ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
„Hey.. HEY! ‚Sie dürfen da nicht rein!“ Doch der hagere Mann im weissen Laborkittel hört nicht auf die blonde Ziege, die, die Dringlichkeit seines Anliegens einfach nicht verstehen will. Er reisst die geschlossene Bürotür auf und geht schnellen Schrittes auf einen grossen, runden Holztisch zu, an dem einige Männer versammelt sind. „Entschuldigen Sie meine Herren aber ich habe hier etwas, das Sie ungemein interessieren wird!“, versichert der Wissenschaftler mit eiserner Stimme. In den Händen hält er ein gelbes Aktenpapier in dem einige Blätter stecken. Die Männer am Tisch durchlöchern ihn mit ihren Blicken, bis sich schliesslich ein älterer Mann mit weisser Halbglatze und Lesebrille zu Wort meldet.
„Hmm.. Nun da Sie wunderbar dem Klischee des aufgebrachten Wissenschaftlers, der einfach irgendwo herein platzt, entsprochen haben, würde es mich doch sehr interessieren ob Sie tatsächlich einen guten Grund dafür haben. Treten Sie näher und.. sprechen Sie.“ Der Störenfried nickt dankend und legt dem älteren Herr seine Dokumente vor. Er zögert bevor er sein Anliegen vorbringt. „Nun.. Mmh.. Ich weiss nicht ob das für alle Ohren hier im Raum bestimmt ist..“ der Ältere winkt ab. „Diese Leute gehören zum Team und sind alles NSA Agenten. Sie würden es sowieso erfahren.“ „Gut gut.. Mein Name ist Sykes, Matthew Sykes. Ich arbeite für die NASA und bin unter anderem Zuständig für die Satellitenüberwachung. Vor ein paar Tagen wurden wir von der kubanischen Polizei kontaktiert, aufgrund von drei Vermisst-Meldungen, die von einer kleinen Ferieninsel in der Karibik stammen. Die Polizei vermutet, dass die drei Vermissten gemeinsam auf eine Angeltour gingen und nie zurück kamen. Der eine Herr.. Ähm.. Genau.. José Carera betreibt dort nämlich Bootstouren für Touristen. Jedenfalls wurden wir gebeten, die Aufnahmen der letzten Tage durchzusehen, da die Behörde vor Ort keine Hinweise auf das Verschwinden der drei feststellen konnte. Sehen Sie hier das erste Foto..“
Es zeigt eine vergrösserte Aufnahme eines kleinen Bootstegs in der Karibik. „Hier sieht man, wie das junge Paar Tina Sanders und Daren Harper zu Mr. Carera auf das Boot steigen. Sie dürfen es ruhig weitergeben. Dann hier das Zweite. Es zeigt die drei beim Angeln auf offener See. Und das Dritte..“ Der alte kneift die Augenbrauen zusammen. „Genau..“, sagt Sykes, „Aber es wird noch besser.. Nun okay „besser“ ist wohl das faIsche Wort. Egal.. Das Boot, wie es sinkt.. Dann hier das Vierte und das Fünfte. Einer nach dem Anderen verschwindet einfach von der Wasseroberfläche. Offensichtlich schwammen Sie zur Insel und.. damit kommen wir zu den beiden letzten Bildern..“ Die Männer am Tisch schütteln ungläubig die Köpfe, als sie die Aufnahmen betrachten. Bei einigen klappt die Kinnlade herunter. „Sie zeigen Daren Harper, wie er erstens ein uns unbekanntes Tier oder Wesen erlegt und Zweitens, wie er von eben diesem, als es plötzlich einfach wieder aufsteht, in den dichten Wald dieser Insel flüchtet.“ Der Leiter der NSA scheint äusserst verwirrt.
„Das ist.. In der Tat beunruhigend. Wie haben Sie sich die weiteren Schritte denn vorgestellt?“ Sykes schiebt seine runde Brille den Nasenrücken hoch. Sein Blick strotzt vor Mut und Tatendrang. „Ich möchte diese Insel untersuchen. Und ich möchte, dass Sie mir ein paar Leute mitgeben. Leute, die sich zu wehren wissen. Ich habe nachgeforscht. Über diese Insel gibt es absolut nichts. Lediglich die umliegenden Bewohner erzählen sich scheinbar seit Längerem abstruse Geschichten und Märchen darüber. Sie nennen sie Locura, was so viel bedeutet wie: Wahnsinn.“ „All zu abstrus scheinen mir die Geschichten aufgrund des vorliegenden Bildmaterials wohl nicht zu sein.. Aber gut. Ich denke eine Untersuchung der Ereignisse vor Ort scheint wohl das Beste zu sein.“Der Mann schaut über seine Lesebrille hinweg in die Runde. „Wer möchte es übernehmen, für Mr. Sykes ein Team zusammen zu stellen?“
Noch bevor der Satz beendet war, schnellt ein vornehm gekleideter Mann mitte dreissig von seinem Stuhl hoch. „Ich kümmere mich gerne darum Mr. Adams!“ Adams nickt. „Also dann.. Mr Sykes, das ist Agent Keaton. Er ist ein langjähriges Mitglied unserer Organisation und äusserst zuverlässig. Bitte Mr. Keaton..“, sagt Adams und überlässt ihm das Wort. Dieser wendet sich an Sykes. „Ich werde gleich die nötigen Vorkehrungen treffen. Kommen Sie morgen um diese Zeit wieder hier her. Ein Hubschrauber wird Sie und ihr Team zur Insel fliegen. Die Reise sollte nicht länger als ein paar Stunden dauern.“ Sykes bedankt sich und verlässt das Büro.
