Die Tür ins Dunkel
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
„Mama. Was ist das für ein Geräusch?“, fragte die kleine Sophie, als ihre Mutter sie ins Bett brachte und ihr zärtlich übers Haar strich.
„Das sind die Kühe der Grubers.“, sagte die Mutter und küsste die Stirn ihrer Tochter.
„Warum muhen sie so?“, wollte das Kind wissen.
„Ich weiss es nicht, mein Schatz. Doch der Vater geht
morgen hoch und schaut nach ihnen. Er muss dort etwas reparieren „,
antwortete die Mutter sanft. „Schlaf jetzt.“
„Gehen die Kühe auch bald schlafen?“, fragte
Maria.
„Ja, sie gehen auch bald schlafen.“, sagte die
Mutter. „Und sie träumen von ganz viel Heu.“
Sie deckte das Mädchen zu und betrachtete sie, wie sie sich
in die Decken kuschelte.
In der Ferne schrien die Kühe. Seit Tagen.
Sie schrien in die Träume des gesamten Dorfes.
Vier Tage zuvor:
Spuren im Schnee. Andreas sah sie, als er die Kühe füttern wollte. Sie führten über den Feldweg auf den Hof und verliefen sich in den vielen Spuren vor dem Stall. Besuch? Um die Uhrzeit? Er ging ins Haus und sah die Haushälterin am Herd das Frühstück für das jüngste Kind zubereiten. Sie sah auf, als er eintrat.
„Herr Gruber.“, sagte sie und lächelte flüchtig.
„Agatha.“, sagte der Bauer. „War Besuch
da?“
„Nein, Herr Gruber. Erwarten Sie denn welchen?“,
entgegnete die Magd freundlich.
„Ich habe Spuren gesehen, die zum Haus führten.“
„Vielleicht war es der Postbote.“, spekulierte die
junge Magd. „Vielleicht suchte er nach der Zeitung, die er verloren hatte.“
„Das war doch schon vor zwei Tagen.“. Andreas
Gruber sah zur Kommode, auf der die Münchener Zeitung lag. Eine Zeitung, die
hier niemand las. München war nicht einmal in der Nähe. Die Zeitung lag eines
Tages auf dem Hof. Der Briefträger musste sie verloren haben. „Vielleicht
war es ja auch der Mechaniker.“, sagte er, mehr zu sich selbst.
„Ganz sicher. Er wollte doch die Tage raufkommen.“, lächelte Agatha.
„Das wird er sicher gewesen sein.“ Andreas Gruber lächelte erleichtert. „Derzeit ist alles wie verhext.“
„Was meinen Sie, Herr Gruber?“, fragte die Magd
und rührte im Topf, während sie zur Wiege am Tisch schaute, in der der Sohn von Andreas Grubers Tochter schlief.
„Naja.“, sagte er. „Die verschwundenen Schlüssel. Die Zeitung auf dem Hof. Und Gestern? Als das Kalb nicht mehr
angebunden war?“
„Wahrscheinlich hat es sich losgemacht.“, sagte Agatha
beruhigend.
„Ja, vielleicht. Wäre ich nur um ein wenig abergläubischer, würde ich denken, es gäbe hier Kobolde.“, sagte der alte
Bauer scherzhaft und lachte.
„Die Kobolde vom Einödhof.“, lachte die junge Magd. „Ein guter Name für einen Roman.
„Falls du jemanden siehst, rufe mich.“, ermahnte Gruber das Mädchen. Sie nickte und er ging in den Stall. Agatha blieb zurück und bereitete den Brei für das Baby.
Später am Abend saß die ganze Familie am Tisch und aß Abendbrot. Der Altbauer, Andreas Gruber, seine Frau Cäcilie, die Tochter Viktoria, Ihre siebenjährige Tochter, die ebenfalls Cäcilia hieß und der kleine Sohn Josef,gerade mal zwei Jahre alt. Er schlief in seiner Wiege, neben der die treusorgende junge Magd Agatha saß. Sie schwiegen.
Drei Tage zuvor:
Die Grubers und die Magd saßen beim Frühstück.
„Agatha, sag, bist du gestern Nacht noch nach dem Kleinen schauen gegangen?“, fragte Viktoria die freundliche junge Frau.
„Nein, Frau Gruber. Ich bin früh ins Bett gegangen. Mir war nicht sehr wohl.“, antwortete sie.
