ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Trigger-Warnung: In den folgenden Inhalten wird über Gewalt gegenüber Frauen gesprochen. Dieser Text könnte emotional belastend wirken und traumatische Erinnerungen wecken. Bitte sei achtsam, wenn du solche Themen als schwierig oder triggernd empfindest. Bei Bedarf ziehe Unterstützung aus deinem Umfeld oder von professionellen Beratungsstellen hinzu.
Es war die Halloween-Nacht. Die Kälte, die durch die dürren Äste des Waldes pfiff, kroch mir unter die Haut, während ich in meinen klapprigen Kostümstiefeln durch das Laub stapfte. Der Mond hing wie eine fahle Laterne am Himmel über mir. Sein schwaches Licht durchbrach nur stellenweise die dichten Äste, die sich über mir wie halb belaubte Klauen zusammenzogen. Ich hatte mich verlaufen und die Dunkelheit des Waldes verschluckte mich. Es war, als ob der Wald mich gefangen halten wollte, mich zwingen wollte, tiefer in seine von Ästen durchzogene Eingeweide vorzudringen.
Mein Name ist Toska und mein ganzes Leben wurde bisher von Unglücken geprägt. Es begann schon bei meiner Geburt. Meine Mutter starb, als ich zur Welt kam. Mein Vater, der zu meiner Geburt ins Krankenhaus eilte, hatte einen Autounfall und verstarb in Folge seiner schweren Verletzungen noch am Unfallort.
Da meine Eltern bis zu meiner Geburt sich noch keinen Namen überlegt hatten, weil sie sich von meinem Geschlecht überraschen lassen wollten, verpasste mir meine Oma den Namen Toska. Ja, ich weiß, ein selten dämlicher Name. Ich heiße wie das Lieblingsparfüm meiner Großmutter.
Sie nahm mich schließlich bei sich auf und erzog mich wie Ihr eigenes Kind. Ich hatte auch eine recht glückliche Kindheit, bis die Schule begann. Ich wurde mit 7 eingeschult. Die Kinder in der Schule hänselten mich wegen meines Namens. Ein Junge namens Kevin, der ein Feuermal über seinem linken Auge hatte, brachte sogar einmal das Parfum, dessen Name ich trug, mit zur Schule. Dieses hatte er wiederum von seiner Großmutter gestohlen. Seine beiden besten Freunde hielten mich damals an den Armen fest und er schüttete den gesamten Flacon über meinen Kopf aus.
Ich erinnere mich noch heute an seine Worte, die er dabei aussprach: „Jetzt stinkt Toska, wesentlich auch nach Toska“, sagte er hämisch und lachte mich dabei aus. Die anderen Kinder, die um uns herum standen, stimmten wie im Chor mit ein: „Toska stinkt, Toska stinkt, sie stinkt jetzt wie die Pest – stink, stink, stink, stink, stink, stink – es ist ein Stinkefest.“
Damals lief ich heulend und ohne mein Schulzeug nachhause und sperrte mich in meinem Zimmer, das wohlgemerkt auch das Zimmer meiner Mutter gewesen war, ein. Dort weinte ich so lange, bis meine Oma nachhause kam. Vor lauter Traurigkeit hatte ich nicht mal meine Kleidung gewechselt und das ganze Zimmer stank buchstäblich nach Toska-Parfum. Der Geruch war selbst meiner Oma zu fiel, und sie half mir, mich sauber zu machen, bezog in der Zeit, wo ich in der Wanne saß, mein Bett neu und lüftete das Zimmer einmal quer durch. Man konnte allerdings noch 4 Tage später den Parfümduft in meinem Zimmer wahrnehmen.
Ich schämte mich damals einfach wegen meines Namens. Ab diesem Tag mied ich die anderen Kinder, wann immer es möglich war, und spielte nur mit meiner besten Freundin Isabella.
Genugtuung erhielt ich erst, als Kevin, der mir damals das Parfum übergekippt hatte, von einem auf den anderen Tag spurlos verschwand. Er war mit seinen besten Freunden Lucas und Ramon damals im nahegelegenen Wald spielen und verschwand im Dickicht der Wälder und wurde nie mehr gesehen. Nur Lucas und Ramon kamen unversehrt, aber verängstigt aus dem Wald zurück. Beide sprachen davon, ein unheimliches Wesen dort gesehen zu haben. Kevin wollte es verfolgen, doch die anderen beiden waren von dieser Idee nicht begeistert und traten die Flucht an, als sich das Wesen, das sie als Maultier-Mann bezeichneten, auf die drei zubewegte. Laut ihrer Aussage sprang Kevin vor lauter Schiss in ein Gebüsch, und die beiden selbst drehten sich auf dem Absatz um und rannten eilig und so schnell sie konnten auf und davon.
Interessanterweise ereignete sich dieser Vorfall am 31. Oktober. also an Halloween.
Die Polizei und die halbe Stadt suchten daraufhin nach Kevin, doch dieser blieb spurlos verschwunden und tauchte bis zum heutigen Tag nicht wieder auf.
Wie sehr doch mein Schicksal mit dem von Kevin verwoben war, stellte ich erschreckender Weise erst gut 25 Jahre später fest.
Den Rest meiner Kindheit verlief ich mehr oder weniger mit Gehässigkeit anderer Kinder. In der Oberstufe wurde ich Tante Toska genannt. Ein Spitzname, der mich fast in die Universität verfolgt hätte. Sie verarschten mich, wann immer es ging. Ich war oft das Opfer Ihrer Gemeinheiten. Doch ich war immer zu feige, um mich zu wehren.
Doch zum Glück wurde das Mädchen, das sich an der gleichen Uni wie ich beworben hatte, dort nicht angenommen. Somit ließ ich diesen Spitznamen dort, wo er hingehörte, nämlich an meiner alten Schule.
