
Mein Feind?
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Ich liebe ihn. Ich hasse ihn. Ich brauche ihn. Ich brauche ihn nicht. Er macht mich glücklich. Er zwingt mich in die Knie. Was soll ich tun? Weglaufen? Bleiben? Kämpfen? Er ist mein bester Freund, aber auch mein schlimmster Feind. Glaube ich. Mir kann keiner helfen. Ich sehe ihn in meinen Träumen. Er kommt zu mir. Er ruft nach mir. Jede Nacht höre ich in meinen Träumen „Valerie. Valerie, komm zu mir! Ich brauche dich. Du bist wichtig. Mehr noch. Notwendig. Valerie!“
Erst ist es ein Flüstern. Doch er steigert sich hinein. Er wird lauter. Immer lauter. Meinen Namen schreit er mir entgegen und ich sehe ihn vor mir. Aber irgendwie sehe ich ihn nicht. Ich weiß, dass er da ist. Ich kann seinen Atem spüren, doch ich kann ihn nicht berühren. Ich habe schon so oft versucht, etwas greifbares zwischen die Finger zu bekommen, aber dort, wo er sein müsste, ist nichts. Seine Stimme klingt rauchig. Irgendwie auch kratzig. Sie bereitet mir Gänsehaut. Auch wenn er schreit ist es aggressives Flüstern, als wären ihm die Stimmbänder gekürzt worden. Aber seine Stimme ist dennoch dunkel und tief. Ich werde immer wieder wach, weil ich etwas höre.
Nägel? Jemand schlägt mit einem Hammer Nägel in die Wand. Oder irgendwohin zumindest. Mitten in der Nacht. Es ist gruselig. Ich habe nicht einmal Licht. Wir hatten einen Stromausfall. Ich höre Schritte. Wo kommen diese Schritte her? Ich schaue zur Tür hinüber und ich dachte, mir bleibt das Herz stehen. Unter meiner Tür kommt Licht hervor. Aber warum geht denn dann mein Licht nicht an? Vielleicht ist ja die Glühbirne durchgebrannt. Die Schritte werden lauter. Sie kommen näher. Und dann öffnet sich meine Tür. Sie quietscht. Der Schatten einer Person kommt ganz langsam durch die Tür. „Ich wusste, dass du nicht schläfst. Ich beobachte dich, mein wertvollster Besitz. Valerie!“ Es war er. Wie konnte er real werden? Wie hat er mich gefunden? Das ist unmöglich.
Ich kniff die Augen zu und dachte die ganze Zeit: „Er ist nicht real. Er steht nicht hier. Er ist nicht real. Er …“ Das bemerkte er und ging langsam auf mein Bett zu. „Hab doch keine Angst, mein wertvollster Besitz. Ich werde immer da sein, um dich zu beschützen, bis du bereit bist, das zu akzeptieren, was die grausame Welt für dich bereit hält. Du wirst sehen, mein wertvollster Besitz, eines Tages würdest du dir wünschen, ich hätte dich erlöst. Ich hätte dich töten können, Valerie. Doch du wehrst dich dagegen. Aber du wirst sehen, du kannst mich immer bitten, mein wertvollster Besitz.“ Und dann schrie ich. Und er war weg.
2 JAHRE SPÄTER
Seit zwei Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen. Doch ich weiß noch ganz genau, was er zu mir gesagt hat. Auch in meinen Träumen war er nicht. Es ist, als wäre er gestorben, doch ich bin mir sicher, dass er irgendwo noch immer existiert und nur auf seine Stunde wartet, in der er seinen glorreichen Auftritt hinlegen kann. Das erste Jahr über hatte ich eine panische Angst davor, einzuschlafen. Ich hatte Angst, dass er wieder kommt und mir dieses Schicksal auferlegt, gegen das ich mich anscheinend nicht wehren kann.
