ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Leutnant Hans Winter war ein fähiger Soldat, der von seinen Vorgesetzten und Kameraden geschätzt und respektiert wurde. Doch er hatte eine große Furcht: Gas.
Winter hatte den ersten Giftgaseinsatz in Ypern 1915 erlebt und war von der Wirkung dieser neuen Waffe schockiert.
Seit diesem Tag trug er bei jedem Gefecht seine Gasmaske, egal ob Alarm gegeben wurde oder nicht. Später erkannte er jedoch, dass das Gas auch nach einem Angriff noch einige Zeit in den Gräben und Granattrichtern blieb. Viele Soldaten, die in Granattrichtern Schutz gesucht hatten, starben, weil sie ihre Kameraden über ihnen ohne Maske sahen und selbst ihre Gasmasken abnahmen. Das Gas war jedoch schwerer als Luft, sank nach unten, blieb noch Stunden nach dem Angriff eine tödliche Bedrohung. Winters Angst wurde so groß, dass er an der Front nur noch mit aufgesetzter Gasmaske anzutreffen war.
Dann wurde er nach Verdun versetzt.
Als Gasalarm gegeben wurde, fühlte sich Winter sicher. Er hatte sich kurz vor der Schlacht eine neue Gasmaske organisiert und wartete auf den Angriff der Franzosen. Doch als das tödliche Gas den Graben füllte, geschah etwas mit Winter. Seine Lunge fing plötzlich an zu brennen und ihm wurde speiübel. Er versuchte weiter zu atmen, doch es wurde immer schlimmer. Zu spät erkannte er, dass sein Filter defekt war. In seiner Verzweiflung riss er sich die Maske vom Kopf und wollte seine Ersatzmaske aus dem Behälter ziehen, doch es war zu spät. Als seine Kameraden ihm zu Hilfe kamen, fanden sie ihn leise röchelnd auf dem Boden des Schützengrabens. Kurz darauf verstarb Leutnant Hans Winter.
Capitaine Alexandre Thomas bereitete sich auf den bevorstehenden Angriff auf die deutschen Stellungen vor. Es war der 11. April 1916 und die Schlacht um Verdun tobte seit zwei Monaten. Den Deutschen war es gelungen, die Forts Douaumont, Vaux und die Höhen 304 und Toter Mann einzunehmen. Doch die Maas hatten sie nicht überschreiten können und so bereiteten die Franzosen nun ihrerseits eine Offensive vor. Es sollten einige Stellungen der Deutschen erobert werden, von denen dann eine Großoffensive auf die Höhen und die beiden Forts gestartet werden sollte. Thomas sollte mit seinen Männern den Abschnitt 37 einnehmen.
Als Thomas gerade seinen Revolver lud, hörte er, wie der Colonel zu den Männern sprach.
„Also Männer“, begann der Colonel, als die französische Artillerie in Richtung der deutschen Stellungen feuerte. „Heute ist der Tag, an dem die Boches es bereuen werden, je einen Fuß in unser Land gesetzt zu haben. Setzt eure Masken auf, denn wir haben eine giftige Überraschung für unsere Freunde in Grau vorbereitet.“
Die Männer taten, was der Colonel ihnen sagte, auch wenn die französische Armee die Entwicklung von Gasmasken nicht priorisiert hatte. Die Masken der Franzosen bestanden aus einer Schutzbrille und einem Stoffbeutel, der mit Natriumthiosulfat getränkt war und vor das Gesicht geschnallt wurde. Im Vergleich zu den Masken der Deutschen und Briten wirkte dieser Schutz zwar primitiv, erfüllte aber meistens seinen Zweck.
Als Thomas seine Maske so aufgesetzt hatte, dass er einigermaßen vernünftig sehen konnte, ertönte auch schon das Signal für den Angriff. Die Soldaten sprangen aus dem Graben, als die letzte Salve der Artillerie über sie hinweg pfiff. Als Thomas und seine Männer auf die deutschen Stellungen zu rannten, ertönte der gewohnte Lärm. MG-Salven, Feldgeschütze, Befehle. Alles, wie es die erfahrenen Soldaten schon hundert Mal gehört hatten. Doch dieses Mal war es anders. Die MGs und Feldgeschütze ertönten nur links und rechts des Abschnittes 37. Vor den Soldaten war es still. Selbst als sie in Granatenwurfweite waren und die ersten Soldaten ihre Handgranaten in den feindlichen Graben warfen, blieb es still.
