets an eine bessere Zeit, die irgendwann schon hereinbrechen würde, geglaubt hatte?
Gedanken dieser Art waren es, die sich in mein Hirn genistet hatten, während ich noch eine Weile geradeaus stiefelte.
Plötzlich hörte ich wieder was… Etwas, dass sich von den bisherigen Geräuschen unterschied…
Ich hörte einen rabiaten Knall. Aus ob sich etwas aus der Wand gesprengt hätte. Das Geräusch kam aus dem bereits hinter mir gelassenen Teil des Tunnels. Es folgte eine Art lautes Knurren, was in ein fern liegendes „Bellen“ überging. Der Geräuschpegel wurde vom Tunnelhall bis zu mir geleitet. Er verlief zwar aus weiter Entfernung, doch überzeugend genug, damit einhergehend – ich müsse mich auf etwas größeres wie gefährliches gefasst machen – klang es allemal.
Aufgrund der Licht-Intervalle war mein Blick in den Tunnel etwas getrübt gewesen.
Was ich jedoch eindeutig erkannte, war, dass sich mir ein Fluchtpunkt näherte, der immer mehr zu einem größeren Subjekt heranwuchs.
Ich realisierte, in was für einer prekären Lage ich mich befand: Vor mir; ein elendig langer Tunnel, hinter mir; eine unbekannte, bedrohliche Kreatur. Wie eine Ratte, saß ich in der Falle.
Sofort begann ich zu rennen. So schnell ich konnte. Das distanzierte „Bellen“ hatte sich inzwischen zu furchteinflößenden Brüllen und Fauchen steigern können, und ich konnte nicht anders, als mir im Lauf einen kurzen Blick über die Schulter zu werfen. Was ich in jenem Augenblick erkennen konnte, war die Silhouette eines rennenden Biestes. Es war ein riesiger, buckeliger Hund mit übergroßem Kopf und Rumpf.
Mit jedem seiner rennenden Schritte, zogen sich die Muskelwindungen im Schulter und Nackenbereich geschmeidig auseinander und wieder zusammen, beinahe schon synchron zu den Licht-Intervallen. Das Hundegeschöpf wirkte prähistorisch und erinnerte irgendwie an das Eozän. Es war absolut surreal und bewegte sich wie eine Raubkatze. Es war einfach beängstigend und hetzte noch schneller durch den verdammten Tunnel, als ich es zuerst annahm. Mein Herz raste wie wild, es drohte, im kausalen Zusammenhang meines Sprints und aus Panik vor dieser Bestie förmlich zu explodieren.
Der Abstand begann sich immer mehr zu verkürzen.
Ich rannte um mein Leben.
Bis plötzlich das meist ungünstige eintrat, was eintreten konnte: Ein übler Krampf fuhr mir ins linke Bein.
Der Schmerz pochte enorm und ich konnte den Weg nur noch entlang humpeln.
Doch es sollte sogar noch schlimmer kommen, was meine Lage faktisch aussichtslos macht.
Es blieb etwa nur noch die Länge eines Schulflures oder eines Tennisplatzes ehe der Tunnel vollständig in einer Sackgasse enden würde.
Dass dies doch unmöglich mein Ende sein konnte, war alles, was mir jetzt noch durch den Kopf ging, auch wenn ich mich bereits genau darauf einstellte.
Die Schadenfreude stand den vielen Lichtern natürlich direkt zu Gesicht geschrieben. Ich wusste, sie lachten mich aus. Ich wusste, sie würden ein Blutfest feiern, sobald mich die Kreatur dort hinten zu fassen bekäme.
Dass dies weder freundliche noch hilfsbereite Lichter seien würden war mir im vornherein klar, und nein, dies waren keineswegs die Gedanken eines Irren, dies waren die Gedanken eines Menschen, der seine Umgebung genau beobachtete.
Hell, Keuchen, Dunkel.
Hell, Humpeln, Dunkel.
Hell, Reißzähne, Dunkel.
Hell, Fratze, Dunkel.
Hell, Knurren, Dunkel.
Hell, Schweiß, Dunkel.
Gleich würde die Kreatur über mich herfallen. Doch mein Schicksal einfach so hinzunehmen, wollte ich nicht. Ich wollte diesen Albtraum, diese Lage, einfach nicht akzeptieren. Ich wollte nicht sterben. Nicht auf diese Weise.
Ausgestoßenes Adrenalin gab mir die nötige Kraft, um weiter und weiter zu machen.
Ich konnte den warmen Atem, den jenes Geschöpf ausstieß, bereits deutlich auf meinem Rücken spüren. Zur selben Zeit flog ich auf die Sackgasse zu.
Ich ließ mich geradeaus darauf zu fallen. Doch anstatt schmerzhaft auf harten Widerstand zu treffen, passierte etwas absolut unerwartetes… Ich traf auf keinen eisernen Widerstand.
