
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Ich zog meine Haare aus meinem Schal heraus, und legte sie vor meine Schultern. Die Tür meiner neuen Wohnung fiel hinter mir ins Schloss, während ich bereits den kleinen, rechteckigen Knopf drückte. Sein Aufleuchten versicherte mir, dass ich ihn weit genug eingedrückt hatte, und schon bald vernahm ich die tiefen, mechanischen Geräusche des aufsteigenden Fahrstuhls. Man hörte, wie seine Bremsen stark arbeiteten, als er mein Stockwerk erreichte. Ruckelnd öffneten sich seine schwerfälligen Türen, und kaltes Licht durchbrach die angenehme Dunkelheit der Morgendämmerung.
Ich stieg hinein, der Boden wurde um ein paar Zentimeter nach unten gepresst, als mein volles Körpergewicht auf ihm lastete.
Er war alt.
Baujahr 1970.
Und doch hielten die Stahlseile diese massive, metallische Kiste samt mir als Inhalt. Ich drückte den untersten Knopf. Erdgeschoss. Mit einem Ruck setzte er sich in Bewegung, durchdrungen von denselben mechanischen Geräuschen, die jetzt viel deutlicher zu hören waren. Ich blickte in die Spiegelwand, mein Gesicht erschien blass, das grelle Licht ließ seine Konturen verschwimmen. Die Zahl über der Tür veränderte sich im Zehn-Sekunden-Takt. 3… 2…
Ich blickte erneut in den Spiegel. Meine Haare lagen richtig, mein Scheitel war gerade. Gut so. Der Fahrstuhl wurde langsamer, ruckelte kurz, bis er mit einem kleinen Knall stoppte. Die Türen öffneten sich, ich setzte einen Fuß hinaus, hob den nächsten bereits an, um… Moment.
Ich war nicht im Erdgeschoss.
Es war sehr dunkel, aber das Licht, welches sich aus dem Fahrstuhl drängte, reichte, um zu erkennen, dass die Wand vor mir nicht wie gewohnt orange, sondern grau war. Dreckig und grau. Ein muffiger Geruch fiel mir in die Nase, und ich assoziierte diesen sofort mit Kel…
K.
Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, fiel mir das schwarze „K“ auf, dass an die graue Wand vor mir gemalt war. Ich war im Keller, ich musste den falschen Knopf gedrückt haben, gab meinen vier Stunden Schlaf die Schuld.
Ich drückte die 1. Es dauerte ein paar Momente, bis die zwei schweren Türen begannen, sich zu schließen. Ich erwartete jeden Moment den kurzen Ruck wahrzunehmen, der mir signalisierte, dass der Fahrstuhl mich jetzt nach oben befördern würde. Doch er blieb aus. Die Türen öffneten sich wieder, ließen den muffigen Geruch des Kellers in ihr Inneres strömen.
Ich drückte nochmal die 1, die Türen schlossen sich erneut. Wieder keine Bewegung. Verwundern tat mich das Ganze nicht, im Hinblick auf das Alter des metallischen Konstrukts… Ich beschloss die Treppe zu nehmen, wusste, wo sie sich ungefähr befinden müsste. Als ich den ersten Schritt aus dem Fahrstuhl hinaus setzte, überkam mich ein bedrückendes Gefühl. Als würde ich eine Schutzzone verlassen, die Distanz zwischen mir, der Dunkelheit und dem muffigen Kellergeruch war jetzt vollkommen aufgehoben.
Meine Hände tasteten sich unsicher an den grob verputzten Wänden des Raumes voran, meine Augen konnten lediglich dunkle, schemenhafte Umrisse erkennen. Es war vollkommen still, bis auf ein leises, stetiges Geräusch. Es waren die alten Heizungsrohre, die ein leises Surren von sich gaben.
Ich setzte einen Fuß vor den anderen, bis ich irgendwann gegen den Treppenanfang stieß. Vorsichtig erklomm ich Stufe für Stufe, meine Hände suchten Halt an dem kühlen Geländer. Je höher ich kam, desto deutlicher wurde mein Sichtfeld, denn die ersten Sonnenstrahlen schienen bereits durch die Fenster im Erdgeschoss.
Als ich oben angekommen war, entdeckte ich den Staub, der sich auf meinen Schuhen abgesetzt hatte. Ich konnte dort unten nicht viel erkennen, aber der Keller schien schon sehr, sehr lange nicht mehr sauber gemacht worden zu sein. Ich versuchte meine Schuhe, soweit es ging, mit den Händen zu säubern, bis ich schließlich nach draußen ging und mich auf den Weg zur Bushaltestelle machte. Ich schaute auf meine Uhr.
