Monolog eines Irren
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Eine Kurzgeschichte von Mirko Morozin
Er
saß im Schneidersitz auf seinem Bett.
Die Haare waren zerzaust, der graue
Jogginganzug wirkte ungepflegt und zerknittert. Auf seinem Gesicht wuchs ein
schwarzer Stoppelteppich. Das einzige, was schier ungebrochene Energie
auszustrahlen schien waren seine Augen, welche stur geradeaus ins Nichts
stierten. Unter dem Kopfkissen lagen die Akten. Alle Akten, die er finden
konnte. Niemand hatte den Diebstahl bemerkt. Weder den Diebstahl der Schlüssel
noch den der Akten. Es war perfekt über die Bühne gegangen. Keine Fehler, keine
Patzer. Rein und wieder raus. Wie eine Katze. Wie eine tollwütige Katze.
Er rieb sich die Fingerknöchel, bis diese weiß und taub wurden. Sein Lid
zuckte, an seiner Schläfe pulsierte eine Ader in Form eines mäandrierenden
Flusses. In seinem Kopf loderte ein Flammenmeer. Doch er löschte es nicht. Im
Gegenteil, er schürte die Glut und goss Unmengen Benzin in die lodernden
Flammen. Dann gab er sich seinem schier nie endenden Gedankenfluss hin und lauschte seinem eigenen Monolog. Dem Monolog eines Irren.
„“Viele Wege führen nach Rom und es brannte
am Ende lichterloh durch die Hand eines Mannes ich bewunderte diesen Mann schon
immer Nero der Kaiser des Terrors und des Schreckens ich bin fasziniert vom
Bösen warum mag ich das Böse so sehr was ist es das mich so daran fasziniert
ich sehe Tote viele Leichen und Blut inmitten von Asche und Rauch Leute
schreien sie schreien um ihr Leben doch niemand kümmert sich drum ich schreite
durch die kreischende und sich windende Menge mein Kopf ist nach oben gereckt
ich schreite wie ein König wie ein Cesar wie Nero höchstselbst denn ich bin ein
böser Mensch ich bin die Abrechnung ich bin das notwendige Böse hier um das zu
tun was meine Bestimmung ist aber kenne ich die überhaupt mit Gewissheit ich
wünschte alles wäre nicht so diffus und so unscharf ich sehe zwar den Weg den
ich gehen will und höre auch die Stimme die mir sagt was alles zu tun ist doch
nagen Zweifel an mir Zweifel an meinen Fähigkeiten an meiner Bereitschaft ich
hasse es ich hasse mein Leben dieses langweilige Dahindümpeln diesen Trott mein
Kopf packt dieses Martyrium nicht mehr und ich will es auch gar nicht mehr
ertragen müssen ich bin hier um endlich große Dinge zu vollbringen endlich eine
Sache durchziehen knallhart und ohne Kompromisse diese Bastarde werden
versuchen es zu begreifen mich zu begreifen ein jeder von ihnen meine Familie
natürlich auch Gott diese Bagage ich kann sie nicht mehr sehen und sie werden
das schwarze Schaf ausstoßen und ich werde mit Freuden ihre Entscheidung
entgegennehmen und diesem Pack dabei lachend vor die Füße spucken immer diese
Erwartungen diese Wünsche diese verlorenen Träume die ich für das Versagen
meiner Familie leben sollte das ist der Fluch der Nachgeborenen aus dem Schutt
der Vorgänger wieder etwas glorreiches errichten zu müssen doch nicht mit mir
ich werde in dem Trümmerhaufen tanzen und Aschewirbel in den glutroten Himmel
emporsteigen lassen und damit beweisen dass ich wohl zu ungewöhnlichen und
großen Taten fähig bin denn ich besitze Leidenschaft und den Willen zu
verstehen zu begreifen niemals wieder werde ich für die schmierigen Arschkriecher
irgendwelche Bagatellen zu rührenden Stories aufblasen nur damit sich die
