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Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Das Zimmer war spartanisch eingerichtet. Es gab dort kein Fenster, keine Gardinen an den Wänden. Die weiße Raufasertapete ging über in einen, einst geschmackvollen, doch mittlerweile ausgeblichenen, blauen Teppichboden über. Keine Kommoden oder Regale standen an der Wand, keine Bilder verzierten das
Zimmer. lediglich drei Sofas standen im Raum. So angeordnet, dass sie sich
gegenüber standen. Sie waren einfach gehalten und mit einem sanft schwarzen
Stoff überzogen. An der Decke hing eine schlichte, weiße Lampe.

Das Zimmer wartete. Es war kein lauerndes Warten, sondern eines in der
Gewissheit, dass schon bald jemand kommen würde, um die Leere auszufüllen. Die
braune Holztür an der Zimmerseite öffnete sich nach außen.

Ein Page, in einer schlichten schwarz-roten Uniform hielt einer Dame die Tür
auf. Sie stellte ihren Koffer im Türrahmen ab, betrat das Zimmer und sah sich
um. Das anfänglich aufgeregte Glitzern in ihren Augen wich einer nüchternen
Stille. Sie war groß, konnte maximal 50 gewesen sein, war grazil und schlank,
trug ein modisches, enganliegendes Kostüm und die braunen, lockigen Haare hatte
sie hochgesteckt, was ihre aufrechte Haltung unterstrich. Ihr feines Gesicht
strahlte Energie und Durchsetzungsfähigkeit aus. Ihre sinnlichen Lippen
glänzten in einem Purpurrot. Ein stilles Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Das ist es also, was?“, fragte sie mehr zu sich, als zu dem höflich
wartenden Pagen. „Ich hatte es mir ganz anders vorgestellt.“

„Was haben Sie denn erwartet?“, fragte der Page höflich.

„Nun…irgendetwas. Aber auf das hier….“, sie gestikulierte
durch den Raum, „wäre ich nicht gekommen. Aber nun, dann sei es so.“
Sie ging durch den Raum und betrachtete die Sofas. „Ich nehme an, eines
davon ist für mich?“

„Ich soll Sie nur herbringen.“, sagte der Page. „Was Sie in
diesem Raum tuen, das liegt nicht in meinem Aufgabenbereich.“

Die Dame sah sich um. „Und ein Bett gibt es nicht? Kein Bad?“

„Das werden Sie nicht brauchen. Niemand schläft hier“, erwiderte
der Page freundlich, aber emotionslos.

Die Frau nickte. „Vermutlich haben Sie recht. Wir sind ja auch nicht
hier um zu schlafen, nicht?“

„So ist es.“ Der Page sah die Frau an. „Ich gehe dann jetzt.
Ihren Koffer nehme ich mit. Sie brauchen ihn hier nicht.“

„Und wenn ich etwas brauche?“ Die Dame stellte die Frage, obwohl
sie die Antwort kannte.

„Was sollten Sie hier brauchen?“, entgegnete der Page. „Wenn
etwas ist, betätigen Sie die Klingel neben der Tür. Dann komme ich. Auf Wiedersehen.“
Der Page nahm den Koffer und schloss die Tür hinter sich.

„Ja,, auf Wiedersehen.“ Die Frau schloss die Augen. Doch keine
Traumbilder kamen, keine Ruhe stellte sich ein. Sie war wach und hatte einfach
die Augen geschlossen. Sie seufzte, öffnete die Augen, rückte ihr Kostüm zurecht,
setzte sich aufrecht aufs Sofa und wartete.

Die Stille umgab sie wie ein tiefer, leerer Ozean. Keine
Geräusche drangen aus den anderen Zimmern durch die Wände. Es war, als gäbe es
hinter den Mauern keine Welt. Vielleicht war es auch so.

Es dauerte nicht lange, bis es an der Tür klopfte und sie
sich erneut öffnete. Es war der Page und in seiner Begleitung ein unsicher
wirkender, mittelalter Mann in einem grauen Anzug, mit Brille und schütterem
Haar. Nervös sah er durchs Zimmer. Sein Blick blieb an ihr hängen und er
lächelte ihr ein nervöses Lächeln zu.