Die Rotorblätter des Helikopters surren leise im Hintergrund, als Sykes seine unbequemen Kopfhörer richtet. Etwas angespannt beisst er sich nervös auf die Unterlippe. Die letzten 10 Jahre bei der NASA hatten nicht viel Raum gelassen für grössere Unternehmungen, geschweige denn eine richtige Expedition. Nur die gelegentlichen Ausflüge mit seiner Tochter Leslie haben nebst der grösstenteils eintönigen Arbeit für etwas Abwechslung und ein gewisses Gefühl von Privatleben gesorgt. Gespannt schaut er in die Gesichter der Männer, die ihn begleiten. Ein Waffentraining hatte er vor Jahren einmal gehabt, kann sich jedoch nur noch wage daran erinnern. Deshalb ist er froh, als er sieht welch starke, tapfere Männer ihn begleiten. „Ich bin Rhino..“, sagt ein bärtiger Typ mit Stiernacken in das Mikrofon vor seinem Mund. Obwohl die Stimme etwas verzerrt aus Sykes Kopfhörern dringt, hört er wie tief und rau sie ist. „Der hier neben mir heisst Dostovel.. Oder Dost, wie Sie wollen..“, fährt Rhino fort, „Und der da neben Ihnen ist Tagart. Wir werden Sie bei Ihrer Expedition so gut unterstützen wie wir können. Und lassen sie sich eins gesagt sein: Wir verstehen unser Handwerk!“ Sykes lächelt und nickt. Dann fällt sein Blick auf Dostovel, der ihn eingehend studiert. Seine Augen strotzen vor Geistesgegenwart. In den Händen hält er einen modernen Jagdbogen mit Waldmuster und im Gürtelholster steckt eine schallgedämpfte 1911er Pistole. Ausserdem führt er eine scharfe Machete mit sich, die an seinem Rücken befestigt ist. Dieser Soldat scheint offenbar die leise Art zu bevorzugen.
Lange schauen sich Sykes und Dostovel in die Augen. Sykes glaubt das dieser Mann ihn Stundenlang ansehen könnte, ohne dass ein Gedanke in seinem Verstand, ein Urteil über die Situation fällen könnte. Pure Achtsamkeit. Plötzlich drängt sich Rhinos grinsende Fratze in Sykes Blickfeld. „Er kann sogar leise scheissen! Wenn die Wurst ins Wasser plumpst, gibt das Wasser keinen Ton von sich!“, scherzt er und lacht. Dostovel reagiert nicht. „Manche denken er versteht unsere Sprache gar nicht. Andere wiederum behaupten er hätte einfach einen Knacks.“ Rhino stösst seinem Kameraden freundschaftlich den Ellenbogen in die Seite. Dostovels mit Laub bestückte Uniform raschelt unhörbar. Sykes hebt eine Augenbraue. „Ich würde eher behaupten, dass er einfach seinen Verstand im Zaum zu halten versucht. Es kann enorm vor teilhaft sein, nicht gleich jede neue Situation oder jedes neue Bild, durch den beschränkten Schleier des Verstandes zu betrachten..“ Sykes hofft aufgrund seiner Äusserung auf eine Reaktion seitens Dostovel, doch sie bleibt aus.
Rhino kratzt sich am Kopf.“Das ist mir zu hoch, hahah. Die Hauptsache ist ja, dass ich mich auf ihn verlassen kann.“ Als Sykes nun Tagart in Augenschein nimmt, fällt ihm dessen enorme Unscheinbarkeit auf. Tagart ist so unscheinbar, dass er schon wieder heraussticht. Auch an seiner normalen Einsatzkleidung und seinem Standard Gewehr ist absolut nichts bemerkenswertes. Auf Sykes wirkt Tagart wie ein unwichtiger Nebencharakter, der wahrscheinlich als Kanonenfutter dient und als erster das Zeitliche segnen wird. Nach wenigen Flugstunden, in denen Rhino seine Witzchen reisst, Dostovel sein Schweigen schweigt und Tagart weiterhin langweilig bleibt, ertönt in den Kopfhörern die Stimme des Piloten.
„Wir nähern uns der Insel, Ich sehe eine Lichtung, in der ich Sie absetzen kann. Ich und Beth hier neben mir werden den Hubschrauber so lange Sie weg sind bewachen.“ „Hallo.“, sagt Beth ins Mikrofon. Eine süsse Stimme, die in dieser Geschichte leider nicht mehr zu hören sein wird. Zeitgleich mit den letzten Worten des Piloten landet der Helikopter. „Sie können sich über Funk mit uns verständigen. Wenn etwas schief geht, sind sie auf sich allein gestellt. Dies ist eine streng geheime Operation.. Viel Glück!“ Rhino steht auf, öffnet die schwere Schiebetür und springt hinunter in eine saftig grüne Wiese mit hohen Gräsern. Der Wind des Rotors scheucht die Sträucher wild umher. Dann folgen Sykes, Tagart und Dostovel, der noch in einem Rucksack unter der Sitzbank herumwühlt und ihn dann zurückstellt. Sykes stutzt. „Wollen Sie den nicht mitnehmen?“ Dostovel sieht ihn kurz an, springt neben ihn ins Gras und läuft ohne ein Wort an ihm vorbei. Sykes zuckt mit den Achseln und schiebt die Tür wieder zu.
Die Vier blicken sich auf der Insel um. Sie ist sehr gross und dicht bewaldet. Von oben hatte man erkennen können, dass sich Locura sichelförmig in die Länge zieht. Sie stehen nun sozusagen auf der Südsichel und vor ihnen, sehen sie sich zwei grossen Hügeln als Hindernis gegenüber. Die Sonne steht hoch am Himmel. Nach dem Abflachen der Rotorengeräusche, kehrt Stille ein. „Nach Ihnen, Herr Wissenschaftler!“, scherzt Tagart. Sykes kann ihn nicht ausstehen. Dostovel zieht sich einen grünen, dünnen Schal über den Mund und wirft sich eine Kapuze über. Rhino rollt stolz mit den stämmigen Achseln – Das leichte Maschinengewehr 120 geladen und entsichert fest im behandschuhten Griff. Sykes schultert den Rucksack, seufzt nervös und macht den ersten Schritt, dem Hügel entgegen.