Verkaufszahlen ihrer Schundblätter steigern wie oft habe ich mir geschworen
eines Tages richtige Journalistenarbeit zu machen Dinge die mich interessieren
und nicht zu Tode langweilen Rentner bei ihren kleinen Kaffeekränzchen nach den
Gründen ihres langen und glücklichen Lebens zu interviewen und darüber
berichten wie eine kleine Gruppe Halbstarker in der Nachbarschaft einen
Kaugummiautomaten in die Luft gejagt haben mit Böllern von Silvester wie
kümmerlich wie erbärmlich ich kann es nicht fassen mich an diesem elenden
Schauspiel derart lange beteiligt zu haben du Dummkopf du hast dich immer
unterschätzt und immer deinen wahren Wert verkannt lüg dich nicht an so ist es
immer dachtest du das geht nicht das packst du nicht verdammt noch mal jetzt
sieh dich an was du in dieser kurzen Zeit geleistet hast ja so ist es ich bin
Nero ich bin entschlossen unter meinem Kopfkissen liegt mein Schlüssel zu Ruhm
und Anerkennung und ich werde ihn nicht mehr aus meinen Händen legen ich werde
verstehen und begreifen und niemand wird an meinem Tun zweifeln ich will diesem
Pack zeigen wozu ich fähig bin dann wird ihr Lachen im Halse stecken bleiben
und ich drücke noch fester zu wie er es einst tat oh mein Gott ich bin so nah
dran was du wohl von mir denken musst ich wühle mich durch deinen blutigen
Morast den alle vertuschen wollen und vergessen doch du bist viel mehr als ein
Mann der hier elendig verreckte du bist eine Persönlichkeit ein Charakter mehr
erinnerungswürdig als alle die ich kenne denn du hast dein Ding durchgezogen
wohldurchdacht und mit Präzision und Selbstbeherrschung deine Taten sind
meisterhaft durchgeführt worden und niemand kam dir dadurch auf die Schliche
und ich will verstehen was deine Antriebsfeder war was hat dich dazu gebracht
dich von aller Logik freizusprechen und dadurch grenzenlose Freiheit zu
erreichen du hattest keine Angst vor dem was eines Tages kommen würde du warst
frei von Angst und deswegen bewundere ich dich du warst der Nero der Angst und
ich will wissen wie du das geschafft hast ich will auch meine Spuren in der
Geschichte hinterlassen deine waren blutig und dadurch umso unvergesslicher und
ich werde mich an dich heften wie ein Parasit an seinen Wirt du wirst sehen
glaub mir deine Geschichte war viel zu lange verschlossen geblieben zwischen
vergilbten Blättern und dunklen Geheimnissen ich werde in sie eintauchen und
Teil davon werden ich habe auch keine Angst denn ich habe nichts mehr zu
verlieren und wenn etwas die Geschichte bewiesen hat dann ist es die
grenzenlose Gefahr die von einem Mann ausgeht der nichts mehr zu verlieren oder alles zu gewinnen hat…“‚
Es
klopfte an der Tür. Er lächelte müde. Er ließ seinen Nacken mehrfach lautstark
knacken. Der dritte Akt hat begonnen. Und die Klimax würde kommen, da war sich
der junge blasse Mann sicher. Er zischte die folgenden Worte so leise, dass nur er sie vernehmen konnte. Und der Arzt, der nun das Zimmer betrat, hatte keine Ahnung, wie ernst der blasse junge Mann diese Worte meinte. Niemand konnte das. Nur er selbst.
„Ich werde erfolgreich sein. Ich werde unsterblich sein. Ich werde ihn töten. Ich werde ihn vernichten. Zerreißen. Ausbluten lassen. Seine Haut anziehen wie einen Mantel. Ich werde seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in mir aufnehmen, verdauen und wieder ausscheiden. Ich werde es tun. Ich kann es tun. Ich bin Satan. Ich bin Gott. Ich.“
Er grinste.