Egal, was ich tue. Ich muss es so akzeptieren. Und das glaube ich ist es, was ich nicht kann. Oder besser gesagt, nicht können werde. Aber er hatte auch noch gesagt, dass ich ihn immer bitten könnte, mich zu ermorden. Sollte ich das tun? Nein. Ich fange an, ihn zu vermissen. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so. Ich habe das Gefühl, dass etwas fehlt. Ich kann nicht einmal sagen, ob er jetzt real war oder doch nur Einbildung. Ich kann mich nicht richtig konzentrieren und mir fällt es schwer zu verstehen, warum er verschwunden ist. Aber das Schlimmste daran ist, dass ich immer ein komisches Gefühl habe, wenn ich schlafen will. Es ist erst seit ungefähr einem Monat, aber es wird nicht besser. Ich wünschte mir, es würde aufhören, doch es wird immer aggressiver in mir. Erst ist es ein flaues Gefühl im Magen und dann breitet es sich aus. Was es zu bedeuten hat, weiß ich nicht, doch ich bin ehrlich, ich will es nicht wissen. Es soll alles wieder so werden wie damals, als ich noch klein war. Da musste ich auch noch nicht arbeiten. Ich meine, ich liebe meinen Beruf. Wer hat denn schon einen so krisensicheren Beruf wie ich? Als Bestatter kann einem nichts passieren. Gestorben wird immer. Aber in meinem Beruf hat man auch viel mit Toten und Trauernden zu tun, was es manchmal um einiges schwerer macht. Ich habe jetzt erst Feierabend und es ist bereits 3 Uhr morgens. Das Schöne daran ist, dass ich sowieso keine Freunde habe, um die ich mich kümmern muss. Aber immer wenn ich nach Hause gehe, verfolgt mich jemand. Immer. Er oder sie ist immer da, um mich genau eine Straße lang zu verfolgen und dann wieder zu gehen. Diese Person dreht sich dann einfach wieder um und geht die Gasse zurück. Doch heute Nacht ist sie nicht da. Aber irgendetwas ist hier. Irgendetwas. Aber wo? Ich spüre, wie mein Herz anfängt schneller zu schlagen. Von Sekunde zu Sekunde wird er schneller und ich auch. Geräusche durchreißen die Stille. Doch diese sind nicht von mir. Es ist eher ein Kreischen. Ich musste mir die Ohren zuhalten und dabei brach ich zusammen. Mein Kopf zerplatzte und ich sah nichts außer Dunkelheit.
Als ich wieder wach werde höre ich nur: „Oh, mein wertvollster Besitz. Wie kannst du dich nur in solch eine Gefahr begeben. Da macht man einmal einen anderen Fall und muss dich direkt vor deinem Tod bewahren. Du bist zu wichtig. Du kannst nicht einfach sterben. Valerie!“
„Wer bist du?“, fragte ich ihn einfach wieder, denn diese rauchige Stimme würde ich überall wieder erkennen.
Er lachte. „Ich? Wer ich bin ist unwichtig. Nur dein Überleben ist jetzt noch wichtig. Sobald ich dir deine Aufgabe erzählt habe, kannst du noch entscheiden, ob du sterben möchtest, oder ob du weiterhin dein Leben führen möchtest. Doch lass dir gesagt sein, du musst die Aufgabe erfüllen, sonst kannst du niemals sterben.“ Er lachte wieder.
Ich hatte Angst. Was sollte das für eine Aufgabe sein? Ist er wirklich so unwichtig, wie er sagt? Kann er wirklich mein Überleben garantieren, bis ich mich entscheiden muss? Warum muss er mir diese Aufgabe überbringen?
„Was für eine Aufgabe?“, fragte ich.
„Oh, mein wertvollster Besitz. Dies bleibt dir noch verschwiegen. Doch gedulde dich. Das warten wird es wert sein. Denn es dauert nicht mehr lange und du wirst bereit sein.“, antwortete er mir, doch er war so leise, dass ich ihn kaum verstand.