Ihr Weg führt von der Wiese hinab an den Saum eines Kiefernwaldes. Obwohl die Stämme nicht sehr breit sind, muss sich die Gruppe doch ganz schön anstrengen, ins Innere des Waldes vorzudringen. Alles ist überwuchert mit allerlei Wurzelzeug und verschiedenen Gewächsen. Sykes muss grinsen, als Dostovel mit seiner Machete vorausgeht und das arme Buschwerk mit harten Hieben zusammen schlägt. Der Wissenschaftler kommt sich vor, als würde er gerade seine eigene Version des Filmes Predator aus den 80ern erleben. Kurz nachdem sie cirka eine halbe Stunde später am Fuss des Hügels angelangen, hebt Dost einen Arm. Die anderen halten sofort an und lauschen gespannt. Ein Kratzen über ihnen lässt sie zusammenfahren. Ihre Blicke schnellen den Hang hinauf. Oben, an einer steilen Felswand bröckelt ein kleiner Steinhaufen auf sie herab. Etwas schwarzes entzieht sich schnell ihrem Blickfeld. „Das muss dieses Ding sein..“, murmelt Sykes. „Oder.. eines davon.“, erwidert Rhino, den Hügel hoch zielend. Vorsichtig begehen sie einen von weiteren Bäumen umgebenen Trampelpfad, den Berg hinauf. Alle sind nun so wachsam, dass sie Dostovel schon fast Konkurrenz machen könnten. Doch für eine weitere halbe Stunde über ein Chaos aus Geröll und dunkler Erde bleibt ihre Reise frei von Störungen jeglicher Art.
Dann treten sie auf den Gipfel. Vor ihnen befindet sich ein flaches Plateau, das jedoch schmal an einer letzten Felswand herumführt. Beim Abhang geht es bestimmt 150 Meter tief nach unten. Tagart tritt an den Rand. „Scheisse. Da möchte ich nicht hinunterfallen..“, meint er und beisst die Zähne zusammen. Plötzlich löst sich ein Stein unter seinem Stiefel. Rhino stürzt auf ihn zu und kann ihn gerade noch am Kragen packen. „Verdammt Tagart, was hast du getan, dass dich das Universum auf so eine ironische Weise tot sehen will?! Ein Glück dass du mich hast, der auf deinen Arsch aufpasst.“ Tagart wischt sich den Schweiss von der Stirn. Nach diesem Schreck ist eine Pause angebracht.
In wenigen Minuten ist eine kleine Feuerstelle errichtet. Dost bringt mit Hilfe eines Feuersteins gekonnt die brüchigen Ästchen zum Brennen. Sekunden später lodern die Flammen. Sykes zieht eine Box mit blauem Deckel aus seinem Rucksack. „Du hast „Tupperware“ dabei?“, fragt Rhino belustigt. Sykes Augen werden ganz schmal. „Was ist damit?“, fragt er wie ein kleiner Junge, der einen potenziellen Mobbing-Angriff vermutet. „Ach nichts!“, meint Rhino, „Mir gefällt nur das Blümchenmuster auf dem Deckel.“ Sykes läuft plötzlich Rot an, als er bemerkt, dass seine Frau ihm die Box seiner Tochter mit eingepackt hat. Für einen Moment, wirklich nur für einen kurzen Moment, scheint es, als würde sogar unter Dostovel’s Maske ein Lächeln unterdrückt werden. Tagart läuft derweil zu einem Haufen aus Ästen und zieht einige hervor, um das Fleisch darauf auf zu spiessen. Kurz stockt sein Atem, als es über ihm raschelt. Ein Eichhörnchen. Tagart seufzt erleichert und begibt sich zurück zum Lagerplatz. Währenddessen fragt er sich, ob es auf den Inseln in der Karibik überhaupt Eichhörnchen gibt. Jedenfalls reicht er seinen Kameraden die Äste und setzt sich mit dem Rücken zum Abhang ans Feuer. Als das zarte Geflügelfleisch fertig gebraten ist, beissen die Gefährten hungrig rein. Sykes lässt, fürsorglich wie er ist, seine Wasserflasche herumreichen. Die Männer geniessen das Zusammensein für eine Weile.
„Also Sykes..“, beginnt Rhino, „Was denkst du was das für ein Tier ist?“ Sykes schluckt ein Stück Fleisch herunter und räuspert sich. „Hm,Hmm.. Ich.. Habe keinen Schimmer. Es muss etwas Neuartiges sein.. Vielleicht ein Urwesen, dass sich nun an die Oberfläche traut. Aber dieser seltsame Schlund auf seinem Rücken.. Wirklich höchst interessant. Es scheint Symbiose mit anderen Arten betreiben zu wollen.. Aber zu welchem Zweck? Sicher ist es nicht zum Schutz wie zum Beispiel bei einem Clownfisch, der sich in die Seeanemonen kuschelt, weil die giftigen Nesselkapseln an deren Enden, andere Fische abwehren. Es könnte der Weiterentwicklung des eigenen Organismus dienen. Naja.. Das sind alles Spekulationen, bis wir ein Exemplar zu Gesicht bekommen.“ Tagart stösst einen amüsierten Lacher aus. „Das dürfte wohl..“Abrupt bricht sein Satz ab. Ein haariger, langer Pfahl steckt wie ein Speer in seiner Brust und bohrt sich weiter und weiter nach vorne. Galle und Blut schiesst aus seinem Mund. Das Gemisch landet im Lagerfeuer und zischt laut auf. Sykes würgt als ihm einige Tropfen an die Lippen spritzen. Die Übelkeit kocht unaufhaltsam in ihm hoch. Erschrocken sehen die drei ihrem Kameraden zu, wie er langsam in die Höhe gehoben wird. Unter ihm erscheint hinter der Kante des Abhangs ein mit schwarzen Haarstoppeln gesäumtes Haupt.
