MittelMord

Urinfleck

Warnung vor Creepypasta

ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.

Günther Blaguer atmete rasselnd aus, während er sich am Türrahmen abstützte. Er war ziemlich unattraktiv; das schüttere, blonde Haar ein unansehnlicher Haufen auf seinem Kopf, der mehr einem toten Tier als einer Frisur ähnelte. Sein Gesicht war knallrot angelaufen, während Schweißtropfen an seinen Schläfen hinabrannen und bereits hässliche Gesichtszüge mit grotesken, glitzernden Highlights versahen, die in dem noch gedämpften Licht des frühen Morgens regelrecht aufleuchteten.

Der Junge war gut gebaut, das musste man ihm lassen. Doch sein Kinn stand schief, so als hätte er sich mit einem LKW angelegt und den Kürzeren gezogen. Außerdem waren seine Augenbrauen so ineinander verwoben, dass ihm eine bekannte Fastfoodmarke eigentlich wöchentliche Beitragszahlungen für Produktplatzierung leisten müsste, weil der Typ praktisch eine Werbetafel auf zwei Beinen darstellte. Wirklich abstoßend waren jedoch nur seine kleinen, schwarzen Knopfaugen, die sich wie zwei Stechnadeln stets in fremde Angelegenheiten bohrten und immer genau zu wissen schienen, wer gerade welchen Dreck am Stecken hatte, oder wo gerade wer was verbrach.

Und doch ließ ihn dieses Mal ein anderes, beinahe vernachlässigbares Detail so richtig ekelerregend aussehen. Es war ein Blickfang. Man kam nicht umhin, seine Augen darauf zu richten, obgleich man das vielleicht gar nicht wollte. Obwohl… Das „vielleicht“ war in diesem Sinne ziemlich redundant.

Ich wollte definitiv nicht hinsehen.

Doch ich konnte einfach nicht wegsehen.

„Oh mein Gott.“, kicherte Xia, die ihre Beine locker über meine geworfen hatte; ließ das ziemlich umfangreiche Buch in ihren Händen achtlos in meinen Schoß fallen, nur um dann den Kopf in den Nacken zu legen und in schallendes Gelächter auszubrechen.

„Er hat sich bepisst. Wie widerwärtig.“

Tatsächlich zeichnete sich da ein unübersehbarer, dunkler Abdruck auf Günthers Hose ab. Unglücklicherweise auch noch genau zwischen seinen Beinen. Ob ich mir den undeutlichen Geruch nur einbildete, der wie eine unheilvolle Wolke zu uns herüberwaberte, wusste ich nicht so genau, aber trotzdem rümpfte ich die Nase und sah mein Gegenüber so abschätzig an, wie es mir möglich war, ohne zu viel Gefühl auf meinen Gesichtszügen zeigen zu müssen. Denn was auch immer er uns mitzuteilen hatte: Hören wollte ich es wahrscheinlich nicht.

Meine Freundin und ich hatten hier in der schuleigenen Bücherei schließlich unsere Ruhe gesucht, nicht irgendeinen Irren, der neben seiner Atmung auch seine Blase nicht unter Kontrolle zu haben schien. Dass er nicht unbedingt der Hellste war, zeigte sich alleine schon in diesem Moment beinahe unwiderlegbar. Denn tatsächlich brauchte der Idiot einige Anläufe, bis er etwas anderes als asthmatisches Schnauben hervorbrachte, und ich noch viel länger, bis ich das, was er sagen wollte, auch nur ansatzweise entziffern konnte. Somit waren meine Nerven reichlich überstrapaziert, als der wohl lobotomisierte Junge keuchte:

„Sie… In der Besenka- kam… Verdammte Scheiße sie…“

Er schluckte, presste beide Fäuste hilflos auf seine Augen. Nun begann er auch noch zu weinen, und ein Schluchzen riss sich so tief aus seiner Kehle, dass selbst das Mädchen an meiner Seite in ihrem normalerweise so erbarmungslosen Spott innehielt. Sie thronte regelrecht in meinem Schoß, wohlbehütet vor jedem, der es wagte, ihr ohne meine oder ihre Erlaubnis zu nahe zu kommen. Eine ihrer Hände fuhr meinen Arm liebkosend herauf. Ihr Kopf war mittlerweile interessiert schiefgelegt und ihr Blick auf den anderen Jungen fixiert. Rabenähnlich.

