Eine gute Tat
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Hallo, mein lieber Freund!
Seit meinem letzten Brief sind bereits
einige Wochen ins Land gezogen, ich will dich also auf den neusten
Stand bringen und ein dabei leider auch ein Geständnis ablegen.
Wie du dich erinnerst, habe ich an
Silvester versprochen, dich auf dem Laufenden zu halten, vor allem
was unser gemeinsames Projekt angeht. Wir haben, oder – wie ich
besser sagen müsste – hatten, ja unseren gemeinsamen Vorsatz.
Hatten, denn ich habe bereits jetzt, drei Wochen nach Neujahr, meinen
– unseren Vorsatz gebrochen.
Aber lass mich dir erzählen, wie es
dazu kam, denn ich habe unser Versprechen nicht leichtsinnig in den
Wind geworfen und vielleicht verstehst du dann, dass es eigentlich
gar nicht als Bruch zu zählen ist.
Ich hatte dir ja bereits von dieser
Seite erzählt, dieser Internetseite. Ich weiß, du hältst nicht
viel von moderner Technik und all dem modernen Zeug, aber ich denke,
ich habe im Umgang damit nun den Dreh raus und kann dir sagen: diese
Erfindung war doch keine der schlechtesten, die die Menschheit sich
so erdacht hat. Auch wenn der ursprüngliche Zweck ein vollkommen
anderer war, als dass, wofür es dieser Tage genutzt wird.
Ich hatte mich bereits vor Weihnachten
letzten Jahres dort registriert und es hat eine Weile gedauert, bis
ich freigeschaltet wurde. Bis vor zwei Wochen genau genommen.
Andernfalls hätte ich diese Goldgrube wohl nicht gefunden und wenn
doch, so hätte ich sie aus Pflichtgefühl nicht angerührt. Die
Bestätigungsnachricht hat mich deswegen auch ein wenig überrascht,
aber ich habe es mir dann doch noch einmal angesehen. Nur um zu
recherchieren, habe ich mir eingeredet. Um zu sehen, was mir da so
entgeht. Ja, du wirst den Kopf schütteln. Ich hätte es wirklich
besser wissen können, als mich so derart in Versuchung zu bringen.
Aber das Fleisch war schwach und er Geist war willig, wie schon so
oft, nicht wahr?
Diese Seite jedenfalls ist perfekt für
Männer unseren Kalibers. Es ist das Paradies auf Erden, ich sage es
dir. Ich habe dort nur wenige Tage geschrieben – ja, es ist eine
Kommunikationsplattform, um deine Frage zu beantworten – da kam die
Nachricht von ihr. Sie war
ein junges Ding, nicht dein Typ. Ich weiß, du stehst auf ein
bisschen fettere, dir wäre sie zu jung und zu mager gewesen, aber
ich sage dir gerne jederzeit wieder – nicht die Masse, die Qualität
ist entscheidend. Und die kleine war gut, oh ja. Gerade erst 13, aber
schon abgedroschen und hatte es faustdick hinter den Ohren.
Um überhaupt mit
ihr schreiben zu dürfen, musste ich mich erst lang und breit
durchleuchten lassen. Die Betreiber dieser Seite scheinen ihre Kunden
wirklich schützen zu wollen, aber das ist ja ganz in meinem
Interesse. Ein Video meines letzten Males – verzeih mir das
Wortspiel – wollten sie haben, um mich überhaupt freizuschalten. Die
gehen wirklich auf Nummer sicher, dass sich niemand einschleichen
kann um das ganze auffliegen zu lassen. Ich habe es ihnen natürlich
geschickt, aber ganz dumm bin ich nicht. Auch ich habe mich
abgesichert. Ich habe mir von einem Freund mein Internet sichern
lassen, so dass die Polizei nicht dahinter käme, falls die Sache
auffliegt und das Video lässt keinerlei Rückschlüsse auf meine
Identität zu. Du siehst, neue Medien, neue Möglichkeiten, mein
lieber Freund aus dem letzten Jahrhundert.
