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Eine geführte Meditation

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Was ist für euch der schönste Moment in eurem Alltag? Das gemeinsame Abendessen mit der Familie? In Ruhe auf der Couch fernsehen oder ein Buch lesen? Vielleicht sogar eure Arbeit? Also, für mich ist es das Meditieren.

Schon seit vielen Jahren meditiere ich mindestens drei Mal am Tag. Nach dem Aufwachen und dem Mittagessen für fünfzehn Minuten und nach der Arbeit, sobald ich zuhause bin, für dreißig Minuten. Diese Minuten sind mir heilig. Ohne die Achtsamkeit und Ruhe, die sie mir bescheren, würde mich meine innere Unruhe immer weiter verzehren und bald nur noch eine verwirrt umherirrende Gestalt zurücklassen.

Voller Vorfreude faltete ich eine Wolldecke bis sie gerade noch großgenug war damit ich auf ihr Platz nehmen konnte. Ich setzte mich in die Mitte des Raumes und bewunderte das herrliche, sanfte Licht des Sonnenuntergangs, dass von der Balkontür vor mir ins Zimmer drang. Mit einem Griff in meine Hosentasche zog ich mein Handy hervor.

YouTube präsentierte mir bereits auf seiner Startseite eine beachtliche Auswahl an geführten Meditationen. Leider konnte mich davon keine so recht überzeugen. Und so versuchte ich über eine Suche zu besserem Material zu gelangen. Ohne einen wirklich bewussten Grund zu haben, stellte ich dabei ein, dass mir die Videos mit den wenigsten Aufrufen zuerst angezeigt werden sollten. Vermutlich erhoffte ich mir dadurch zu etwas neuem zu gelangen, wobei nicht die altbackenden Phrasen runtergelallt, sondern mir neue Übungen mit auf den Weg gegeben werden würden.

Das erste Video, dass mir nun angezeigt wurde, trug den einfachen Titel „Eine geführte Meditation“. Tatsächlich wurde es auch erst vor wenigen Stunden hochgeladen. Zwar deuteten das Thumbnail, ein strak verpixeltes Bild eines Baches, wie auch der Name des Uploaders, Meditationsguru003, nicht auf sonderliche Professionalität hin, aber ein Versuch war es ja wert.

Ich klickte drauf, übersprang die Werbung, nahm eine angenehme, offene Haltung an und schloss die Augen.

Die Audioqualität war überraschend gut. Eigentlich rechnete ich mit einer recht kratzigen, kaum verständlichen Stimme, doch das Gegenteil war der Fall. Es war eine klare und sehr sanfte Aufnahme und auch das im Hintergrund eingebaute Plätschern eines Baches fügte sich gut in die Atmosphäre ein. Fragt mich bitte nicht, warum ich mit weniger gerechnet und trotzdem dieses Video ausgewählt habe. Ich war eben experimentierfreudig.

Doch so sehr mich das Video technisch positiv überraschte, so schockierte es mich inhaltlich. Ich habe mir im Nachhinein das Transkript vom Video kopiert und werde einige Teile hier kommentiert beigeben.

Der Anfang war noch sehr typisch und ich befürchtete sogar fast, dass ich mein Ziel, ein Video mit neuen Übungen, doch nicht erreicht hatte.

„Hallo du! Schön, dass du hergefunden hast und bereit bist, dir einige Minuten für Entspannung und volle Konzentration zu nehmen.“, begrüßte mich die ruhige und weiche Stimme eines noch relativ jung wirkenden Mannes. „In den kommenden Minuten werde ich dir einige Aufgaben geben, denen du gelassen und mit voller Aufmerksamkeit nachgehen solltest. Bitte beachte, dass du dich stellenweise sehr intensiven Eindrücken ausgesetzt fühlen könntest. Es ist wichtig, dass du hierbei Ruhe bewahrst und weder aufschreckst, noch die Augen öffnest. Solltest du dies dennoch tun, gelangen wir nicht zum Ziel dieser Meditation und dir könnten noch wesentlich schlimmere Eindrücke begegnen. Fühlst du dich bereit? Gut! Dann komm nun erstmal ganz bei dir an.“

Die letzte Anmerkung verwirrte mich etwas, doch ich hatte schon in Foren und in den Kommentaren unter anderen Videos gelesen, dass es Menschen gab bei denen eine Meditation zu Panikattacken, Angstzuständen oder auch Dissoziation geführt hatte. Vielleicht war dies damit gemeint? Doch selbst in Anbetracht dessen, wirkte der Hinweis etwas seltsam. Aber ich entschied mich dazu ihn erst einmal zu ignorieren und mich vorsichtig darauf einzulassen. Sollte es langsam in eine seltsame Richtung gehen, könnte ich dann immer noch pausieren und mit einer der mir bekannten Übungen fortfahren.