Ich hatte das Gefühl, dass er immer weiter von mir entfernt war. Und dann sagte keiner von uns noch etwas. Ich begann mich umzusehen. Es war ein schlicht eingerichtetes Zimmer und ich lag auf einem Bett, dass sich erstaunlich weich anfühlte. Ich stand auf und wollte mir das Zimmer genauer ansehen, als das Licht begann zu flackern. Ich setzte meine Füße auf dem Boden ab und saß noch immer auf dem riesigen Bett. Ich bewegte meinen Kopf, denn der fühlte sich an, als wäre er mir vom restlichen Körper abgetrennt worden und in irgendeiner Art wieder aufgesetzt worden, aber vollkommen verkehrt. Ich stand auf und konnte mich nicht rühren. Als wäre ich gefesselt.
„Aber Valerie. Was hast du nur vor?“, fragte er.
Ich konnte nicht antworten und schloss die Augen. Ich hoffte, dass ich mich wieder frei bewegen konnte, doch meine Versuche waren vergeblich. Also öffnete ich meine Augen wieder. Und dann schrie ich. Nur einige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war ein anderes Gesicht. Es war völlig verunstaltet. Ich konnte nur noch schreien und voller Angst dieses Gesicht anstarren. Es hatte zahlreiche Wunden. Schnitte, Löcher, Narben. Die Haut war grau, als wäre er schon uralt. Doch das stand im Widerspruch zu seiner Stimme. Sie war zwar rau, aber ich habe immer einen jungen Mann vermutet. Aber niemals einen alt aussehenden, vernarbten Mann, der keine Pupillen hatte. Man sieht nur rot. Er hat keine Andeutungen an ein Auge. Sie waren leuchtend rot und nahmen einen Großteil seines Gesichts ein. Er hatte auch keinen Mund. Das wurde mir erst jetzt bewusst. Von einem menschlichen Gesicht hatte er nur die Form und die Augen. Keine Nase, kein Mund. Bis er mir die Hand vor den Mund gehalten hat, habe ich nur geschrien.
„Pscht. Ich weiß, dass ich keinen besonders guten Anblick habe, aber das ist kein Grund, einen Schreikrampf zu bekommen. Ich lebe schon sehr lange. Das ist alles.“ Mehr sagte er nicht.
Ich hatte noch immer vor Schock weit aufgerissene Augen und sie wurden noch größer, als ich herausfand, wo sein Mund war. Sein Mund war direkt dort, wo der Adamsapfel sitzen würde. Und er war um 90° gedreht. Er nahm seine Hand von meinem Mund, doch seine Hände waren verbrannt. Überall Brandblasen und es fehlt ihm ein Finger.
Nach und nach realisierte ich, dass er kein Mensch sein konnte und wollte wieder schreien, doch stattdessen fragte ich nur: „Was bist du?“
Er antwortete: „Ich bin eine Kreatur. Dein Verkünder, Beschützer und vielleicht sogar dein Mörder.“ Bei den letzten Worten dachte ich, dass er mich nur auf den Arm nimmt und fragte ihn, warum denn mein Mörder. Darauf antwortete er, dass es sein Auftrag werden könnte, wenn ich meine Aufgabe vermasseln würde. Und dann schlug er mich mit seiner verbrannten Hand und schmiss mich auf den Boden. Ich wimmerte, doch dann wurde alles still. Ich ließ die Augen geschlossen, auch nachdem ich gehört habe, dass die Tür geschlossen wurde. Von draußen drangen einzelne Worte zu mir durch.
„Wie konntest du…?!“
„Ich habe … gefährdet nur … was geht es dich an?“
„Ich bin ihr … Du hast sie mir … Ich wurde von … geschickt, um sie zu …“
„Um sie zu…?! Warum? Bei mir … Ich kann sie … Und wenn wir schon … liegt auf dem Boden. Ich werde mich …“
„Nein! Du wirst sie … Ich nehme sie mit mir!“
„Das … nicht!“
Ein Knall. Ich sah die Tür fliegen. Und er lag darauf. Bewusstlos. Den anderen hörte ich nur murmeln, dass es sein Auftrag war und er ihn erfüllen würde, egal wer oder was sich ihm in den Weg stellt. Ich zitterte. Was wollten sie von mir?
