ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Der Mondschein, welcher gemeinsam mit dem Blaulicht der Streifenwagen als einziger Licht in die Schwärze der Nacht zu bringen im Stande war, erhellte die braune Friedhofserde vor meinen Füßen und gab den Blick auf das frei, weshalb Benson mich vor gerade einmal einer halben Stunde aus dem Bett geklingelt hatte. Sauerei – dabei war dies einer meiner wenigen Abende gewesen an denen ich die ganze Scheiße, die sich um mich herum abspielte einfach mal vergessen wollte. Und trotzdem stand ich nun hier gemeinsam mit Branson vor einem frisch ausgehobenen Grab und blickte hinunter in die tiefe Grube, die sich vor unseren Füßen auftat.
,,Als Brodinski den Sarg hat ausschaufeln lassen, ging es ihm lediglich darum einen alten Fall von vor sechs Jahren nochmal aufzurollen. Der hat sicher auch eine andere Entwicklung der Ermittlungen erwartet. Wer würde denn auch mit so einem Fund rechnen?“, sagte Branson mit seiner stets monotone Stimmlage in der jedoch immer ein feiner Hauch von Humor mitklang, sodass man immer wusste, dass er lächelte während er sprach.
Manchmal könnte ich ihn für seine optimistische Einstellung fast beneiden. Das letzte Mal als ich optimistisch gewesen bin, war an dem Tag an welchem ich aus der Schule eilte, um meine Eltern mit meiner guten Mathenote zu überraschen, für welche ich so hart mit Vater geschuftet hatte. Wir wissen ja alle wie dieser so optimistisch begonnene Tag letztendlich endete.
Positives Denken war also nicht so wirklich meine Sache, aber manchmal fehlte es mir doch, auch wenn ich mir natürlich immer im Klaren darüber war, dass Optimismus in der Welt in der ich tagtäglich zu tun hatte, vollkommen fehl am Platz war. Denn selbst die beste Einstellung konnte nicht über das hinwegtäuschen was diese Stadt war. Ein großer, stinkender und blutgetränkter Haufen Scheiße und Dinge wie das was sich soeben vor meinen Augen erblickte, bestätigten mich jedes Mal aufs Neue in dieser Behauptung.
Leichen…
Klar, jetzt würde jeder klugscheißerische Pisser sagen, dass Leichen auf einem Friedhof doch etwas vollkommen Normales waren, wenn man jedoch ein Grab ausgehoben hatte, um den Leichnam einer Frau zu bergen und neben diesem dann ganz überraschend noch sechs weitere Körper fand, war das schon ein eher ungewöhnliches Ereignis. Erst recht wenn alle Körper mehrere Bissspuren aufwiesen, ihnen das Fleisch vollständig von den Knochen gerissen oder ihnen gleich ganze Gliedmaßen abgetrennt wurden. Ich liebte meinen Job…
,,Wer sind sie?“
,,Die Leichen? Eine von ihnen ist Helena Conelly, die wegen der das Grab überhaupt erst ausgehoben wurde. Die Identität der anderen ist noch unbekannt, aber da sie ziemlich verstümmelt wurden und wir von einigen nur noch einzelne Teile haben, wird es wohl eine Weile dauern, bis wir wissen wer alles da unten liegt.“
,,Und du meinst sie haben die Toten vor einer Stunde entdeckt?“
,,Genau. Freddy hat für Brodinski das Grab ausgehoben als der Boden plötzlich unter seinen Füßen nachgab und er in einen unterirdischen Tunnel stürzte. Er erholt sich inzwischen im Krankenhaus von einer leichten Kopfverletzung und einem leichten Schock. Er ist zwar Totengräber und hat in seinem Leben auch den ein oder anderen übel zugerichteten Leichnam gesehen, aber wenn man plötzlich in einer Grube mit lauter angenagten Leichen landet, ist das für jemanden, der über die Geschehnisse in dieser Stadt nicht ganz so viel weiß, schon ein ziemlich fieses Erlebnis.“
,,Ich kenne Freddy. Der weiß ganz genau was in dieser Stadt abgeht. Jemand der so oft hinter unseren Tätern aufräumt, weiß relativ schnell, dass die meisten Todesfälle selten bis nie einen natürlichen Ursprung haben.“
,,Woher kennst du ihn?“
,,Er arbeitet fast ausschließlich nachts. Er hat sich diesbezüglich bereits denen angepasst, die seinen Beruf so üppig mit Leichen füllen und seinen Job zu einem der gefragtesten überhaupt in dieser Stadt werden lassen. Habt ihr ihn schon befragt?“
,,Ja, aber er konnte uns nicht wirklich viel erzählen.“
,,Natürlich konnte er das nicht.“
Ich lächelte, wandte mich von der Leichengrube ab, aus der inzwischen ein überaus ekelerregender Geruch emporzusteigen begann und ging auf meinen Wagen zu, der unmittelbar neben einer Trauerweide parkte. Benson sah mir ratlos hinterher.
