Tollpatsch
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Wieder einer dieser Morgen. Der Wecker reißt Hugo wie immer viel zu früh aus dem Schlaf. Im Halbdunkel tastet er nach dem Ausschalter, wobei seine Hand statt diesem jedoch die Nachttischlampe trifft und vom Tisch wirft.
Schließlich findet er den Schalter und steigt aus dem Bett, tritt dabei jedoch auf die Lampe, die unter seinem Gewicht zerbricht. Tausend kleine Scherben bohren sich in Hugos nackte Sohle. Er schreit auf und springt auf den anderen Fuß. Seine Freundin Biggi, die eben noch neben ihm geschlafen hat, richtet sich erschrocken auf. Hugo versichert ihr, dass alles in Ordnung sei und humpelt durch den Flur ins Bad, eine Spur aus Blut hinter sich lassend. Er durchsucht den Schrank über dem Waschbecken nach einer Pinzette, um die Scherben herauszuziehen, findet jedoch keine.
Weil er das oberste Fach nicht richtig sehen kann, stützt er sich auf das Waschbecken auf, erst nur mit einem Arm, dann mit dem ganzen Körper.
Seine Hand findet die Pinzette in dem Moment als das Waschbecken von der Wand abbricht. Im Fall versucht Hugo instinktiv noch sich am Schrank festzuhalten, welcher sich jedoch auch von der Wand löst, sodass erst Hugo zu Boden und dann der aufgrund reichlicher Füllung sehr schwere Schrank auf ihn stürzt.
…
Wieder einer dieser Morgen. Der Wecker reißt Hugo wie immer viel zu früh aus dem Schlaf. Im Halbdunkel findet er nach kurzem Tasten den Ausschalter. Seine Freundin Biggi neben ihm schläft tief und fest.
Er schaltet das Licht an und sucht sich Hemd und Hose aus dem Schrank.
Wäre er doch auch „freischaffender Künstler“ so wie Biggi. Dann könnte er einfach tragen was er wollte. T-Shirt und Jogginghose. Oder seinen Schlafanzug. Oder einfach nichts.
Aber im Büro sähe man soetwas sicher ungern. Selbst am „Casual Friday“.
Hugo kommt gerade aus der Dusche als es an der Tür klingelt. Er hofft, dass Biggi aufmacht, doch offenbar schläft sie tief und fest, denn es klingelt zwei weitere Male.
Genervt legt Hugo sich ein Handtuch, läuft zur Tür und öffnet sie, sieht aber niemanden. Er geht vor die Tür und sieht gerade, wie am Ende der Straße ein Paketlaster um die Kurve fährt, als ein Windstoß die Tür hinter ihm zuwirft. Als wäre es nicht genug, dass er jetzt ausgesperrt ist, da die Tür von außen nur einen Knauf besitzt, ist außerdem ein Zipfel seines Handtuchs in der Tür eingeklemmt.
Zum Glück scheint bis auf den Paketboten gerade niemand auf der Straße zu sein.
Es ist eine missliche Situation.
Einerseits will er ungern nur im Handtuch vor der Haustür stehen bleiben, andererseits will er erst recht nicht ohne Handtuch ums Haus gehen, um durch die Hintertür wieder reingehen zu können.
Seine einzige Hoffnung ist Biggi. Hugo hämmert gegen die Tür, brüllt den Namen seiner Freundin, von der er leider weiß, dass sie wahrscheinlich auch weiterschlafen würde, wenn „Rammstein“ ein Konzert in ihrer Wohnstube geben würden während im Nachbarsgarten ein Flugzeug abstürzt.
Aus diesem hört er nun hinter dem zum Glück sehr hohen Gartenzaun verwirrte Rufe, ausgehend von Frau Schrader, ihrer Nachbarin, ihres Zeichens die fleischgewordene Fusion aus Stasiagentin und Marktschreierin. Wenn es einen Menschen gibt, von dem Hugo nicht in solch einer Situation gesehen werden möchte, dann ist es diese Frau. Verzweifelt zieht er an seinem Handtuch, wechselt zwischen schnellem Stoßweisen ziehen und Sich-mit-ganzem-Körpergewicht-daran-hängen.
Zweiteres tut er als sich die Tür plötzlich doch öffnet und eine sehr verschlafen aussehende Biggi hinausblickt. Hugo stolpert nach hinten, rutscht auf seinen nassen Füßen aus und sieht noch wie Frau Schrader in ihrem beige-rosa karierten Morgenmantel um die Ecke gewackelt kommt, als sein Kopf auf einem von Biggis kunstvoll bemalten Deko-Steinen aufschlägt.