Ein Spinnenartiges Zischen dringt aus der hässlichen Visage. Giftgrüne Augen blitzen unter dem Fell hervor. Die Männer schrecken zurück – greifen nach ihren Waffen. Das Wesen kraxelt zu ihnen auf die Plattform, während Tagart stöhnend nach dem schwarzen Pfahl in seiner Brust greift. Verwirrte Befehle laufen in seinem Hirn um die Wette, während Tagart fühlt, wie sein Herz langsam versagt. Doch das Tier belastet sich nicht weiter mit ihm. Es schnellt sein Bein ruckartig dem Abhang entgegen. Tagart’s schlaffer Körper rutscht wie auf Butter davon ab und fliegt in hohem Bogen in die Tiefe – Sein Körper dreht sich wie ein Windrad. Das Tier schiesst auf die drei verbleibenden Soldaten zu. „DU HURENSOOHN!“, schreit Rhino. Sein MG knattert los. Die Spinne, die noch nie eine Waffe gesehen hat, stolpert zurück, als die schweren Kugeln hart in ihren Leib eindringen. „NEIN! Es darf nicht abstürzen!“, brüllt Sykes und rüttelt an Rhino. Doch der Soldat ist in Rage über den Verlust seines Kameraden. Die Spinne quiekt und kreischt – weicht weiter und weiter zurück.. und., fällt. Für kurze Zeit wird es ganz still. Nur das Zischen des Laufs ist zu hören.
„Das hättest du nicht tun sollen.“, wirft Sykes Rhino vor. Dieser packt ihn am Kragen. „Ich SCHEISS auf dein Vieh! Es hat gerade meinen Kumpel abgestochen und du heulst ihm nach?! Verdammte Wissenschaftler!.. SCHEISSE!“ Dostovel scheint von Tagart’s wüstem Ende eher unbeeindruckt. Den Bogen im Anschlag blickt er ruhig umher. „Sshhh..“, zischt er. Die anderen beiden verstummen. Fernes Getrappel und Geraschel ist zu hören. Es kriecht und kratzt – rumort im Boden und in den Felsen. Rhino schluckt seinen Ärger. „Los!“, ruft er und zieht Sykes mit sich. Die Drei rennen weiter, verfolgt von lauter werdendem Getöse. Dann erscheint über ihren Köpfen eines der Wesen. Es krabbelt an der Wand entlang auf sie zu. Schnell wie der Blitz springt es vom Fels. Dostovel dreht sich im Rennen, spannt den Bogen, lässt die Sehne surren und der spitze Jagdpfeil trifft den Angreifer in den Bauch. Genau am Ansatz, wo die acht Beine zusammenlaufen.
Die Spinne segelt betäubt über die Köpfe der Männer hinweg in den Abgrund. Hinter ihnen macht sich wildes Gerangel bemerkbar. Rhino läuft einige Schritte rückwärts. Er setzt sein Gewehr an und jagt den nahenden Gegnern einige Salven um die Ohren. Manche überschlagen sich – stolpern über ihre Artgenossen, kreischen in unheimlichen Lauten und brechen sich die knorpeligen Gliedmassen. Ein furchtbares Chaos aus Körpern und Staub poltert der Gruppe entgegen. Schon als sie fast am anderen Ende des Hügels ankommen, verlässt ein weiteres Wesen seine Deckung. Obwohl ihre Körper schwer und nur wenig agil erscheinen, sind die Tiere doch gute Jäger, die schnell lernen und neue Taktiken ausprobieren. Die Spinne springt auf Sykes zu – Mit dem offenen Schlund auf dem Rücken voran. Dostovel bemerkt es zuerst. Er zögert nicht. Mutig rennt auf den wehrlosen Wissenschaftler zu, wirft ihn zur Seite und wird stattdessen von der Spinne gepackt. Unter Anspannung rangelt er mit dem Feind, er taumelt auf die Kante des Weges zu. Sein Fuss rutscht ins Freie. Still.. Ohne zu schreien, verschwindet er.
Sykes rappelt sich verwirrt auf. Er war hart mit dem Gesicht im Dreck aufgeschlagen und wischt sich nun das Gesicht mit dem Ärmel ab. Hatte der Stille Soldat ihm gerade das Leben gerettet? Gemeinsam mit Rhino eilt er auf die Stelle zu, wo Dostovel abgestürzt war. Sie sehen nur noch wie das Buschwerk cirka 15 Meter unter ihnen raschelt. Rhino geht in die Knie und schlägt die Fäuste in die Erde. „Das darf doch nicht wahr sein.. Wir sterben wie die Fliegen verflucht!“ Nun sind sie nur noch zu Zweit. Er kämpft sich mit Mühe zurück auf die Beine und zieht Sykes abermals heftig mit sich. „Komm!“, befiehlt er, „Wenn wir leben wollen, müssen wir den Hubschrauber kontaktieren.. Umgehend! Ich erkläre die Expedition hiermit für beendet! Suchen wir nach einem Unterschlupf!“ Sykes richtet die Brille, die schräg auf seiner Nase sitzt und nickt entrüstet – Die Gedanken noch immer bei seinem Retter. Die beiden rennen was das Zeug hält, biegen am Fuss des Hügel’s angekommen links ab und springen über abgebrochene Stämme und anderes Gehölz, in der Hoffnung die Verfolger abzuschütteln. Auf einmal bleibt Sykes stehen. „Sieh doch!“, ruft er und zeigt auf ein schweres Metalltor in der Felswand. Es steht offen und ist bedeckt von Moos und knorrigen Ranken. Das dunkle Loch dahinter blickt ihnen einladend, sowie abweisend entgegen. Sie bewegen sich mit schnellen Schritten darauf zu. Noch bevor sie eintreten können, löst sich ein Schatten aus dem Gebüsch neben der Tür. Rhino lässt sein Gewehr fallen, als sich ihm der übelriechende Schlund über den Oberkörper stülpt.
