
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Meine Beine baumelten seelenruhig über der Dachrinne der
Kirche. Gotteshaus. Und gleichzeitig der Ort, an jenem ich damals unzählige Male gebetet habe. Meine Familie war streng
gläubig. Immerzu mussten wir am Abend vor und während Heiligabend in das
gotische Gebäude. Früher als Kind haben mich die bunten Fensterbilder immer
fasziniert. Jesu, wie er als Baby in Marias Armen lag oder Engel, wie sie anmutig
und schön in Mitten des Glases ihre Hände erhoben und im Hintergrund die
glänzenden Strahlen der Sonne die Schönheit dieser Wesen um ein Vielfaches
repräsentierten. Ich habe diese Engel geliebt. Ganz gleich, ob der Schein, im
schwachen Licht der Kerzen, ihr Anwesen demonstrierte oder ob die Kraft der
blenden Sonne im Sommer ihre Flügel betonte. Schon immer wollte ich ein Engel
werden. So betete ich jeden Tag, dass der Herr meinen Wunsch erhören möge und
mich zu seiner rechten Hand erklären würde.
Ich habe nie gesündigt. Mutter sagte immer, wenn ich will,
dass Jesus Christus mich akzeptiere, dürfte ich nicht sündigen, nie den Herrn
im Himmel verärgern. Das hieße auch gegen einen der 10 Gebote nicht zu
verstoßen. Jahre lang habe ich mich an die Predigt gehalten. Habe versucht
anderen zu helfen, für sie ein guter Mensch zu sein – stets mit dem Streben
nach himmlicher Freiheit. Doch eines Abends wendete sich das Blatt und somit
für mich die Chance rein in das Reich
der Engel zu kommen. Einige Monate vor Weihnachten hatten ich und mein
damaliger Freund einen großen Streit. Der Grund… war meine eigene Schuld. Wir kannten uns schon seit
Kindheitstagen, waren damals die besten Freunde und unzertrennlich, so wie es
das Schicksal wollte kam, die Zeit an der wir zueinander fanden. Aus einfacher
Freundschaft wurde schließlich mehr. Viel
mehr, als ich zunächst wollte, doch ich konnte dagegen nichts tun. Das
Verlangen seinen gut gebauten Körper an meinem zu spüren, war einfach zu groß.
Die Lust, die uns beide bestieg war nun nicht mehr zu bändigen – dass alles
noch vor unserem Bündnis für die Ewigkeit.
So vergingen Tage, Monate, ohne auch nur im Versuch zu sein
die Sünde, die wir beide begangen hatten der Öffentlichkeit preiszugeben.
Gottessohn allein war es gewesen, der mein Vergehen betrachtet hatte. Oh, wie
habe ich ihn um Vergebung gebeten, habe Tag ein, Tag aus in seiner Anwesenheit
gebetet, er möge mich für mein unabsichtliches Vergehen nicht bestrafen. Während
ich das tat, schwankte in meinem Selbst die Unsicherheit, die dieses Wesen mit mir zog. Ja, es stimmte mit
einer Sünde kam die nächste: Ein Menschenskind, dass ohne das kirchliche
Bündnis zu wachsen begann. Lange Zeit schon, wollte ich es von mir forthaben,
wollte dem Ding ein Ende setzen. Doch mein Freund war dagegen. Dennoch, um keinen Preis hätte es in einer Familie
aufwachsen können, welche sich rein von Sünde nährte und die Regeln des Himmels
und des guten Glaubens missachtete. So fasste ich meinen Entschluss und begab
mich ins Bad. Mein Gefährte war derweil bei seinen Freunden, unwissend
des Vorhabens welches ich kurz vor dem Tag Jesu Geburt in die Tat umsetzte.
Das scharfe Küchenmesser an die Fensterbank gelegt,
zündete ich eine Kerze an und tat zum letzten Mal Buße in der Gegenwart Gottes:
„Oh Herr, der du bist im Himmel. Vergib mir meine Sünden, meine Buße und all
meine Taten, die mich mit der Hölle bestrafen würden. Mach, dass ein anderes
Weib anstatt mir dieses Kind bekommen mag, welches sie auf Lebzeiten glücklich
macht. Mein Geist ist unrein und mein Corpus von den dreckigen Taten
beschmutzt, gezeichnet von der Lust, dessen Trieb ich nicht bändigen konnte.