ZEHN TAGE SPÄTER
Seit zehn Tagen hält mich diese Kreatur fest. Er sieht genauso aus wie mein erster Verkünder, doch seine Augen leuchten nicht rot sondern blau. Himmelblau. Ich habe immer wieder versucht, aus dieser Zelle auszubrechen, doch ich hatte nie Erfolg. Ich habe zahlreiche Verbrennungen an den Händen und im Gesicht, denn das Gitter meiner Zelle ist immer brennend heiß. Immer wieder kommt der Verkünder mit den blauen Augen vorbei und ich renne gegen die Gitterstäbe und schreie auf, weil es brennt, doch das war eine seiner Bedingungen, dass er mir Antworten gibt. Er testet meine Willensstärke. Ich habe viele Fragen gestellt. Ob die Antworten, die er mir gab, der Wahrheit entsprechen, weiß ich nicht. Er hat mir gesagt, dass er und die anderen drei Verkünder sind, die immer ein und dieselbe Person aufspüren müssen und diese beobachten müssen, bis sie bereit ist, ihr Schicksal entgegen zu nehmen. Darauf habe ich gefragt, was es denn für ein Schicksal sei. Doch immer wenn ich das frage heißt es nur, dass ich das noch sehen werde. Dann fragte ich nach den anderen drei. Sie seien unwichtig und nur Konkurrenz. Für ihn und auch für mich. Und dann ging er und ließ mich zurück.
DREI TAGE SPÄTER
Beim letzten Besuch hat er mir einen Spiegel mitgebracht. Ich bin total entstellt. Doch mir wurde endlich meine Frage beantwortet. Das war es vollkommen wert. Ich habe wieder gefragt, warum ich so wichtig sein soll. Zuerst schwieg er.
„Es lohnt sich nicht, dir das noch länger zu verschweigen. Die anderen werden bald kommen. Bis dahin muss ich dich als mein Besitz markieren. Ansonsten kann einer dich mir wegnehmen. Und dann habe ich keine Chance. Du bist für uns vier so wichtig, weil du einen von uns retten wirst.“
„Was heißt, ich werde einen von euch retten? Soll ich etwa einen von euch umbringen?!“
Er lachte auf, bevor er mir antwortete. „Nein, das kannst du nicht. Nun ja, bedingt. Wir sind unsterblich, weil uns dasselbe Schicksal ereilte wie dich. Doch wir haben es nicht erfüllen können. Um es zu erfüllen musst du… etwas tun. Doch zuerst musst du mich dich markieren lassen. Ich will unbedingt erlöst werden von diesem Dasein.“ Er machte eine ausholende Geste seinen Körper hinab. „Ich bin es leid. Und du kannst das alles ändern.“
„Was meinst du überhaupt mit markieren? Und was muss ich tun, um dich zu retten? Und warum gerade dich? Warum nicht den, mit den roten Augen, der von Anfang an bei mir war?“
„NEIN! Zu ihm kannst du nicht zurück. Das weiß er auch. Er hat dich verloren! An mich. Und wenn ich dich jetzt verliere, muss ich weiterhin warten. Die Markierung bedeutet, dass du dich verpflichtet hast, mich innerhalb von einer Woche nach der Markierung zu erlösen. Doch einen Nachteil gibt es für dich noch. Wenn du das Schicksal annimmst und es erfüllst, stirbst du. Wenn du es annimmst und versagst, wirst du zu so etwas wie ich. Nimmst du es nicht von mir an, musst du es bei einem der anderen zwei erfüllen. Ich gebe dir Zeit bis morgen, um dich zu entscheiden, ob du dich markieren lässt, oder ob du gehen möchtest.“
Und dann war er weg.
FÜNF TAGE SPÄTER
Heute bin ich wach geworden, weil sich jemand lautstark gestritten hat. Es ging wieder um diese Erlösung für die ich so wichtig sein soll. Und auf einmal stand er hinter mir. Der Verkünder mit den roten Augen.