Sein Schrei erklingt dumpf zwischen den vielen spitzen Zähnen auf dem Rücken der Spinne. Immer tiefer wird sein Körper in Wellenbewegungen hinein in den feuchten Rachen gezogen. Er kriegt keine Luft mehr. Das Innere des Tiers erdrückt ihn, während die Kleidung und seine Haut zu brennen beginnen, als wäre er in einen Topf voller Säure gefallen. Rhino steht Todesängste aus. „Töte Mich! Sykes!! TÖTE MICH!! Aahhh!“ Sykes sieht dem Kampf erst hilflos zu, fasst dann aber Mut, hebt das schwere Gewehr hoch und drückt den Abzug. Seine schwachen Ärmchen können dem Rückstoss nur knapp beikommen. Die Kugeln durchschlagen die Spinne sowie Rhino’s Beine. Schliesslich dringen die Kugeln so weit durch die Wunden der vorigen Geschosse tiefer in den Rumpf der Spinne ein, dass sie die Brust und den Hals des Mannes durchschlagen. Er wird von eisiger und doch wohliger Kälte übermannt – Das Ende in greifbarer Nähe, als seine Sinne allmählich versagen. Erleichtert gleitet er in ewigen Schlaf, nachdem sein blutiges Röcheln versiegt. Sykes eilt mit schwerem Gemüt in den Berg hinein. Er schwitzt und ist müde. Nun hatte er auch noch den letzten seiner Gefährten verloren.. Schlimmer noch. Er hatte ihn eigenhändig getötet. Was für ein sinnloses Unterfangen, denkt er, während sich eine tiefe Zermürbung in seinem Körper ausbreitet. Wie konnte nur alles so schnell schief gehen? Doch es bleibt keine Zeit, den Mut zu verlieren. Mehrere Verfolger, angelockt von den Geräuschen folgen ihm.
Es ist dunkel. Es riecht seltsam. Sykes kramt eine leistungsstarke Taschenlampe aus einer seiner Westentaschen. Ihr hellblaues Licht legt sich über die kantigen Felsen und schliesslich über eine rostige Treppe, die weiter in den Untergrund hinab führt. Die krächzenden Laute der Spinnen hallen von hinten an ihn heran. Er poltert die Stufen herunter. Unten angekommen findet er eine weitere Stahltür vor. Ebenfalls offen. Doch zu seinem Glück bemerkt er, dass er sie von innen verriegeln kann. Er schlägt die Türbögen zu und schiebt den schweren Riegel vor. Die Spinnen krachen gegen das Metall. Es dauert eine Weile, bis sich Sykes von den Ereignissen der letzten Stunde erholt. Die Schweisstropfen rinnen in Strömen über seine Wangen. Erschöpft gleitet er zu Boden. Einen staubigen Boden aus Keramikplatten. Sykes stutzt, als seine Hand über das glatte Material gleitet. Sowie er sich genug ausgeruht hat, erhebt er sich und folgt, begleitet von einem miesen Gefühl, einem hohen Gang weiter in den Komplex hinein. Er ist allein. Ängstlich und allein.. in gespenstischen Korridoren einer fremden Einrichtung.
Der Gang mündet in einer Halle. Viele Bürotische, auf denen sich alte Computermonitore befinden, sind überall verteilt. Etliche Akten und Papiere liegen verstreut im Raum. Sykes bewegt sich erstaunt durch die längst verlassenen Möbel weiter nach hinten. In einer Ecke, abseits von den anderen befindet sich ein grösseres Pult. Es gehörte wohl einem wichtiger gestellten Mann. Auf dem davor liegenden Drehstuhl sitzt jemand. Sykes geht auf ihn zu. Er hält den Atem an und seufzt, als er erkennt, dass der Mann vornüber gebeugt, mit dem Kopf auf der Tischplatte ruht. Allem Anschein nach ist er schon lange tot, denn es ist lediglich das Skelett eines Mannes in einer grauen Uniform. Im Schädel befindet sich ein kleines Einschussloch. Als Sykes den Tisch untersucht bemerkt er einen Gegenstand unter dem Kopf des Toten. Ein Tagebuch. Behutsam bewegt Sykes den Körper und beginnt den letzten Eintrag zu lesen.
„Sonntag, 18. Mai 1985 – Es ist getan.. Ich erwarte nicht, dass jemand jemals Verständnis für meine Tat aufbringen wird. Ich habe es nicht aus Bosheit getan.. Im Gegenteil. Ich habe es aus Liebe getan. Aus Liebe zum Leben, zu der Natur und seinen Geschöpfen. Auch wenn ich dadurch einige Leben auslöschen musste, erschien es mir der richtige Weg zu sein. Der Weg, einer neuen Spezies einen Platz und eine Chance zu geben. Die Menschheit hat zu lange alles zu unterjochen und kontrollieren versucht. Dieses Mal nicht.. Dieses mal.. Nicht. Sie haben nicht gelitten. Ich habe sie betäubt, bevor ich ihnen in den Kopf geschossen habe. Ihre Leichen liegen in der Abstellkammer zu meiner Rechten. Ich wünsche mir, dass wir alle in Frieden ruhen können. Die Tore sind offen für die Kleinen. Der Generator wird bald aussteigen und diesen Komplex in Dunkelheit und hoffentlich in Vergessenheit hüllen, so dass die „Caradia“ sich frei entfalten können. So, wie es von der Natur und ihrem Schicksal vorher bestimmt ist. Hiermit beende ich mein Leben. Gott, wenn es denn einen gibt, möge mir verzeihen und den Seelen meiner Opfer einen Platz in der Ewigkeit gewähren. Hochachtungsvoll – Jeremiah Hardigan.“
Sykes atmet schwer. Die Worte des Mannes gehen ihm nahe. Als er das Tagebuch einsteckt, sieht er was darunter gelegen hatte. Eine Akte mit der Aufschrift: Project: Biosphere. Schon will er die Akte öffnen um nachzusehen worum es sich bei dieser ganzen Sache eigentlich genau handelt, da überkommt ihn eine Gänsehaut. Eine fremde Stimme spricht. Nicht fremd, weil sie von einer anderen Person stammt. Fremd, weil sie nicht menschlich klingt. Und doch formt die Stimme Worte. „Habe., sie erwartet..“ Sykes zuckt zusammen, wirbelt herum und legt mit dem Gewehr an. „W-w-wer sind sie?“, stottert er, „Kommen Sie heraus, damit ich Sie sehen kann!“ Er duckt sich um die Taschenlampe, die ihm beim Anlegen heruntergefallen war wieder aufzuheben.
