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Knochenwald: Durch Mark und Bein

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Viele würden mich sicherlich für verrückt halten, wenn sie meiner Aufzeichnungen gewahr werden würden. Für nichts, als einen weiteren, alternden Lügner und Hochstapler auf der Suche nach Aufmerksamkeit. Das weiß ich genau und es kümmert mich wenig. Denn ich weiß, dass IHR das anders seht. Dass, ihr wisst, dass meine Worte zwar von grauenhaftem Inhalt, aber gleichwohl von klarem Verstand zeugen.

Wie dem auch sei. Einige von euch wollten mehr über den erstickenden
Wahnsinn des Knochenwaldes erfahren und so habe ich noch tiefer
gegraben, die Berichte halb-verrückter Augenzeugen ausgewertet, uralte
Dokumente ausfindig gemacht und jeden Stein umgedreht. Einige Dinge, die
ich dafür tun musste, bleiben hier lieber unerwähnt. Nur so viel: Um an
die ein oder andere Information zu gelangen, musste ich durchaus ein
wenig „nachdrückliche Überredungskunst“ anwenden. Wahrscheinlich komme
ich für diese Taten in die Hölle. Aber das schreckt mich nicht mehr. Wir
alle wissen, dass es viel schlimmere Orte gibt.

Aber genug von meinen Sünden. Ihr neugierigen Narren wolltet ja
unbedingt mehr über die Verderbnis dieses Ortes erfahren. Also werde ich
die Schleier lüften, die gnädige Götter aus gutem Grund über die
Bosheit des Knochenwaldes gelegt haben. Ich werde sie zerreißen und
enthüllen, welches unvorstellbare Grauen sich darunter verborgen hält.
Kommt mit dem klar, was ihr hört oder geht daran zugrunde. Mir ist
beides recht.

Also gut. Ich sprach zuvor bereits von den aggressiven und tödlichen
Schneidmaden, von der Unzahl an rasselnden, bleichen Knochen und
Gerippen und von den hohen Knochenbäumen mit ihren verwesenden
Bewohnern, die die einzige halbwegs sichere Passage durch den Wald
bilden. Schon bei meinem ersten Bericht habt ihr euch vielleicht
gefragt, wie die wenigen Wagemutigen den anstrengenden, weiten Weg
Richtung Zentrum überstehen konnten, ohne zu verhungern oder zu
verdursten. Nun, neben den verfaulenden Fleischresten, die noch an dem
einen oder anderen Skelett kleben, gibt es noch zwei weitere
Nahrungsquellen an diesem eigentlich lebensfeindlichen Ort.

Die erste ist so naheliegend wie gefährlich: Ihr könnt euch vom
Fleisch einer erlegten Schneidmade ernähren. Wenn, ihr euch noch an das
erinnert, was ich euch in meinem ersten Bericht über die Maden erzählt
habe, könnt ihr euch schon denken, dass das alles andere als einfach
ist. Einige wenige Überlebende haben dennoch diese wehrhafte Beute zur
Strecke gebracht, indem sie den Maden mit einer mitgebrachten Waffe oder
einem geschnitzten Speer von den Bäumen aus aufgelauert haben.

Wer dabei schnell und leise genug ist und genau die weiche Stelle in
der Mitte des Madenkörpers trifft, der kann sich mit etwas Glück über
eine derartige Mahlzeit freuen. Allerdings haben hier eigentlich nur
Soldaten, Polizisten, Jäger, Sportschützen oder anderweitig im Zielen
oder Töten geübte Menschen überhaupt eine Aussicht auf Erfolg. Zudem
muss man schon recht verzweifelt sein, um überhaupt daran zu denken,
Schneidmadenfleisch zu essen. Zwar ist es eiweißreich und nahrhaft, aber
es schmeckt mehr als abscheulich und die Wahrscheinlichkeit, euch dabei
die Seele aus dem Leib zu kotzen, ist nicht eben gering. Außerdem ist
rohes oder falsch zubereitetes Schneidmadenfleisch tödlich.
Und ich rede hier nicht von sanftem Entschlafen, an dessen Ende euch die
Engelchen ins Paradies geleiten, sondern von grauenhaften
Bauchkrämpfen, Bluthusten, Organversagen und heftigen Schmerzen.

Wahrscheinlich sterbt ihr nicht einmal am Gift, sondern durch eure
eigene Hand, da kaum ein Mensch diese Schmerzen bis zum Schluss aushält.
Um Schneidmadenfleisch ungefährlich zu machen, muss man es erst sehr
gut durchbraten. Dazu sammelt ihr am besten trockene Knochen und
schichtet sie zu einem kleinen Lagerfeuer auf. Natürlich mit dem Risiko,
dass ihr weitere Schneidmaden anlockt, die vielleicht nicht so leichte
Beute sind. Übrigens könnt ihr auch an gebratenem Schneidmadenfleisch
verrecken, wenn ihr zuvor nicht die purpurnen Giftdrüsen restlos
entfernt habt, aus denen sie ihr betäubendes Gas verströmen.