,,Hey! Wo fährst du hin?“
,,Ins Krankenhaus. Ich statte unserem werten Totengräber einen kurzen Besuch ab.“
,,Warum sollte er dir mehr sagen als uns?“
,,Weil er das schon immer getan hat.“
,,Er hat wie bereits erwähnt eine Kopfverletzung. Vermutlich wird er gar nicht mit dir sprechen können, sondern sich ausruhen müssen.“
,,Glaub mir, der braucht keine Erholung. Der alte Mann steckt mehr weg als du und dich hätte eine leichte Kopfverletzung doch auch nicht ins Krankenhaus befördert oder?“
,,Ja aber… warum hat er dann darauf bestanden ins Krankenhaus gebracht zu werden.“
,,Ganz einfach,“ ich schloss die Fahrertür, startete den Motor und fuhr das Fenster hinunter. ,,Weil er Angst davor hat, dass ich ihn befrage.“
Das große, weiße Gebäude, das sich wie ein gigantisches Monstrum vor mir aufbaute, weckte viele Erinnerungen und nur wenige davon waren gut oder zumindest nicht vollständig grauenvoll. Als sich die Tür vor mir zur Seite schob, richteten die Schwestern in ihren Trachten alle ihre Blicke sofort auf mich. Ich kam oft hierher, um Menschen zu befragen oder den ein oder anderen Dämon davon abzuhalten die Blutreserven in der Kühlkammer zu plündern.
,,Riker? Was willst du denn hier?“
Eine junge Frau kam aus der Menge auf mich zu und die kindliche naive und zugleich verwirrte Art mit der sie mich ansah, in Kombination mit ihrem bombastischen Körper ließ augenblicklich eine erotische Atmosphäre aufkommen, sodass ich mir eher wie in einer schlechten Pornohandlung denn in einem Krankenhaus vorkam.
,,Susie. Ich suche einen Patienten.“
,,Du wirst dich doch wohl nicht wieder wie ein Verrückter aufführen. Das letzte Mal als du hier so unangekündigt reingestürmt kamst, hast du einen unserer Patienten ermordet.“
,,Du weißt ganz genau, dass er schon vor meinem Eintreffen kein Mensch mehr war.“
,,Musstest du ihm trotzdem mitten auf dem Flur vor versammelter Mannschaft das Herz herausreißen und es zertreten? Seine Mutter stand daneben. Die arme Frau hat einen Herzinfarkt erlitten und wir hatten Mühe sie wieder unter die Lebenden zu befördern.“
,,Verzeih mir, dass ich nicht jedes Mal einen Brief schreiben kann, wenn mich mein Job an deinen Arbeitsplatz befördert und verzeih mir, dass ich nicht jedes einzelne Mal Rücksicht auf die Gefühle oder das psychische Wohlergehen anderer Menschen nehmen kann, wenn ich versuche ihre Leben zu beschützen. Hätte ich gezögert, hätte der Junge seiner Mutter den Kopf abgerissen und angefangen ihr Blut zu trinken; da ist sie mit ihrem gottverdammten Herzinfarkt doch noch recht gut davongekommen oder nicht?“
Susie Callahan pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht und bewegte sich graziös wie eine Gazelle hinüber zur Rezeption, wo sie auf einem ledernen schwarzen Stuhl Platz nahm und dann fragend zu mir aufschaute.
