Krealithikum – Kapitel 14: Jara
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
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Kapitel 14: Jara – Eine gute Ernte
„Was gibt es denn nun schon wieder?“, wollte ich wissen.
Die Ausgrabungsteilnehmer hatten sich in der Doline versammelt, starrten Löcher in die Luft, rauchten und scharrten mit den Schuhen über den Raureif bedeckten Boden.
Eigentlich hatte ich in einer halben Stunde einen Termin beim Tiefbauamt. Die zuständigen Mitarbeiter für das Straßenbauprojekt bekamen so viel Druck durch den Bauherren, dass ich zu einem Gespräch eingeladen worden war. Aber irgendein Tumult hatte meine Pläne geändert, und nun stand ich einigermaßen zornig oben am Rand der Versackung, blickte auf die mies gelaunte Truppe herunter und fühlte mich wie ein unzufriedener Sklaventreiber im alten Ägypten.
Sofort redeten alle durcheinander.
„Das hält doch keiner aus da unten!“
„Da fault was!“
„Irgendwer fand’s lustig, eine Stinkbombe im Schacht zu zünden.“
„Es stinkt bestialisch!“
Ich hob abwehrend die Hände: „Moment! Nicht alle auf einmal!“
Ruhe kehrte ein und der Geologe drängte sich in mein Blickfeld. „Es riecht nach Verwesung“, erklärte er frustriert, „Ich hatte mal eine Maus im Keller, die zwischen dem Abflussgitter und dem Rückstauventil im Boden verendet ist. Das roch genauso. Aber bei dem Gestank muss mindestens ein Fuchs oder ein Dachs in der Höhle gestorben sein. Das Problem ist nur, dass wir das Viech nicht finden können.“
„Oh verdammt“, seufzte ich und kratzte mich frustriert im Nacken. „Habt ihr wirklich alles abgesucht?“
„Naja, so ziemlich. Dein verrückter Archäo-Esoteriker lässt uns nicht in den Steinkreis, aber in der Kuppelgrotte ist der Gestank kaum wahrnehmbar. Ansonsten haben wir alles abgesucht.“
Bei dem Spitznamen, den der Geologe so selbstverständlich vor allen Ausgrabungsteilnehmern für Volker gebrauchte, fiel mir ein, dass ich noch ein ernstes Wörtchen mit dem Archäologen zu reden hatte. Die Harmonie in diesem Team war auch so schon nicht berauschend. Ein Querschläger machte alles nur noch schlimmer. Jetzt bemerkte ich auch, dass er sich nicht unter den Anwesenden befand. Köster fehlte ebenfalls.
„Bis auf den Spalt“, warf jemand ein.
„Wie bitte?“, hakte ich nach.
„Na, den Spalt, wo der Regen versickert ist. Da konnten wir nicht nachsehen, weil das Licht nicht weit genug reicht.
Ich begriff, worauf die Sache hinauslaufen würde, und zückte mein Smartphone. „Ich kümmer‘ mich drum“, brummte ich.
Zuerst verlegte ich den Termin beim Tiefbauamt, danach wollte ich schon meinen Vorgesetzten anrufen, doch bevor ich die Wahltaste drückte, kam mir ein Gedanke, der mich innehalten ließ.
Mit einer bösen Vorahnung wählte ich stattdessen die Nummer der Polizei und ließ mich zu den Beamten durchstellen, die unseren Fall betrauten.
Ich schilderte meinen Verdacht und sie stimmten mir zu, dass ich richtig gehandelt hatte. Die Angelegenheit sei auf jeden Fall prüfenswert.
Zwei Stunden später war die Spurensicherung mit Speziallampen und High-Tech-Ausrüstung vor Ort, um den Spalt am Boden der Schachtgrotte mit einer Kamera zu durchleuchten.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen, und sagenhafte 12 Minuten, bis der Umriss eines toten Körpers von der Kamera eingefangen wurde.
Es war weder ein Fuchs noch ein Dachs.
Es war ein Mensch und die Kamera zeigte deutlich, dass er Arbeitskleidung trug, auf der das Logo der Baufirma prangte.
Die darauffolgende Unterredung mit der Kriminalpolizei war recht knapp.
„Ich lehne mich vielleicht etwas aus dem Fenster, aber ich vermute mal, dass wir den Saboteur gefunden haben“, kommentierte der Beamte trocken.
„Wie schrecklich“, entgegnete ich, „So einen Tod wünscht man wirklich niemandem.“
Der Beamte grunzte nur zur Antwort. Er war recht beleibt und das graumelierte Haar zeugte von seinen vielen Dienstjahren, die ihn offensichtlich empathielos und kaltschnäuzig gemacht hatten.
„Fürs Protokoll“, begann er und fixierte mich mit einem harten Blick, „Kannten Sie ihn?“
„Nicht persönlich. Ich glaube, er gehörte zu dem Team, das hier gearbeitet hat, bevor das Bauprojekt für die Ausgrabung ausgesetzt wurde. Sein Gesicht kam mir vage bekannt vor“, ich schauderte, „Oder das, was davon übrig ist. Denken Sie, er wurde angestiftet?“
„Das wissen wir noch nicht. Aber wir werden es prüfen. Der Tote zählte zu unseren Hauptverdächtigen, weil er nach der Sabotage von seiner Freundin als vermisst gemeldet wurde. Der Gedanke lag nahe, dass er sich aus dem Staub gemacht haben könnte, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Was glauben Sie, wie er in den Spalt gekommen ist?“
„Vermutlich ist er hineingefallen“, spekulierte ich. „Die Höhle ist im Dunkeln extrem unübersichtlich, selbst dann, wenn man eine Taschenlampe dabei hat. Falls das Licht ausfiel, während er noch drin war, dann hat er vermutlich das Loch nicht gesehen, es fälschlicherweise für einen harmlosen Schatten gehalten und ist Opfer seiner eigenen Zerstörungswut geworden.“
Der Beamte grinste freudlos.
„Machen Sie die Höhle jetzt wieder dicht?“, wollte ich wissen.
Der Kripo-Beamte wiegte den Kopf zur Seite und überlegte kurz, bevor er antwortete: „Wir prüfen gleich die Fingerabdrücke und sagen Ihnen dann, ob das nötig ist.“
„Das klingt gut. Ich muss mich noch einen Kollegen kümmern, Sie finden mich in der Kuppelgrotte. Meine Telefonnummer haben Sie ja schon, falls Sie noch Fragen haben.“
„Natürlich, aber ich denke, das wird nicht nötig sein“, brummte der Polizist selbstsicher, „Ich glaube, dass wir das recht schnell klären können.“
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