Stattdessen fiel ich, alle Glieder ausgestreckt, auf einen weiß schimmernden Boden, dort blieb ich eine Weile regungslos liegen. Noch nie in meinem Leben war ich so außer Atem gewesen, ich rang regelrecht nach Luft. Von der Kreatur blieb bloß noch ein dumpf schwaches Knurren, Scharren und seine blechernen Schritte übrig, nun blockiert von einer Wand.
„Was war denn das für eine Harry-Potter-Scheiße?“, rief ich sinnlos in den weißen Raum, während mein Blick völlig perplex den Raum inspizierte. Er hatte vielleicht Länge mal Breite mal Höhe, von jeweils dreißig Metern, wie ein Würfel. Ich humpelte den Raum entlang. Es gab hier weder Ein noch Ausgänge.
Eine merkwürdige Konstellation in der Mitte und ich waren alles, was diesen Raum ausfüllten.
In mir brannte noch immer die Frage; wie es möglich war, durch eine verdammte Wand zu fliegen? Wo im Namen der heiligen Maria befand ich mich hier?
Mit ernster Mimik näherte ich mich vorsichtig dem Apparillo. Dieser bestand aus einer Art in sich Selbst windend, futuristisch aussehenden Glases, das wiederum eine menschengroße Kapsel, innerhalb des zentrierten Fundaments, umwand hatte, alles spiralförmig.
Trotz aller Misslichkeit, betrat ich letztlich aus Neugier die Kapsel. Unter gewissem Argwohn betastete ich das innere Glas. Die Oberfläche war… merkwürdig. Dann startete plötzlich eine Vibration, die sich von unter meinen Füßen erstreckte und folglich die gesamte Kapsel überzog.
Auf den einen Moment war ich noch im weißen Raum, in dieser Kapsel, und auf den anderen Moment befand ich mich… Wieder in der Stadt…?
Ein: „Nein! Stopp!!“ war alles, was ich im Bruchteil einer Sekunde noch von mir gab, ehe pulsierende Energie-Wellen meinen gesamten Körper durchströmt hatten. Die Realität, anders konnte ich es nicht beschreiben, fing an Glocken artig zu summen, alles im gefühlt tausendfachen Echo.
Ab hier an wusste ich nicht mehr, wie mir geschah, ich sah bloß noch einen Schwarm mysteriös leuchtender Schmetterlinge um mich herum. Alles begann sich wie auf Knopfdruck zu beschleunigen, zu verändern.
Das Stadtleben, so wie ich es einst kannte – all jene Menschenmassen, junge, alte, arme, reiche, wohlhabende Wohnviertel, abgelegene Ghettos, schäbige Straßen, Gebäude, alte Fabriken -, alles begann, wie im Zeitraffer an mir vorbei zu ziehen. Sonnenauf,- und Untergänge sprangen von anfänglich zehn mal in der Sekunde auf tausende Male pro Sekunde an, was sich auch im Nachhinein weiter beschleunigte.
Eine Katze lief im Bruchteil einer Sekunde täglich die selbe Straße auf und ab, unzählige Male, raufte mit anderen Katzen, suchte nach Fressen, bis sie sich eines Tages einen abgelegenen Straßenwinkel zum friedlichen Ableben ausgesucht hatte. Ihr Kadaver wurde sofort von Maden zersetzt, die Knochen zerbröselten zu feinem Staub, der wehende Wind säuberte den Rest. Säuglinge waren mit einem Wimpernschlag vierzig Jährige, wurden zu Rentnern und endeten schließlich auf dem Friedhof, zur Beisetzung. Als nächstes blitzte ein helles Licht über der Stadt auf, worauf sie nur noch aus Schutt und Asche bestand. Menschen die eben noch lebten, wurden zu Schattenhaften Umrissen auf den Straßen und übrig gebliebenen Ruinen, wo sie kunstvoll haften blieben. Ein riesiger Wolkenpilz richtete sich auf. Ein weiterer folgte. Heerscharen ganzer Wolkenpilze erstreckten sich bis zum Horizont, die den gesamten Himmel apokalyptisch verdunkeln ließen. Folgende Atomkriege hatten ganze Landstriche aus den Fugen gerissen, alles überflutet mit einem biblischen Ozean aus Leichenbergen.
Nach sehr langer Zeit, wie folgend unzähligen auf und untergehenden Zivilisationen, wurde die menschliche Population stark dezimiert. Auf den Trümmern der einstigen Stadt, in der ich damals lebte, bildeten sich neue Erdschichten, Felsformationen und Bergerhebungen, die sich sogleich im nächsten Moment neu zurecht schmirgelten, durch viele Erosionen, alles über Jahrtausende hinweg. Wo ich einst arbeitete, wurde gerade, sozusagen ein neuer„Grand Canyon“ geboren. Dann war meine Stadt nur noch ein Krümel zeitlicher Erinnerung.