Ihr Schein erleuchtet einen Bereich ein paar Meter weit von ihm entfernt, im linken Teil des Raumes. Eine Gestalt tritt aus dem dortigen Türbogen. Ein grosser Rumpf mit vielen schwarzen Beinen wird sichtbar. Dann der Rücken. Auf dem Rücken ist, verwachsen mit dem Rumpf, ein menschlicher Oberkörper. Ganz von schwarzer krustiger Haut bedeckt. Das Wesen hebt die beiden ebenfalls menschlichen Arme in abwehrender Haltung. „Ich.. tue ihnen nichts.. Ich möchte.. sprechen.“ Sykes Herz befördert das Blut im Eiltempo durch seinen angespannten Leib. „W-wer s-sind Sie? Sind.. sind sie etwa.. Daren Harper?“ Das Spinnenwesen tritt mit langsamen, tapsigen Schritten näher. „Nein.. Und ja. Ich habe mich.. vereint. Seit Tagen trage ich ihn nun in mir. Ich habe.. seine Gefühle gefühlt.. Hier unten. Habe.. Erinnerungen gesehen. Verstehe nun vieles. Aber auch viele Fragen. Und.. Schmerz.. Viel Schmerz. Bin selber Schuld. Habe Freunde getötet ..“ „Sie meinen… Sie haben Darens Freunde José und Tina umgebracht?“ Die Kreatur nickt. „Ich wollte die Vereinigung. Aber habe nicht.. gewusst wie schlimm diese.. Diese Schmerzen. Ich habe gelernt seit letzter Vereinigung. Bessere Verbindung. Mein eigenes.. Leiden hervorgebracht.“ „Wer.. Was sind sie?“ „Schöpfer nennen uns Caradia.. Ist ein schöner Name.. Aber Name für viele. Ich habe eigenen Namen gewählt.. Aus Erinnerung.. Ich bin Walter..“ „Walter? Warum das?“ Walter tritt noch näher. „Tina mochte diesen Namen.. Erster Fisch heisst Walter.“ Sykes senkt die Waffe ein wenig. Eine gewisse Gelassenheit steigt in ihm auf. „Du meinst, du hast diesen Namen gewählt.. Weil du traurig bist, dass du Tina getötet hast und willst sie damit.. ehren?“ Walter nickt. „Faszinierend.. Aber.. Wenn sie die Verbindung so schmerzt, können Sie sie denn nicht einfach lösen?“ Walter senkt den Kopf. „Habe Angst was passiert. Auch wenn viel Schmerz.. Ich will ihn nicht gehen lassen.“ „Und.. wie sind sie hierher gekommen? Die Caradia?“ Walter zuckt mit den Schultern. „Hier geboren.. Viele, viele Jahre hier.. Ich habe eine Bitte.“
Jetzt senkt Sykes die Waffe ganz. Nur noch sein Lichtschein zielt auf Walter „Ich möchte, dass Sie gehen. Und zerstören diesen Ort. Alles.“ Sykes rümpft die Nase. „Aber.. Warum?“ „Weil ich.. der Älteste. Ich habe als erster gelernt zu schwimmen. Wenn die Caradia schwimmen.. Leid für alle Welt. Bitte..“ Walter streckt eine Hand nach Sykes aus. Eine flehende Geste. „Vereinigung nicht gut. Aber wir müssen vereinigen.. Verstehen Sie? Nehmen Sie Papiere und zeigen anderen Menschen. Vernichten diesen Ort!“ Sykes überlegt. Er blickt dem Wesen in die Grünen Augen. Aufrichtigkeit und Trauer spiegeln sich in ihnen. Sykes nickt. „Ich w..“ Geräusche. Geräusche einer berstenden Tür. Gekreische und Getrappel stürmen wie ein Berserker den Raum.
„Schnell! Nehmen Papiere! Ich helfe! Geben Sie mir die Feuerwaffe!“, dröhnt Walters Stimme wie ein Donner in dem Büroraum. Sykes wirft Sie ihm nach oben, schnappt sich die Akte und das Tagebuch und will schon los rennen. Die Geräusche der anstürmenden Caradia preschen durch den Gang. „Warte.. Hubschrauber zerstört. Habe gesehen durch Verbindung mit Caradia. Nimm das Boot. Es liegt am Waldrand des westlichen Strandes! Es muss noch in Takt sein, habe es viele male gesehen.“ „Der Hubschrauber ist zerstört?!“ „Ja.. Nicht unsere Schuld. Wollten angreifen.. Aber grosse Flamme hat verschluckt.“ „Scheisse, heute geht aber auch alles schief!“, flucht Sykes. Die Caradia sind nun schon fast durch den Gang. Walter nickt Sykes zu. „Ich verlasse mich auf dich, Mensch..“ Dann wendet er sich den Caradia zu, die nun in das Büro stürmen. „Gehen Sie durch hintere Tür. Führt nach draussen. Los!“ Sykes wirft einen letzten Blick auf Walter. Obwohl er nur kurz mit dem Wesen gesprochen hat, fällt es ihm schwer, Walter zurück zu lassen. Er hätte gern noch lange mit ihm gesprochen. Nicht nur aus wissenschaftlichem Interesse. Dann rennt er dem Augang entgegen – Die Akten über Project: Biosphere unter den Arm geklemmt. Hinter ihm knattert das Maschinengewehr los und dann.. verliert sich das Dröhnen der Waffe in einem Tornado aus Kampfgeräuschen.