07:30 Uhr.
Mein Bus würde in fünf Minuten kommen, ich beschleunigte meinen Gang, ein kaputter Fahrstuhl sollte mich nicht daran hindern, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Meine Atmung wurde zusammen mit meinen Schritten schneller, doch es war so, als würde ich mit jedem Zug die morsche Kellerluft einatmen. Der Geruch musste sich in meiner Nase festgesetzt haben, ich konnte ihn immer noch deutlich wahrnehmen.
Ich erreichte gerade noch rechtzeitig die Haltestelle, mein Bus war bereits da, die ersten Menschen stiegen ein. Doch als mein Blick auf die Aufschrift des Busses wanderte, entdeckte ich etwas Sonderbares. Es war nichts Besorgniserregendes, aber mein Magen begann sich seltsam flau anzufühlen, als ich es sah. Die LEDs zeigten nicht wie gewöhnlich „160 Minden“ an. Nein, es leuchtete nur ein einzelner Buchstabe auf.
K.
Ich überlegte, ob ich vielleicht den falschen Bus erwischt hatte, doch am Lenkrad saß der gleiche Busfahrer wie in den letzten Jahren auch, und die Fahrgäste waren ebenfalls dieselben. Ich tat es als einen Zufall ab, die Busse hatten öfters mal Defekte, manchmal fielen die LED-Felder auch gänzlich aus, was es dann schwer gestaltete, den richtigen Bus zu erwischen. Ich stieg ein, suchte mir einen Platz, holte meine Kopfhörer raus, und versuchte, die ungewöhnlichen Ereignisse dieses Morgens mit ein wenig Musik zu vergessen.
Mein Blick schweifte nach draußen, während der Bus an Menschen und Häuserreihen vorbeizog, unterbrochen von kurzen Stopps an Haltestellen und Ampeln.
Als die Straße, an der ich aussteigen musste, in Sicht war, stand ich auf und näherte mich dem Ausgang. Der Bus bremste ab, was ein metallisches Quietschen auslöste, das mich stark an das unseres Fahrstuhls erinnerte. Die Türen öffneten sich, meine Füße traten aus dem Bus hinaus und wanderten Schritt für Schritt auf das Gebäude zu, in dem ich arbeitete. Ich blickte auf meine Uhr.
07:30 Uhr.
Für einen kurzen Augenblick hielt ich inne. Meine Uhr musste kaputt sein, aber der Sekundenzeiger bewegte sich ganz normal, und runtergefallen war sie mir auch nicht. Alles an diesem Tag verwirrte mich, und obwohl noch nichts wirklich Schlimmes passiert war, war da dieses komische, tiefsitzende Gefühl in meiner Brust. Irgendetwas war anders. Ich konnte nicht genau definieren, was es war, aber irgendetwas ließ die Welt um mich herum plötzlich surreal wirken. Vielleicht lag es auch an der Tatsache, dass ich immer noch nicht aufhören konnte, die modrige Kellerluft wahrzunehmen. Ich hoffte darauf, dass die Arbeit mich ablenken würde, und drückte die schwere Eingangstür auf. Zurzeit waren viele Mitarbeiter im Urlaub, sodass auf den Fluren eine entsprechende Stille herrschte. Als die Tür sich hinter mir schloss und der Lärm der Straßen verstummte, erzeugte der Geräuschkontrast das Gefühl, als wäre man komplett von der Außenwelt abgeschirmt. Der Boden bestand aus Teppich, was dazu führte, dass selbst die Geräusche meiner Schritte von der Stille verschluckt wurden. Ich genoss die ruhige Atmosphäre, während ich durch die Flure ging.
Sie wurde durchbrochen, als ich auf einmal ein Geräusch hörte.
Es war kein lautes Geräusch, sondern ein leises, das meine Ohren nur ganz unterschwellig wahrnehmen konnten.
Es war das Surren von Heizungsrohren.
Mir war, als würde die Temperatur plötzlich um mehrere Grad fallen, ein Schauer durchfuhr mich. Dieses Geräusch, das eigentlich kaum wahrnehmbar war, sich nur marginal von der umgebenden Stille abhob, löste Angst in mir aus. Ich konnte nicht konkret sagen, worauf sich diese Angst bezog, aber sie war da und ich spürte, wie sie sich in meiner Magengegend verbreitete.
Doch bevor ich dieses Gefühl genauer analysieren konnte, erreichte ich Gottseidank endlich mein Büro. Meine Hand bewegte sich bereits auf den Türgriff zu, als ich bemerkte, dass das Türschild, auf dem normalerweise die Raumnummer, mein Name und die Namen meiner Kollegen standen, geändert worden war.