So vergingen weitere Millionen Jahre, bis jenen Tages ein greller Blitz am Nachthimmel erschien war, diesmal jedoch ein völlig anderer Blitz, als in dem Äon, in dem sich die Menschheit noch mit Atomwaffen bekämpft hatte. Auf jenen Blitz folgte ein gigantischer Asteroid, der die gesamte Stratosphäre durchzogen hatte. Mit ihren Pfeilen und Bögen waren sie natürlich machtlos, gegen jenen Tod bringenden wie grellen Himmelskörper.
Mit dieser gewaltigen Einschlagskraft war das endgültige Ende der restlichen Menschheit natürlich für immer besiegelt worden. Der Mensch war nur noch zerronnener Sand der Erdgeschichte.
Es folgten ganze Kettenreaktionen ausbrechender Super-Vulkane und die Erdzeitalter zogen immer weiter und weiter an mir vorbei, unabwendbar: Ganze Kontinente rissen sich auseinander, fügten sich über noch mehr Jahr Millionen zu neuartigen Kontinenten zusammen, neue Ozeane entstanden, die durch weitere, zukünftige Asteroideneinschläge gleich wieder verdampften, ein Meer aus Flammen entstand, die Lüfte waren verseucht, in weiteren Erdzeitaltern setzte woanders Synthese ein, neue grün hügelige Landstriche entstanden, starke Klimaschwankungen setzten ein und Eiszeiten folgten diesen, geheimnisvolle Wüsten überzogen Teile des Planeten, neue Bergketten und Regionen wuchsen aus dem Erdreich, neue Wiesen und Täler sprossen aus den Böden, die nach unzähligen, abermals weiteren Äonen durch folgende Vulkanausbrüche, Erdbeben und weitere Asteroideneinschläge vernichtet wurden und schlussendlich, nachdem sich die Erde von all diesen zerstörerischen Kräften gänzlich neu regeneriert hatte -, beherrschten intelligente Rieseninsekten den Planeten.
Jene Insektenrasse hatte eine eigene Sprache und Kultur. Es war keine Sprache, wie sie der Mensch einst vor etwa drei Milliarden Jahren verwendete, diese Sprache bestand im wesentlichen aus schön gesungenen Klängen. Ihre Schriften hingegen, bestanden aus einer Art ‚primitiver Hieroglyphen‘ und waren als Lehren oder Botschaften meist in die massiv, dicken Baumstämme mysteriöser Tropenwälder geritzt worden, wo sich die Dorfgemeinschaften oft zu ihren seltsamen Riten versammelt hatten.
Als nächstes zog es mich weit den Himmel hinauf, bis ins Weltall, und ich konnte die Planeten des Sonnensystems bei der immer schneller und schneller werdenden Rotation beobachten. Die Sonne hatte sich im Zeitraffer verdreifacht, vervierfacht, verfünffacht und war schließlich, in ihrer finalen Form, zu einem rotglühenden Titan der Hölle herangewachsen. In diesem lodernden Stadium verschlang sie all die anderen Planeten, ließ sie schlicht im Inneren verdampfen.
Dies war das Ende der Erde und mit diesem auch das Ende der intelligenten Insekten-Rasse. Das Ende allen Lebens, das Ende des ganzen Sonnensystems.
Doch… Auch jetzt noch, ging es weiter. Die Sonne brannte wieder herunter. Sie hatte all ihren Brennstoff aufgebraucht, war jetzt klein, leuchtete zunächst blau und schien dann zum weißen Zwerg zu verkommen, worauf sie untot in den Weiten des Alls umherirrte.
Was als nächstes eingeleitet wurde, war die Ära der vielen ausbrennenden Sonnen. Dadurch wurde das Aussterben des Sternenlichts, wie wir es einst kannten, in die Wege geleitet und ein Schleier der Dunkelheit begann sich über allem abzulegen. Die kosmische Zeit der Degeneration war nun angebrochen. Alles innerhalb einer Zeitspanne von unvorstellbaren Trillionen, Trillionen, Trillionen, Trillionen Jahren.
Der interstellare Raum dehnte sich permanent weiter aus, bis ins Unendliche. Ganze Galaxien verloren sich im Prozess der Expansion, Planeten wurden ins Nichts gezogen. Alles begann sich in Kälte und Unendlichkeit zu verlieren. Was wir früher „Sterne“ oder „Sonnen“ genannt hatten, kollabierte nun gänzlich an seinem eigenen Gravitationsdruck, was farbenprächtige als auch gigantische Supernovä ausgelöst hatte.
