ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Draußen regnet es. Die dicken Tropfen hämmern
unnachgiebig gegen die Fensterscheibe. Der Himmel ist grau, und die Wolken
stehen so dicht, dass ein großer Schatten auf der Stadt liegt. Wie eine Decke
aus Traurigkeit, die alles niederdrückt und das Verbleibende leblos zurücklässt.
Die Finsternis greift mit ihren Fingern nach den Lichtern der Stadt. Ein
weiterer, geschäftiger Tag endet da draußen, doch hier ist es ruhig.
Es ist jetzt etwa zwölf Tage her, seit ich
allein‘ bin. Mein Leben ist trist und dunkel, das Licht, das einmal war, ist
erloschen. Die Depression drückt auf meine Gedanken und zwingt mich dazu,
trübselig aus dem Fenster zu starren und den Regen zu beobachten. Die Tropfen
berühren die Scheibe und laufen daran herab. Auf dem Fensterbrett da draußen
sammeln sie sich, doch hier ist es trocken.
Die Menschen auf der Straße haben es eilig.
Ihre Schuhe platschen in die zentimetertiefen Pfützen, sie klammern sich an
ihre Regenschirme, als sei es das Letzte, was ihnen verblieben wäre. Sie
rennen, um nicht nass zu werden. Als ob das Rennen irgendwie helfen würde. Dem
Regen entkommen sie ohnehin nicht. Die Geschäftigkeit da draußen hält alles in
Bewegung, doch hier ist es gemütlich.
Vorgestern bin auch ich gerannt. Ich rannte,
obwohl es nicht regnete. Hinter mir war nichts; nichts mehr von Belang. Meine
Beine schmerzten, doch ich rannte; Rannte durch die Nacht. Ich weiß nicht mehr,
wie weit ich gerannt bin, oder wohin. Ich war auf der Flucht. Ich flüchtete…
vor mir.
Es scheint nicht so, als ob es aufklaren
wollte. Der Regen fällt immer noch. Es ist dunkel in meinem Zimmer,
doch ich will das Licht nicht anschalten. Die Traurigkeit soll mir jetzt nicht
verloren gehen. Sie ist das einzige, was ich noch habe. Der Kummer blieb bei
mir, nachdem mich alles andere verlassen hatte. Keiner war mehr da. Die Familie
hatte ich schon lange aufgegeben, und Freunde hatte ich nie welche. Doch der
Kummer ist jetzt bei mir.
An der Wand lehnt auf einem Stuhl meine
Freundin. Sie hat bisher noch kein Wort gesagt. Im Halbdunkel sitzt sie
zurückgelehnt da, wortlos, ohne irgendwelche Emotionen. Ich rede nicht mit ihr.
Ihre Stimme würde mich krank machen. Aber das gleichmäßige Trommeln der
Regentropfen beruhigt mich.
Neben ihr steht auf dem Boden eine Flasche. Ich
hebe sie nicht auf, denn ich weiß, sie ist leer. Der Durst ist mir vergangen.
Gegenüber ist eine Kneipe, durch das Fenster kann ich den hell erleuchteten
Innenraum sehen. Eine Gruppe Jugendlicher trinkt dort alle möglichen Varianten von Alkohol.
Sie schreien dabei herum, ausgelassen, fröhlich. Da drüben sind sie am Saufen,
doch hier ist es nüchtern.
Es wird langsam dunkel. Ich werfe einen
kurzen Blick auf die Uhr. Fast zehn Uhr abends. Der Raum wird immer mehr in
Finsternis gehüllt, die Schatten werden länger, doch ich bleibe sitzen. Das
Licht bereitet mir Kopfschmerzen. Ich lausche weiter dem monotonen Geräusch,
welches an mein Fenster klopft. Ich lehne meine Wange an. Es ist schön kühl.
Neben mir liegt ein Messer auf dem Boden. Das
Licht der Straßenlaternen reflektiert auf der Klinge. Ich habe sie gesäubert.
Damit sie schön sauber ist. Ich will nicht, dass das Blut darauf trocknet. Es
ist ein gutes Messer, ich möchte es noch etwas länger behalten. Langsam hebe
ich es auf. Fahre mit dem Daumen über die Schneide. Zucke vor Schmerz, als ich
mich daran schneide. Schnell lecke ich das Blut ab und halte den Daumen an die
Glasscheibe. Es ist schön kühl.