Thomas war einer der ersten, der in den Graben sprang, nachdem die Granaten explodierten. Noch waberte das Giftgas durch den Graben, aber es war nicht so dicht und man konnte normal sehen. Doch er konnte keine Feinde ausmachen.
„Ich hab hier welche!“, hörte Thomas plötzlich einen Soldaten rufen. Er folgte dem Ruf zu einem MG-Nest, und dort lagen tatsächlich zwei tote deutsche Soldaten.
„Sie haben nicht eine Salve abgegeben“, sagte der Soldat weiter. Thomas drehte einen der Männer auf die Seite und sah das schmerzverzerrte Gesicht eines Mannes, der im Gas gestorben war.
„Hat wohl seine Maske nicht rechtzeitig aufbekommen“, stellte er nüchtern fest.
„Und der hier?“, fragte der Soldat und zog den zweiten Toten hoch. Dieser trug eine Gasmaske. „Er hat keine Verletzungen“, sagte der Soldat weiter. Thomas zog dem Toten die Maske ab und sah den gleichen Gesichtsausdruck wie bei dem anderen. Noch wusste Thomas nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Doch bald würde er es erfahren.
Der erste Teil der französischen Offensive war ein großer Erfolg. Die Deutschen wurden zurückgedrängt und nun planten die Franzosen den Angriff auf das Fort Vaux.
Thomas und seine Männer hatten den Abschnitt 37 untersucht, hatten aber nur tote Deutsche gefunden. Was den Capitaine jedoch verwunderte, war, dass viele der Toten nicht verwundet waren. Sie schienen alle durch Gas getötet worden zu sein, und dabei war es egal, ob die Soldaten Masken getragen hatten oder nicht.
Thomas saß in einem verlassenen Offiziersunterstand und dachte nach. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, warum die Deutschen gestorben waren. Ihre Gasmasken waren intakt. Vielleicht hatte die französische Armee ein neues Gas eingesetzt, das den Filter durchdringen konnte oder über die Haut angriff. Aber diesen Gedanken verwarf er sofort. Ein solches Gas hätte auch seine Leute töten können. Doch er machte sich auch keine allzu großen Gedanken. Schließlich hatte er den Abschnitt 37 eingenommen, ohne einen seiner Männer zu verlieren. Die anderen Einheiten hingegen mussten allesamt schwere Verluste hinnehmen und so musste für den weiteren Vorstoß gewartet werden, bis die Reserve eintraf. Und so warteten auch Thomas und seine Männer.
„Finden sie das nicht komisch, Capitaine?“, fragte Sous-Lieutenant Pierre Martin.
„Was soll ich komisch finden?“
„Das hier nur Tote sind, so als ob eine höhere Macht die Deutschen getötet hätte.“ Als Thomas das hörte, runzelte er die Stirn. Martin war extrem abergläubisch und sah hinter fast allem eine höhere Macht. Aber dennoch war er ein guter Unteroffizier und Thomas hatte gelernt, auf sein Bauchgefühl zu vertrauen.
„Vielleicht war ihr Essen vergiftet?“, begann Thomas. „Die Boches fressen eh nur Kartoffeln und Sauerkraut. Vielleicht haben die Kerle in unserem Abschnitt vergammelte Kartoffeln gefressen, oder ihnen haben Ratten in den Topf gekackt, oder hier ist die Pest ausgebrochen.“
„Kann sein, aber ich habe das hier gefunden“, sagte Martin und gab Thomas einen vergilbten Zettel mit einer Zeichnung drauf. Sie schien einen deutschen Offizier zu zeigen, doch irgendwas stimmte nicht. Es schien, als wäre der Offizier ein gasförmiges Wesen in einer deutschen Uniform.
„Und? Da ist wohl mit jemandem die Fantasie durchgegangen“, meinte Thomas.