„Ah. Sie sind dann wohl die erste hier.“, sagte er
und versuchte vergeblich fröhlich zu klingen. Der Mann ging auf die Dame zu,
wischte sich seine Hände an den Hosenbeinen ab und hielt sie der Frau hin. „Mein
Name ist Martin.“

„Esther.“, sagte die Frau und schüttelte seine
Hand. Sie lächelte nicht, sondern musterte den verunsicherten Mann. Er wirkte
nicht wie einer, der absichtlich Schlechtes tun würde.

„Und, sind Sie schon lange hier?“, fragte er.

Esther sah durch den Raum und Martin erkannte, wie töricht
seine Frage gewesen war.

„Ah, ja….keine Uhr. Natürlich.“, lächelte er. Esther nickte.

„Ich gehe dann jetzt.“, sagte der Page.

„Halt, gehen Sie noch nicht.“ Martin fuhr herum
und ging auf den Pagen zu. „Was geschieht denn jetzt?“

„Was soll denn geschehen?“, wollte der Page
wissen.

„Naja. Irgendetwas muss doch geschehen.“ Martin
sah hilfesuchend zu Esther. Die sah ihn hochmütig an und lächelte.
„Verstehst du es nicht?“, sagte sie. „Genau DAS geschieht.“

„Aber…“ Martin drehte sich zu dem Pagen herum.
Der hatte die Tür mittlerweile geschlossen. Martin rüttelte an der Türklinke.
Doch die Tür war verschlossen.  Er
drückte die Klingel. Sie funktionierte nicht. Panik stieg in ihm auf. Er sah
durch den Raum und drückte wieder gegen die Tür. Sie bewegte sich nicht. Esther
sah ihm vom Sofa aus schweigend zu und lachte ein spöttisches Lachen.

„Sie wird nicht 
aufgehen. Nicht, wenn Du ängstlich, wie ein Kind dagegentrittst.“

„Warum bist Du so garstig?“, fragte Martin sie
verzweifelt.

Esther lachte wieder. „Wäre es dir lieber, wenn ich
dich belüge?“

„Manchmal ist eine Lüge gnädiger als die
Wahrheit.“, entgegnet Martin und hämmerte gegen die Tür. „Hallo?
Hallo!!!!“ Doch niemand kam

„Ich habe immer die Wahrheit gesagt. Wer sich ihr nicht
stellen kann, ist schwach.“ Esther wusste, dass ihre Worte den Mann
treffen würden und der zuckte unmerklich zusammen und sah sie an.

„Und wie viele Leute haben Deine Wahrheiten nicht
ertragen?“ Er hörte auf gegen die Tür zu treten und setzte sich Esther
gegenüber aufs Sofa. Esther sah ihn an. Er erinnerte sie an Ben. Ein bisschen.
Ben war stärker in seiner Persönlichkeit gewesen. Er musste stark sein, um an
ihr nicht zu zerschellen. Doch sie hatte unterschätzt, dass es für manche
Menschen harte Arbeit ist, stark zu sein. Und man immer einmal schwache Momente
hat. Einer dieser Momente hatte genügt. Martin war vielleicht mal stark
gewesen, oder wünschte es sich. Doch er war es nicht. Sie spürte keine
Abneigung, doch innerlich sah sie auf ihn herab.

„Es geht nicht um meine Wahrheiten. Es geht um
Standing.“, sagte sie und versuchte milde zu klingen.

„Sieh, wohin dein Standing dich gebracht hat.“
Sein Spruch traf sie. Sie ließ es sich nicht anmerken. Esther wollte gerade zu
einer spitzen Bemerkung ansetzen, als die Tür sich erneut öffnete. Der Page
führte einen großen, schlanken Mann, mit dunklen, nach hinten gegelten Haaren
und durchdringenden braunen Augen ins Zimmer. Er trug einen modischen,
schwarzen Anzug und eine rote Krawatte. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine
Lippen. Er wirkte wie jemand, der wusste, wer er war und wie er wirkte.