Während ich studierte, fühlte ich mich endlich frei und nicht als Mobbing-Opfer. Ich genoss endlich mein Leben, ging auf Partys, traf mich mit meinen neuen Freunden und gelegentlich auch noch mit Isabella. Aus der unscheinbaren Raupe wurde endlich ein wunderschöner Schmetterling, der seine Flügel ausbreitete und sich in die Luft erhob.
Kurz nachdem ich mein Studium beendet hatte (ich war gerade erst 25 geworden), zog ich wieder bei meiner Oma ein. Aus ihr war eine alte, gebrechliche Frau geworden und sie konnte sich seit einem Schlaganfall nicht mehr alleine versorgen. Ich suchte mir eine Arbeitsstelle in der gleichen Stadt und half meiner Oma, wann immer es ging. Über den Tag kam eine Pflegekraft, die meiner Oma beim Waschen und Anziehen und im Haushalt half. Abends und in der Nacht war ich für Ihre Pflege da. Oma und ich führten abends meist tiefer gehende Gespräche und sie erzählte mir von ihrem Leben. Sie erzählte mir von ihrer harten Kindheit, wie es war, erwachsen zu werden, und schließlich auch von Opa, der bereits mit 25 verstarb, weil er eine Treppe im betrunkenen Zustand herunterfiel und sich das Genick dabei brach.
Meine Mutter war zu diesem Zeitpunkt gerade erst 3 Jahre alt und meine Oma musste sich und meine Mutter damals alleine durchbringen.
Einmal fragte ich, warum sie nicht noch einmal geheiratet hatte. Meine Oma lachte darauf hin und sagte: „Kindschen: Es ist heute schon schwer als Mutter mit Kind, einen Partner zu finden, der auch das Kind akzeptiert.“ Früher war das noch schwerer. Damit war für Sie das Thema beendet.
Ich muss gestehen, die Gespräche mit Oma waren für mich immer das Highlight des Tages. 7 Jahre kümmerte ich mich um sie. Doch dann kam der Morgen, als ich Sie tot in Ihrem Bett fand. Sie hatte sich nachts einfach still und heimlich aus dem Leben geschlichen.
Ich bin ihr bis heute dankbar, dass Sie mich damals aufgenommen und wie Ihre eigene Tochter behandelte, auch wenn ich nur Ihre Enkelin war. Ich erbte das Haus und Ihren gesamten Besitztümer.
Ihre Beerdigung fand Anfang August auf dem nahegelegenen Waldfriedhof statt. Ihre Urne wurde unter einer Rotbuche beigesetzt. Die erste Zeit besuchte ich ihr Grab fast jeden Tag und erzählte ihr von meinem Tag. Als der Herbst anbrach, es war bereits Oktober, und die Blätter begannen von den Bäumen zu fallen, änderte sich jedoch die Atmosphäre auf dem Waldfriedhof. Ich fühlte mich dort immer öfter beobachtet. Doch als ich mich umschaute, war niemand zu sehen, der mich hätte beobachten können. Ich beschloss daraufhin, weniger das Grab meiner Oma zu besuchen.
Der Oktober verging und ich besuchte Ihr Grab nur noch einmal pro Woche. Doch das Gefühl des Beobachtenbleibens hielt weiterhin an. Ich traf mich wieder öfter mit Isabella und wir quatschten über alte Zeiten und lachten und scherzten wie damals als Kinder zusammen.
Kurz vor Ende Oktober trafen wir uns in einem Café und unterhielten uns über dies und das. Das Thema Kevin und seine beiden Freunde Ramon und Lucas kam dabei auf und wir fragten uns, was aus Kevin geworden ist. Schließlich fand man bisher weder eine Leiche noch eine Spur von ihm. Sein Verschwinden ist nach wie vor ein Mysterium.
„Hast du eine Ahnung, was aus den beiden anderen geworden ist?“, fragte mich Isabella und nippte dabei an ihrem Cappuccino.
„Das Einzige, was ich von Lucas weiß, ist, dass er Drogenprobleme hatte und mehrere Entzüge ohne Erfolg durchgemacht hatte.“ „Er wurde immer rückfällig.“
„Ramon verließ die Stadt und wohnte jetzt mit seiner Frau und zwei Kindern auf dem Land. Ich hatte ihn einmal während meiner Studienzeit getroffen und wir unterhielten uns kurz. Er entschuldigte sich damals sogar für alle Hänseleien und die Aktion mit dem Parfum bei mir. Ebenfalls berichtete er mir, dass er noch manchmal Alpträume vom Tag des Verschwindens von Kevin habe und von diesem mysteriösen Wesen, das Sie seit damals den Maultier-Mann genannten hätten.“
Als ich ihn damals fragte, was er träumte, zuckte er nur mit den Schultern und antwortete mir:
„Ich sehe Kevin in dem Gebüsch verschwinden und der Maultier-Mann stürzte sich mit rasender Geschwindigkeit auf das Gebüsch und zerrte Kevin aus diesem heraus. Anschließend verschwindet er mit ihm im Wald. Nachts sehe ich Kevin, der immer noch ein Kind ist, und das Wesen vor meinem Schlafzimmerfenster stehen. Irgendwie schaffte das Wesen, sich Zugang in das Haus zu verschaffen, und zerrt mich aus meinem Bett heraus und nimmt mich mit in den Wald. Sowie wir die Waldgrenze erreicht haben, wache ich immer schweißgebadet aus dem Traum auf. Interessanterweise bin ich in dem Alptraum immer in dem jetzigen Alter, das ich gerade habe. Kevin jedoch ist um keinen Tag gealtert.“
„Wir verabschiedeten uns damals voneinander und seit diesem Tag habe ich ihn nicht mehr getroffen“, antwortete ich Isabella.