Vater, der du mir die Engel schickst, vergib mir, ehe die Wand ist mit meinem
eigenen Blut bespritzt…“, kaum hatte ich die vergebenen Worte von mir
gesprochen, so erhob ich das Messer. Die Klinge spiegelte mein widerliches
Antlitz wieder. Langsam gleiten meine Hände über meine Haut. Ein eiskalter
Schauer bahnt sich durch meinen zierlichen Körper und lässt mich erzittern.
Allein durch den Gedanken, wie er mein Gesicht liebkost hat mit seinen
Dreckspfoten, die des Gottes nicht würdig waren, staute sich in mir all der Ekel
auf, bereit seinen Weg nach außen zu tragen. Ich schrie aus Leibeskräften,
während sich das mörderische Werkzeug mit meinem Fleisch vereinte. Oh, soll
das nun alles ein Ende nehmen! Der Schmerz bahnte sich brennend durch meine Nerven,
während mein eigen Fleischwesen zu zucken begann. Wilde, unkontrollierbare
Schübe. Ein erneuter Schrei hallte durch die massiven Fließwände in den Himmel
hinauf. Ob er mich hören konnte? Ob er mein Leid spüren konnte? Würde er mir bald
endlich vergeben und mich zu dem machen, zu was ich geboren wurde? Ein
himmlischer Gehilfe, ein Engel an seiner Seite?
Nach einer schier unendlich langen Phase des Leidens kam die
Erlösung. Hell schien das Licht mir entgegen. Der Schrei eines Babys war zu
hören. Es war das Christkind leibhaftig. Meine Mundwinkel verzogen sich zu
einem Lächeln, während ich der Frau ins Gesicht blickte, die für die Existenz
des Sohn Gottes verantwortlich war. „Maria“, murmelte ich beinahe sehnsüchtig
davon meiner geliebte Maria, die, welche ich jeden Tag meiner Kindheit, nein
jeden Tag meines Lebens geehrt hatte, endlich gegenüber zu stehen. „Mein
Kind…“, begann sie ihre Worte. „Wie konntest du nur? Wir haben dein Leid
erhöht. Mein Mann und ich. Doch die letzte Sünde, die du mit deinem Tod
begonnen hast, war in jenem unverzeihlich. Du warst so ein guter Mensch und wir
haben dich lieb. Selbst der Herr. Doch der Tod eines neuen Lebens, welches in
dir hätte Leben sollen ist nicht zu vergeben. So entschlossen ich und mein Mann
uns deinem Wunsch zu beugen. Jedoch wirst du nicht einfach ein Engel sein…“, kurz machte Jungfrau Maria eine Pause, ehe sie
mit ihrer Predigt fortfuhr.
Eine Hand auf meine Stirn gelegt, sprach sie: „Durch Sünde
gezeichnet, durch Gott erbarmt, sollst du des Engels würdig sein, jedoch bist
du am Tage der Weihnacht für immer gewarnt.“ Hitze. Unerträglich-brennende
Hitze ließ mich meine Qualen hinausschreien. Es fühlte sich mit jeder
verstrichenen Sekunde, wie ein von Wut getriebenes Rentier, dessen Hörner sich
in mein Fleisch bohren würden und alles von innen heraus zerfressen würde an. Nach
einer Endlosigkeit des Leidens besah ich mich auf dem eiskalten Boden, dessen
harter Stein mit dem weißen, glitzernden Schnee vollkommen bedeckt war.
Menschen vor mir in Schar stehend, schauten auf meinen zerbrochenen Corpus
herab. „Ein Engel! Der Herr hat uns einen Engel gesandt!“, schrie ein junger
Mann voller unentgangener Euphorie. Nur behutsam und mit äußerster Vorsicht,
stand ich vom samtweichen, schneeweißen Bett auf und blickte um mich. Kaum,
habe ich meine Gedanken gefasst, schon ertönte eine aufgebrachte, zitternde
Stimme unweit meiner Nähe: „Es ist ein Dämon! Ein Dämon hat uns am Heiligen
Abend heimgesucht!“ Die große Schar löste sich in ein einziges Gemisch aus
Durcheinander und Angst auf.