Ja,
ich kann mir vorstellen, wie du gerade die Augenbraue hochziehst und
dich wunderst, was das alles soll. Wieso kommt dieser Trottel mit
einer ewig langen Beschreibung einer ominösen Internetseite und
redet am heißen Brei herum? Du denkst dir wahrscheinlich, ich will
mein Geständnis noch weiter aufschieben, aber du irrst, mein Freund!
Ich komme gleich zum Punkt und dann wirst du sehen, dass ich
vollkommen selbstlos gehandelt habe. Streng genommen habe ich den
Vorsatz nicht einmal gebrochen, nicht wahr? Aber das möchte ich
deinem Urteil überlassen. Wir haben uns ja lediglich vorgenommen,
für uns nichts mehr
zu tun, oder wie würdest du es auslegen?
Nun gut, weiter im
Text. Die Kleine war jedenfalls echt noch ein junges Ding, ein
Wunder, dass deren Eltern sie überhaupt ins Netz gelassen haben.
Gut, 13 ist kein kleines Kind mehr, heutzutage gilt sie
wahrscheinlich schon als Jugendliche. Wenn ich dahingegen an unsere
Jugend denke… Und natürlich war sie – wie alle kleinen Dinger
auf der Seite – depressiv. Aber so richtig. Man, hat die mir die
Ohren voll geheult, kaum dass ich ihr das kleinste bisschen
Aufmerksamkeit geschenkt hab! Nicht nur, als es erst richtig so
weit war, nein. Auch digital schon, bevor sie zu mir kam. Aber das
ist nun einmal der Deal gewesen, und wenn das Fleisch schon mal
willig ist, lass ich mir auch mal ein Ohr abkauen. Hat mir ihre
verdammte Lebensgeschichte sicher drei Mal in voller Länge zukommen
lassen, mit allen Details über ihre bisherigen Selbstmordversuche,
jedem Weglaufen von Zuhause und den Klinikaufenthalten. Ich musste
der kleinen einfach helfen, verstehst du? Ich habe es für sie getan,
nicht für mich. Nun, nicht nur für mich.
Also hab ich ihre
gesagt, sie kann zu mir kommen, wenn ihre Eltern das nächste Mal
streiten oder wann immer sie es nicht mehr aushält. Und das war
vorgestern. Am Sonntag Abend hat sie mir geschrieben: „Jetzt machen
wir es. Heute Abend. Ich habe alles vorbereitet und komme zu dir.“
– und eine halbe Stunde später stand sie vor der Tür! Richtig
rusolut und bestimmt. Aus der wäre sicher ein beeindruckender Mensch
geworden. Aber sie wollte nun einmal nicht anders, sondern ist zu mir
gekommen.
Wie versprochen
hatte sie sogar die Tage vorher gegessen, was ich ihr geschrieben
habe. Vegetarierin war sie zum Glück eh, da findest du viele zur
Zeit.
Sie hat kein
einziges Mal gezögert, keine Anzeichen eines Rückziehers gemacht.
Auch als sie in meinem Keller dann auf der Liege lag,
splitterfasernackt und auf der Plastikplane, hat sie entschlossen
gesagt: „Leg los!“.
Ich hab mich
natürlich noch versichert, dass man sie nicht mit mir in Verbindung
bringen kann, aber sie hat in ihren Abschiedsbrief geschrieben, dass
sie zu einem Freund ins Ausland will, um mit dem dort zu leben, ein
Freund, den sie angeblich auf irgendeiner Website von jungen Leuten
kennen gelernt hat. Ja, sie hat mir ein Foto davon gezeigt, ehe sie
zu mir gekommen ist. Ich bin mitnichten der Idiot, für den du mich
schon so lange hältst, mein Freund.