Er rückte seine Krawatte zurecht, nickte dem Pagen zu, der
zurücknickte und hinter ihm die Tür schloss. Dann ging er auf die Sofas zu. Er
musterte Martin kurz und Esther intensiv. Sie musterte ihn ihrerseits. Dann
hielt er ihr die Hand hin.

„Henry.“, sagte er mit einer kräftigen und
präsenten Stimme. „Henry Hendrichs.“ Esther schüttelte seine Hand
eher uninteressiert. Martin stand auf und hielt ihm seine Hand hin. Henry nahm
sie eher beiläufig.

„Martin.“, sagte Martin und lächtelte.

„Ah, okay.“, Henry setzte sich auf das letzte
freie Sofa und sah die beiden anderen an. „Tja. Hier sind wir nun
also.“

Eine unbehagliche Stille schloss sich an. Martin hüstelte
nervös. „Naja. Vielleicht ist das ja auch nur vorübergehend und…“

„Komm klar, Junge.“, unterbrach ihn Henry.
„Öffne deine Augen, Mann. Das Zimmer ist voll und hier drin ist kein Platz
für Hoffnung mehr.“

„Achja? Weil dein Ego alles ausgefüllt hat?“
Esther hatte wieder das spöttische glitzern in den Augen.

„Ich frage mich, ob etwas in Dir es wert ist, dass es
diesen Raum ausfüllen könnte.“ Henry hatte ein kaltes Lächeln auf den
Lippen. „Wenn du etwas findest, sag mir Bescheid. Solange ist mein Ego
hier drin gut genug.“

Esthers Lächeln erstarb. Sie sah ihn ausdruckslos an. Martin
fühlte sich unbehaglich.

„Vielleicht sollten wir schauen, dass wir hier gut
miteinander auskommen.“

Esther lachte. Henry sah ihn abschätzig an.

„Wir sind nicht hier, um gut miteinander auszukommen.
Zumindest vermute ich das. Selbst wenn, frage ich mich, wie ich mit euch gut
auskommen sollte. Guckt euch an. Glaubt ihr, ihr seid umsonst hier?“

Martin entgegnete seinem Blick ruhig. „Wer angreift,
hat meistens Angst angegriffen zu werden.“

„So ein dämliches Gelaber.“ Henry schnaubte.
„Wer sollte mich schon angreifen wollen?“

„Ja eben. Mach dich so unanttraktiv, dass niemand Lust
hat, sich dir wirklich zu nähern. Ich für meinen Teil habe keine Lust. Da finde
ich Esther angenehmer.“ Martin wirkte viel weniger unsicher, als er mit
Henry sprach.

„Es ehrt dich ja, dass du mich angenehmer findest. Aber
ob wir deshalb eine Gesprächsebene finden, ist die Frage.“, entgegnete
Esther.

„Wir müssen auch nicht reden. Ich kann das Sofa einfach
in die Ecke schieben und schlafe etwas. „Martin stand auf und versuchte
vergeblich das Sofa zu verschieben. Es bewegte sich nicht.

„Du kannst hier nicht schlafen. Niemals. Du kannst allenfalls die Augen schließen“, sagte Esther. „Du musst schon mit uns beiden Vorlieb nehmen.“

„Menschen wie ihr machen mich krank. Ihr glaubt, nur
weil ihr stärker als andere Menschen seid, gibt es euch das Recht andere auf
ihre Schwäche aufmerksam zu machen.“ Martin klang erregt. „Es schert
euch einen Scheiß, was ihr damit anrichtet. Ihr setzt euch einfach gnadenlos
durch.“

„Du bietest es jedem an, sich gegen Dich
durchzusetzen.“, entgegnete Henry trocken. „Und nun sieh, wohin dich
deine Schwäche geführt hat.“

„In das gleiche Schicksal wie dich.“ Martin sah
sein gegenüber an. „Und wenigstens hier bin ich nicht gewillt, dir mehr
Raum zuzugestehen, als dir zukommt.“

Henry zog überrascht eine Augenbraue hoch und nahm die
Kampfansage an.