,,Name?“
,,Freddy Buchanan, 56 Jahre alt, schlank, fast kahlköpfig.“
,,Danke; Freddy hätte gereicht, davon haben wir hier nämlich nur einen.“
,,Dann scheint ihr aber dieses Mal nicht besonders viele Patienten in eurer Obhut zu haben.“
,,Wie denn auch. Sie sterben ja bereits alle, bevor uns überhaupt jemand verständigt. Wenn du einen besseren Job leisten würdest, dann könnte ich endlich mal anfangen meinen zu machen.“
,,Wir beide wissen, dass du eine bessere Pornodarstellerin als eine Krankenschwester abgibst, Susie.“
,,Ach fick dich doch du dämliches Machoschwein. Ohne mich wärst du doch heute gar nicht hier.“
,,Du meinst weil du mit all deinem Heldenmut meinen gebrochenen Arm gerichtet hast? Ach nein, das war ja Dr. Hemmingsfield. Du hast daneben gestanden und versucht dich während der Behandlung an ihn ranzumachen.“
,,Wie kannst du es wagen…?!“
,,Wie ich es wagen kann? Oh, bitte ich bin hier nicht derjenige, der Wagnisse eingeht. Du würdest doch alles dafür tun, um einen reichen Arzt abzubekommen, Süße, deshalb hast du dich doch schließlich für diesen Beruf entschieden für den du, nebenbei bemerkt, absolut nichts taugst. Selbst bei einer Not-OP würdest du dem Chefarzt eher den Schwanz lutschen als ihm seine Werkzeuge zu reichen.“
Aus der Menge an Schwestern, die sich in Form eines schaulustigen Mobs um uns herum versammelt hatte, drang ein kaum hörbares Gelächter. Dass Susie eine geldgierige Nymphomanin war, die alles dafür tun würde, um mit Sperma und Gold getränkt zu werden, wussten offenbar auch ihre wertgeschätzten Kolleginnen, die, im Gegensatz zu ihr, wirklich hervorragende Arbeit leisteten.
,,Zimmer 289 und jetzt verzieh dich,“ fauchte sie zwischen ihren Zähnen hindurch, während sie mir ihren typischen Giftblick zuwarf.
,,Vielen Dank.“
Kaum hatte ich mich ein wenig von ihr entfernt, wandte ich mich noch einmal zu ihr um.
,,Warum wirst du nicht Sekretärin?! Da werden scharfe Bräute wie du immer gesucht und im Gegensatz zu unerem Chefarzt hier, wird dein dortiger Chef geradezu darum betteln mit dir in die Kiste springen zu dürfen.“
,,Arsch-loch!“, rief sie mir keifend hinterher und verschwand in einem der anderen Gänge.
Als ich das genannte Zimmer erreicht hatte, hörte ich bereits das unverkennbare röchelnde Atmen Freddys hinter der Tür. In dem Moment in welchem er mein Gesicht erblickte als ich den Raum betrat, sah ich diesen entsetzten Ausdruck in seinen Augen und das war gut so. Nach all den Jahren hatte er noch immer Angst vor mir und genauso sollte es auch bleiben. Normalerweise schmierte ich meinen Zeugen eher Honig ums Maul als die Antworten aus ihnen herauszuquetschen, da sie nach meinen Erfahrung viel gesprächiger und offener waren, wenn man die ‚Guter-Cop-Nummer‘ mit ihnen abzog, doch bei dieser falschen Schlage half diese Seuselei nicht mehr viel.
,,Hallo Freddy. Freust du dich mich zu sehen?“
Seine Augen sprachen Bände, ich konnte ihre Schrift nur noch nicht ganz entschlüsseln.
,,Woran denkst du gerade, Freddy? Denkst du daran, wie naiv und dumm du doch gewesen bist, zu glauben, dass du dich vor mir verstecken könntest indem du dich in ein Krankenhaus einweisen lässt? Manchmal glaube ich, dass der Versuch deiner Mutter, dich nach der Geburt im Schweinetrog zu ertränken, dich auch genauso blöd gemacht hat wie ein Schwein.“
,,I-I-Ich…“
,,Nun gib dir aber mal ein bisschen Mühe mit dem Sprechen; wir wissen schließlich beide, dass du nicht stotterst.“
Blitzschnell machte ich einen Schritt vorwärts, packte das reudige Frettchen an seinem Hals undübte kräftig Druck auf seine so leichte Kopfverltzung aus, was ein gequältes Wimmern seinerseits auslöste.
