MittelMord

Ich bin ihm begegnet

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Meinen Start in der freien Marktwirtschaft hatte ich mir besser vorgestellt.
Ich kann nicht genau sagen, was ich erwartet hatte, aber ich hatte es mir deutlich leichter vorgestellt.
Angenehmer und – sagen wir – reibungsloser.
Ich hatte mich gleich nach der Schule für acht Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Es war nicht unbedingt das, was ich mir unter Karriere vorstellte, aber es war eine sichere Sache. Die Perspektiven in meinem heimatlichen Kaff nahe Dresden tendierten gegen Null, meine Noten waren schlecht, aber die Bezahlung beim Bund war traumhaft für einen jungen Bengel, wie ich damals einer gewesen war.
Ich musste nicht lange überlegen, als ich den Musterungsbescheid bekam.
Über die Zukunft machte ich mir keine Gedanken, als Soldat tut man so etwas einfach nicht. Die Gründe sollten jedem klar sein.
Alles in allem verliefen diese acht Jahre recht unspektakulär.
Ich belegte nach der AGA ein paar Seminare, kletterte wie vorgesehen die Sprossen in der Hierarchie hinauf, führte eine Handvoll zum Scheitern verurteilter Fernbeziehungen, absolvierte zwei, drei Auslandseinsätze und plötzlich musste ich mir doch Gedanken über eine Zeit nach der Bundeswehr machen.
Ich entschied, dass es das Beste sei, in der Branche zu bleiben, in der ich mich bereits auskannte, und wechselte in den Sicherheitsdienst. Über Kontakte kam ich an einen reichen Schweizer, der einen neuen Sicherheitsmann für sein Anwesen suchte.
Und an dieser Stelle beginnt die eigentliche Geschichte.
Mit der ersten Nachtschicht, um genauer zu sein.

Der Sommer war fast vorbei und die Nächte wurden empfindlich kalt. Wir saßen zu dritt in der Baracke, die sich Wärterhäuschen schimpfte, und wärmten uns an einem Heizstrahler. Neben mir gab es noch Tyler, einen Amerikaner, der für die Technik der Überwachungsanlage zuständig war, und Santosh, ein Inder mit britischen Wurzeln, den ich bei seinen Rundgängen auf dem weitläufigen Gelände unterstützen sollte. Er versorgte auch die Hunde.
Auf meinem Namensschild stand peinlicherweise „Dönermann“ zu lesen, statt „Donnermann“. Mein neuer Brötchengeber mochte zwar deutsch sprechen, aber mit Mundarten kannte er sich überhaupt nicht aus.
Ich fühlte mich den ganzen Abend unwohl in meiner Haut, weil niemand in der Lage war, meinen Namen richtig auszusprechen, und ich mir albern vorkam, jeden deswegen zu korrigieren.
Doch es lag nicht nur am falschen Namensschild.
Als Neuer war ich selbstredend das Ziel für alle Arten von Blödsinn, der meinen Kollegen in den Sinn kam.
Ich hatte zwar mit sowas in der Art gerechnet, aber was dann tatsächlich passierte, hätte ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen nicht ausmalen können.
Vielleicht gehöre ich aber auch einfach zu der Sorte von Menschen, die über eine begrenzte Fantasie verfügen.
Da saßen wir nun, Tyler, Santosh und ich.
Der Ami hatte ein Stück geräucherten Schinken mitgebracht, von dem er mit seinem Armeemesser dünne Streifen abschnitt und sich in den Mund schob. Hin und wieder gab er mir einen Streifen ab. Santosh aß nicht während der Schicht, trank nur den englischen Tee, den er sich von seiner Familie schicken ließ.
Ich glaube, es lag daran, dass er Hindu war. So genau habe ich das nie verstanden, was den Hinduismus angeht. Wir hatten nicht genug Zeit, uns richtig kennenzulernen.
Wir saßen also um den Heizstrahler, der mich von vorne fast kochte, sodass ich mir ständig den Schweiß von der Stirn wischen musste, während die kalte Nacht in meinem Rücken mich gleichzeitig frösteln ließ.
„Ich bin ihm begegnet, weißt du?“ Santosh nippte von seinem Tee und Tyler grinste wissend, während er sich einen Streifen Schinken zwischen die Zähne schob.