Günther stöhnte.

„Sie ist tot.“

Stimmt, ich wollte es nicht hören.

Xia presste ihr Gesicht in meine Halsbeuge, atmete einmal tief ein und seufzte dramatisch auf, nur um sich dann halb grinsend an den mitgenommenen Jungen zu wenden.

„Oh nein, er hat unser neustes Opfer gefunden, was nun?“, verkündete sie mit einer gespielt erschrockenen Tonlage, die jeden überzeugt hätte, der sie nicht so gut kannte, wie ich es tat. Eigentlich war sie der liebenswürdigste, netteste Mensch auf Erden, und die Bezeichnung „Engel“ wäre perfekt für sie, wenn sie mir vor dem Beginn unserer Beziehung nicht das Versprechen abgenommen hätte, niemals Kosenamen zu benutzen. Aber ihre fast bösartigen Witze gingen immer ein bisschen zu tief unter die Gürtellinie, weswegen ich sie warnend in die Seite knuffte, was ihr ein niedliches, kleines Quietschen entlockte. Das Mädchen ließ ihr Amüsement jedoch nicht unter meiner offensichtlichen Missbilligung leiden und zwirbelte stattdessen eine meiner Strähnen um ihren Zeigefinger; verteilte kleine Küsschen auf jedem Zentimeter Haut, den sie erreichen konnte, woraufhin meine vor Sekunden noch mahnend gehobene Augenbraue langsam zu ihrer alten Position zurücksank. Ich entspannte mich wieder. Mein Ärger verflog. Die wortwörtliche Pissnelke war beinahe vergessen.

Doch anscheinend hatte ich mich geirrt. Es gab doch tatsächlich etwas, das unattraktiver war, als der Urinfleck, den Günther – sein Name fasste seine Wesensart recht treffend zusammen – anscheinend durch die halbe Schule mit sich herumgeschleppt, und sicherlich einigen Minderjährigen präsentiert hatte.

Ja, tatsächlich gab es noch etwas, das dieses Level mit Leichtigkeit übertraf: Sein Anblick, als er sich auf die Füße kotzte, hätte mich eigentlich erblinden lassen müssen.

~

„Warum bist du nicht zu einem Lehrer gegangen?!“, verlangte ich anklagend und getrennt von Xia, die zu faul gewesen war, aufzustehen, und mich deswegen mit einer Kusshand alleine losgeschickt hatte.

Günther riss den Blick von Claras Körper los, sah mich mit einer eigentlich recht komischen Mischung aus Fassungslosigkeit und Unglauben an, die sein jämmerliches Gewinsel endlich stoppte, und versuchte, drucksend irgendwelche Worte zu finden, die sein idiotisches Verhalten besser entschuldigten, als der Schock, den er offensichtlicherweise erlitten hatte. Womöglich hätte auch ich anders reagieren sollen, während wir beide in der engen Besenkammer ein paar Türen von der Bücherei weg einer Leiche gegenüberstanden, doch irgendwie konnte ich mich nicht so recht dazu bringen, irgendwelche Emotionen zu fälschen, die vielleicht angebrachter gewesen wären, als mein kategorisches Desinteresse. Wie ein Zusammenbruch beispielsweise. Loskreischen und in ein Häufchen Elend zusammensinken. Oder sich in die eigene Hose machen, wie es Günther so wundervoll und treffend demonstriert hatte; das wäre wohl eine passendere Antwort auf den Anblick, der sich uns bot. Nicht meine rationale, klinische Ruhe.

Die Ruhe eines Mörders.