,,Du hast meinen Kollegen erzählt, dass dieses kleine Wehwehchen dich völlig ausgeknockt hat, dabei wissen wir doch beide ganz genau, dass dir so ein kleiner Kratzer noch nie wirklich etwas ausgemacht hat. Wenn du allerdings den Kranken spielen willst, dann kann ich dir gerne dabei helfen und dir eine Kopfwunde verpassen, die diesem lächerlichen Krankenhausaufenthalt auch wirklich würdig ist!“
,,B-Bitte nicht!“
,,Dann sag mir was ich wissen will, du mieses Stück Dreck! Na los, spucks schon aus!“
,,Ist gut…“
Ich ließ von ihm ab und der hagere Mann, dessen faltige Gesichtshaut durch den Druck, den ich auf seine Halsschlagader ausgeübt habe, ein feuriges Rot angenommen hatte, sank geschwächt auf sein Bett nieder.
,,Woher kommen die Leichen?“
,,Vom Friedhof selbst, woher denn sonst?“
,,Warum hast du sie dann nicht einfach dort gelassen, wo sie vorher gelegen haben?“
,,Glaubst du etwa ich hätte ihre Gräber entweiht und ihre toten Körper umgebettet? Du irrst, wenn du das wirklich denken solltest.“
,,Dann sag mir endlich wer es war.“
Er warf mir diesen Blick zu… Trotz. Er weigerte sich.
,,Ahhhhhh!“
Ein knackendes Geräusch ertönte und als ich seine linke Hand los ließ, standen seine verkrümmten Finger in sämtliche Himmelsrichtungen vom Ballen ab.
,,Das nächste Mal, breche ich dir deine andere Hand und falls du dann immer noch nicht reden solltest, werde ich Susie reinholen, sie bitten dich ein bisschen heiß zu machen und dann schneide ich dir deinen verschissenen Schwanz ab, bevor du ihn dazu verwenden kannst dich deiner längst überfälligen Jungfräulichkeit zu entledigen!“
,,Ghoule!!! Es sind Ghoule!“
Er schwieg, begann zu weinen und sackte zusammen.
,,Ghoule?“, wiederholte ich, nun völlig entspannt und ruhig.
,,Ghoule sagst du?“
,,Ja… Ich- Ich habe sie auf dem Friedhof verweilen lassen. Ich habe sie eines Nachts beim Plündern eines der Gräber ertappt und einen von ihnen mit meiner Flinte abgeknallt, woraufhin die restlichen von ihnen flohen. Als ich sie am nächsten Abend wieder über die Gräber stolzieren sah, auf der Suche nach neuer Nahrung, hab ich erkannt, dass ich nichts gegen sie ausrichten konnte. Sie boten mir einen Tauschhandel an. Wenn ich ihnen das Verspeisen von Leichen gestatten würde, erklärten sie sich dafür bereit, mir beim Vergraben neuer Leichen zu helfen. Ich bin ein alter Mann und in dieser Stadt hat keiner Lust auf diese miese Drecksarbeit, so gut es auch bezahlt wird. Jeden Tag kommen dutzende von Familien, um mich mit der Beerdigung eines Verwandten oder Freundes zu beauftragen, doch ich schaffe das alles einfach nicht mehr, Riker.“
,,Also bezahlst du Helfer aus dem Reich der Nacht mit Leichen, damit sie dir unter die Arme greifen?“
Er nickte.