„Ich hörte, wie jemand vor meine Tür ging und lauschte.“, entgegnete die Jungbäuerin. „Die Dielen im Flur knarzen so. Cäcilia wurde davon wach.“
„Dann muss es jemand anders gewesen sein, ganz Gewiss. Ich ging zu Bett, nachdem der kleine Josef eingeschlafen war und stand erst in
der Früh wieder auf.“, beteuerte die Magd. „Vielleicht waren es die Kobolde.“ Sie lachte verlegen.
Die Familie sah sie wortlos an. Der Scherz verfing nicht.
„Ich weiß nicht, was dieses Jahr los ist. Irgendwie ist der Wurm drin.“, sagte die alte Bäuerin und schüttelte den Kopf. „Ich wunder mich über gar nichts mehr.“
„Vielleicht sind es wieder die Leute aus dem Dorf.“, spekulierte Viktoria. „Erst vor einigen Jahren stoppte mich einer, als ich mit dem Rad ins Dorf fuhr und nannte mich … „Sie stockte. „…ein Luder. Er frug mich, wer der Vater vom Josef wär.“, flüsterte sie.
Andreas Gruber schlug wütend mit der Faust auf den Tisch. die Familie zuckte zusammen. Der kleine Josef wimmerte in seiner Wiege. „Ich gehe nach den Kühen schauen, bevor ich mich noch aufrege.“ Er verließ die Küche.
„Ich war es wirklich nicht.“, sagte die Magd mit
betretener Mine.
Nur einen kurzen Augenlick später kam der alte Bauer wieder hinein.
„Kommt mit hinaus. Das Kalb ist schon wieder los und rennt wie toll durch den Stall. Wir müssen es einfangen.
Die Familie stand auf und ging in den Stall. Die Magd blieb bei dem kleinen Josef zurück und fütterte ihn.
In der Nacht lag der alte Bauer neben seiner Frau im Bett. Er wusste, dass sie nicht schlief.
„Woran denkst du?“, wollte er wissen.“
„Ich bin nicht durchs Haus gegangen. Du bist nicht durchs Haus gegangen gestern Abend. Das weiß ich, denn du schläfst neben mir. Viktoria war es auch nicht. Sie wurde ja wach. Warum sollte Agatha lügen?“, fragte die Bäuerin.
„Du weißt, sie ist etwas…zurückgeblieben.“, antwortete Andreas sanft. „Aber trotzdem eine gute Seele. Vermutlich hat sie es schlicht vergessen.“
„Ach, ich weiß nicht. Seit sie da ist, häufen sich hier die Merkwürdigkeiten.“, argumentierte seine Frau.
„Schlaf jetzt, Schatz.“, sagte er. „Morgen sieht alles anders aus.“
In der Nacht wurde er wach, weil sie ihn an der Schulter rüttelte.
„Hm?“, machte Gruber.
„Pscht!“, zischte Cäcilia leise.
Gruber horchte. Dielen knarrten. Jemand ging durchs Haus. Die Schritte kamen näher. Langsam. Bedächtig. Gruber stellten sich die Nackenhaare auf. Seine Frau krallte sich an seinem Arm fest. Vor der Tür verharrten die Schritte. Die Grubers hielten die Luft an. Jemand stand vor der Tür. Grauen kroch in dem alten Mann hoch. Er nahm schließlich seinen ganzen Mut zusammen.
„Wer ist da?“, rief er. „Agatha?“
Kein Laut war zu hören.
Stille.
Leise stand der alte Mann auf entzündete eine Kerze in der Laterne, nahm sie und ging auf Zehenspitzen zur Tür. Dann atmete er tief ein und riss sie auf. – Niemand war dort. Er leuchtete in den Flur. Er war leer. Dann ging er zur Dachbodentreppe, wo die Magd in ihrer Kammer wohnte. Er ging die Treppe hinauf und hämmerte gegen die Tür.
„Agatha?“.
Er öffnete die Tür. Im Bett setzte sich eine erschrockene Agatha auf und rieb sich die Augen.
„Aber was ist denn los, Herr Gruber?“, fragte sie
erschrocken und verschlafen.
„Hast du geschlafen?“, fragte er.
„Ja.“, sagte sie verwirrt. „Was ist denn nur los?“
Am Fuß der Treppe standen Cäcilia und ihre Tochter Viktroria.
„Es waren wieder Schritte zu hören. Dieses Mal vor meiner Tür.“, sagte der Bauer. Agatha sah ihn erschrocken an.