Aber gut, sie hing eben dort. An einem groben Strick, festgebunden an einer Metallstrebe, die lediglich einen der etwas zu schief geratenen Stützpfeiler des Gebäudes hatte ausgleichen sollen. Mit einem Hals, der definitiv nicht in diese Richtung zeigen sollte, aber noch verbogener war, als der besagte Stützpfeiler. Ihre Augenlider wurden nur halb von der Schwerkraft hinabgezogen, sodass lediglich die Hälfte ihres bereits verklärten Augapfels hervorspitzte, und ihr einen beinahe gelangweilten Ausdruck verlieh. Singular. Das andere Auge fehlte komplett, genau wie ihre Zunge, was gut zur Geltung kam, da ihr ante mortem gebrochener Kiefer in einem unnatürlich stumpfen Winkel aufklaffte. Ihre Mundwinkel waren regelrecht aufgerissen worden, doch sonst schien ihr Körper geradezu unberührt. Der Oberkörper des Mädchens steckte in einer zartrosanen Bluse, während die Jeans abgesehen von den modischen Löchern darin wie frisch gewaschen aussah.

Obwohl ihre Haare verfilzt und regelrecht mit Dreck überschichtet waren, war ihre Frisur noch hübscher, als die von dem Jungen leicht versetzt hinter mir, der noch immer keinen einzigen anständigen Satz zustande gebracht hatte. Ihm hing ein wenig Erbrochenes im Mundwinkel und sein Geheule hatte bereits eine Art von weißer Kruste auf seinen Wangen zurückgelassen, die ihn noch weniger ästhetisch wirken ließ.

Ich rollte mit den Augen.

„Sie ist tot. Was auch immer, großes Drama.“

Schon wieder brach der Idiot in Tränen aus, und ich hatte das dringende Bedürfnis, meinen Kopf wiederholt gegen die nächstgelegene Wand zu schlagen, wenn vor dieser nicht die letzte Woche verschwundene, entstellte Clara Miacova baumeln würde. Wie unpraktisch. Ich hatte sie nicht sonderlich gut gekannt, also war sie mir egal. Es fiel mir viel zu leicht, ihr den Rücken zuzuwenden, und den kleinen Raum auf der Suche nach einer erwachsenen Bezugsperson zu verlassen, die mir die Heulsuse mit Blasenschwäche abnehmen würde.

Günther holte mich rennend ein, stolperte beinahe über seine eigenen Füße und wischte sich den Rotz am eigenen Ärmel ab, was mich einige zusätzliche Zentimeter an Sicherheitsabstand zu ihm aufbauen ließ. Dann blieb er urplötzlich stehen, ging in die Hocke und verweilte so, egal, wie weit ich mich von ihm und der Bibliothek entfernte und zeitgleich auch dem Lehrerzimmer näherte.

Ich überlegte kurz, zurückzugehen, und ihm zu sagen, dass Claras Tod wirklich auf meine Kappe ging. Nur aus einer kranken Art von Spaß heraus, die selbst ich nicht so richtig nachvollziehen konnte.

Ich ließ es bleiben.

~

Xia war noch nie die Sorte Mädchen gewesen, die sich leicht aus dem Konzept bringen ließ.

Doch in diesem plötzlich so dunklen, stickigen Raum war es so einfach zu vergessen, wer genau sie nochmal war, und was genau sie vor einem Augenblick noch gedacht hatte.

Panik war untypisch für sie, doch hier drinnen war sie nicht mehr sie selbst, sondern nur eine der bescheuerten Schnepfen, die bei dem kleinsten Anzeichen von Stress schon in eine Ohnmacht fielen. Der Geruch überforderte sie fast noch mehr als der Anblick, der sich ihr in Form einer guten alten Freundin bot, deren Kiefer weiter aufgeklappt war, als normalerweise für die Hundefilter ihres Smartphones nötig gewesen wäre. „Wer hätte gedacht, dass ein derart süßlicher Geruch einem die Übelkeit so nachhaltig in die Magengrube treiben kann“, summte eine Stimme in ihrem Kopf beinahe spottend, die normalerweise ihre eigene gewesen wäre, jetzt aber nicht hätte fremder klingen können.