,,Du weißt, dass ich das nicht zulassen kann, nicht wahr?“
,,Glaubst du mir fiel es leicht, die ganze Sache mit meinem Gewissen zu vereinbaren? Ich hasse Ghoule, ich hasse Dämonen im Allgemeinen und jetzt bin ich auf ihre Unterstützung angewiesen, das kotzt mich mehr an als alles andere. Diese widerwärtigen Leichenfresser schänden meinen Friedhof, sie schänden meine Berufung und somit auch mich selber, doch was soll ich tun, wenn ich sonst niemanden habe, der mir hilft die Sauerei wegzumachen, die ihresgleichen täglich und nächtlich verursachen? Wenn ich es nicht tue, dann wird es keiner tun und wenn es keiner tut, dann haben wir Zustände wie im Krieg und die Straßen werden mit Leichen anstatt mit Steinen gepflastert sein. Bald darauf werden sie Katakomben errichten, so wie beispielsweise in Paris und dann werden die Toten entsorgt wie ein faules Stück Fleisch, dass man in den Müll schmeißt. Meine Methode ist gewiss nicht ehrenhaft und beileibe nicht moralisch vertretbar, doch es ist die einzige Möglichkeit zumindest einem Teil der Toten ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen.“
,,Wir werden eine Lösung finden, aber das, das ist sie nicht.“
Freddy sah mich an. Die Tränen in seinemGesicht waren bereits wieder getrocknet und seine Miene formte nun einen eher ernsthaften und entschlossenen Ausdruck.
,,Töte sie, Riker. Töte sie alle…“
Innerhalb weniger Minuten war ich wieder auf dem Friedhof, wo Benson mich bereits erwartete, nachdem ich ihm in einem kurzen Telefonat die Situation grob zu schildern vermocht hatte. Wieviele Ghoule es genau waren, konnte Freddy gar nicht sagen und selbst wenn er es gewusst hätte, so wäre es dennoch keine verlässliche Aussage gewesen, denn keine Spezies änderte ihre Rudelkonstellation so häufig wie Ghoule es taten. An einem Abend sind es noch drei, am nächsten bereits 18 und am Abend darauf wieder nur sieben. Wir konnten also entweder Glück haben und die Sache mit der Tötung von vier oder weniger Exemplare beendet haben oder wir würden uns einer ganzen Horde gegenüber sehen.
Ich wollte optimistisch sein, auch wenn ich es nie zuvor gekonnt hatte, doch der Gedanke daran, dass wir mehr Ghoulen gegenüberstehen würden als es Leichen auf dem Friedhof gab, ließ mir keine Ruhe und in meinen Augen war das ein schlechtes Omen dafür, dass es tatsächlich so kommen würde.
Leise und lediglich mit einer Taschenlampe und jeweils einer Pistole bewaffnet schlichen wir zwischen all den im Mondlicht grau schimmernden Grabsteinen hindurch, die uns um Hilfe anzuflehen schienen. Ich konnte es fast schon hören…
Ich hatte einst gehört, dass Seelen bis ans Ende aller Zeit, höllische Schmerzen ertragen mussten, wenn ihre Körper von Ghoulen verschlungen worden waren. Wenn diese Erzählung einen wahren Kern besaß, taten wir die sieben Betroffenen von ganzem Herzen leid. Vielleicht hatte Susie sogar recht. Vielleicht leistete ich ja wahrhaftig einen beschissenen Job.
,,Riker, hörst du das?“
Ich lauschte. Hinter einem großen Familiengrabstein erklangen schmatzende Geräusche, die sich mit jedem Schritt, den wir uns näher heranwagten, zu intensivieren schienen.
,,Da!“, schrie Branson und deutete mit dem Lichtkegel seiner Lampe auf die Kreatur, die hockend auf einem großen Haufen aufgewühlter Erde saß und mit ihren unförmigen spitzen Zähnen grünfarbenes Fleisch von einem stark nach Verwesung stinkenden Kadaver abriss.
Ich richtete meine Waffe auf das grauhäutige Monstrum und bevor sich die Bestie so richtig darüber im Klaren war, dass sie in der Falle saß, hatte ich mit einem gezielten Schuss ein klaffendes Loch in ihren Schädel geschossen.
,,Verflucht, ist das ekelhaft!“
Branson begann zu würgen und ich konnte es ihm nicht einmal verdenken. Der Geruch von verfaultem Fleisch war wahrlich einer der abartigsten Gerüche, die sich jemals Zugang zu meinen Nasenhöhlen verschafft hatten. Ich ging vorsichtig einige Schritte vorwärts, berührte den zusammengefallenen Körper mit meinem Fuß und beförderte ihn dann mit einem starken Tritt in jene Grube, die er soeben zur Nahrungsaufnahme ausgehoben hatte. Eine gewisse Ironie hatte das Ganze; dass die Kreatur, die Gräber schaufeln musste, um zu Überleben, sich nun letztendlich ihr eigenes Grab geschaufelt hatte.