Esther lachte. „Er hat wohl begriffen, wo wir
sind.“

„Komm, wer redet denn mit dir?“, wies Henry sie
zurecht. „Ich rede mit ihm“ Er nickte in Martins Richtung.“

„Was hat er schon zu sagen?“, wiegelte Esther ab.
Martin sah sie an und schwieg.

„Wie kann ein so hübsches Gesicht nur so viel Arroganz
in sich tragen?“,fragte Henry lächelnd.

„Ich habe mein Leben lang unter Leuten wie euch
gelitten. Unter euren Egos und Meinungen und unter eurer Überpräsenz. Doch hier
drin werden die Karten neu gemischt. Ich lasse jetzt nicht mehr alles mit mir
machen.“

Esther lachte meckernd. „Du? Du bist einer von denen,
die dankbar alles schlucken, was man ihnen vorsetzt, weil sie froh sind,
überhaupt was zu kriegen.“

„Warum magst du mich nicht? Ich habe dir nichts
getan.“ Martin sah sie fast flehend an.

„Weil du so bedürftig bist.“, antwortete Esther
angewiedert.

„Und du bist so attraktiv wie ein Aschenbecher.“
Henry lächelte sie boshaft an.

„Genau wegen Leuten wie euch, habe ich es getan.“,
sagte Martin leise und sah auf den Boden.

„Hast du was getan?“ Esther spitzte die Ohren.

„Es war einfach zu viel. Zu viel zu ertragen, von zu
vielen Menschen, die zu stark für mich waren. Und jeden Tag ein neuer Spruch.
Jeden Tag eine neue Demütigung. Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr.
Bis es irgendwann nicht mehr ging. Ich räumte meine Wohnung auf und ging zu den
Gleisen.“ Martin flüsterte die letzten Worte und schluckte.

„Und hast es getan? Hast du?“, fragte Esther.

„Der Zug kam. Und ich kam hier her.“ Martin sah
noch immer auf den Boden und barg dann seinen Kopf in den Händen. „Und nun
bin ich hier, mit euch.“ Er hob den Blick und sah Henry fest in die Augen.
„Aber jeder hat eine Schwachstelle. Und wenn du mich angreifst, finde ich
deine. Wovor soll ich hier noch Angst haben? Es gibt keinen Grund dafür.  Und wenn ich deine Schwachstelle gefunden
habe, dann trete und schlage ich auf Dich ein. Und ich weiß, du kannst nicht
fortlaufen. Und mich kannst du nicht totschlagen.“

Esther lachte. „Du? Gegen ihn? Lächerlich.“

„Gegen dich lohnt nicht. Ich bin wenigstens ein
Gegner.“, grinste Henry.

Esther schnaubte. „Ich hatte mit Feuerseen und
Kochtöpfen mit siedendem Öl gerechnet. Mit Folterbänken und Galgen. Stattdessen
bin ich mit euch in diesem Zimmer?“

„Glaub mir, die Feuerseen und Kochtöpfe wirst du dir
noch wünschen. Ich glaube, hier ist jeder der Folterknecht des andern.“,
sagte  Henry mit brüchiger Stimme.

„Keine Maske hält ewig.“ , grinste Martin.
„Aber ewig währt am längsten. Ich hoffe, du bist bereit für die
Ewigkeit.“

„Auf ewig in diesem Zimmer? Mit Dir? Du hast dich doch
nicht mal selbst ertragen und vor einen Zug geworfen. Deine Pure Anwesenheit
ist eine Provokation. “

„Und die musst du nun ertragen. Für immer.“

“Auch die Hölle musste mit der Zeit gehen und Klimaneutral
werden. Darum lies der Teufel sie renovieren. Und quartierte währenddessen die
Verdammten in einem Hotel ein. Kost und Logie frei.“

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