Verwesenes Fleisch roch wie ein Parfum, das zu dick aufgetragen worden war.

Jeder noch so clevere Kommentar, den sie sich für ihren Freund ausgedacht hatte, erstarb auf ihren Lippen, während sie eine Version von Clara betrachtete, die nicht mehr Clara war, aber das letzte Mal Clara sein würde. Xia hatte nur aus Spaß nachsehen; hatte Ajax erschrecken wollten. Günther musste ihnen schließlich irgendeinen bescheuerten Streich gespielt haben – das war doch logisch. Oder jemand musste ihm irgendeinen bescheuerten Streich gespielt haben. Menschen starben nicht einfach in der Schule. Das passierte einfach nicht im richtigen Leben. Irgendwo würde gleich eine Kamera ins Bild schwenken, während ein überarbeiteter Direktor tausend Regieanweisungen in die Runde brüllte, der einige Leute mit Headsets und Kabel in den Händen eilig nachkommen würden.

Das Mädchen konnte nicht atmen. Ihr Asthma schlug zu. Verzweifelt versuchte sie, nach ihrem Spray in der hinteren Hosentasche zu greifen, doch es glitt aus ihren plötzlich so nutzlosen Fingern und kam mit einem dumpfen Klacken, das noch unangenehmer als ihr hastiger Atem durch die Stille des Todes schnitt, auf dem Boden auf. Der Leichengeruch schien sich in ihren Lungen und auf ihrer Zunge festzusetzen. Sie konnte Clara schmecken.

Xia presste sich eine Hand auf den Mund, und versuchte durch diese zu atmen, doch auch das beruhigte sie ebenfalls nicht im Geringsten. Eine Schwärze schlich sich in ihr Blickfeld. Sie verfluchte sich selbst für ihre Schwäche. Warum konnte sie nicht einfach aufstehen, aus dieser verdammten Besenkammer stolzieren und ihrem Freund gehörig die Leviten lesen, dass er einfach so ohne sie (wenn auch auf ihre Anweisung hin) gegangen war und sie alleine zurückgelassen hatte. So wie Xia Ajax kannte, würde er der Leiche höchstens ein Schulterzucken widmen, und nicht wie seine Freundin in einer Panikatacke zusammenbrechen.

Plötzlich schlang sich ein Paar wärmespendender Arme von hinten um sie. Das Mädchen realisierte erst in diesem Moment, dass ihre Beine den Dienst verweigert hatten und sie in sich zusammengesunken war, jedoch hätte sie diese Tatsache nicht weniger interessieren können. Jemand gab beruhigende „Shh“-Laute von sich, strich ihr in dieser einen beruhigenden Geste über die Haare und steckte ihr ihr Spray in den Mund. Sie betätigte es und atmete hastig ein, hustete dann ein wenig. Zu hastig. Langsamer. Sie musste sich zwingen, tiefe Atemzüge zu nehmen, egal wie widernatürlich es in dieser Situation und bei diesem beißenden Gestank auch war. Die Person bei ihr wich nicht von ihrer Seite und wusste genau, was zu tun war, um sie zu beruhigen; die leise geflüsterten Worte an ihrem Ohr halfen Xia dabei, wieder zu sich selsbt zu finden.

Es gab nur eine einzige Person auf der Welt, die selbst mit einer Leiche konfrontiert so auf ihr Wohlergehen gepolt sein würde.

„Sieh nur, Ajax. Mit dem Kiefer könnte Clara dem Hosenpisser den besten Blowjob seines erbärmlichen Lebens geben.“, hustete sie mit einer schwachen, aber für sie typisch süffisanten Stimme hervor.

Er summte eine Bestätigung und strich ihr weiterhin liebevoll übers Haar.

„Ist gut, meine Süße.“

~

„Ich hab sie zuletzt in der verdammten Bücherei gesehen, wie oft denn noch?“, wiederholte ich zum wiederholten Male, weil sie mich wiederholt dazu zwangen, mich zu wiederholen.

