KurzTodÜbersetzung

Mimen sind schlimmer als Clowns

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Ich bin der Beste auf der Welt, zumindest in dem, was ich beruflich tue.

Und das kann ich tatsächlich ganz ohne Gewissensbisse oder fälschlich aufgeblähtes Selbstbewusstsein behaupten, auch wenn diese Aussage im ersten Moment natürlich unglaublich überheblich klingt und jedem normalem Menschen ein zweifelndes Stirnrunzeln aufs Gesicht treiben würde.

Ja, ich bin der Beste auf der Welt in meinem Beruf, nur leider ist dieser nicht sonderlich lukrativ, und ich deswegen nicht sonderlich glücklich mit meinem Können. Mimen kriegen einfach nicht mehr so viel Kohle ab, wie früher, egal wie gut sie an einem imaginären Seil hängen, oder ein Publikum vollkommen wortlos unterhalten können. Die Leute sind mittlerweile ziemlich schwer zu beeindrucken. Womit man früher hunderte Leute gleichzeitig fesseln konnte, bringt einem heutzutage höchstens gelangweilte Gähner ein. Wenn nicht sogar lautstarke Buh-Rufe.

Außerdem ist die Arbeit auf der Straße hart. Schon fast räudig. An einem guten Tag verdiene ich vielleicht was, 30 Mäuse?, während irgendein talentloser (aber halbwegs gutaussehender) Trottel mit Topfhaarschnitt ein ganzes Fußballstadium füllt und nach ein paar Liedern schon seinen ersten Tausender an diesem Abend eingefahren hat. Egal, in wie viele Wände ich laufe, egal, wie lustig ich dabei bin: Es bringt kein Geld ein. Wenn das so weiter geht, werde ich meine Wohnung verlieren. Und das letzte bisschen Ehre, dass mir nach dem ganzen Kriechen durch den Dreck, den ich scherzhaft als Leben bezeichne, noch bleibt.

Ich glaube, genau aus dieser Verzweiflung über meine eigene Situation hatte ich nicht genug Gedanken übrig, um mich über das seltsame Aussehen des Mannes zu wundern, der mich letztens ansprach und dabei ohne ersichtlichen Grund die Gänsehaut über jeden Zentimeter meiner Haut jagte. Wenn man sich praktisch nur von Chicken Nuggets ernährt, stellt man solche Leute nicht in Frage, besonders nicht, wenn sie dir ein Geschenk geben, das wirklich als solches bezeichnet werden darf. Dieser Typ drückte mir doch tatsächlich ein paar von schneeweißen Handschuhen in die Arme, und versprach mir anschließend, dass ich damit eine unvergessliche Show hinlegen würde, die in den nächsten paar Tagen das Gesprächsthema Nummer 1 sein könnte.

Natürlich hätte ich freundlich, aber dennoch bestimmt ablehnen sollen. Nur waren die Nähte von meinem derzeitigen Paar fast vollkommen aufgelöst und ihre Farbe erinnerte mehr an ein matschiges Grau als das glänzende Gefieder einer Taube. Also nahm ich an, hoffte, dass er nicht auf sie uriniert oder ähnlich Ekelhaftes mit ihnen angestellt hatte, und machte mich von dannen, damit er mich nicht vielleicht doch noch in irgendeiner finsteren Gasse umbringen konnte.

So habe ich heute also meinen Hut in einer relativ belebten Fußgängerpassage abgelegt, die Handschuhe übergezogen, meine Musik gestartet und mit der Arbeit angefangen. Wie jeden anderen Werktag auch.

Selbstverständlicherweise ist mein erster Trick das Seil; zurecht einer meiner beliebtesten Acts. Als ich meine Hände jedoch um das imaginäre Tau schließe, finden meine Finger etwas Festes und verhaken sich daran, was mir ein überraschtes Schnauben entlockt, da ich das Material in meinen Händen regelrecht fühlen kann. Ich ziehe einmal. Fest. Meine Füße lösen sich vom Boden und ich hänge dort, blicke von oben auf den Pflasterstein herab, von einem Seil, das gar nicht existiert. Natürlich kann ich das Gefühl, das mir in diesem Moment durch den Körper schießt, nicht anständig beschreiben. Schließlich bin ich Mime und kein verdammter Autor. Aber eins weiß ich ganz genau: Es ist einfach unglaublich, und ich fühle mich unverwundbar.