„Schon etwas Creepy!“, sagte Isabella zu mir. „Lass uns das Thema wechseln.“
„Am Wochenende steigt eine Halloween-Party bei Freunden von mir. Hast du Lust, mit mir dorthin zu gehen?“, fragte mich Isabella und strahlte mich dabei hoffnungsvoll an.
„Ich weiß nicht so recht. Oma ist erst seit kurzer Zeit tot und ich fühle mich ein wenig schlecht dabei, jetzt schon Party zu machen!“, antwortet ich Ihr.
„Ach, komm schon. Deine Oma würde bestimmt nicht wollen, dass du wie ein Trauerkloß, trübsal blasend mit einem Schippchen im Gesicht, zuhause auf dem Sofa hockst und dich nicht mal ein wenig amüsieren gehst. „Gib dir einen Ruck, Schätzchen.“ „Du wirst sehen, wir werden eine Menge Spaß dort haben“, drängte Isabella nun ein wenig mit gespielter Scherzhaftigkeit. Dabei zog sie erst die Mundwinkel nach unten und anschließend lachte sie mich wieder an.
„Okay, du hast gewonnen! Ich werde mitgehen. Und wehe, es wird nicht lustig, dann zieh ich dir Ohren lang, dass du aussiehst wie ein Maultier!“, scherzte ich nun ebenfalls zurück. „Aber vorher müssen wir noch shoppen gehen! Ich brauch unbedingt ein Kostüm!“, sagte ich noch hinterher und wir beiden begannen herzhaft zu lachen.
„Gesagt getan“, sprach Isabella und rief den Kellner herbei und verlangte die Rechnung. Wir zahlten und verließen das Café. Sie hakte sich unter meinem Arm ein und wir steuerten das nächste Kaufhaus an, um mir ein Kostüm zu besorgen. Wir durchstöberten die Kostümabteilung und am Ende entschied ich mich für ein Superheldinnen-Kostüm.
31. Oktober die Halloween-Party
Es hatte alles so harmlos begonnen. Die Halloween-Party bei Isabellas Freunden, tief draußen in einem abgelegenen Ferienhaus am Waldrand.
Da ich an dem Abend auch was trinken wollte, nahm ich mir ein Taxi, um dort hinzugelangen. Der Taxifahrer war zwar sehr nett und höflich, doch musterte er mich die ganze Zeit, von Kopf bis Fuß. Er machte mir Komplimente, dass ich in meinem Kostüm sehr sexy aussehen würde. Als er mich am Haus abgesetzt hatte und ich bezahlte, gab er mir mit dem Wechselgeld seine Visitenkarte und zwinkerte mir dabei zu.
Ich gestehe, ich war etwas angetan wegen der Komplimente, doch wollte ich diesen Kerl nicht wirklich näher kennenlernen. Ich warte, bis er gewendet hatte und in der Dunkelheit verschwand. Bevor ich in das Haus ging, warf ich seine Visitenkarte in die Mülltonne, die neben der Haustür an der Hauswand stand.
Ich klingelte und Isabella öffnete mir die Tür.
„Hey, mein kleiner Trauerkloß, da bist du ja endlich! Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr kommen!“, feixte sie lachend und zog mich dabei schnell in das Haus hinein.
„Ja, sorry, das Taxi hatte etwas Verspätung“, antworte ich ihr und zog meine Jacke dabei aus.
Drin war es angenehm warm, aber auch sehr laut. Isabella zog mich zu ihrer Freundin und stellte mich vor. Lars, ein Arbeitskollege von Isabella, holte mir zur Begrüßung einen Sekt und begann sich eifrig mit mir zu unterhalten.
Wir redeten über Gott und die Welt und verstanden uns auf Anhieb sehr gut.
Als Lars dann zur Toilette musste, pikste mich Isabella in die Seite und zwinkerte mir zu. Dabei sagte sie: „Ha, ich wusste sofort, dass dir Lars gefallen würde!“ Ich schaute Sie verdutzt an. „Wie meinst du das?“, fragte ich sie, und ich schwöre beim Grab meiner Oma. In diesem Moment hätte man 3 Fragezeichen in leuchtender Neonfarbe über meinem Kopf blinken sehen können.
„Schätzelein, Darling, ich habe dich doch nicht ohne Hintergedanken hierher eingeladen. Er ist Single, du bist Single, also ran an den Speck, solange er noch frisch ist!“, antwortete sie mir beschwipst und begann dabei laut zu lachen.
„Du bist unmöglich, mein Liebesfräulein!“, sagte ich zu ihr und schüttelte dabei ebenfalls lachend den Kopf.
Wie dem auch sei. Lars kam von der Toilette zurück und wir redeten, tanzten und tranken den ganzen Abend gemeinsam. Gegen 1 Uhr verließen die ersten Gäste die Party und ich beschloss ebenfalls, dass es für mich an der Zeit war, zu gehen. Ich tauschte mit Lars noch die Telefonnummern und versprach ihm, mich am nächsten Tag bei ihm zu melden. Angetrunken wie ich war beschloss ich, zu Fuß nach Hause zu gehen und dabei den Weg durch den Wald abzukürzen. Ich verließ gegen 1:15 Uhr die Party und machte mich auf den Weg. Die frische Luft tat mir gut.
Der Weg durch den Wald
Ich lief ein Stück die Straße entlang und bog dann in den großen Hauptweg des Waldes ein. Je tiefer ich in den Wald ging und der Vollmond diesen unheimlich in seinem fahlen Licht beleuchtete, desto mehr verschwand die vertraute Welt hinter mir. Die Bäume um mich herum wirkten wie hölzerne Mauern, die sich immer enger schlossen.