Scheinbar war mein Verhalten wieder unangebracht. Der Polizist sah mich zweifelnd an. Ich war zu ruhig für jemanden, der gerade eine Leiche gesehen hatte, zu ruhig für jemanden, dessen Freundin gerade spurlos verschwunden war. Doch er kannte Xia nicht so gut wie ich. Keiner kannte Xia so gut wie ich. Sie verschwand ab und zu einfach. Das würde ihm jeder, der in einem Umkreis von drei Kilometern lebte, bestätigen können, wenn nicht sogar noch ein paar Anekdoten über ihre ständigen Abenteuergeschichten dabei raussprangen, oder jemand nebenbei feststellte, dass „die Kleine spätestens nächstes Wochenende“ schon wieder auftauchen würde.

Das hatte man auch über Clara Miacova gesagt.

Mir wurde aus irgendeinem unerfindlichem Grund kotzübel.

Jemand legte seinen Arm um mich, und mir war nicht klar gewesen, wie dringend ich diese im Grunde genommen vollkommen unnötige, körperliche Nähe gebraucht hatte. Einige Stunden waren vergangen, seit ich meinen Englischlehrer, der nur schwer zum Mitkommen zu bewegen gewesen war, ziemlich unzeremoniell zu der Besenkammer geschleift, und der Leiche darin vorgestellt hatte. Dann war alles ganz schnell gegangen. Anrufe waren getätigt worden und Durchsagen jagten durch die Schule, die ein sofortiges Unterrichtsende für den Tag einleiteten. Plötzlich kamen mir die Tränen. Es war irrational und bescheuert. Ich hielt nichts von Vorahnung, oder unbestimmten Gefühlen in der Bauchgegend, doch da war etwas in meinen Gliedern, das sich nicht abschütteln ließ und mir deutlich sagte, dass der immergrinsenden Xia gerade ihr Lachen vergangen war.

Wir schwiegen beide für eine Weile; ich und der Besitzer des Arms um meinen Schultern. Dann war da plötzlich ein Atem an meiner Halsbeuge und ich wäre zurückgezuckt, hätte er mich nicht derart überrascht.

Um uns herum plärrten Sirenen im Kanon. Eine Frau sank vor einem Polizisten auf die Knie und flehte ihn nach einer Sache an, die er ihr zwar liebend gerne gegeben hätte, aber aufgrund seiner geringen Befugnisse nicht geben konnte. Gaffer standen umher und andere Schüler tauschten sich eilig über ihre Handys hinweg aus, so als wäre der Tod und das Verschwinden ihrer Mitschülerinnen nur ein weiterer Teil des gewöhnlichen Alltagstratschs. Der Atem, der mich striff und eine schmerzliche Gänsehaut über meinen Körper trieb, roch viel zu süßlich, so als hätte jemand zu viel Parfum aufgetragen.

„Du hättest ihr beibringen sollen, dich zu erkennen. Auch von hinten“, flüsterte er.

Ich hielt inne. Meine Welt ebenso.

Was hast du gerade gesagt?“

Der Arm rutschte von meinen Schultern, als ich mich der Person an meiner Seite zuwandte und somit wieder Blickkontakt mit diesen potthässlichen Stecknadelköpfen, die jemand als Augen getarnt hatte, erleiden musste. Günthers Pupillen unterschieden sich in ihrer Farbe nicht von seinen pechschwarzen Iriden. Sie waren tatsächlich das Abscheulichste an ihm: Ihnen fehlte der Lichtreflex, der selbst mein als unterkühlt verschrienes Paar Augen menschlich wirken ließ. Ihnen fehlte der Lichtreflex, so wie er Clara Miacova fehlte, und bald auch Xia Jeon fehlen würde.

Günther lächelte. Ihm hing weiterhin Erbrochenes am Mundwinkel. Er hatte noch immer Rotze am Ärmel.

„Ich wusste doch, dass es lustiger ist, wenn sie dir was bedeutet.“

Dann nickte er mir zu, brach in Tränen aus, machte sich auf den Weg zu einem der Polizisten und brach vor dessen Füßen zusammen.

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