…
Wieder einer dieser Morgen. Der Wecker reißt Hugo wie immer viel zu früh aus dem Schlaf.
Mit einem gezielten Schlag zur Seite trifft er den Ausschalter. Dann schläft er wieder ein.
Als er erwacht ist es draußen bereits hell. Sofort springt er aus dem Bett. Seine Freundin Biggi richtet sich erschrocken auf. Hugo erklärt ihr, dass er spät dran ist.
Frische Anziehsachen in der Hand sprintet er in die Küche. Er versucht sich im Gehen anzuziehen, was ihm jedoch mehr schlecht als recht gelingt. Sein Hemd halb über dem Kopf kommt er in die Küche gestürmt.
Dabei stößt er sich erst den Arm am Kühlschrank und reißt dann den Messerblock, der daneben steht herunter. Ein großes Fleischermesser bohrt sich direkt durch Hugos rechten Fuß. Hugo brüllt, springt zurück, stößt mit dem Kopf gegen einen Hängeschrank, fällt nach vorn und hält sich an einem Griff fest, von dem er glaubt, dass er zu einem weiteren Schrank gehört. Mit der anderen Hand versucht er das Messer aus seinem Fuß zu ziehen.
Dass er sich nicht am Griff eines Schrankes sondern am Henkel des Wasserkochers festgehalten hat, stellt er erst fest, als sich dieser im selben Augenblick von seinem Unterteil löst in dem er das Messer aus seinem Fuß zieht. Sein Oberkörper stürzt nach vorn, während die Hand mit dem Messer nach oben schnellt, woraufhin das Messer sich mit Schwung in Hugos Hals bohrt.
…
Wieder einer dieser Morgen. Der Wecker reißt Hugo wie immer viel zu früh aus dem Schlaf. Hugo will gerade nach dem Ausschalter tasten, als der Wecker von selbst ausgeht und jemand das Licht anschaltet. Es ist Biggi, seine Freundin. Sie sagt, sie hätte Frühstück gemacht. Überrascht aber doch froh steht Hugo auf.
Biggi hat frische Brötchen geholt, Kaffee und Rührei gemacht. Auch seine Brote für die Arbeit hat sie ihm schon vorbereitet. Nach dem Frühstück gehen sie gemeinsam duschen, danach zieht Hugo sich an und macht sich auf den Weg zur Arbeit.
Hugos Arbeitstag verläuft ziemlich gewöhnlich, wenn auch ausgesprochen erfolgreich. Er hat so viel Energie, dass er selbst überrascht ist, wie schnell er mit den Aufgaben, die er sich für den Tag vorgenommen hatte, fertig wird.
Schließlich beschließt er, dass er genug für den Tag getan hätte, täuscht Unwohlsein und Erkältungssymptome vor und verlässt seine Arbeitsstelle so eine Stunde früher als sonst.
Auf dem Rückweg kauft er in seiner Lieblingsbäckerei zwei Stücken Kuchen und ein paar Tulpen im nächsten Blumenladen. Tulpen sind Biggis Lieblingsblumen.
Er will sich bei ihr für den schönen Morgen bedanken.
Hugo beschließt das Haus so leise wie möglich zu betreten. Er will Biggi überraschen. Vorsichtig schleicht er den Flur entlang, findet seine Freundin jedoch weder in der Küche, noch im Schlafzimmer oder in der Wohnstube. Er horcht auch an der Badezimmertür, jedoch ist es dahinter vollkommen still.
Nun bleibt nur noch ein Raum: Biggis Hobbykeller. Eigentlich ist es logisch, dass sie zu dieser Zeit dort ist, schließlich ist sie Künstlerin und arbeitet ständig an neuen Werken. Und das offenbar mit Erfolg, immerhin verdient sie damit fast mehr als er, auch wenn er persönlich nie einen ihrer Käufer gesehen oder getroffen hat.
Eigentlich ist der Keller für ihn tabu. Biggi hat wohl einiges an Materialien dort, die überall verteilt sind und doch eine gewisse Ordnung für sie haben, die genauso bleiben müssten, damit sie sich zurechtfindet.
Normalerweise akzeptiert Hugo das, aber was macht es schon, wenn er nur einmal die Treppe runtergeht und nach ihr sieht?
Die Tür ist unverschlossen, Hugo öffnet sie sanft und steigt die Stufen hinab, in einer Hand die Tulpen, in der anderen das Paket mit dem Kuchen.