Alle schrien sie um Hilfe. Andere knieten nieder und baten
um Vergebung und Beistehung in dieser Todesstunde. Von meiner eignen Verwirrung
gezeichnet, rannte ich zu einem nahestehenden Gebäude, dessen dreckigen,
verblichenen Fenster nur eine kleine, saubere Möglichkeit bot meinem Selbst im
matten Schein des Mondes zu betrachten. Ein grauenvoller und großer Schauer
fuhr mir durch Mark und Bein, als ich dieses Ungetüm vor mir sah: Mein Antlitz
hatte jedwede Farbe für die Ewigkeit verloren. Meine Augen waren nichts, außer
den Höhlen selbst, aus denen eine triefende, pechschwarze Flüssigkeit lief.
Unnachgiebig bahnte sie sich ihren Weg nach außen. Nahezu klebte sie wie Pech an meiner eingefallenen Haut. Süßlich
schmeckendes Blut benetzte meine Lippen. „Ich bin ein Monster“. Meine Stimme…
wo war nur ihr lieblicher Klang verschwunden? Der Klang, welcher jedes vereiste
Herz meiner Nächsten gleich zum auftauen brachte? Nun nahm stattdessen eine
dämonische, verzerrte Stimme Platz, wie sie nur dem Teufel persönlich gehören
konnte.
Von Scharm und Angst der Menschen bedeckt, saß ich nun hier.
Oberhalb der Kirche. Im Glauben, Gott, Maria oder irgendwer könnte mich von
meinem Fluch vollends befreien. All die Jahre über war ich ein guter Mensch
gewesen, habe nie gesündigt, habe nach den Prinzipien eines Gläubigen gelebt,
welcher seine Hoffnung nie verloren hat. Und nun? War mein Dasein als des
Teufels Gehilfe es wert? War das der Dank für alles, was ich tat? Als die
Fleischwesen unter mir sich nach und nach vom festlichen Stand räumten und
allein die grauenvolle, unheimliche Stille und ich zurückblieben, ging ich mit
langsamen Schritten in Gotteshaus. Ein letztes Mal wollte ich ihm
entgegensehen, ehe ich meinen Weg als Dämon gehen würde.
„Oh Herr, wie konntest du mich bestrafen? Was war der Dank
für all den Glauben, den ich dir schenkte? Sollte man am Tage deiner Geburt, am
Tage der Zusammenkunft der Familie nicht deine Nähe und Liebe spüren?!“ Eine
gefühlte Unendlichkeit verging, als die Statue des Herrn sich nun regte. Bluttropfen flossen in Rinnsalen hinab und benetzten den steinernen Podest. Das von
höllischem Schmerz verzehrte Gesicht begann eine Geste des Sprechens
einzunehmen. „Mein Kind“, sprach der Herr. Seine Stimme klang tief und weise.
„Ich liebe dich. Sehr. Das weißt du. Doch hast du mit dem Tod deines zweiten
Lebens etwas hervorgerufen, das schlussendlich dein eigen Verdienst ist. Die
schlimmste Sünde ist immer noch die Brechung des Gebotes: Du sollst nicht töten.“ Tränen kullerten meinem Gesicht hinunter,
obgleich es der heiße Teer war, welcher meinen Augen entrann. Wie konnte ich
nur so dumm sein? Wie konnte ich damals das Gebot missachtet haben? Und warum in
Gottesnamen würde mir all das erst jetzt zu Gänze bewusst?
„Vater…“, sprach ich. Bemüht die schluchzenden Laute zu
unterdrücken. „Oh Vater, bitte vergib mir mein Unsinn! Lass mich nicht so ins
Leben gehen! Bitte hab doch erbarmen!“ Dennoch verneinte der Vater mein Flehen.
„Du wolltest ein Engel werden, das war dein größter Wunsch. Ich wollte dir
deinen Wunsch trotz allen Geschehnissen erfüllen, so musst du mit der Strafe
Gottes leben.“ Jener Satz, war das letzte, was er von sich gab, ehe sein Bildnis
sich wieder in die steinernde Haltung zurückverwandelte. Alles was mir nun
blieb, war die Strafe, die ich zu Weihnachten bekam: Auf Ewig ein Engel,
verborgen in der Hölle. Und mit diesem neuen Leben trat ich hinaus aus der Kirche, hinein in die freudige Dunkelheit, dessen Arme mich schon sehnsüchtig erwarteten…