ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Fahles Licht fiel durch mein Fenster hinein in den kahlen
Raum. Nur langsam ließ ich meinen Blick durch das graue Zimmer gleiten, immer
im Takt der Regentropfen. All die Farbe, die es hier einst gab, für mich hatte
sie aufgehört zu existieren. Langsam setzte ich mich auf. Der Schlaf saß mir
noch in den Knochen, doch ein Gähnen wäre schon zu viel für mich. Es würde
Leben anzeigen, und im Moment wollte ich eher das Gegenteil.
Der Regen fiel nun
schneller gegen das milchige Glas, doch auch Geräusche hatte ich aus meiner Welt
verbannt. Ich mochte weder hören noch sehen noch leben. Eigentlich wollte ich gar
nix. Womit hatte ich nur all das verdient, war ich nicht immer nett und
zuvorkommend gewesen? Hatte ich nicht immer versucht es Allen recht zu machen?
Warum hatte sie mich so verletzt? Hatte ich irgendeinen Fehler gemacht, hatte ich
ihr etwas getan oder warum tat sie das alles? Ich hatte mich immer geweigert,
an das Schlechte als Diagnose zu glauben. Ich hätte mir nicht ausmalen können,
dass ein Mensch zu völlig grundlosem Hass fähig sein könnte. Von diesem Denken
war nicht mehr als der feine Staubfilm übrig, auf den ich grad meinen ersten
Fuß setzte. Wozu sollte ich überhaupt aufstehen, ich könnte doch auch einfach
liegen bleiben. Vermissen würde mich wahrscheinlich eh niemand. All diese
„Freunde“, die man sich über die Zeit ansammelte, die Saufkumpanen
und Unruhestifter, wie schnell sie einen verlassen konnten. Im Endeffekt blieb
man auf sich gestellt. Doch wozu war dieses Leben überhaupt zu gebrauchen, wenn
man sich mit Freunden umgab und doch einsam blieb. Man war doch in solchen
Situationen nur gemeinsam einsam. Und das änderte wirklich rein gar nichts.
Mit einer Art ungewollter Anstrengung quälte ich mich hoch.
Lethargie brachte mich auch nicht weiter, ich musste mich erheben und wieder
leben. War es wirklich so einfach? Wo war schon der Unterschied zwischen Leben
und Tod, Mord und Krieg auf der einen, ewige Finsternis auf der anderen Seite.
Manchmal erschien mir das Jenseits sogar angenehmer als diese schreckliche
Welt. Im Prinzip lebte man doch nur, um irgendwie an Ruhm zu gelangen. Und was
brachte dieser einem? Mehr Leute würden nach dem Tod um einen trauern, aber es
wäre eine kurze Phase der Weinerlichkeit, danach würde jeder sein eigenes
Leben weiterführen. Was machte es da für einen Unterschied, gleich bei seinem
Tod unbekannt zu sein, wäre die Freude über die wenigen Trauernden nicht viel
heilsamer als der Schmerz, langsam aus der Geschichte zu schwinden? Ich würde
es wahrscheinlich nie erfahren. An mich würde niemand auch nur eine einzige
kleine Träne verschwenden. Meine Eltern würden vielleicht ergriffen sein, doch
der ganze Rest? Sie hatte es mir wenigstens noch vorgespielt. Sie hatte
immerhin so getan als ob. Doch eigentlich hatte ich es immer gewusst, hatte es
nur nicht wahrhaben wollen, hatte mich nicht dieser Qual aussetzen wollen. Doch
der Schmerz ist ein hinterhältiger kleiner Bastard. Egal was man versucht,
entkommen kann man ihm nicht. Er wird dich immer finden. Ich hatte mich vor so
etwas immer durch Wutanfälle geschützt, war immer zu der Sorte Mensch geworden,
deren Existenz ich immer abstritt. Aber jetzt war der Sinn dort hinter
geschwunden. Und er hatte ein Loch in meinen Geist gerissen, an dem sich die
unerträgliche Leere in mir sättigte, nur um noch stärker und widerwärtiger zu
werden. Ich wollte sie nicht gewinnen lassen, doch ich hatte ihr nichts entgegenzusetzen.