„Lass uns gemeinsam durchatmen. Ein. Halten. Und aus.“

Mehrfach wiederholten wir das Durchatmen, wobei mir durch ein geöffnetes Fenster immer wieder klare, frische Frühsommerluft in die Nase stieg. Sie breitete sich in meinem ganzen Körper aus und verließ ihn anschließend sanft. Dies in Kombination mit den ruhigen Anweisungen meines digitalen Gegenübers, sorgte dafür, dass mich schon bald das mir sehr gut vertraute Gefühl der meditativen Ruhe überkam. Der Gedanke, mich mit Vorsicht auf die Meditation einzulassen, trat wieder hervor und kurz geriet ich in Zweifel. Sollte ich mich wirklich trotz dieser seltsamen Warnung darauf einlassen? Doch bevor ich noch einen weiteren Gedanken fassen konnte, atmete ich erneut aus und mit der ausströmenden Luft, verließen mich auch alle Zweifel.

„Lege nun deine Hände auf deine Oberschenkel. Bei jedem Einatmen, ziehe sie sachte über deinen Bauch zu deinem Herzen. Breite deine Arme während dem Einhalten deines Atems weit zur Seite aus. Wenn du nun Ausatmest, lasse deine Arme langsam hinab gleiten, platziere deine Hände wieder auf deinen Oberschenkeln und wiederhole währenddessen leise folgende Worte: mere paas aao.“

Leise wiederholte ich die Worte, wobei ich mich für einen kurzen Moment der Überlegung hingab, um welche Sprache es sich handelte und was sie bedeuten könnten. Doch ich tat sie als eines der üblichen Mantras ab. Ihr wisst schon, sowas wie: „Ich schenke mir Freude“, oder „Meine Ruhe ist meine Kraft“. Dabei war ich aber so sehr in diesen Gedanken gefangen, dass ich den Schatten, der sich zwischen die Abschiedsstrahlen der Sonne und meine Augenlieder legte nicht richtig wahrnahm. Und gerade als ich mich von den Gedanken zu lösen begann und zurück in die angenehme innere Ruhe begab, bohrte sich eine kratzige, hohe Stimme in meinen Verstand.

„main tumhaare saath hoon“

Sie hallte endlos durch meinen leeren Geist, bis sie nach einigen Wiederholungen eine Übersetzung annahmen. Ich bin bei dir. Ein kalter Schauer durchströmte meinen Körper, riss mich aus der Trance des Satzes und gab mir die Möglichkeit, mir bewusst zu machen woher die Worte stammten. Sie waren nicht Teil des Videos.

Weitere Worte, die ich nicht verstand, suchten mich heim. Wurden mal lauter, bis sie mir nahezu entgegengeschrien wurden, nur um im nächsten Moment zu einem bedrohlichen Flüstern zu verkommen. Sie waren zu schnell um sie richtig zu greifen. Im Hintergrund lief weiter, wie aus einer zynischen Parallelwelt stammend, dieses verfluchte ruhige Plätschern eines kleinen Baches.

Ich wagte es nicht die Augen zu öffnen. Denn ich spürte, wie etwas ständig um mich schlich. Immer näherkommend um zu schreien und wieder weichend, um mir durch sein Flüstern die Hoffnung zu geben, dass es mich verlassen würde. Wenn die Stimme dieses Wesen schon so grausam war, wie grausam musste erst seine Erscheinung sein?

Wie lange diese Phase der entkräftenden Panik anhielt weiß ich nicht. Doch so plötzlich wie sie aufgetreten war endete sie. Das Plätschern hatte aufgehört und zeitgleich die Worte des Wesens. Sekunden der Stille gaben mir die Möglichkeit zum Durchatmen. War all dies wirklich geschehen oder hatte ich mich in schaudererregenden Gedanken verloren? Die Antwort auf diese Frage wurde mir umgehenden von demjenigen bereitet, der mir all dies angetan hat.