Eine kleine Menschenansammlung bildet sich um mich herum, während einige verwunderte Gesichter zu mir aufblicken, die wohl neben dem Gesichtsausdruck auch die Verwirrung mit mir teilen. Wie ist das möglich? Warum kann ich das? Gibt es irgendeinen heimlichen Trick, den keiner von uns durchschauen kann?

Doch ich nehme mir fest vor, die Existenzkrise, die ich hiernach sicher erleiden werde, auf später zu verschieben. Denn diese Magie – mir fällt einfach kein besseres Wort ein, um diese seltsame Fähigkeit zu beschreiben – muss bis auf das letzte Bisschen ausgeschöpft werden.

Ich setze mich auf Stühle, die nicht da sind. Lehne mich gegen imaginäre Wände, deren Steigung den Naturgesetzen selbst trotzt. Laufe Treppen hoch, die keiner sehen kann. Ich fahre zwischenzeitlich sogar mit einem Fahrrad im Kreis, während die immer wachsende Menschenmenge in einen schallenden Applaus ausbricht, der mir so schon seit langem nicht mehr vergönnt gewesen war. Und schon bald läuft mein Hut förmlich vor Geld über, genau wie meine Augen, die sich bis zum Zerbersten mit glücklichen Tränen füllen.

Dann versuche ich mich am Klassiker: Der unsichtbaren Box. Ich gehe in die Hocke und strecke meine Hände aus, fühle die Wände um mich herum und fälsche Panik, während ich meine Fäuste gegen sie hämmere. Die Menge liebt es. Logisch, schließlich kennt jeder diesen Trick, ohne, dass er jemals langweilig werden würde. Ich winke ihnen nach einer Weile schelmisch zu und setze mich auf.

Mein Kopf schlägt gegen die Decke.

Mein Mund öffnet sich wie zu einem überraschten Schrei, doch ich kann mich noch knapp zurückhalten (jahrelange Übung), kauere mich in meine alte Position zurück und reibe die nun schmerzende Stelle überrascht. Die Leute stimmen vereinzeltes Gelächter an, obwohl mir gerade gar nicht nach Lachen ist. Ich strecke meine Hände probehalber abermals aus und drücke, aber die Wände bewegen sich nicht einen einzigen Zentimeter. Sie scheinen nicht mehr auf mich zu hören.

Ich beginne zu treten, schlagen, mich gegen die Wände zu werfen, die aus irgendeinem Grund nicht nachgeben. Alles um dem Gefängnis zu entkommen, von dessen Existenz nur ich weiß. Aber nichts funktioniert.

Die Wände kommen allmählich näher. Ich gebe mein Letztes, mich gegen sie zu stemmen, doch die Box wird kleiner und kleiner, ohne, dass ich etwas dagegen unternehmen kann. Die Menge dreht durch, während ich mit all meiner Kraft drücke, um das Voranschreiten der Wände doch noch irgendwie zu stoppen, bis ich sie an jeder meiner Seiten fühlen kann. Wie ein überdimensionaler Schraubstock. Ich habe keine Klaustrophobie, aber in diesem Moment gebe ich das Mimenschauspiel auf und schreie um mein Leben. Nicht einmal das leiseste Geräusch dringt über meine Lippen.

Dann, als mein Atem mich verlässt, meine Knochen brechen und das unterhaltene Lachen der Menge panischen Schreien weicht, stelle ich fest, dass das wirklich eine unvergessliche Show ist.

Und Tage später ist sie noch immer Gesprächsthema Nummer 1.

Original: [https://www.reddit.com/r/shortscarystories/comments/6ruisi/mime_time/ Mime Time]

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