,,Riker?“
Bransons Stimme klang unruhig und als ich aufblickte, sah ich uns von einer achtköpfigen Horde dieser buckligen, zähnefletschenden Monster umgeben. Wie ein Rudel Hyänen hatten sie sich an uns herangeschlichen und uns eingekreist, womit jegliche Form der Flucht augenblicklich unmöglich geworden war.
,,Menschen…,“ ihre Stimmen waren fast noch widerlicher als ihr Anblick.
,,Habt ihr eure Seelen erst ausgehaucht, so seid ihr der wohligste Geschmack, der unseren Gaumen stets zu erfreuen vermag…“
,,…sei es euer frisches oder verdorbenes Fleisch in welchem einst eure Seelen hausten…“
,,…doch weilt ihr noch unter den Lebenden, so werdet ihr zum abscheulichsten Gräuel…“
,,… ein Gräuel, welchen wir nun zu unterbinden versuchen.“
,,Glaubt mir, tot seid ihr mit und meinesgleichen auch deutlich lieber.“
Branson zitterte ein wenig, das konnte ich sehen.
,,Reiß dich zusammen,“ fauchte ich ihn an und innerhalb weniger Sekunden hatte er sich wieder einigermaßen gefangen.
,,Tschuldigung.“
,,Entschuldige dich nicht bei mir, sondern hilf mir lieber diese Biester hier zu erschießen.“
,,Eure Bemühungen…“
,,…sind zwecklos.“
,,Ja, mal seh’n ob du das noch sagst, wenn du ein Stück Blei in deiner hässlichen Visage stecken hast.“
Ruckartig riss ich den Lauf meiner Pistole in die Höhe und zerschmetterte den ersten Schädel mit einer Kugel, während die anderen kurzzeitig zurückwichen.
,,Dein Tod…“
,,…wird uns Wonne bereiten…“
,,…und es wird ein Festmahl geben…“
,,…wenn wir dein totes Fleisch verzehren.“
Eines der Monstren sprang wie eine wildgewordene Raubkatze auf mich zu und krallte sich in meine Brust, doch bevor es ihr gelang mir in den Hals zu beißen, beendete ein Schuss aus Bransons Pistole, der den Brustkorb des Ungeheuers durchschlug, das Dasein dieser Bestie in unserer diesseitigen Welt.
,,Fehlen noch sechs…“
Hektisch sah ich mich um, denn inzwischen hatten die Ghoule dem Frontalangriff abgeschworen und waren auf Hinterrücksattacken übergegangen und verdammt darin waren sie echt gut, denn obgleich sie unheimlich träge wirkten, ihren Fähigkeiten im Anschleichen wurde selbst der geschickteste Jäger nicht ansatzweise gerecht.
Ein Stich durchfuhr meine Schulter – eine der Kreaturen hatten sich mit seinen spitzen Zähnen darin verbissen und zerrte daran mit der Intention mir das Fleisch vom Knochen zu reißen. Ich spürte wie warme Tropfen Blut an meinem Oberarm entlang ronnen und den Stoff meiner schwarzen Jacke tränkten. Meine Jacke…
Blitzschnell griff ich in meine Tasche und rammte dem Ungetüm, das mich beinahe zu Boden gerissen hatte, meinen Kugelschreiber ins Auge, den ich bei irgendeiner Polizeifortbildung hatte mitgehen lassen; oder waren sie umsonst? Scheißegal, jetzt hieß es schlachten, was nicht menschlich aussah und retten was uns ähnlich war. Die Bestie, der nun mein Schreibwerkzeug im Auge steckte, krümmte sich schreiend auf der braunen, dunklen Erde, doch mit einem schnellen Schuss beendete ich ihr Leiden und das meiner Ohren.