Ich erinnere mich noch, wie ich dachte: Jetzt kommt eine dieser Geschichten, die alte Hasen dem Frischfleisch erzählen, damit die sich auch brav an die Regeln halten.
Aber ich wollte mich nicht gleich am ersten Tag unbeliebt machen und spielte pflichtbewusst meine Rolle als „der Neue“.
„Wem bist du begegnet?“ fragte ich also.
„Ihm“ sagte Santosh und ich verdrehte in Gedanken die Augen.
„Ich bin ihm in der dunkelsten aller Nächte begegnet, die du dir nur vorstellen kannst. Finster wie in einem Hühnerarsch, weißt du?“
Tyler lachte an dieser Stelle und stichelte: „Mit Hühnern kennt er sich aus, weißt du?“
Als wäre der Dialog einstudiert, regte Santosh sich auch gleich darüber auf: „Sei still! Du warst ja nicht dabei. Ich sage, es war so finster, dass man die Hand nicht vor Augen sehen konnte. Es war Neumond und bewölkt, also auch keine Sterne.“
„Und was ist dann passiert?“ fragte ich, mit der Absicht, meine Rolle als „der Neue“ gut zu spielen. Santosh nippte von seinem Tee, um die Spannung erhöhen.
„Ich habe meine übliche Runde mit den Hunden gemacht. Aber an diesem Abend benahmen sie sich merkwürdig, winselten wie dämliche Welpen, die man grade erst der Mutter weggenommen hatte.“ Er trank wieder von seinem Tee. Dieses Mal sparte ich mir meine Frage und blickte ihn nur mit wachsendem Interesse an.
Tyler grinste und reichte mir einen Streifen Schinken.
„Ich hab dir doch heute das Gelände gezeigt“ brummte Santosh, und ich nickte, damit er weiter erzählte, „Da, wo die drei Tannen stehen, drehten die Hunde plötzlich völlig durch und zerrten wie wild an der Leine. Ich dachte, die blöden Köter hätten etwas gerochen oder so. Aber in Wirklichkeit wollten die abhauen. Ich begriff das leider erst, als einer mich fast umrannte. Die zerrten alle in verschiedene Richtungen.“ Wieder machte er eine Pause und ich fluchte in Gedanken, weil ich die Geschichte doch langsam interessant fand. Ganz egal, ob sie nun echt oder nur eine Erfindung war, um „den Neuen“ aufs Kreuz zu legen. „Und dann?“ fragte ich.
„Dann hab ich ihn gesehen“ sagte Santosh genauso rätselhaft, wie zu Anfang.
„Wen denn gesehen?“ bohrte ich ungeduldig weiter.
Anstelle einer Antwort stand der Hindu auf, schlurfte mit seiner Tasse rüber zu der kleinen Bierzelt-Garnitur, auf der seine Thermoskanne stand, und goss sich einen neuen Tee ein. In dem Moment war ich überzeugt davon, dass er alles genau so geplant hatte. Aber ich wollte wissen, wie die Geschichte weiterging, und so geduldete ich mich, bis er zurückkam und sich ächzend wieder vor den Heizstrahler setzte.
„Es war nur ganz kurz, am Rande des Lichtkegels, den die Taschenlampe warf. Ich sah ein Stück von einem Mantel und die Hälfte des Mannes, der darin steckte. Ich sage dir, er war riesig, muss ein verdammter Hüne gewesen sein. So groß, dass er sicher durch keine Tür passt, ohne sich den Kopf zu stoßen; und so hässlich, dass das Gesicht nur einer Mutter gefallen könnte.“
Tyler schüttelte grinsend den Kopf, zwinkerte mir verschwörerisch zu und schnitt sich schweigend ein Stück Schinken ab, das zwischen seinen Zähnen verschwand.
Santosh bemerkte die Geste und regte sich auch prompt darüber auf: „Mach dich nicht über mich lustig! Ich weiß, was ich gesehen habe. Das wird noch böse enden alles. Wenn er das wirklich war, dann sollten wir uns lieber vorsehen.“
Ich konnte mir beim besten Willen keinen Reim drauf machen, aber so langsam verlor ich die Geduld: „Wen hast du denn jetzt gesehen? Den verdammten Yeti oder was?“
Tyler kicherte wissend und schüttelte nur den Kopf, aber Santosh sah mich ernst an.