Sykes rennt und rennt, irrt durch einen langen Korridor, bis der Boden schliesslich anzusteigen beginnt. Auch dort trifft er auf eine offene Stahltür und eilt weiter durch eine dunkle Höhle, bis an die Oberfläche. Ein starker Wind, Gewitterwolken und Regen begrüssen ihn. „Wo war.. das Boot?“, keucht er völlig ausser Atem, „Am.. Weststrand, das bedeutet ich muss nur gerade aus zum Strand und den Waldrand absuchen.“ Bevor er weitergeht, packt er die Papiere in seinen Rucksack, um sie vor dem Wasser zu schützen. Dann rennt er los. Über Stock und Stein. Eine rötliche Abendsonne scheint schwach durch die Wolkendecke. Nach einer gefühlten Viertelstunde erreicht er den Waldrand – blickt sich hilflos um. Er läuft einige Male hoch und runter, in der Hoffnung das versprochene Boot zu finden. Plötzlich sieht er es. Es lehnt an einem Baum, begraben unter wuchernden Sträuchern. Ein Blitz zuckt vom Himmel. „Komm schon raus!“, ruft er verzweifelt, als er bemerkt, dass das Boot festgewachsen ist.
Er sieht aufgrund eines Krachenden Lauts nach links in den Wald und.. wird umgeworfen. Eine Spinne hatte ihn verfolgt. Sie konnte sich an dem kämpfenden Walter vorbei schlichen uns Sykes verfolgen. So fest er kann, drückt er das feuchte Fell von sich weg, während der Schlund immer näher und näher kommt. Gelblicher Speichel tropft ihm ins Gesicht. Er wendet angewidert den Blick ab. Die Kraft in seinen Armen schwindet. Die Spinne ist viel stärker. Die feinen, spitzen Zähne sind ganz nah. Dann ein Einschlag. Ein Pfeil steckt im Kopfansatz. Die Spinne verliert an Kraft. Ein stinkender Todeshauch entweicht dem Rachen der Spinne, bis sie langsam stirbt. Sykes stemmt sie gegen links weg und bleibt kraftlos liegen.
Ein weiteres Rascheln in den Büschen. Eine weitere Spinne will sich für den Tod seines Artgenossen rächen und stürzt sich auf den erschöpften Wissenschaftler. Er verdeckt sein Gesicht mit den Armen, während er auf sein Ende wartet. Mehrfaches Zischen, begleitet vom Aufflackernden Mündungsfeuer ist zu hören. Eine Gestalt nähert sich – Läuft unbeirrt auf die Spinne zu, die bei jedem Einschlag der Geschosse zusammenzuckt, und verängstigt piepend zu Boden geht. Ein letzter Schuss in den kleinen Kopf des Tiers beendet sein Leben. Sykes reibt sich die Augen. Über ihm steht.. Dostovel. Die Kleidung auf der rechten Seite seines Körpers ist zerfetzt – fast angesengt und viele Schrammen sowie blutige Flecken zieren die Haut seines Arms. Doch obwohl er einen ungemein herausfordernden Kampf hinter sich zu haben scheint, blicken seine Augen ruhig und gefasst wie immer auf Sykes hinab. Dessen Verwunderung und Freude weicht, als nun er selbst in die Mündung des Schalldämpfers blickt. „W-W-was..“, stammelt Sykes. Dostovel schnaubt, lässt die Pistole einmal an seinem Finger kreisen und schiebt sie zurück in den Holster. Erleichtert lässt Sykes den Kopf zurück in den nassen Boden sinken. Nachdem ihm sein Retter aufgeholfen hat, macht sich Dost daran das Boot mit seiner Machete frei zuschlagen. „Wie zum Teufel hast du überlebt?“, fragt Sykes, der kopfschüttelnd daneben steht. Doch die Wiederauferstehung hat Dost nicht gesprächiger gemacht. Sein Schweigen – Eine Meisterleistung in jeder Form. Er weist Sykes mit einem Kopfnicken an, ihm beim Schieben zu helfen. Gerneinsam befördern sie das alte, aber funktionstüchtige Boot über den feinen Sand ins Wasser. Sogar die Paddel liegen noch darin. Sykes wirft erst seinen Rucksack hinein und springt dann über die Kante ins Innere. Dostovel schiebt derweil das Boot weiter und weiter aufs Meer hinaus, macht jedoch keine Anstalten selbst hinein zu kommen.
Sykes breitet fragend die Arme aus, als der Stille Soldat stehen bleibt und ihm hinterher sieht. „Was soll denn das?“ Doch wieder keine Reaktion. Sykes zieht verärgert eine Grimasse. Er sieht ein dass es keinen Sinn macht. „Na gut.. Aber ich werde dafür sorgen, dass die Insel zerstört wird. Bleib also nicht hier, egal was du vor hast“ Ein seltsamer Mensch, denkt Sykes. „Ach eins noch.. Dein Name.. Diese Waffe heisst doch Dostovei mit „i“, wenn ich mich nicht täusche. Dostovel hiess sie nur bei Goldeneye auf dem Nintendo?!“ Das erste mal und wahrscheinlich auch das letzte mal, hört Sykes Dost’s Lachen. Ein heiteres, ehrliches Lachen. Dann formt der Soldat mit seiner Hand eine Pistole und gibt zum Scherz einen Schuss auf Sykes ab. Dieser spielt mit und fasst sich wie im Theater an die Brust. Jetzt muss auch er lachen. Es fühlt sich gut an, nach all den Strapazen. Dann winkt er ihm ein letztes Mal zu, setzt sich hin auf die kühle Sitzbank und greift sich die Paddel. Dostovel sieht ihm noch eine Minute nach, bis er zwischen den im Wind tanzenden Blättern des Waldes verschwindet.