Ich habe sie geliebt. Habe sie aufrichtig und
mit ganzem Herzen geliebt. Sie war mein Ein und Alles. Mit ihr zusammen war ich
glücklich. Ihr Haar, ihr Gesicht, ihre Stimme, alles war perfekt. Und sie
liebte mich auch. Wir hätten zusammen in die Ewigkeit gehen können. Was für ein
Narr ich doch war.
Ich hätte wissen sollen, dass sie mich
verlassen würde, doch ich war blind. Sie hatte mich geblendet und meine Gedanken
verwirrt. Ich dachte, sie sei meine Seele… und dann ging sie. Sagte mir, ich
sei schäbig, habe kein Geld, wäre Abschaum. An diesem Tag hatte sie mein Herz
zerstört. Ich konnte nicht mehr leben. Jede Minute war eine Qual, jede Minute,
die ich in Einsamkeit verbringen musste. Die Stille zerfraß meinen Verstand,
der Alkohol drängte die Tränen zurück. Es gab keine Nacht, die ich nicht in der
Kneipe verbracht hatte. Und vorgestern, als ich dieselbige im Rausch verließ, traf
ich sie wieder in einer Gasse.
Neben ihr war dieser andere, er war jünger
als ich. Der reinste Milchbubi war er, ein „halbes Hemd“. Sie war sprachlos, als
sie mich sah. Doch ich nahm sie nicht wahr. Meine Sicht war verschwommen, und
ich hörte die Stimmen… sie kamen von ihr. Kreisend schwebten sie um meinen Kopf
und flüsterten mir Dinge zu. Dinge von ungeheurer Abscheulichkeit. Die Welt
wurde auf einmal dunkel, und alles, was ich sah, war sie. Sie stand vor mir,
der andere neben ihr, doch ich bemerkte ihn nicht. Sah nur sie. Und es
schmerzte. Es glühte in meiner Brust, wie ein Feuer fraß es sich durch meine
Adern. Ich wollte mich vor Pein krümmen, doch ich konnte nicht. Sah nur sie.
Und ich sah das Glühen, es kam von ihr. Die Stimmen wurden lauter, redeten auf
mich ein, begannen aus allen Richtungen zu schreien. Das Glühen wurde stärker,
meine Sicht verzerrte sich, es schmerzte so sehr. Es zuckte durch meinen Körper, ich wollte schreien, doch ich war wie versteinert. Ich wollte nur, dass es endet,
mach, dass es aufhört, mach, dass es aufhört, MACH, DASS ES AUFHÖRT!
…
Der Schatten, der über der Welt lag, lüftete
sich. Ich konnte wieder klar sehen. Mein Kopf war frei von den Stimmen. Jetzt
spürte ich in meiner Hand das Messer, und fühlte den Schmerz in meinem Arm. Ich
sah herab auf den Boden. Dort lagen sie und der Andere. Sein Gesicht war zerstochen,
ihres war unbeschadet. Ihn warf ich in eine Mülltonne, sie warf ich über meine
Schulter. Und dann rannte ich. Rannte, immer im Dunkel verborgen, weg von der Straße. Ich
hatte Angst, aber nicht vor der Polizei.
Ich hatte Angst… vor mir selbst.
Es ist schon fast stockfinster. Eine einzelne
Träne rollt mir über die Wange. Ich denke daran, wie sie gewesen war. Ihre
Haare, ihr Gesicht, ihre Stimme. Ich denke daran, dass wir einander geliebt
hatten. Ich denke daran, wie es hätte sein können. Doch ich denke nicht daran,
wie es sein würde. Ich drehe mich zu ihr um. Sie lehnt immer noch an der
Wand. Hat sich kein Stück bewegt. Um die Stuhlbeine herum sammelt sich das
Blut. Ich wische es nicht auf.
Der Regen nimmt kein Ende. Unerbittlich stürzen
die nassen Fluten auf den Grund herab. Die Dunkelheit umhüllt nun alles, doch
ich stehe nicht auf. Schalte das Licht nicht an. Ich lege wieder meine Wange an
das Glas.
Es ist schön kühl.