„Du bist grade erst von der Armee gekommen, du kennst die Geschichten über ihn noch nicht. Und die meisten Menschen hören auch nie Geschichten von ihm, denn normale Menschen haben mit sowas nichts am Hut. Pass auf, ich habe einen Cousin, der arbeitet als Security-Mann in einem Bordell. Nicht, dass du jetzt denkst, er wäre ein schlechter Mensch, also das Bordell, wo er arbeitet ist, sauber, nicht so ein Schmuddelladen, wie man das von der Branche erwartet. Da zahlt man richtig viel Kohle – jedenfalls – Mein Cousin hat mir so Geschichten erzählt, von einem Typ, der ist mehr sowas wie ein Mythos. So eine Art Super-Killer, aber mehr wie ein Söldner. Wenn du genug Kohle hast, dann kannst du ihn beauftragen. Es heißt, dass er nur die schwierigsten Fälle annimmt, weil der Rest ihn langweilt. Naja, woher mein Cousin diese Geschichten kennt, weiß ich nicht, aber er ist ein ehrlicher Mensch und ich glaube ihm.“
Es fiel mir schwer, den wirren Ausführungen des Hindus zu folgen, aber ich wagte auch nicht, ihn zu unterbrechen. Im Laufe seines Vortrags hatte er sich mir zugewandt, sodass ich mich ebenfalls zur Seite drehte, um ihm meine volle Aufmerksamkeit zu schenken.
Der Heizstrahler kochte inzwischen meine linke Seite, während die rechte fröstelte.
„Also“ erklärte Santosh weiter, „Mein Cousin hat mir erzählt, dass man diesen Kerl an zwei Dingen erkennen kann. An seinen Augen und seinem Namen.“
Ich zog die Augenbrauen hoch.
„Warte, warte, ich bin noch nicht fertig“ beteuerte Santosh und gestikulierte mit seinem Tee, der auch gleich überschwappte, weil er während seiner langen Erklärung das Trinken vergessen hatte.
„Ich stand also bei den drei Bäumen, mitten in der finstersten Nacht, die Köter hatten sich verpisst und ich leuchtete in die Dunkelheit, um zu sehen, was sie so erschreckt haben könnte. Da sah ich plötzlich die Hälfte eines Mannes zwischen den Bäumen. Nur ganz kurz, aber der Moment brannte sich sofort in mein Gedächtnis. Die Augen leuchteten in einem ganz hellen Blau – so was hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen – und genau in dem Moment fielen mir die Worte meines Cousins wieder ein: Sein Name ist Nacht und in der Nacht schlägt er zu. Man kann ihn an seinen Augen erkennen, die so hell sind, dass man nicht reinsehen kann.“
Santosh machte eine Pause und sah mich erwartungsvoll an. Ich war mir nicht sicher, was ich antworten sollte, und fragte: „Was ist dann passiert?“
Der Hindu lächelte ein wenig gequält. „Dann habe ich so getan, als hätte ich nichts gesehen, und bin den Hunden hinterhergelaufen“ gestand er mit einem verlegenen Schulterzucken.
Die Enttäuschung schien mir wohl im Gesicht gestanden zu haben, denn Santosh legte mir eine Hand auf die Schulter und sagte: „Es ist wahr, noch keine drei Tage her. Manchmal ist es besser, den Dingen nicht auf den Grund zu gehen. Ich habe hier nur einen Job, ich riskiere nicht mein Leben für eine warme Mahlzeit und ein Dach über dem Kopf.“
Ich erinnere mich noch, dass ich mir an dieser Stelle viel Mühe gab, um beeindruckt zu wirken über diese moralische Erleuchtung, die mir mein Arbeitskollege hatte zuteilwerden lassen.
Heute ich bin ich froh darüber, nicht ausfallend geworden zu sein, denn Santosh hatte es wirklich ehrlich mit mir gemeint.
Wir unterhielten uns danach über Banaleres. Ich musste die eine oder andere Geschichte von der Bundeswehr erzählen, aber schließlich war es Zeit für die übliche Runde. Santosh holte die Hunde aus dem Zwinger und ich schnappte mir das Walkie-Talkie. Tyler kontrollierte die Sicherheitsanlage.