Meine ganze jämmerliche Situation war doch im Prinzip ihre Schuld. An einem Tag
war sie noch die tollste Freundin, die die Welt je gesehen hatte und nun? Nun
war sie fort. Wegen eines so idiotischen Streits hatte sie mich verlassen und
alle Brücken eingerissen. Es war vorbei. Ich versuchte es wirklich, doch ich
konnte es ihr nicht verübeln. Ich liebte sie doch noch, was sollte ich tun. Sie
würde es bereuen, da war ich mir sicher. Zumindest meine Hoffnung war sich da
sicher. Aber mehr besaß ich einfach nicht.
Mittlerweile war ich im Badezimmer angelangt. Ein schönes,
farbenfrohes und fröhliches Zimmer. Unerträglich fröhlich. Doch mein Geist
unterdrückte es und so schien es in dem selben Grau wie die ganze Welt um es
herum. Alles schien in eine tiefe Depression gefallen zu sein, wie sollte ich
dagegen ankommen. Natürlich kannte ich die Märchen, in denen der strahlende Ritter in glänzender Rüstung
den bösen und niederträchtigen Drachen besiegte. Aber ich war kein Ritter, in
diesen Geschichten war ich nicht mehr als ein totes Skelett am Boden der
finstersten Höhle. Wo also war meine Chance? Sie war tot, gestorben, als ich
meine Sorgen noch im Alkohol versiffen ließ. Doch das Einzige, was ich auf
diese Weise ertränkt hatte, war meine eigene Existenz gewesen. Sie hatte mich
hinaus geholt, mir geholfen und das Leben wieder lebenswert gemacht. Wie sollte
ich nur diesen Verlust verkraften? Ich hörte die Schnapsflaschen förmlich
schreien, hörte sie Verführungen und Schwüre rufen, als wären sie die Dämonen
der innersten Hölle. Doch ich hatte mich schon entschieden.
Ich drehte den
Wasserhahn auf und ließ ihre Rufe im Rauschen des Wassers untergehen. Ich betrachtete
mein Spiegelbild und sah ihm in die Augen. Diese aschfahlen matten Augen, die
einst vor Leben Funken gesprüht hatten. Mein Äußeres ergänzte mein Inneres ganz
hervorragend. Kein Maler hätte sein Gemälde grässlicher, kein Komponist seine
Symphonie scheußlicher gestalten können. Ich war ein Meisterwerk des
Untergangs. Normalerweise hätte mich dieser Anblick entsetzt, förmlich
verschreckt, doch nun ließ er mich kalt. Was sollten Gefühle schon bringen. Sie
verkomplizierten das Alles doch nur unnötig. Ich stellte den Hahn ab, doch die
Flaschen schwiegen. Vielleicht hatten sie das Signal verstanden.
Ich befreite mich von den dreckigen Schlafsachen die ich
getragen hatte und stieg in das wohltuende Bad. Ich hatte das Wasser immer am
meisten gemocht. Ich sah mich noch kurz an diesem Ort um, an dem ich so viele
glückliche Momente erlebt hatte. Überschattet wurden sie von einem einzigen
schlechten. Irgendwie ist es doch ironisch, dass die schönsten Dinge einen am
stärksten verletzen können. Doch ich werde sie zur Reue bringen. Sie wird
weinen, wie ich es getan habe und dann wird sie sich wünschen, mich wiederhaben
zu können. „Doch dann ist es zu spät!“, schrie ich in einem letzten
Gefühlswall in den Raum. In die Leere in mir und in die um mich herum. Dann
ließ ich den Föhn in die Badewanne fallen.
Für den Bruchteil einer Sekunde war
es ruhig. Es schien alles wieder möglich zu sein. Dann traf mich der
Stromschlag. Ich zappelte und krampfte, doch innerlich fühlte ich mich so still
wie vorher auch. Ich sehnte dem Ende entgegen, aber nicht wie jemand, der sich
freut, eher wie ein Kind nach einer langen Autofahrt. Mein letzter Gedanke war
die Hoffnung, sie würde so um mich weinen wie ich es schon getan hatte. Danach
schwand mein Geist. Das allerletzte, was ich in meiner Existenz als Mensch
fühlte, war passenderweise ein eher unschönes Gefühl im Gesicht. Das Gefühl
getrockneter Tränen.