Und solltet ihr all das beachtet haben, so sei dennoch noch ein Wort
der Warnung ausgesprochen. Der Verzehr von Schneidmadenfleisch verändert
Menschen mit der Zeit. Viele werden härter, rücksichtsloser,
raubtierhafter und einige, die es mit dem Verzehr übertreiben, verlieren
sogar dauerhaft die Fähigkeit zu Empathie und Mitgefühl und werden
gewissenlose Psychopathen. Nicht, dass diese Geisteshaltung im
Knochenwald nicht nützlich wäre. Doch falls ihr plant, je in eure Welt
zurückzukehren, kann sie zu gewissen Problemen führen.

Ihr seht schon, es ist nicht eben einfach, sich im Knochenwald zu
ernähren. Aber, wie bereits erwähnt, gibt es noch eine dritte
Möglichkeit dazu. Sie ist sogar etwas weniger gefährlich als die Jagd
auf Schneidmaden.

Denn an einigen Stellen des Knochenwaldes wächst unterhalb der hohen
Knochenbäume noch etwas anderes. Die Rede ist von den mysteriösen
Glassträuchern. Diese Sträucher besitzen etwas, über das nichts anderes
im Knochenwald auch nur ansatzweise verfügt: Schönheit. Denn sie
bestehen ganz aus glitzerndem, funkelndem Glas und ihr
bläulich-silbernes Leuchten besitzt in der tristen, bedrohlichen
Atmosphäre dieses Ortes eine schier unwiderstehliche Anziehungskraft.
Umso mehr, da diese Sträucher reiche Ernte tragen. Ihre saftigen,
kirschroten und seltener auch dunkelblauen Früchte sind für hungrige und
durstige Wanderer so anziehend, dass sie kaum noch an etwas anderes
denken können, wenn sie sie erst einmal erblickt haben.

Doch Vorsicht! Nicht nur, dass man den schneidmadenverseuchten Boden
betreten muss, um zu ihnen zu gelangen. Es gibt noch einen weiteren
Grund, sich den Glassträuchern nicht unbedacht zu nähern. Wenn, ein
Glasstrauch voller Beeren hängt und ihr kaum einen kahlen Zweig an ihm
erkennen könnt, ist alles gut. Geht schnell dort hin und greift euch so
viele Beeren, wie ihr nur essen könnt. Sie werden das süßeste und
köstlichste sein, was ihr je gekostet habt. Ganz gleich, ob ihr von den
blauen oder den roten Beeren esst. Wobei manche auch sagen, dass die
blauen Beeren sogar noch köstlicher schmecken. Wie auch immer. Viele,
die von einem Glasstrauch gegessen haben, berichteten später, dass ihnen
jede andere Nahrung, die sie danach zu sich genommen haben, fad und
langweilig geschmeckt hat. Selbst die feinste und erlesenste
Gourmetküche brachte ihnen nicht mehr Freude als ein Eimer
Küchenabfälle.

Wenn aber nur noch wenige Beeren an einem Glasstrauch hängen, solltet
ihr besonders auf der Hut sein. Denn Glassträucher beziehen die Kraft
für ihre Früchte und ihr Wachstum weder aus der schwarzen Sonne noch aus
dem knochentrockenen, unfruchtbaren Boden dieses Ortes. Sie beziehen
sie aus jenen Unglücklichen, die sich einem beinah abgeernteten Strauch
nähern. Sobald sich ein Opfer in die Nähe eines solchen Glasstrauchs
begibt, graben sich feine, durchsichtige und nahezu unsichtbare Wurzeln
durch den Boden, die sich einen Weg in den Körper ihrer Beute suchen.
Dank schmerzstillender Substanzen merkt das bedauernswerte Opfer davon
rein gar nichts.

Nun wird ihm nach und nach das Blut, die Lebenskraft und seine Jugend
abgesaugt und in die süßen roten Beeren geleitet, bis es als
vertrockneter und blutleerer Greis auf dem Boden zusammenbricht und die
Schneidmaden sich an seinen kläglichen Überresten laben können. Zuletzt
geht auch die Seele des Narren in den Strauch über und wird zu einer der
seltenen blauen Beeren. Falls ihr also eine solche Beere ergattert,
dann genießt sie. Sie steht für eine Seele, die niemals mehr Erlösung
finden wird und die euch vielleicht auch eines Nachts in euren Träumen
besuchen wird.

So gestärkt, könnt ihr euch dann immer weiter durch den verfluchten
Wald kämpfen, bis ihr zur „Kahlen Zone“ kommt, in der so gut wie keine
Knochenbäume mehr stehen. Von diesem Ort gibt es nur einen einzigen
Bericht und der betreffende Augenzeuge sitzt zurzeit im
Hochsicherheitstrakt einer Psychiatrie. Trotz seines extremen Wahnsinns,
in dem er auch schon mehrere Unschuldige ohne jeden erkennbaren Grund
getötet hatte, musste ich bei meinen … Verhörmethoden … sehr kreativ
werden, damit er mir mehr über diesen Ort verriet. Immerhin wird er mit
diesen Händen niemals mehr jemanden umbringen können. Oder auch nur ein
Brotmesser halten. Selbst, wenn er irgendwann entlassen wird, was ich
doch sehr bezweifeln möchte.