„Ich durchsuche das Haus.“, sagte er entschlossen, nahm die Laterne begann jeden Raum zu durchsuchen. Im Haus war niemand. Doch wer weiß, wer ihn aus den Ecken beobachtete, in die der Schein der Kerzen nicht reichte.
Verborgene Augen, die sich in Ecken drückten, in denen die Nacht tief und lang war.
Von der Küche ging ein Flur ab, durch den es in den Stall ging. Der alte Bauer öffnete sie und eine warme Dunkelheit wallte ihm entgegen. Die Kühe waren wach und unruhig. Er ging leise durch den Stall. Er sah nichts. Die Kühe standen in ihren Gattern und fraßen. Sie fraßen…. Sie… Er bekam eine Gänsehaut. Jemand hatte sie gefüttert. Grauen erfasste ihn. Er schluckte die Angst herunter und zwang sich zum weitergehen. Auf den Dachboden, auf dem das Heu lagerte. Es war niemand dort. Ein Mondstrahl fiel durch das Dach auf den Boden. Zwei Ziegel waren verrückt. Er sah durch den Spalt direkt auf den Hof und das Wohnhaus. Der Mond tauchte alles in ein unwirkliches, fahles Licht. Nichts war zu sehen. Ihm schauderte. Er verließ den Heuboden und durchsuchte die Scheune und das
Motorenhaus. Er fand niemanden. Als er zum Schluss über den Hof zurück ins Haus ging, sah er noch einmal hoch zum Heuboden und stellte sich vor, wie er dort gerade noch gestanden hatte, und auf den Hof schaute. Nicht auszudenken, wenn…. Der alte Mann schüttelte den Kopf und schob den Gedanken zur Seite.
Im Haus wartete die Familie, am Küchentisch sitzend. Auch die Magd war anwesend. Sie musste geweint haben.
„Ich schwöre, ich habe geschlafen.“, schluchzte sie, als der Bauer eintrat.
„Ich glaube dir, Kind.“, sagte er sanft und strich ihr kurz übers Haar. „Es ist niemand da. Das Haus ist alt. Es wird nur das Holz gewesen sein, das gearbeitet hat.“
„Aber Andreas, du hast doch gehört, wie…“, begann seine Frau.
„In der Nacht klingt alles anders.“, unterbrach ihr Mann sie. „Es waren sicher nur die Dielen. Am Freitag gehe ich zum
Dorfschulzen und spreche mit ihm, wenn es dich beruhigt.“
Seine Frau schwieg. Dann ging die Familie ins Bett.
Zwei Tage zuvor:
Cäcilia kam zum Frühstück in die Küche. „Ich habe den Schlüssel gefunden.“, sagte sie.
„Wo war er denn?“, fragte ihr Mann.
„Ich fand ihn beim Steinofen, als ich Brot backen wollte.“, sagte die alte Frau.
„Hast du ihn beim letzten Backen dort vergessen?“,
fragte Viktoria.
„Das letzte Backen ist zu lange her, da hatte ich den Schlüssel noch.“, entgegnete ihre Mutter.
„Vielleicht hat das Kind ihn dort hin abgelegt.“, spekulierte Andreas.
„Vielleicht.“, sagte Cäcilia.
Zu Mittag kam die Magd mit verweinten Augen in die Küche und bat, aus den Diensten der Grubers entlassen zu werden. Sie verzichtete sogar auf ihren Lohn, packte eilig ihre Koffer und verließ den Einödhof.
Der Zufall wollte es, dass noch am selben Tag eine neue Magd an die Tür klopfte und nach Arbeit ersuchte. Sie stellte sich als Maria vor und kam mit ihrer Schwester, die sie lediglich begleitete. Maria wirkte etwas einfältig, aber von Herzen gut und so zog sie in die frei gewordene Dachkammer.
Der Abend verging normal. Jeder hing seinen Gedanken nach. Die alte Bäuerin und ihre Tochter saßen strickend am Kamin. Andreas Gruber führte das Haushaltsbuch und Maria, die Magd, räumte in der Küche auf.
Später brachte sie die Kinder ins Bett, um darauf selbst schlafen zu gehen.
Dann wurden die Kühe unruhig.
Sie scharrten im Stall und zogen an ihren Stricken und Ketten. Sie muhten und blökten.
„Vielleicht ist das Kalb schon wieder los.“, mutmaßte der Bauer und erhob sich müde.
Viktoria stand auf und legte ihm die Hand auf den Arm.