Auch ihr Handy,
über das wir Kontakt hatten, hat sie mir mitgebracht, damit ich es
zerstören kann. Und vorher hat sie den Akku herausgenommen, um nicht
geortet werden zu können. Du siehst, über diese Seite wurde es mir
geradezu lächerlich einfach gemacht. Nein, nicht mir. Ihr. Denn es
war ja vor allem ein Dienst, den ich ihr erwiesen habe. Die Kleine
war es, von der die Initiative stets ausging. Ich habe mich lediglich
registriert und in mein Profil – so etwas wie ein Steckbrief –
geschrieben, welchen Typ Mensch ich suche und was ich anbiete. Auch
den Prozess, wie ich ihn mir vorstelle, sollte ich dort einmal
schildern.
Ich habe jedoch die
ganzen Details, über die du dich immer am meisten freust,
ausgespart. Das Ausbluten lassen, die Zerstückelung der Gliedmaßen.
Ich habe natürlich ausgespart, dass ich ihr erst die Halsschlagader
durchtrenne, sie verbluten lasse und den Körper dann in seine
Einzelteile zerlege. Das hätte sie wahrscheinlich auch abgeschreckt,
sie wollte es wahrscheinlich lieber romantisch, wie diese suizidalen
jungen Dinger es immer wollen. Romantisch hätte sie das sicher nicht
gefunden, wenn ich ihr bis ins kleinste Detail erzählt hätte, wie
ich das Fleisch von den Knochen gelöst und dann behutsam aufgehangen
hab, damit es zu Ende ausbluten kann. Auch die Entsorgung der Knochen
hätte ihr sicher nicht gefallen, aber auch Knochenmark schmeckt nun
einmal. Unverständlich, nicht wahr? Wie ich dich kenne, läuft dir
wieder das Wasser im Mund zusammen. Für diese Seite hab mich also
aufs Wesentliche beschränkt und das hat sie wohl angesprochen.
Nun, sie hat zwar
kurz gezuckt als es losging– trotz der ganzen Narben auf den Armen
doch nicht ganz schmerzunempfindlich -, aber sie blieb die ganze Zeit
still. Außer zum Schluss, da hat sie sich bedankt, kurz bevor die
Lichter bei ihr ausgingen. Hatte wirklich einen starken Todeswunsch,
das arme Ding. Ich bin froh, dass ich ihr helfen konnte. So muss
niemand die Sauerei wegmachen, wenn sie sich Zuhause die Arme
aufgeschlitzt oder das Hirn rausgepustet hätte. Wie unsauber das von
Statten gegangen wäre will ich mir gar nicht vorstellen!
Und das beste kam
danach. Nach der – nenne ich es mal Erlösung – habe ich dein
neues Rezept ausprobiert. Du hattest Recht, wenn man Rosmarin
dazugibt, wird es viel besser! Auch dem Pfarrer von gegenüber und
seiner Frau, die ich regelmäßig zum Essen einlade, hat es
geschmeckt. Ein guter Deal – ich lade ihn zum Essen ein und dafür
gießt er meine Blumen, wenn ich in der Heimat im Osten bin. Ich habe
einen Rest im Eisfach, auch wenn nicht viel an der kleinen dran war,
hat es doch mehr als gereicht für uns beide.
Nun, ich hoffe, du
vergibst mir, dass ich unseren gemeinsamen Vorsatz nicht ganz
einhalten konnte, jedenfalls nicht in der strengsten Auslegung. Aber
es war ja in guter Sache, das musst du jetzt einsehen. Kannst du dir
vorstellen, dafür eine Ausnahme zu machen? Immerhin wird so
keinerlei Aufmerksamkeit auf uns und unser Tun gelenkt. Wenn du mir
also vergibst und auch Interesse daran hast, schreibe mir doch
einfach einen Brief. Ich denke, ich könnte dir helfen, das zu
vermitteln.
Gut, ich wollte dir
dies kurz mitteilen. Ich freue mich auf dein baldiges Schreiben!
Erzähl, wie geht es der Familie in Romänien so? Grüß Tante Mina
von mir, mir fehlt ihr Blutpudding!
Mit den besten
Grüße,
dein Armin.