Ich schaute auf meine Uhr und stellte fest, dass es bereits 2 Uhr war. Der Wald wollte kein Ende nehmen und die Bäume wirkten immer grotesker.
Die Panik in mir nahm zu. Der Wind frischte auf und rauschte in den Baumkronen, und das Rascheln des Laubs unter meinen Füßen wurde zu einem grässlichen Flüstern, das meine Gedanken langsam aber sicher vergiftete. Das Gefühl, nicht allein zu sein, kroch unaufhaltsam in mein Bewusstsein. Ich blieb stehen, lauschte – nur der Wind? Oder war da mehr? Ein kalter Schauer überlief mich, und meine Hände verkrampften sich um meine Jacke, die kaum Schutz vor der Kälte des Windes bot.
Plötzlich hörte ich es. Ein Geräusch, das nicht von mir stammte. Zuerst war es kaum mehr als ein dumpfes Knacken, wie ein Ast, der unter dem Gewicht eines Tieres brach. Doch dann folgte ein schwerer, düsterer, schleppender Atemzug. Mein Herz rastete wie wild, und ich drehte mich langsam und vorsichtig um.
Das ungute Gefühl, dass etwas bei mir war, nahm immer mehr zu. Wieder ertönte ein dumpfes Knacken und ich fuhr vor Schreck zusammen. Das Knacken klang näher als das erste und ich versuchte im Licht des Mondes, etwas im dunklen Wald zu erkennen. Ich kniff die Augen leicht zusammen. Etwas stand im Schatten der Bäume, groß und grotesk, die Konturen unscharf in der Dunkelheit, aber unheilvoll genug, um mich mit purer Furcht zu erfüllen.
Ich begann schneller zu gehen und drehte mich immer wieder um. Ich sah nur, wie sich ein Schatten von einer Seite des Weges zum anderen bewegte. Ein weiteres Knacken aus dem Unterholz ertönte. Mein Herz begann wie wild zu rasen und ich konnte einen modrigen Geruch wahrnehmen. Ich legte einen Zahn zu und steigerte mein Tempo. Immer wieder drehte ich mich um und sah den Schatten nach links und rechts huschen. In meiner Eile übersah ich jedoch einen dicken Ast, der quer über dem Waldweg lag, und stolperte darüber. Dabei fiel ich der Länge nach und landete mit der Nase im feuchten Waldboden.
Ich versuchte gleich wieder aufzustehen und hörte schnelle, schwere Schritte auf mich zukommen. Der Schatten trat auf der linken Baumseite näher an mich heran, und das schwache Mondlicht beleuchtete seine Gestalt. Der Anblick des Wesens raubte mir den Atem. Es war ein Mann – oder etwas, das einmal ein Mann gewesen sein könnte. Doch seine Form war verzerrt und albtraumhaft. Er war hochgewachsen, aber in eine merkwürdig gebückte Haltung gezwungen, als ob seine Glieder die Last seines Körpers und seiner Existenz nicht mehr tragen konnten. Seine Haut wirkte im Mondlicht rau, ledrig, vernarbt und von Schmutz überzogen. Dunkelgraue, fast schwarze Stellen verrotteten auf seinem Körper, während sein zotteliges, verfilztes Fell stellenweise seine Schultern und den Hals bedeckten.
Doch es war sein Gesicht, das mich erstarren ließ. Eine abstoßende Mischung aus Mensch und Maultier. Seine Augen waren in den Augenhöhlen tief eingesunken und blutunterlaufen. Sie glühten in einem kränklichen Gelb, während die winzigen Pupillen wie Stecknadelspitzen aggresiv funkelten. Eine breite, dunkle, wulstige Schnauze trat anstelle einer menschlichen Nase aus dem Gesicht hervor, deformiert durch den Ansatz von Reißzähnen, die viel zu groß waren und aus seinen rissigen, blutigen Lippen herausragten.
Ich wollte wegschauen, doch konnte ich den Blick nicht abwenden, gefangen in der entsetzlichen Präsenz dieses Wesens. Seine Ohren waren grotesk vergrößert und an den Rändern zerrissen. Sie hingen seitlich herunter. Sein Atem – roch nach Verwesung, aber auch nach Aceton. Der Geruch, schwängerte die Luft um mich herum. Ein modriger Duft stieg mir in die Nase, als wäre er das Echo von 20 alten, verlassenen Ställen, in denen alles Leben schon vor langer Zeit verrottet war und die sterblichen Überreste von Tieren weiterhin darin lagen und vor sich hin verwesten.
Er bewegte sich erneut. Jeder Schritt, den er tat, war von einem Knirschen seiner Knochen, Muskeln und Sehnen, die sich falsch bogen und spannten, begleitet. Seine Finger waren grotesk verlängert und in klauenartigen Nägeln endend. Diese zuckten durch die Muskelkontraktionen in der Luft, als ob sie sich bereit machen wollten, um nach mir zu greifen. Ich konnte nicht mehr atmen. Mein Verstand schrie, doch es kam kein Ton und kein Laut über meine Lippen. Kalter Schweiß bildete sich auf meiner Haut. Ich schaute mit weit aufgerissenen Augen zu ihm auf und betete innerlich, dass er mich verschonen möge, und wenn nicht, dass er mich wesentlich schnell sterben lassen würde.
Dann begann er zu sprechen. Seine Stimme war ein kratziges, keuchendes, dumpfes Geräusch, das kaum verständlich war und von einem Wiehern eines Maultieres begleitet wurde, das den Raum zwischen uns wie ein scharfer Schnitt durch die Luft zerteilte.