Umherirrende Planeten erstarrten in der Kälte zu versteinertem Eis, und verschwanden nach und nach in den Schatten des Kosmos, was folgte, war sehr lange Dunkelheit.
Die Zeit selbst verlief nun so unendlich schnell, dass unbekannteste Entitäten, in sich selbst wechselwirkend, in etwas anderes übergingen, absolut nicht mehr fassbar für jegliches menschliche Verständnis.
Kleinste Materie-Teilchen, von den Protonen eines Atomkerns, bis hin zu deren kleinsten Quarks-Bausteinen, alles begann zu zerfallen, nichts zu werden, oder sie verschwanden für immer im Rachen eines supermassiven Schwarzen Lochs, dies sich in all der Zwischenzeit – aus der Fusion vieler anderer Schwarzer Löcher -, heraus entwickeln konnte.
Dies brachte mich von nun an ins Zeitalter aller Endlosigkeit und das, der Schwarzen Löcher. Etwas wie Zeit hatte ab hier an längst keine Bedeutung mehr.
Kalt, dunkel, unendlich: so fristete das Universum sein restliches Dasein.
Ich hatte zuerst geglaubt, dass es ab hier an überhaupt nicht mehr weiter gehen könne, doch die kontinuierliche Expansion des schwarzen Raumes überzeugte mich vom Gegenteil.
Immer weiter und weiter.
Unaufhaltsam.
Schlussendlich begannen nun auch die Schwarzen Löcher abzusterben.
Zuerst sendeten sie ihre Schwingungen in Form von Summen ins dunkle All, was ein undefinierbares, doch zugleich geheimnisvolles Rauschen erzeugte. Das taten sie so lange, bis das Summen schließlich eine derartige Steigerung angenommen hatte, dass es mit einem ‚hochfrequentiert räumlichen Vibrieren‘ seine Zuspitzung fand. Dann explodierten die Schwarzen Löcher, eines nach dem anderen, was unzählige, leuchtende Fragmente durch alle Raumzeit des Universum schoss. Es war wie ein enorm grelles, universales Feuerwerk. Dieser Prozess ging so lange, bis keines der Schwarzen Löcher mehr übrig blieb.
Durch diese Explosionen wurde ein allerletztes Mal „Licht“ in die expandierend kalte Finsternis gebracht. Bis auch dieses Licht erloschen war…
Dies war die aller letzte Aktivität im nun… Einfach Nichts.
Das Universum hörte auf zu sein.
Was aus mir wurde?
Na ja… ich flog immer weiter und weiter. War Ewigkeiten hier gefangen… Bis ich eines Tages, ich weiß nicht, wie ich es anders erklären sollte; ich soweit in einen transzendenten Raumzustand katapultiert worden war, bis ich die Grenzen der Unendlichkeit selbst überwinden konnte. Ich landete in einer anderen Dimension.
Was ich in dieser Dimension erblickte, waren ganz viele Universen. Sie waren wie auf Bändern oder Fäden aneinandergereiht worden und es gab sie in multipler Ausführung. All diese Universen schwammen in einer Art „Blase“.
Unendlichkeit, Grenze, Alles, Nichts, Sein oder nicht sein. Ab hier an, hat alles keine Bedeutung mehr.
Meine Glaskapsel, die mich bis hierhin gebracht hatte, begann sich aufzulösen. Genauso mein rechter Arm, Beine, wie den Rest meines Körpers.
…
Irgendwann später kam ich langsam wieder zu mir… und erblickte die schwarze Gestalt an der Türschwelle, die mich anstarrte, wie ich mich in meinem Bett nun aufrichtete. Sie stand exakt so zwischen dem dunklen Zimmer und dem helleren Flur, dass ich nicht sagen konnte, wer es war. Ich erkannte nur den Regenmantel, den die Silhouette trug.
„Haut ganz schön rein, was…?“, fing er plötzlich an und weiter: „Ist frisch aus dem Chemielabor… ganz neuer Stoff… Gerade erst auf den Markt gekommen. Wenn dir die Kostprobe gefallen hat… du weißt, wo du mich findest…“
Der verhüllte Mann streckte seine Hand ins Licht, die ein Mottentattoo entblößte, und er begann abschließend zu winken.
Dann zog er leise davon. Bei mir kamen derweil wieder alle, vorherigen Erinnerungen hoch und ich fand aufgebrauchte Tütchen vor, neben mir. Eine ganz neue Substanz zum Spottpreis, die erste Probe sogar kostenlos, hieß es… Obwohl es mir jetzt schon in den Fingerspitzen danach kribbelt… weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich so einen Trip ein zweites Mal erleben will…
Mein Name lautet übrigens Mario. Ich arbeite als Reinigungskraft und gleich beginnt meine nächste Schicht zur Säuberung der U-Bahnhofstoiletten.