Zitternd und panisch, ohne jeglichen Funken der Ruhe, die er zu Beginn ausgestrahlt hatte, begann dieser Guru des Grauens mit einer Erklärung: „Es… es tut mir leid. Ich weiß, dass es längst bei dir ist. Was es dir bereits angetan hat. Mir ging es genauso. Mein Freund war der festen Überzeugung, dass uns meditieren guttun würde und hat mich zu einem Typen geschleppt, den er in einem Forum zu dem Thema kennengelernt hatte. Er hat uns dieses Ding aufgehetzt. Nick… meinen Freund hat es bereits dahingerafft. Ich habe diesen Bastard der daran Schuld ist nochmal aufgesucht und er sagte mir, ich könne es nur loswerden, indem ich dasselbe tue wie er. „Gebe es weiter oder gib dich ihm hin.“, hat er gesagt. Ich weiß, es weitergeben ist falsch. Aber scheiße, ich bin nicht bereit irgendeine verkorkste Art von Heldentot zu sterben. Keine Ahnung was es ist. Genauso wenig ob es jemals genug haben wird. Ich weiß nur eins. Es tut mir unsagbar leid, was ich dir hiermit angetan hab. Wenigstens werde ich nun in Ruhe weiterleben können. Viel Erfolg.“

Damit endete das Video und ich blieb allein zurück mit dieser Bestie.

Ich wagte es mich noch immer nicht die Augen zu öffnen. Viel mehr versuchte ich die Präsenz des Wesens im Raum zu erspüren. Glücklicherweise ohne Erfolg. Hoffnungsvoll kam ich zu der Überlegung, dass es sich bei dem Video nur um einen grausamen Scherz handelte. Irgendwie musste es dem Schöpfer gelungen sein, den meditativen Zustand des Konsumenten auszunutzen, um ihm solche qualvollen Halluzinationen zu bereiteten. Und dies rundete er mit einer gut vorgetragenen Schauergeschichte ab, um den Spaß perfekt abzurunden. So öffnete ich, beflügelt von meiner ach so unwiderlegbaren Logik, meine Augen.

Und da, vom Schatten eines kleinen Schränkchens vor den aller letzten Strahlen der Sonne geschützt, saß es. Das Skelet einer Bestie, welche wohl am ehesten mit einem Bären verglichen werden könnte. Sein „Leib“, wenn man es als solches betiteln kann, zierten an einigen Stellen verrotte Fleischfetzen, von welchen langes, verknotetes Fell herunterhing. Nicht dass es ein richtiges Gesicht gehabt hätte, aber man merkte deutlich, dass es mich angrinste.

Mit einem Satz sprang es aus der Hocke auf mich zu, umklammerte meinen Hals mit seinen mageren, kalten Armen, flüsterte mir unverständliches ins Ohr und es wurde schwarz.

Für eine nicht näher bestimmbare Zeit trieb ich durch pure Finsternis. Keine greifbaren Empfindungen. Stetig auf- und sofort wieder abtreibende Gedanken. Wie eine obskure Parodie dessen, was ich durch das Video zu finden gehofft hatte. Immer wieder meinte ich, die Fratze des Wesens irgendwo in düsterer Ferne gesehen zu haben. Doch ob man an einem solchen Ort wirklich sehen konnte, statt nur zu erahnen oder zu fantasieren, wage ich zu bezweifeln.

Es war nicht ganz so dunkel wie in besagtem, schauervollem Geisteszustand, als ich wieder zu Sinnen kam, doch es war bereits tiefste Nacht hereingebrochen. Eine Nacht, in der Schlaf oder Dunkelheit keine Option für mich waren. Und gleichsam eine Nacht, die wie alle folgenden sein sollte.

Seit diesem Abend sehe ich es. In jeder düsteren Ecke, jedem noch so kleinen Schatten und jedes Mal, wenn ich die Augen auch nur für einen Sekundenbruchteil schließe. Es zehrt wie ein Parasit an meiner Furcht. Doch ich schätze nicht, dass ihm dies noch lange reichen wird. Und so bleibt mir nur eins übrig, wenn ich überleben will: Ich muss jemanden für eine geführte Meditation finden.

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