„Steh auf und komm (Wiehrgeräusch) zu… mir“, krächzte er, und jedes Wort schien mein Herz fast zu stehen bleiben zu zwingen. Ich rappelte mich auf und wollte weglaufen, aber meine Beine gehorchten mir nicht. Meine Stimme blieb mir weiterhin im Halse stecken. Es war, als wären meine Beine und Stimme wie eingefroren. Wobei meine Füße wie verwurzelt im Boden hafteten, während das Wesen auf mich zustapfte.
Seine Arme schlangen sich um mich, und ich fühlte die unmenschliche Kraft seines deformierten Körpers. Seine Haut war kalt und hart, wie der Boden eines alten, lehmigen Kellers. Panik überflutete mich, und ich begann endlich zu realisieren, was Das Wesen vorhatte. Ich begann zu kämpfen und schlug mit Händen und Füßen um mich. Ich trat und schrie – aber es war vergeblich. Er schleifte mich durch den Wald. Sein fauliger Atem streifte dabei im kalten Nachtwind mein Gesicht, während ich von seiner bloßen, unheimlichen Präsenz immer tiefer in die Dunkelheit des Waldes gezogen wurde.
Die Höhle im Wald
Schließlich erreichten wir eine Höhle, tief im Inneren des Waldes. Sie war feucht und roch, genauso wie das Wesen. Die Wände waren mit seltsamen Symbolen bedeckt, die in den Fels eingeritzt waren. Er stieß mich unsanft auf den Boden. Meine Hände spürten nur den kalten, nassen Stein unter mir. Angst, Panik und Verzweiflung durchzuckten mich, als er durch die Dunkelheit der Höhle schritt und die Geräusche, die sein Körper dabei verursachte, als Echo von den Wänden widerhallten. Er entzündete ein Feuer, dessen schwaches Licht die schaurigen Risse und die eingesunkenen Augen seines Gesichts erhellte.
„Was willst du von mir?“, fragte ich mit erstickter und angsterfüllter Stimme. Er schlug mit seiner rechten, überdimensionierten Hand auf einen alten Holztisch, der in der Höhle stand. Er öffnete sein Maul und die scharfen Zähne kamen zum Vorschein. Ein kehliges Wiehern entfuhr daraus, gefolgt von einem gehässigen Lachen, das den Anschein hatte, im Galopp davongetragen zu werden. Er stürmte auf mich zu und packte mich mit der rechten Hand im Nacken.
Er bückte sich zu mir herab und ein Knacken in seinem Rücken war zu hören. Die klauenartigen Nägel drückten sich tief in meine Haut. Sein Gesicht kam meinem bedrohlich nahe und er begann zu sprechen. „Erkennst du mich denn nicht, meine hübsche Toska?“, sagte er zu mir. Sein fauliger Atem kroch dabei erneut tief in meine Nase und ich musste mich beinahe übergeben.
Ich schaute ihn verwirrt an. Er wieherte erneut auf und zog mein Gesicht näher an seines. „Schau genau hin, mein hübsches Kind. Wir kennen uns seit langer Zeit. Oder soll ich dir einen Tipp geben, dass du mich wiedererkennst?“, sprach er zu mir. Ich musterte sein Gesicht und versuchte etwas zu erkennen, doch das Licht, das durch das Feuer die Höhle erhellte, war durch den Winkel, in dem wir saßen, nicht ausreichend und warf zu viel Schatten in sein Gesicht.
Mit zitternder ängstlicher Stimme sagte ich: „Ich kann in diesem Licht nichts erkennen.“ Wer bist? Was hast du vor? Lass mich bitte gehen!“
Plötzlich und ohne Vorwahrung packte er mich unsanft am Arm und drehte sich und mich in einen besseren Winkel, und der Schein des Feuers erhellte seine linke Gesichtshälfte. Dabei zeigte er mit der linken Hand auf eine Stelle über seinem Auge und begann eine Melodie zu summen. Mir gefror augenblicklich und buchstäblich das Blut in meinen Adern. Vor Entsetzen weiteten sich meine Augen und ich schaute das Wesen an. Was er da summte, ließ mir sämtliche Haare am Körper zu Berge stehen.
Es war die Melodie des Stinke-Liedes, das die Kinder damals in der Schule über mich gesungen hatten.
„Kevin!“ Schoß es mir durch den Kopf. „Das ist Kevin!“ Dann erkannte ich es. Das Feuermal über seinem Auge. Es war nur schwach, durch das Fell, das über dem Auge wuchs, zu sehen. Mein Mund wurde trocken und ich schluckte schwer.
„Kevin?“, stammelte ich leise und das Wort blieb mir beinahe im Halse stecken.
Wie ist das möglich? „Wir dachten alle, du bist tot!“
Erneut packte er mich schroff am Arm und sein Gesicht kam meinem bedrohlich nah. Sein fauliger, warmer Atem drang mir sofort in die Nase. Ich stand kurz davor, mich übergeben zu müssen! Ein lautes Wiehern, gefolgt von einem tiefen Grunzen, entfuhr seiner Kehle, bevor er zu sprechen begann.
„Genau meine Liebe, ich bin es!“ Kevin. Ich war nie tot. Als ich damals Entführt wurde, führt eine dunkles Wesen das aussah wie ein Maultiermann eine finstere Zeremonie durch, bei der er mich in ein halb Tier/halb Mensch Wesen verwandelte. Dabei benutzte er düster Beschwörungen, so wie meine Tränen und sein Blut um in meinen Körper eindringen zu können um diesen zu wechseln, da seiner vor dem endgültigen Zerfall stand. Ich habe dich die ganzen Jahre im Auge behalten und dich beobachtet. Abend und nachts, wenn du geschlafen hast, stand ich vor dem Haus deiner Oma. Immer im Schatten der Ulme versteckte. Von dort aus habe ich dich beobachtet. Ich habe so Vieles gesehen. Wie du als Kind nach meinem Verschwinden ängstlich warst und nur mit Nachtlicht schlafen konntest. Dein erstes Mal mit deinem ersten festen Freund und was ihr, du weißt schon… auf deinem Bett getrieben habt.“
Ein weiteres Wiehern schlug mir ins Gesicht, bevor er weiterredete.