Dann machten Santosh und ich uns auf den Weg.
Obwohl es in dieser Nacht nicht bewölkt war und die Milchstraße in voller Pracht am Himmel stand, war es stockfinster. Der zunehmende Mond bestand nur aus einer dünnen Sichel. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber die Geschichte hatte mich nachhaltig beeindruckt. Alle meine Sinne waren in Alarmbereitschaft. Der Lichtkegel meiner Maglite tastete wie ein Zeigefinger über den gepflegten Rasen des Anwesens. Santosh ging neben mir, drei Rottweiler an der Leine führend, die unruhig vorwärts drängten.
Schließlich näherten wir uns der beschriebenen Stelle aus seiner Geschichte.
Das Anwesen macht da einen kleinen Knick und sackt ein Stück ab, sodass die Bäume in einer Senke stehen, ganz dicht an der hohen Mauer, die das Grundstück begrenzt. Mir fiel noch auf, dass Santosh immer langsamer wurde, irgendwas murmelte, das klang wie: „Genau hier“ und ich schob es darauf, dass er seiner Geschichte mehr Glaubwürdigkeit verleihen wollte.
Plötzlich ging alles rasend schnell.
Die Hunde brachen in panisches Geheul aus und versuchten, in verschiedene Richtungen zu flüchten. Dabei verhedderten sich die Leinen, Santosh wurde umgerissen und in die Dunkelheit geschleift. Ich rannte hinterher und leuchtete dabei mit der Maglite die Umgebung ab, um zu sehen, was die Hunde so erschreckt hatte. Gleichzeitig versuchte ich Tyler über das Walkie-Talkie zu erreichen, aber aus dem Lautsprecher drang nur statisches Rauschen.
Ich rief nach Santosh und hörte ihn irgendwo in der Dunkelheit schreien.
Aber als ich in die Richtung rannte, fand ich nur platt gedrücktes Gras und schließlich eine große Lache Blut, die in einer Schleifspur weiterführte.
Der Bundeswehr-Drill spulte die alte Routine ab. Waffe ziehen, Deckung suchen, Umgebung sichern. Leider stand ich mitten auf einer riesigen, flachen Wiese, also löschte ich erst einmal das Licht, um nicht so schnell gefunden zu werden.
Ich schlich ein paar Meter in die Richtung, in der ich Santosh vermutete, doch ich fand ihn nicht. Wieder versuchte ich Tyler zu erreichen, aber das Walkie-Talkie war tot.
Ich verschwendete keinen Gedanken daran, dies könnte ein Streich sein, dafür war es zu realistisch. Ich steckte in ernsten Schwierigkeiten, weil ich mich noch gar nicht richtig auskannte und irgendwo auf dem weitläufigen Anwesen in der stockfinsteren Dunkelheit herumstolperte. Abgesehen von meinem Problem, dass ich alleine nicht mal den Weg zurück zur Baracke finden würde, um den Alarm auszulösen, vermutete ich, dass auch Tyler etwas zugestoßen sein musste.
So irrte ich eine Weile blind durch die Finsternis.
Dann fühlte ich ohne Vorwarnung das kalte Metall eines Messers an der Kehle. Ich blieb wie angewurzelt stehen und signalisierte mit ausgestreckten Armen meine Kapitulation. Waffe und Maglite landeten im Gras.
Eine tiefe, dunkle Stimme hinter mir sagte: „Das ist äußerst weise von Ihnen. Sie sind der Neue. Wie bedauerlich, dass Ihr erster Tag gleich in einem Fiasko endet, aber das ist ja nicht Ihre Schuld, sondern meine.“
„Was haben Sie mit Santosh gemacht?“ wollte ich wissen.
Der Soldat in mir dachte eben zuerst an die Kameraden.
„Ich fürchte, seine Hunde haben ihn in einem Moment der Verwirrtheit angegriffen.“
Ich schluckte schwer. Die Stimme klang so kalt und schadenfroh, dass es mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.
„Lebt er noch?“ fragte ich mit banger Hoffnung.