Jedenfalls erzählte er mir, dass er in der Kahlen Zone ein riesiges
Totem gesehen hat. Einen titanischen Totempfahl aus Schädeln von
Menschen, Tieren und anderen Kreaturen, der hundert Meter und mehr in
den Himmel ragt und um den zu jeder Zeit eine ganze Meute von Kultisten
tanzt. Diese Kultisten sind menschlich. Oder sie waren es zumindest
einmal. Allerdings sehen sie nicht mehr so aus wie du und ich. Denn wer
in die Gemeinschaft dieser Verfluchten aufgenommen werden will, muss
sich selbst mit Zähnen und Fingernägeln das Fleisch von mehreren Stellen
seines Körpers reißen, bis der Knochen darunter zu sehen ist.

Denn Knochen sind diesen Fanatikern, die sich selbst „die Weisen des
Gebeins“ nennen, heilig und sie betrachten es als eine
Ungeheuerlichkeit, dass das verräterische Fleisch sie verbirgt. Die
Allerhöchsten in ihrem Orden sind nicht viel mehr als Skelette mit
Gehirn und Organen, denn da diese nicht die geheiligten Knochen ihres
Körpers verdecken, ist ihre Entfernung nicht erwünscht.

Ihr fragt euch jetzt sicher, wie diese Wahnsinnigen die Prozedur
überleben können. Nicht jeder von ihnen überlebt es. Viele sterben an
dem Blutverlust, an Entzündungen oder anderen Folgen ihrer
Verstümmelung. Aber einige leben ganz normal weiter. Die Magie dieses
Ortes scheint vor allem die fanatischsten Kultanhänger am Leben zu
erhalten, egal was sie ihren bedauernswerten Körpern auch antun.

Dabei ist der Kult ständig auf der Suche nach neuen Anhängern. Falls
sie euch je bemerken und in ihre Gewalt bringen sollten, fangt ihr
lieber schnell an zu glauben und die Knochen aus tiefstem Herzen zu
verehren. Dann werdet ihr ihren Initiationsritus, dem sie euch notfalls
gegen euren Willen unterziehen werden, vielleicht überleben. Ansonsten
werden sie eure Knochen ihrem Totem hinzufügen. Doch, selbst wenn ihr
überlebt habt und ein Teil ihrer Gemeinschaft geworden seid, so könnt
ihr niemals wieder in eure Welt zurückkehren. Andernfalls würdet ihr
dort sofort zerfallen.
Jeder, der den Wunsch hat, in das Herz des Knochenwalds vorzudringen,
muss jedenfalls an den Weisen des Gebeins vorbei. Und das ist nicht eben
einfach. Trotz ihrer Verstümmelungen haben sie einen guten Gehörsinn
und den Ältesten von ihnen sagt man nach, dass sie die Knochen eines
jeden Wesens riechen und finden können. Selbst durch das
verdammungswürdige Fleisch hindurch.

Solltet ihr es irgendwie schaffen, an den Fanatikern
vorbeizugelangen, ohne ein Teil von ihnen zu werden, werdet ihr nach
einiger Zeit den Milchigen See erblicken.

Dieser See enthält eine so starke Lauge, dass er organisches Material
innerhalb weniger Minuten vollständig und restlos zersetzt.
Gelegentlich gehen hier Mitglieder der Weisen des Gebeins hin, um sich
selbst – oder ihre Gefangenen – schneller von ihrem Fleisch zu befreien,
aber die meiste Zeit ist es dort einfach nur still.
Da der See im Grunde nicht zu überqueren ist und schon seine Dämpfe
allein auf Dauer die Lungen schwer in Mitleidenschaft ziehen, müsst ihr
es wohl oder übel mit den scharfkantigen und hohen Knochenbergen
aufnehmen, die sich links und rechts vom Milchigen See erheben.

Auf den Bergen wachsen wieder vereinzelte Knochenbäume und auch
Schneidmaden werdet ihr dort finden, die sogar noch tückischer und
aggressiver als ihre Vettern im Flachland sind. Dahinter irgendwo, so
sagt man, liegt das große Geheimnis des Waldes. Aber es grenzt schon an
ein Wunder, dass es überhaupt jemand so weit geschafft hat und noch
davon berichten kann. Hier muss deshalb meine Geschichte enden. Fangt
mit dem Wissen an, was immer ihr möchtet. Ängstigt eure Kinder, raubt
euch euren Schlaf, versucht den Wald über einen der leuchtenden,
verschlungenen Pfade im Unterholz zu erreichen. Mir soll es gleich sein.
Ich bin es leid, den Babysitter für neugierige Narren zu spielen. Ich
werde jetzt endlich schlafen und versuchen, all die verfluchten Bilder
aus meinem Kopf zu verdrängen. Falls ich es schaffe …

Knochenwald-Serie

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