„Selbst als du an die Uni gegangen bist, habe ich dich mindestens 1 bis 2 Mal dort aufgesucht und beobachtet.“ „Ich konnte, als du wieder nachhause zurückkamst, sehen, wie deine Oma immer schwächer und kränker wurde. Wie sie vor sich dahin vegetierte und starb. Selbst bei Ihrer Beerdigung drüben im Wald war ich dabei. Immer versteckt in Gebüschen oder hinter Bäumen. Ich sah, wie du um sie weintest. Wie du oft im Wald an ihrem Grab standest und dich beobachtet gefühlt hattest.“
„Ich war derjenige, der dich beobachtet hatte.“
Als er den letzten Satz ausgesprochen hatte, grinste er boshaft. Das Grinsen ließ mir erneut einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen.
„Was hast du mit mir vor, Kevin?“, fragte ich ihn mit kaum hörbarer Stimme. Die Angst darin war aber deutlich wahrnehmbar.
„Das wirst du schon sehen!“, knurrte er bissig zurück und packte mich unsanft im Nacken. Erneut bohrten sich seine spitzen Fingernägel in meine Haut. Er riss mich vom Boden hoch und schleifte mich in einen anderen Bereich der Höhle.
Dort stand ein Käfig, der aus Ästen und Ranken bestand, in den er mich einsperrte.
Gefangen
Die ersten Tage hatte ich noch Hoffnung und hoffte, dass er mich gehen lassen würde. Doch schnell erkannte ich, was er wirklich wollte. Seine Augen wurden von Tag zu Tag kälter und gieriger. Er musterte mich jedes Mal, wenn er mir zu essen und zu trinken brachte.
Er behandelte mich nicht wie einen Menschen, sondern wie eine Art Haustier, das er sich genommen hatte, weil er es durch seine unmenschliche Kraft konnte. Kevin sprach nur noch selten, aber wenn er sprach, klangen seine Worte wie das Knurren eines Raubtieres. „Was mir als Mensch verwehrt blieb, hole ich mir jetzt“, sagte er einmal, und ich wusste, dass er mich meinte. Er wollte mich! Er beraubte mich Stück für Stück meiner Menschlichkeit, ließ mich teilweise hungern, ließ mich frieren. Manchmal holte er mich aus dem Käfig und fesselte mich an einen der kalten Felsen, sodass meine Haut wund wurde und meine Gelenke zu Schmerzen begannen.
Doch die Nächte waren am schlimmsten. Wenn er zu mir kam, mich packte und gegen den kalten Höhlenboden drückte. Sein schwerer Atem in meinem Nacken, seine schmutzigen Hände auf meiner Haut. Ich versuchte zu schreien, zu kämpfen, aber er war stärker, viel stärker. Sich zu wehren war kaum möglich. Ich hörte ihn draußen, wie er sich um ungewollten Besuch kümmerte, sah, wenn ich gefesselt an einem der Felsen stand, wie er im Wald verschwand. Aber er kehrte immer zurück, und mit ihm kehrten die Qualen zurück.
Er sprach von mir, als wäre ich sein Besitz.
„Du bist jetzt Mein, Toska“, sagte er immer und immer wieder, bis ich es fast selbst glaubte. Die Kälte, die Dunkelheit, die ständige Angst – sie fraßen sich in meinen Geist. Kevin hatte mich wie damals schon gebrochen. Ich weinte jedes Mal, wenn er nicht in der Höhle war, und hoffte, inständig irgendwie fliehen zu können.
Ich verlor das Gefühl für die Zeit, die Tage und Nächte. Sie verschwammen, und irgendwann wusste ich nicht mehr, wie lange ich schon gefangen war.
Die Zeit verging in einem Strudel aus Schmerz, Dunkelheit und Grauen. Er zerrte mich aus dem Käfig und führte abscheuliche Rituale durch, die meinen Körper und Geist zermürbten. Ich war seine Gefangene, ein Opfer, das in der Dunkelheit schrie, doch niemand hörte mich. Sein modriger, fauler Atem war meine ständige Begleitung, und seine klauenartigen Hände fuhren immer wieder über meinen Körper, während er leise, unverständliche Beschwörungen murmelte.
Kevin beobachtete mich stets aus dem Schatten. Seine gelben Augen waren stets auf meinen Bauch gerichtet, während er finstere Laute von sich gab. Ich verstand nicht, was er mir mit diesem Blick sagen wollte.
Es war, als hätte ich ewig in dieser dunklen Höhle gelebt, eingesperrt, ohne Hoffnung, jemals wieder die Sonne am Himmel zu sehen. Seine ständige Präsenz erdrückte mich immer mehr und mehr. Mittlerweile durfte ich am Tisch sitzen und dort essen. Eines Tages, als er kurz abgelenkt war, bemerkte ich, dass seine Wachsamkeit nachließ. Es war nicht viel, nur ein kurzer Moment, aber genug Zeit für mich.
Die Flucht
Mein Herz rastete und ich wusste, dass es jetzt oder nie sein musste. Als er mir den Rücken zudrehte, tastete ich mit zitternden Händen nach einem Stein, der auf dem Boden lag. Ich griff den Stein und schlug so fest, ich konnte damit zu. Ich traf ihn hart, und er sackte bewusstlos zusammen. „Süßes, sonst gibt es Saures!“, sagte ich und mein Körper handelte dabei automatisch.