„Es tut mir leid.“
„Was tut dir leid?! Dass du mit ihm gegangen bist und mir meine Chance – die einzige Chance – genommen hast, jemals in den nächsten 30 Jahren meinen Frieden zu finden?“
„Ich weiß es nicht.“
„Na also. Das war meine einzige Möglichkeit und du hast sie mir genommen. Doch, warte. Du bist nicht markiert!“
„Nein, bin ich nicht.“
„Er ist so blöd. Ich kann dich ihm wieder wegnehmen.“
„Nein, er hat gesagt, dass ich ihm oder einem der anderen zwei gehöre, da du mich bereits verloren hast.“
„Ich meine das anders. Du wirst schon sehen.“
Mit einem breiten Grinsen kam er auf mich zugestürmt und schlug mich bewusstlos. Als ich wieder aufwachte, war ich alleine.
DERSELBE TAG
„Nimm sie an dich!“
„Nein.“
„Willst du nicht erlöst werden? Willst du nicht endlich wissen, was dich erwartet, wenn du wirklich stirbst?“
„Mag sein, doch ich werde es fair gewinnen und nicht durch eine deiner schäbigen Racheaktionen. Vor allem nicht nach der Geschichte von vor dreißig Jahren. Wieso hast du sie mir gestohlen? Damals war Victoria meine Chance und du hast sie mir genommen.“
„Ja ja. Mag sein. Es tut mir leid. Bla bla bla. Victoria sollte mich erlösen. Aber da sie mir dann auch genommen wurde, kann ich ja nichts dafür. Und wenn du sie nicht markierst kann ich ja nichts dafür. Und das ist auch bei Valerie noch nicht geschehen. Ich denke er wird nicht mehr lange warten, bis er sie markiert. Ich weiß nicht, ob sie weiß was er ihr tun wird. Also nimm sie dir!“
„NEIN! Und nun gehe oder ich werde dich umbringen.“
„Kannst du gar nicht. Du weißt das genauso gut wie ich. Nur sie kann es und du willst es auch.“
Mit diesen Worten löste er sich auf und mehr als ein wenig flimmernde Luft blieb nicht übrig.
EIN TAG SPÄTER
„Valerie.“
„Ja?“
„Ich muss dir etwas sagen.“
„Was denn?“
„Ich… ich muss dich markieren. Jetzt. Bevor irgendeiner von ihnen dich hier findet.“
„Das ist schon geschehen.“ Sie sah auf den Boden.
„Was?! Wann? Wieso hast du nichts gesagt?“
„Weil es erst gestern war. Kurz nach deinem Besuch bei mir war mein alter Verkünder hier.“
„Was hat er gesagt?“
„Dass er mich dir noch stehlen kann, da ich nicht markiert bin und ich sehen werde, wie er das meint, da ich ihm gesagt habe, dass es nicht geht, weil er mich schon verloren hat. Dann hat er mich niedergeschlagen und ist gegangen.“
Er dachte kurz nach.
„Was wirst du jetzt tun?“
„Ich werde dich markieren müssen. Ich will endlich sterben. Selbstmord funktioniert nicht. Ich habe es schon so oft versucht. Deswegen musst du jetzt genau das tun, was ich dir sage, denn ansonsten werde ich vermutlich wirklich nie die Chance haben zu sterben.“
„Sag mir, was ich tun soll.“
„Es tut mir so leid.“, flüsterte er.
„Was?“
„Das, was dir jetzt passiert.“
„Ich mache es vollkommen freiwillig. Also. Was muss ich tun?“
Er zog ein Messer aus seiner Kutte und schnitt sich den Unterarm entlang der Ader auf.
„Trink zwei Schlücke. Das reicht. Mehr musst du nicht trinken. Es schadet nicht, mehr zu nehmen, doch zwei reichen.“
Sie schluckte fünf Mal.