„Kann sein, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass hier in den Gräben Irgendwas lauert. Irgendwas Böses“, antwortete Martin.
Thomas wurde mitten in der Nacht von einer Glocke und Rufen geweckt.
„Gas im Graben!“, schrien mehrere Männer. Thomas sprang auf, zog seine Gasmaske über und verließ die Unterkunft. Er sah, wie Soldaten an das Ende der Stellung rannten, um einen möglichen Angriff der Deutschen abzuwehren. Er folgte ihnen und ging ebenfalls in Stellung. Plötzlich bemerkte er neben sich einen Soldaten mit deutscher Gasmaske.
„Was soll das?“, fragte er den Franzosen.
„Sie sagen doch selber, dass unsere Masken Mist sind“, kam als Antwort.
„Willst du, dass man dich für einen Deutschen hält?“
„Aber…“
„Kein Aber! Geh nach hinten, wechsle die Maske und komm wieder!“, befahl Thomas. Der junge Soldat gehorchte.
Die Männer standen eine gefühlte Ewigkeit an der Stellung und warteten auf den Angriff. Doch er kam nicht. Als sich Gas sich verzogen hatte, gab Thomas den Befehl die Bereitschaft aufzuheben. Dann rief er Martin zu sich.
„Ich will wissen, wer als erstes Gasalarm gegeben hat“, sagte er zu ihm.
„Das war ich, Sir,“ sagte Martin. „Ich bin die Wachposten abgegangen und habe die Männer kontrolliert. Die Männer an Posten Vier waren tot. Zuerst dachte ich, sie schlafen, doch als sie nicht auf meine Rufe reagierten, bin ich näher ran. Dann habe ich erkannt, dass sie tot waren. Ich habe nichts gefunden, keine Einschusslöcher, gar nichts. Dann sah ich, wie dieser Nebel über den Boden waberte. Ich habe Panik bekommen und Alarm gegeben.“
Thomas wollte dazu etwas sagen, doch da brach ein Tumult weiter hinten im Graben aus. Die beiden Offiziere folgten den Stimmen und fanden eine Gruppe französischer Soldaten vor, die im Halbkreis um einen deutschen Leutnant standen. Die Uniform des Deutschen war abgekämpft und zerrissen, und was die Männer am meisten wunderte, er trug eine Gasmaske, bei der ein Sichtglas zerschlagen war.
Die Franzosen forderten den Deutschen auf, sich zu ergeben, doch dieser reagierte nicht. Einer der Soldaten schoss knapp an dem Deutschen vorbei, doch dieser zuckte nicht einmal. Thomas gab Martin ein Zeichen, dass er den Deutschen gefangen nehmen solle. Martin ging auf den Deutschen zu, doch als er genau vor ihm stand, schnellte die Hand des Deutschen an den Hals des Franzosen und hob ihn hoch. Mit Entsetzen sahen die anderen, wie Nebelschwaden aus der Uniform des Deutschen drangen und sich über Martins Gesicht legten. Der Franzose fing an zu röcheln und als der Deutsche ihn losließ, sackte Martin in sich zusammen.
„Erschießt ihn!“, schrie Thomas und die Soldaten eröffneten das Feuer. Thomas sah, wie die Kugeln den Deutschen trafen, doch es schien keine Wirkung zu haben. Stattdessen hob er seine Arme und der gesamte Schützengraben wurde in einen Nebel getaucht.
„Masken auf!“, schrie Thomas seinen Männern zu. Instinktiv wusste er, dass der Nebel Giftgas war. Die erfahrenen Soldaten schafften es rechtzeitig. Doch viele der neuen Rekruten schafften es nicht und erstickten im Gas.
Als sich die Situation etwas beruhigt hatte, war der Deutsche verschwunden.
„Sucht ihn!“, befahl Thomas und die Männer teilten sich auf.
Thomas hatte noch den Puls von Martin geprüft, doch da war nichts mehr zu machen. Er war tot. Jetzt suchte Thomas mit drei anderen Franzosen nach dem Deutschen. Das Gas in dem Schützengraben wurde immer dichter, je tiefer sie in die Stellung vordrangen.