In aller Eile riss ich eines der Seile, mit denen er mich so oft angebunden hatte, von den Felsen herunter und fesselte eilig seine Hände und Füße damit. Als ich fertig war, begann ich zu rennen. Ich weiß nicht, woher ich die ganze Kraft nahm, aber ich lief und lief, ohne zurückzuschauen. Das dünne Kostümkleidchen, das ich immer noch am Laib trug, flatterte im eisigen Winterwind und bot mir kaum Schutz vor der eisigen Kälte, die draußen herrschte. Ich rannte, stolperte, fiel hin, stand wieder auf und rannte weiter, bis der Wald hinter mir zurückblieb.
Ich lief, bis ich endlich auf eine Straße traf. Dort sackte ich vor lauter Anstrengung zusammen. Halb nackt lag ich auf der Straße, und der Schnee, der vom Himmel fiel, schmolz sofort, als er auf meine heiße Haut traf.
Ich spürte ein leichtes Vibrieren unter mir und drehte den Kopf zur Seite. Ein Auto kam auf mich zu und hielt vor mir an. Ich hörte, wie eine Autotür geöffnet und geschlossen wurde. Das Nächste, was ich sah, war Lars, wie er auf mich zugerannt kam und mich sofort erkannte.
„Um Himmels Willen, Toska!“, rief er laut und dann fiel ich in Ohnmacht. Ich erwachte erst wieder in einem Krankenhausbett und Lars saß neben mir an meinem Bett.
Wo bin ich? „Ist er mir gefolgt?“, fragte ich benommen.
„Von wem oder was redest du?“, fragte mich Lars und griff dabei nach meiner rechten Hand. Ich zog diese allerdings aus Reflex sofort zurück. „Der Maultier-Mann“, flüsterte ich leise, mit belegter Stimme. Als ich dich gefunden habe, warst du Menschenseelen alleine. Wir haben fast 3 Monate nach dir gesucht und dich nicht gefunden. Wir dachten schon, du wärst tot!“, antwortete Lars mir darauf.
Die Tür des Krankenhauszimmers ging auf und ich zuckte vor Schreck zusammen. Ein Arzt und eine Krankenschwester betraten das Zimmer und waren sichtlich erleichtert, dass ich wieder zu mir gekommen war.
„Es ist schön zu sehen, dass Sie wieder aufgewacht sind“, sagte die Schwester zu mir und lächelte mich fast mütterlich dabei an. „Wir müssen Sie nochmals untersuchen!“, sagte der Arzt. Dürfte ich den jungen Mann bitten, den Raum zu verlassen? Lars stand auf und verließ das Zimmer.
„Sie können von Glück sagen, dass Sie noch am Leben sind. Sie waren nur spärlich bekleidet, als der junge Mann sie auf der Straße gefunden hatte. Draußen sind gut minus 10 Grad und sie hätten erfrieren können!“, sagte der Arzt zu mir, doch seine Worte klangen meilenweit entfernt. Er untersuchte mich nochmals eingehend. „Die Polizei möchte mit Ihnen sprechen. Fühlen Sie sich bereit dazu?“, fragte mich die Krankenschwester und ich nickte Sie nur stumm an. Eine Stunde später standen zwei Beamte der Polizei vor mir und ich erzählte Ihnen, was geschehen war. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, war die Tatsache, dass weitere 7 Personen in den letzten 3 Monaten auf der Suche nach mir verschwunden waren und deren Körper ausgeweidet gefunden wurden.
Die Polizei nahm meine Aussage, so skurril sie auch klang, sehr ernst.
Endlich zuhause
Nach einer Woche durfte ich das Krankenhaus verlassen. Lars blieb die ganze Zeit an meiner Seite und brachte mich nachhause. Er schlug sogar vor, dass er für einige Zeit bei mir einziehen würde, damit ich nicht immer alleine wäre. Doch ich lehnte es ab. Er ist immer noch ein Fremder für mich, auch wenn er sich Mühe gab und mir half. Ich musste ihm aber versprechen, mich mindestens einmal am Tag bei ihm zu melden.
Einige Tage später klingelte die Polizei an meiner Tür. Ich bat die Beamten herein und diese berichteten mir, dass sie die Höhle im Wald gefunden hatten, doch dass niemand darin gewesen wäre. Es waren lediglich nur die seltsamen Symbole, der Holztisch, meine Handtasche und Jacke, die ich am 31. Oktober bei mir trug, und einige Seile darin gefunden worden. Von meinem Peiniger war weit und breit nichts zu sehen gewesen. Er war wie vom Erdboden verschluckt.
Ich schaute in meine Handtasche und war erstaunt, dass noch alles darin war.
Doch die Freiheit brachte mir keinen Frieden. Ich fühlte mich weiterhin beobachtet und bald bemerkte ich etwas. An einem Tag waren seltsame Geräusche im und um das Haus zu hören. Ich schob es aber auf meine Panik und Angst und redete mir ein, dass ich in den eigenen 4 Wänden in Sicherheit war. In derselben Nacht hatte ich einen fürchterlichen Alptraum. Kevin stand plötzlich in seiner albtraumhaften, grotesken Gestalt vor mir. Sein Körper beugte sich über mich und ich konnte seinen widerlichen Atem riechen. Er drückte mich ins Bett. Ich erwachte schweißgebadet und musste erst einmal realisieren, dass ich in meinem Haus war und nicht wieder in der Höhle.