„Lass nur, Vater. Ich schau schon. Bleib du nur sitzen.“ Sie nahm die Laterne von der Kommode und zündete eine Kerze an. Dann ging sie in den Flur und öffnete die Tür zum Stall. Dunkelheit wallte ihr entgegen. In der Dunkelheit scharrten die Kühe unruhig im Stall. Maria hob die Laterne und betrat den Stall. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss.
Nach etwa zehn Minuten sah Cäcilia von ihrer Strickarbeit auf und blickte zu ihrem Mann.
„Du, sag einmal. Die Viktoria ist immer noch nicht wieder zurück und die Kühe sind immer noch so unruhig.“
Andreas Gruber stand auf. „Ich schaue nach ihr.“, sagte er. Er zog sich die Schuhe an und ging in den Flur. Vor der Tür verharrte er einen Moment. Dann öffnete er sie. Eine warme, schwarze Dunkelheit schlug ihm entgegen. Die Kühe keuchten und schnaubten. Sie muhten im Dunkel.
„Viktoria? Bist du da?“, rief der Alte und betrat
den Stall.
Die Tür fiel zu.
Es war still im Wohnzimmer. Nur das Ticken der Standuhr, das Knistern des Feuers und das Scharren und Schnauben im Stall waren zu hören. Doch das, was nicht zu hören war, war ungleich lauter… Geräusche von Andreas Gruber und seiner Tochter Viktoria. Cäcilia Gruber saß am Feuer und lauschte in die Nacht, das Strickzeug in der Hand. Es war zu still.
Als die Uhr halb Elf schlug, stand sie auf, legte das Strickzeug weg und ging zum Flur. Sie schaute auf die Stalltür und horchte. Die Kühe muhten aufgeregt und scharrten und schnaubten im Stall. Sonst war nichts anderes zu hören.
Cäcilia öffnete vorsichtig die Tür. Sie roch den Stall und die Tiere in der Dunkelheit.
„Andreas?“, rief sie in die Nacht. „Viktoria?“
Niemand antwortete. Im Stall war außer den Tieren niemand. Zögernd setzte sie einen Fuß hinein. Dann betrat sie den Stall. Hinter ihr fiel die Tür zu. Dunkelheit umgab sie. Die Kühe schnaubten.
Später wurde die kleine Cäcilia wach. Sie stand auf, zog ihre Hausschuhe an. Dann ging sie die Treppe hinunter in die Küche. Sie sah sich um. Das Feuer prasselte im Kamin. Dann ging sie in den Flur. Sie öffnete die Stalltür. Sie fiel hinter ihr ins Schloss, als sie hineinging.
Es war Nacht im Haus. Die neue Magd Maria schlief in ihrer Dachkammer. Der kleine Josef schlief im Kinderzimmer. Sie hörten nicht, wie die Stalltür sich öffnete und dann leise ins Schloss fiel. Sie hörten die Schritte nicht, die durch den Flur in die Küche kamen. Die aus der Küche die Treppe hoch kamen. Sie schliefen, während die Schritte zur Dachkammer hochgingen. Und sie schliefen noch, als die Tür zur Dachkammer sich öffnete und schloss.
Dann kamen die Schritte die Dachtreppe hinunter. Der kleine Josef schnorchelte friedlich. Die Schritte verharrten vor dem Kinderzimmer. Es quietschte, als die Klinke heruntergedrückt wurde und die Tür aufschwang. Josef schlief weiter. Er erwachte nie wieder.
Heute:
Vier Tage Später fand der Vater der kleinen Sophie die
Leichen von Viktoria, Andreas, Cäcilia und der kleinen Cäcilia mit
eingeschlagenen Schädeln übereinandergestapelt im Stall, als er die Maschinen
auf dem Hof reparieren wollte. Die hinzugerufene Polizei fand die Kühe
gefüttert vor. In der Dachkammer lag die Magd in ihrem Blut. Auch ihr hatte man
den Schädel eingeschlagen. Im Kinderzimmer lag der kleine Josef in seinem Bett.
Ein so wuchtiger Schlag zertrümmerte seinen Kopf, dass dabei das Kinderbettchen
brach.
Auf dem Herd kochte eine Suppe und das Brot auf dem Tisch
war frisch angeschnitten. Jemand lebte mit den Leichen im Haus für vier Tage.
Als die Polizei den Hof durchsuchte fand sie niemanden. Dem Kommissar fiel auf,
dass zwei Dachziegel auf dem Heuboden verrückt waren. Als er hindurch sah,
konnte er den Hof und das Wohnhaus sehen. Ihn schauderte.