„Sie haben wohl bereits Freundschaften fürs Leben geschlossen“ stellte die tiefe Stimme mit Belustigung fest, „Äußerst bemerkenswert“ der Spott war wie ein Schlag vor die Brust, „Nun, wenn es Ihnen so wichtig ist, dürfen Sie nach ihm suchen. Es wäre allerdings unfair von mir, Ihnen vorzuenthalten, dass auch Ihrem anderen Kameraden“ er schien nach den richtigen Worten zu suchen, „buchstäblich die Zeit verrinnt. Wählen Sie noch einmal weise und retten Sie Ihren Kameraden. Vielleicht sind Sie sogar so ausgefuchst und finden eine Möglichkeit, um beide zu retten.“
Im nächsten Moment war die Klinge verschwunden. Ich kniff die Augen zusammen, atmete erleichtert auf und klaubte mit zitternden Händen die Waffe vom Boden, schaltete die Taschenlampe wieder ein und folgte eilig der Schleifspur im Gras, um Santosh und Tyler zu suchen.
Ich dachte wirklich, dass ich noch eine Chance hätte, einen der beiden lebend zu finden.
Erst sehr viel später begriff ich, wie clever der Angreifer tatsächlich vorgegangen war.
Er hatte meine Loyalität benutzt, damit ich zuerst nach meinen Kameraden suchte, anstatt den Alarm auszulösen oder die Polizei zu verständigen.
Mein Fehler verschaffte dem Angreifer die nötige Zeit, um alle Spuren zu beseitigen, die auf ein Eindringen von außen hindeuteten.
Aber in jenem Moment kreisten meine Gedanken einzig um das Wohlergehen meiner neuen Kameraden und die flackernde Hoffnung, dass noch nicht alles zu spät sei.
Ich musste über das halbe Anwesen laufen, um Santoshs Leiche zu finden.
Das Gelände wirkte wie ausgestorben, eine Grabesstille hatte sich über das ganze Anwesen gesenkt. Selbst der Wind schien eingeschlafen zu sein. Der zitternde Lichtkegel meiner Taschenlampe riss kleine Flecken Grün aus der Dunkelheit und schließlich einen zerfleischten Körper ohne Puls.
Von den Hunden fehlte jede Spur.
Später stellte sich heraus, dass sich die Hunde nach dem Angriff auf den Hindu gegenseitig zerfleischt hatten. Einer starb an seinen Verletzungen, die anderen beiden mussten eingeschläfert werden.
Als ich endlich die Baracke wiederfand, war Tyler ebenfalls tot.
Er saß auf seinem Platz vor dem Heizlüfter, ein Streifen Schinken hing zwischen seinen Zähnen. Jemand hatte ihm sein eigenes Messer in den Hals gerammt.
Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass mein neuer Brötchengeber in dieser Nacht ums Leben kam, genauso wie seine Familie und jeder einzelne Angestellte, der sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Anwesen aufhielt.
Naja, bis auf mich natürlich. Ausgerechnet „der Neue“ hatte als einziger überlebt.
Aus Mangel an Beweisen wollte man meinem Bericht zunächst nicht glauben, aber schließlich konnten sie mich aus Mangel an Beweisen auch nicht als Täter verhaften.

Nach diesem Vorfall kehrte ich nach Deutschland zurück und wohnte vorübergehend bei einer Ex-Freundin, bis ich eine Stelle als Nachtwächter in einer Industriehalle fand.
Bis heute gehen mir die Worte des Täters nicht aus dem Kopf und ich frage mich immer wieder, ob ich irgendwen hätte retten können, wenn ich zuerst Tyler und dann Santosh gesucht hätte.
Aber das ist nicht die einzige offene Frage. Mehr noch beschäftigt mich diese sonderbare Formulierung, die er gebraucht hatte:
„Wählen Sie noch einmal weise und retten Sie Ihren Kameraden. Vielleicht sind Sie sogar so ausgefuchst und finden eine Möglichkeit, um beide zu retten.“
Auch wenn es mein erster Tag gewesen war, hatte es natürlich die üblichen Vorstellungsgespräche gegeben, aber meinen Namen hatte man von Anfang an falsch geschrieben. Wie um alles in der Welt hatte dieser unheimliche Typ trotzdem in so kurzer Zeit herausgefunden, dass ich beim Heer jahrelang den TPz Fuchs gefahren hatte?

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