Als sie nicht mehr wussten, wo sie waren, hörten sie Schreie zu ihrer Linken. So schnell sie konnten rannten sie zur Quelle des Lärmes, doch als sie an die Stelle kamen, fanden sie nur fünf tote Soldaten, und der Nebel wurde immer dichter. Als Thomas sich umsah, war er alleine. Seine Kameraden waren verschwunden. Er stand alleine im Gas.
„Zeig dich, du feiger Bastard!“, schrie Thomas in den Nebel, doch nichts rührte sich. Thomas ging weiter durch den Graben. Irgendwann musste er sich an den Grabenwänden abstützen, weil er kaum noch etwas erkennen konnte.
Thomas musste sich eine Sache eingestehen. Zum ersten Mal seit langem hatte er Angst. Maschinengewehre, Artillerie, Handgranaten, Gas, das alles verstand er. Das waren schreckliche Waffen, die von Menschen geschaffen wurden. Waffen, gegen die man sich schützen konnte, die man ausschalten konnte. Aber das hier, das war nichts Menschliches, nichts, wogegen man sich schützen konnte. Das war ein Monster.
Thomas irrte weiter durch den Graben. Er wollte weg, zurück zu den eigenen Linien. Immer wieder stolperte er über seine toten Kameraden. Schließlich fiel er, als er über eine Leiche stolperte. Als er sich aufrappelte, sah er im Gas vor sich eine Gestalt, er konnte nur die Umrisse erkennen. Dann drehte sich die Gestalt zur Seite und er erkannte das Profil einer deutschen Gasmaske. Thomas sprang auf, zog seinen Revolver und feuerte drei Mal. Die Gestalt fiel zu Boden.
„Hab dich, du Bastard“, rief Thomas und ging zu der Gestalt. Als er näher kam, erkannte er, dass er einen schrecklichen Fehler gemacht hatte. Der Mann, den er getötet hatte, trug eine französische Uniform. Nur die Gasmaske war eine deutsche.
„Netter Versuch“, hörte er plötzlich eine krächzende Stimme hinter sich sagen. Er drehte sich um und der deutsche Leutnant stand genau vor ihm.
Thomas hob seinen Revolver, doch der Deutsche schleuderte ihn gegen die Grabenwand. Der Aufprall war so hart, dass Thomas seinen Revolver fallen ließ.
Noch bevor der Franzose reagieren konnte, stand der Deutsche vor ihm und packte ihn am Hals. Thomas zog sein Messer und stach zu, doch er spürte keinen Widerstand, als er in den Körper des Deutschen stach.
„Was bist du?“, fragte Thomas keuchend, als er merkte, wie sich das Gas langsam unter seine Maske arbeitete. Der Deutsche legte den Kopf schief, so als wirke er amüsiert. Thomas sah ihm genau in die Sichtgläser, doch er konnte kein Gesicht dahinter erkennen.
„Wer ich bin?“, begann er schließlich. „Ich bin der Hass, der von den Menschen auf die Schlachtfelder losgelassen wurde. Ich bin der Wahnsinn, der tief in der Menschheit ruht, ich bin alles, was diesen Krieg ausmacht, Furcht, Leid, Tod.“ Als das Gas langsam in seinen Mund eindrang, griff Thomas verzweifelt die Uniform des Deutschen. „Ich bin Gas!“, fauchte der Deutsche und das Gas füllte die Lunge von Thomas.
Nach einer Woche war der Angriff der französischen Streitkräfte gescheitert. Es war nicht gelungen, die Höhen oder die Forts einzunehmen. Nach und nach wurden die Franzosen zurückgedrängt, bis die Deutschen wieder ihre alten Stellungen bezogen hatten. Die Franzosen leisteten erbitterten Widerstand, doch Abschnitt 37 wurde ohne Feuergefecht eingenommen. Die deutschen Truppen fanden hier nur tote französische Soldaten. Einer der Toten, ein Capitaine, hielt eine deutsche Erkennungsmarke in der Hand. Auf der Marke stand der Name Hans Winter.