Er lässt beides fallen, als er das Ende der Treppe erreicht. Da sind keine Kunstwerke, keine verstreuten Materialen.
Stattdessen stehen an der Wand in einer Reihe fünf riesige gläserne Gefäße mit einer trüben, bläulichen Flüssigkeit darin. Schläuche verlaufen durch den gesamten Keller, zwischen den Gefäßen und mehreren seltsamen Apparaturen, die Hugo noch nie zuvor gesehen hat. Eines der Geräte hat einen Bildschirm, der scheinbar ein EKG anzeigt, ein anderes ist mit einem beige-rosa-karierten Morgenmantel zugedeckt.
Hugo nähert sich den Glasgefäßen, versucht etwas durch das trübe Wasser zu erkennen, klopft gegen das Glas. Plötzlich drückt sich von innen eine Hand gegen die Scheibe. Wie in Zeitlupe zeigen sich zuerst die Finger dann der Ballen. Dann der Arm. Dann die Schulter. Dann das Gesicht.
Es ist Hugos Gesicht.
Hugo erstarrt, mustert seinen Zwilling. Es ist als blickte er in einen Spiegel, der Mann in dem bläulichen Wasser ist Hugo wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur ist seine Haut blasser als Hugos und sein Blick völlig leer. Er ist eindeutig tot.
Wie ist das möglich? Hugo hat keinen Zwillingsbruder, zumindest keinen, von dem er wüsste. Tatsächlich hat er überhaupt keine Geschwister, und dennoch – ist dort sein in bläulichem Wasser treibendes Ebenbild.
Das Geräusch der Kellertür lässt ihn sich aus seiner Starre lösen, jemand kommt die Treppe heruntergelaufen, er hört leichte, federnde Schritte, Biggis Schritte.
„Hugo!“, sagt sie überrascht, als sie ihn erblickt, „du bist schon hier!“
„Was zum Teufel ist das hier?“, fragt Hugo ohne Umschweife, „Wo ist deine Werkstatt hin? Was sind das für Maschinen? Und warum hast du Wassertanks mit Menschen drin, die aussehen wie ich?“
Biggis Miene verhärtet sich, sie spricht leise und eine Mischung aus Bedauern und Enttäuschung liegt in ihrer Stimme.
„Es tut mir leid“, haucht sie und greift hinter ihren Rücken. „Aber du hättest das wirklich nicht sehen dürfen.“ Blitzschnell holt sie ein Skalpell hervor und rennt damit auf ihn zu. Hugo hält schützend den Arm vor sich, so dass das Skalpell sich in diesen statt in seine Brust bohrt. Hugo weicht zurück, prallt gegen den Wassertank hinter sich und kann sich zur Seite rollen, um Biggis nächstem Angriff auszuweichen. Er schafft es um sie herum zu laufen und eilt die Treppe hinauf. Nach drei Stufen stolpert er jedoch und landet unsanft auf den Stufen. Bevor er sich aufrichten kann spürt er Biggis Gewicht auf sich und die kalte Klinge des Skalpells in seinem Rücken. Wieder und wieder zieht seine Freundin es heraus, nur um erneut mit noch größerer Kraft zuzustechen. Zuletzt packt sie Hugos Kopf mit beiden Händen und bricht ihm mit einem Ruck das Genick.
…
Wieder einer dieser Morgen. Der Wecker reißt Hugo wie immer viel zu früh aus dem Schlaf. Er drückt den Ausschalter, nimmt sich frische Sachen aus dem Schrank und verlässt das Schlafzimmer.
Biggi, die so getan hat, als würde sie schlafen, blickt ihm verträumt nach.
Sie liebt diesen Mann. Mehr als alles andere auf der Welt.
Doch er ist so ein Tollpatsch, ständig in Gefahr sich selbst zu verletzen.
Eigentlich war das ein ungewünschter Nebeneffekt. Und er ein Fehlversuch, den sie hätte eliminieren sollen.
Doch sie konnte es nicht. „Hugo“ war freundlich, klug und gutaussehend und durch seine Unbeholfenheit gleichzeitig auf eine sympathische Art hilfsbedürftig.
Biggi war etwas höchst Unprofessionelles passiert: Sie hatte sich in ihr Projekt verliebt.
Sie würde es nicht mehr ertragen ohne ihn zu leben.
Doch Dank ihrer herausragendenden Arbeit und der Freiheiten, die man ihr im Gegenzug gewährte, würde sie das auch niemals müssen.