Doch etwas änderte sich im laufe der Zeit. Ich bemerkte, dass meine Periode ausblieb, und mir war ständig übel. Zuerst wollte ich es nicht wahrhaben, doch die Zeichen wurden immer deutlicher. Ich war schwanger. Es fühlte sich an, als würde die Welt erneut über mir zusammenbrechen. Die Vorstellung, dass das Kind von Kevin war, trieb mich in den Wahnsinn. Aber gleichzeitig wurde mir bewusst, dass es kein Traum war, den ich hatte. Kevin war wirklich da gewesen und hatte mich weiterhin beobachtet und das Grauenhafteste getan, was er tun konnte.
Kevins Rückkehr
Etwas in mir, ein leises Flüstern einer Verantwortung, die ich noch nicht begreifen konnte, zwang mich, das Kind zu behalten. Ich entschied mich für eine Hausgeburt, weil ich innerlich bereits wusste, dass ich in einer Klinik von allem gemieden werden würde, sobald das Kind zur Welt gekommen ist.
An Halloween-Abend um 19 Uhr 30 wurde mein Kind geboren. Doch es war kein Kind. Es war eine Kreatur, halb Mensch, halb Tier, mit denselben verzerrten Zügen wie der Maultiermann sie hatte. Seine Augen glühten in den kleinen Augenhöhlen in einem krankhaften Gelb, und sein Körper war von der gleichen deformierten, unförmigen Gestalt. Ich schrie, doch der Arzt und die Hebamme, die ich mit der Geburt betraut hatte, konnten mir nicht helfen! Kein Mensch konnte mir helfen.
Die beiden waren wie vom Blitz getroffen, als sie mein Kind sahen. Der Arzt verschwand nach einiger Zeit und ließ mich und die Hebamme alleine zurück. Er versprach, am folgenden Morgen zurückzukommen, um das Kind abzuholen und untersuchen zu lassen, um welche Mutation es sich handeln würde. Die Amme verbrachte aus ihrer Pflicht heraus die Nacht bei mir im Haus, um sicherzugehen, dass keine Blutungen oder andere Komplikationen auftreten würden.
Doch in der gleichen Nacht hörte ich, wie schwere Schritte die Stufen zu meinem Haus hochkamen. Ein Klopfen war zu hören. Die Hebamme stand auf, um die Tür zu öffnen. Ich wollte Sie noch verbal davon abhalten, aber es war schon zu spät.
Sie öffnete die Haustür. Im selben Moment hörte ich einen Schrei und konnte hören, wie es ein dumpfes Geräusch aus Richtung der Haustür gab. Ein finsteres Lachen erklang, gefolgt von einem Wiehern. Eilig zog ich mich in Richtung meines Nachttischs und öffnete die Schublade. Ich zog eine Pistole die noch von meinem Großvater stammte, heraus. Eilig versteckte ich Sie unter meinem Kissen und schloss hastig die Schublade. Ich hörte, wie sich die schweren Schritte auf mein Schlafzimmer zubewegten, und erkannte im Licht der Lampe den deformierten Schatten von Kevins Maultiermann-Körper. Er trat in mein Schlafzimmer ein. Schnaubend stand er vor mir und unserem gemeinsamen Kind.
„Ich bin gekommen, um mir das Kind zu holen!“, sagte er mit seiner tiefen Stimme und trat einen Schritt auf mein Bett zu.
„Nimm es!“, sagte ich zu ihm und zog mir die Decke bis zum Kinn dabei hoch.
„Der Arzt wird morgen Früh zurückkommen und die zuständige Behörde mitbringen, um das Kind wegzubringen und es untersuchen zu lassen. Nimm es und verschwinde aus meinem Leben. Lass dich nie wieder hier blicken. Lauf, soweit dich deine Hufe tragen. Ich möchte weder dich noch das Kind in meinem Leben haben. Kehrst du noch einmal hierher zurück, werde ich dich umbringen.“
Ich griff unter mein Kopfkissen und zog die Pistole hervor und richtete sie auf Ihn. „Los!“ „Nimm es und verschwinde endlich!“, brüllte ich ihn an.
Mit einem letzten Blick auf mich – einem Blick voller Entsetzen und des Wahnsinns – ging er zur Wiege, nahm das Neugeborene in seine Krallenhände, verließ mein Haus und verschwand mit ihm in die Dunkelheit.
Ich versuchte aufzustehen, um zu schauen, ob es der Hebamme gut geht, doch schaffte es nicht. Kurze Zeit später hörte ich ein Stöhnen und das Zufallen der Haustür. Schlurfende Schritte kamen auf mein Schlafzimmer zu. Die Hebamme war immer noch kreidebleich im Gesicht. Benommen begann sie zu sprechen: „Der Anblick dieses Wesen hat mich in die Ohnmacht gezwungen“, sagte sie zu mir. Anschließend fragte sie mich, ob alles okay wäre. Ich strahlte Sie an und sagte mit einem Lächeln im Gesicht: „Jetzt ist wieder alles in Ordnung!“
Der Blick der Amme fiel auf die leere Wiege und sie atmete erleichtert tief ein und wieder aus.
Am darauffolgenden Morgen kehrte der Arzt mit den zuständigen Behörden zurück in mein Haus. Die Amme und ich berichteten, was in der letzten Nacht geschehen war. Ich bat darum, dass Sie nicht nach dem Kind und Kevin suchen sollten. Ich wollte das Kind nicht noch einmal sehen und erst recht nicht in meine Nähe haben.
Doch der Wunsch wurde mir leider nicht erfüllt. Zwar suchten die Behörden nicht nach den beiden, aber jeden 31. Oktober genau um 19 Uhr 30 sehe ich, wie Kevin mit dem Kind auf dem Arm auf der anderen Straßenseite steht und mich beobachtet. Jedes Mal habe ich die Pistole in der Hand und werde nicht davor zurückschrecken, sie zu benutzen. Sollte er sich noch einen Schritt näher an mein Haus heranwagen?
Ende