„Gib mir deinen Unterarm. Bitte.“
„Schneidest du mich genauso auf wie dich?“
„Ja.“
„Aber dann werde ich sterben.“
„Das ist der Grund, weswegen du zuerst mein Blut zu dir nehmen musstest. Mein Blut in dir verhindert deinen Tod durch eine solche Verletzung. Nun kannst du nur noch sterben, wenn du dein Schicksal erfüllst. Und wir alle sind diese Kreaturen geworden, weil wir es nicht geschafft haben.“
„Werde ich Schmerzen haben?“
„Das kann ich dir nicht sagen.“
„Weil du es nicht weißt oder es nicht kannst?“
„Etwas von beidem. Bereit?“
Sie nickte nur und schluckte. Er setzte an und schnitt mit einem Ruck ihren gesamten Unterarm auf. Sie zuckte zusammen und verkniff sich einen Schrei. Blut quoll aus der Wunde und er beugte sich über den Arm. Seine Zunge leckte das Blut auf, doch die tiefblauen Augen starrten ihr ins Gesicht.
„Deine Wunde wird sich gleich schließen, aber eine Sache muss ich dir noch antun.“
„Was?“
„Du musst mir ein Stück Kleidung von dir geben. Im Gegenzug bekommst du etwas von mir. Ich muss einen Teil eines Sterblichen bei mir haben, wenn du mich erlöst. Der Teil des Unsterblichen, den du von mir erhälst ist bei dir nutzlos. Du wirst mich erlösen und dabei selber sterben.“
Sie gab ihm ihre Bluse. „Hier.“
Er entledigte sich seiner Kutte und hatte darunter noch ein dunkles Oberteil. Dieses zog er sich aus und gab ihr das Oberteil. Er warf sich seine Kutte über und sie zog das Oberteil an.
„So. Nun müssen wir nur noch warten, bis die anderen kommen.“
„Wie lange wird das dauern?“
„Nicht lange. Sie wissen, dass ich dich markiert habe.“
Er ging. Doch er nahm sie mit.
1 WOCHE SPÄTER
Sie sind alle da. Alle vier. Sie haben sich in einem Raum versammelt. Auf dem Boden ist eine Vertiefung, die durch das Hinterlassen größerer Fugen entstanden sind. In der Mitte muss ich mich aufstellen. Die vier Verkünder stehen an den jeweiligen Enden der Fugen. Ich drehe mich im Kreis und sehe jedem einzelnen in die Augen. Trotz der Tatsache, dass keiner von ihnen Pupillen hat, kann man die Gefühle jedes einzelnen erkennen. Drei von ihnen sind enttäuscht und wütend. Der vierte ist glücklich. Er wird jetzt dann von mir erlöst. Man hat mir gesagt, dass ich einfach nur sagen muss, wenn ich bereit bin.
„Ich…“, setzte ich an. Doch ich zögerte. Mir fiel wieder ein, was das für mich bedeuten würde. Ich würde sterben. Wie kann ich mein Leben für jemanden beenden, der mir nie wirklich die Wahrheit gesagt hat. Obwohl, doch, ich habe immer die Wahrheit erfahren.
„Bist du bereit?“
„Ja. Ich bin bereit.“
„Gut. Wir fangen an. Wende dich demjenigen zu, der dich als sein Eigentum markierte.“
Sie gehorchte und blickte ihm in die Augen.
„Nun, Valerie, lass ihn auf dich zugehen.“
Sie stand wie angewurzelt da. Er ging auf sie zu und blieb wenige Zentimeter vor ihr stehen.
„Jetzt musst du dich zusammenreißen.“, flüsterte er.
Sie nickte.
„Also. Nun. Valerie, du musst nun das Ritual durchführen.“
„Was muss ich tun?“, schrie sie zurück.
„Du musst den Verkünder küssen. Nur ein Kuss kann ihn retten, da es ein Zeichen von Liebe ist. Und in dieser Gestalt kann er von niemandem geliebt werden. Bist du bereit, dies zu tun?“
Sie überlegte.
„Ich werde es tun.“, sagte sie entschlossen.
„Gut, dann ist es beschlossen.“
Sie drehte ihren Kopf nach links.
„Danke.“, flüsterte er.
Sie drückte ihre Lippen auf seine und sie zerfielen beide zu Staub.