Eine ungeheure Stille herrscht in dem Bürokomplex, wo Walter seine letzte Schlacht geschlagen hatte. Dostovel geht wachsam durch den Raum. Er steigt über zahlreiche Spinnenleichen. Dann tritt er durch die Türschwelle, aus der Walter beim Treffen mit Sykes gekommen war. Dahinter folgt er einem schmalen Korridor, der in eine immense Lagerhalle führt. Haushohe Behälter tummeln sich hier und ziehen sich bis weit nach hinten. In den Behältern befinden sich schwarze Kugeln aus Biomasse. Viele sind von innen aufgebrochen, ja praktisch aufgeschmolzen worden. Auch die Türen, die zu den Kugeln hineinführen sind weit geöffnet. Es gibt jedoch noch sehr viele verschlossene Behälter und die Kugeln in Ihnen wirken unangetastet und rein, denn sie sind von hellerem Farbton, als die aufgebrochenen. Rechts, unweit vom Eingang entfernt, befindet sich eine Bürotür zu einem Kontrollraum. Dostovel tritt ein und betätigt erst jetzt den winzigen Knopf einer Lampe, die per Klammer an einem Riemen auf Brusthöhe befestigt ist. Nun leuchtet er jeden Winkel des Raumes ab. Rechts von ihm stehen drei Regale voller Chemischer Utensilien und dahinter ein geschlossener Schrank mit der Aufschrift: NX-16.
Links ragt unter einer grossen Scheibe, durch die man in die Lagerhalle sehen kann, ein Schaltpult mit vielen Knöpfen und Hebeln von der Wand weg. Dostovel setzt sich auf den davorstehenden Drehstuhl. Vor ihm liegt ein zusammengehefteter Papierbogen mit dem Titel: Namyrill X-16, Caradia Testläufe. Der Soldat greift sich den Bo gen, lehnt sich im Stuhl zurück und legt ihn auf den Schoss. Dann zückt er aus einer seiner Brusttaschen eine Schachtel mit selbstgedrehten Zigaretten plus ein schwarzes Zippo-Feuerzeug mit aufgedrucktem Totenkopf. Die Zigarette mit dem Feuerstein anzuzünden, wäre in etwa so Stilvoll gewesen wie das Lagerfeuer mit dem Feuerzeug zu entfachen. Das Aufglühen des Sargnagels erhellt seine dunkelbraunen Augen. Dann blättert er durch die Akte. Sein Finger gleitet über die Zeilen.
„Das Namyrill ist wirklich eine erstaunliche Substanz. Es modifiziert die Zellstruktur der damit in Berührung kommenden Organismen auf verschiedene Weise und lässt Mutationen vieler Art auftreten. Die Caradia, bestehend aus der DNS von Taranteln und Krabben, sind nur der Anfang. Der Schlund und ihr Drang, sich mit anderen Lebensformen zu verbinden ist ausschliesslich der Effekt des NX-16. Schon bald werden wir genug Daten gesammelt haben um weitere Testläufe zu starten. Bis dahin bleibt unser Unternehmen jedoch geheim. Ich will nicht daran denken, was man mit dem Namyrill anstellen könnte, würde es in die falschen Hände fallen.“ Als Dostovels Augen weiter den Zeilen folgen und er liest, woher die Substanz stammt verschluckt er sich während er Rauch inhaliert und hustet sich einen ab. Dann drückt er die Zigarette auf dem Pult aus und legt die Papiere vorerst zurück. Er erhebt sich vom Stuhl und geht auf den Schrank hinter ihm zu. Die Tür quietscht leise. Der Innenraum offenbart mehrere Regale voll mit hunderten Reagenzgläsern, in denen ein schwarzes Sekret ruht. Dost öffnet eine seiner Gürteltaschen und zieht einen ungefähr 20 Zentimeter langen Biotube, einen Behälter mit dem man Gefahrengut transportieren kann, hervor. Er lässt eines der Reagenzgläser darin verschwinden. Dann steckt er den Biotube zurück. Nun kommt eine Granate zum Vorschein. Er wiegt sie naserümpfend in der Hand. Ein wirklich unangenehm lautes Geräusch.. Aber sei’s drum. Es klickt als er den Stift zieht. Dann stellt er sie zwischen die restlichen Gläser und schliesst die Tür. Mit der Akte vom Schaltpult unter dem Arm, verlässt er den Kontrollraum. Er verzieht keine Miene als der Schrank mit dem Namyrill durch die Explosion in tausend Stücke gerissen und für immer vernichtet wird. Schliesslich könnte es sein, dass Sykes Vorhaben scheitert und die Insel noch einmal durchsucht wird. Dost begibt sich zurück in den Büroraum.
Schon will er sich auf den Weg zur Oberfläche machen, da hält ihn eine ächzende Stimme auf. „D-du.. darfst.. es.. nicht mitnehmen.“, flüstert Walter. Er liegt schwer verletzt an einer Wand. Sein Spinnenrumpf ist von grünem Blut und zahlreichen Wunden übersäht. Er hatte tapfer gekämpft. Dost geht langsam auf ihn zu – betrachtet die Kreatur. Sie streckt ihm eine Hand entgegen. „B-bitte.. nicht weg bringen.. Viel.. Leid. Namyrill..“ Dost kniet vor das Wesen. Vorsichtig nimmt er die ausgestreckte Hand in seine. Walter röchelt. Er ist nur noch Sekunden von seinem Tod entfernt. „Hörst du nicht?..“, schluchzt das sterbende Wesen. Der Mann drückt die fremde Hand ein wenig. „Shhh..“, beruhigt er Walter. Dieser hat nun sichtlich Mühe zu atmen und.. driftet langsam ab. Der Soldat bleibt noch einige Augenblicke bei ihm, bis er sicher ist, das Walter tot ist.
Dann macht er sich durch den anderen Ausgang – Den, durch den Sykes hineingekommen war, auf den Weg nach oben. Draussen trifft er auf die Leiche seines Kameraden. Genau wie bei Walter zuvor, verweilt er nun einige Momente bei Rhino’s Überresten – Scheint sich zu verabschieden. Dann zückt er ein Telefon und wählt eine Nummer. Es klingelt nur ein mal, bis jemand am anderen Ende dran ist. „Ich habe, was Sie wollten..“, sagt Dostovel mit leichtem russischen Akzent.