,,Der Mann ist zu stark…
,,…greift euch den Schwächeren!“
Noch bevor ich mich versah, hatten sich die übrigen fünf gleichzeitig auf Branson gestürzt. Es war im zwar möglich einen seiner Angreifer tödlich und einen anderen schwer zu verwunden, doch er ging kurz nach dem Angriff zu Boden und sah mit Entsetzen wie diese leichenfressenden Bastarde meinem Partner den Hals zerfetzten und mit ihren scharfen Krallen in seine Brust schnitten. Seine Schreie dröhnten in meinen Ohren und das hämische und verrückte Lachen der Ghoule, welches sich mit diesen zu vermischen schien, ließ Zorn in mir aufkommen.
Rasend rannte ich auf die geifernde Meute zu, zerquetschte den Schädel des am Bodne liegenden, von Branson verletzten Exemplar und packte einen der auf ihn hockenden Widergänger am Kopf, nur um ihm diesen umzudrehen und ihm kurzerhand das Genick zu brechen.
Zwei saßen noch auf ihn, der eine fest in sein Fleisch gekrallt, der andere… wo war der andere?
Ehe ich mich versah, packte mich etwas am Nacken und zerrte mich nach hinten, drückte mir die Kehle zu und bohrte sich mit spitzen Klauen durch meine Haut. Über mir reflektierte das Mondlicht auf dem weißlich gelben Gebiss, das sich über mir zu einem hämischen Grinsen verformt hatte und kurz davor war sich zu öffnen, um mir die Zähne unbarmherzig in meinen Hals zu rammen und ihn zu zerfetzen.
…
Ein Schuss! Das Wesen sackte tot über mir zusammen und der zweite Schuss hatte das in sich zusammenfallen des letzten Ghouls zur Folge.
,,Freddy?“
Ich konnte es kaum glauben. Der alte Sack hatte sich tatsächlich dazu entschieden seine Drecksarbeit selber wegzuräumen.
,,Dass du noch schießen konntest mit deiner Hand.“
,,Du weißt doch ganz genau, dass mich sowas noch nie wirklich von irgendetwas abgehalten hat,“ brachte er mir als Antwort grinsend entgegen.
Meine Überraschung und beinahige Freude währte jedoch nciht lange, denn schon sehr schnell wandte ich mich wieder Branson zu, der blutend und schwer verwundet zwischen all den Gräbern lag. Schnell kniete ich mich neben ihn und tastete nach seinem Puls – er lebte.
,,Branson? Branson, hörst du mich?“
Keine Antwort.
,,Branson? Kumpel?“
Seine Augenlider zuckten, doch die Augen blieben weiterhin geschlossen.
,,Komm schon, Mann! Du kannst mich jetzt nicht hängen lassen.“
,,Wo bin ich?“
Er sprach sehr leise, doch alleine die Tatsache, dass er überhaupt sprach ließ mich hoffen. Langsam schlug er seine Augen auf und sah sich um.
,,Willst du mich etwa gleich hier lassen oder nimmst du noch die beschwerliche Bürde auf dich, mich ins Krankenhaus zu fahren?“
Ich musste lachen und auch er formte geschwächt etwas, das einem Lächeln sehr nahe kam, auch wenn es ziemlich gequält wirkte, aber mit so tiefen Schnitt- und Bisswunden war das auch nichts was mich großartig überraschte.
,,Komm Freddy. Ich weiß du bist hart im Leben, aber auch du solltest wieder zurück ins Krankenhaus. Ich werde Susie sagen, dass sie sich höchstpersönlich um euch kümmern wird. Wer weiß vielleicht bekomme ich sie sogar dazu sich von euch diesen ekelhaften Krankenhauspudding von den Brüsten lecken zu lassen.“
,,Das klingt natürlich sehr verlockend.“
Freddys Hand war nach einigen Wochen wieder einigermaßen fit. Branson hingegen brauchte deutlich länger für seine Genesung, aber nichtsdestotrotz war ich zum ersten Mal wirklich stolz auf jemanden. Ich glaube es war dieser Moment als ich erkannte, dass er genauso wie ich tagtäglich sein Leben für die Sicherheit anderer riskierte und vielleicht war es dieses Opfer sogar wert. Vielleicht waren wir tatsächlich dazu in der Lage diese Stadt, diese Welt, ein kleines bisschen zu verbessern…