Es stand nur noch mein Name dort.
Und ich erstarrte, als ich die neue Raumbezeichnung sah.
K.
Ich stolperte einen Schritt zurück, stützte mich an der gegenüberliegenden Wand ab, um nicht hinzufallen.
„Ist alles okay bei dir?“ Klara, meine Kollegin, lächelte mich an. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie gekommen war. „Ich glaube, ich sollte mich lieber hinlegen“, entgegnete ich ihr, während mein Körper versuchte, sein Gleichgewicht wiederherzustellen. Als ich die Kraft in meinen Knien verlor und fast hinfiel, griff sie nach meinem Arm, um mich wieder hochzuziehen und aufrecht zu halten. Sie blieb dabei vollkommen gerade stehen, und obwohl ich nicht sonderlich schwer war, hätte mein Gewicht sie eigentlich mitreißen müssen. Aber sie stand dort, perfekt gerade, wie eine Statue. „Uff, da ist wohl jemandem schwindelig!“.
Das Lächeln auf ihren Lippen wollte nicht verschwinden, auch nicht aufgrund der Tatsache, dass ich gerade fast umgekippt wäre. Ich atmete tief ein und versuchte mit allen Mitteln, mich gerade hinzustellen. „Ich habe diese Nacht zu wenig geschlafen… ich denke, ich gehe heute lieber Nachhause, wenn das okay für dich wäre.“ Ihr Grinsen wurde immer breiter, als würde sie sich an meinem Leid ergötzen. Die Sicherheit, die ich zunächst verspürt hatte, weil ich endlich einen vertrauten Menschen sah, verschwand schlagartig. Irgendetwas passte nicht an ihr, sie wirkte wie eine andere Version der Person, die ich kannte. Wie eine Kopie.
„Willst du sicher nicht noch etwas hierbleiben?“, fragte sie, sogar die Tonlage ihrer Stimme klang verzerrt. „Heute stehen doch die Jahresabschlüsse an, und ich habe mich schon seit Wochen darauf gefreut, die mit dir machen zu können!“.
Der letzte Satz brachte mich dazu, ein paar Schritte zurückzutreten. Klara mochte keine Jahresabschlüsse, Klara hasste sie.
Ich versuchte zunächst noch, ihn zu unterdrücken, doch der Gedanke, dass dies nicht Klara war, rückte immer deutlicher in mein Bewusstsein. Mein Verstand versuchte mir zu einzureden, dass es hierfür sicher eine logische Erklärung gebe. Mein Instinkt hingegen sagte mir nur eins:
„Flieh!“
Mir war immer noch schwindelig, und ich taumelte mit unsicheren, aber schnellen Schritten Richtung Ausgang.
Als ich mich umdrehte, um sicherzustellen, dass sie mir nicht folgte, stand sie immer noch da. Sie starrte mich an, mit dem gleichen Lächeln auf den Lippen. Ich riss die Tür auf und lief aus dem Gebäude. Die anfangs so beruhigende Abstinenz von Geräuschen war inzwischen zu einer unerträglichen und beklemmenden Stille geworden, sodass der Straßenlärm eine enorme Erleichterung für mich darstellte.
Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen, aber sie schienen genauso abstrakt und verzerrt wie meine gesamte Umwelt. Vielleicht, dachte ich, bin ich verrückt geworden. Und ich hätte gerne geglaubt, dass ich einfach nur wahnsinnig sei. Denn dann hätte ich zumindest eine logische Erklärung für all diese Ereignisse.
Aber ich wusste, dass dem nicht so ist. Und ich wusste, dass all das, was ich heute gesehen oder gehört hatte, real war, zu real für einen Traum.
Ich wollte einfach nur nach Hause, klammerte mich verzweifelt an die Vorstellung, dass alles wieder normal werden würde, wenn ich mich hinlegte und schliefe. Es kam für die nächsten paar Stunden kein Bus, der mich nachhause fahren würde, also machte ich mich zu Fuß auf den Weg.
In der Stadt schien alles normal zu sein, bis auf den Kellergeruch, den ich mittlerweile aber kaum noch wahrnahm, da ich mich bereits an ihn gewöhnt hatte. Die Minuten vergingen und ich fing an, mich zu entspannen. Meine Gedanken, die sich zuerst noch wie wild im Kreis gedreht hatten, legten sich langsam zur Ruhe. Mein Körper schien nach dem Aufruhr von heute Morgen erschöpft zu sein, er hatte schlichtweg nicht mehr die Kraft dazu, die ständige Alarmbereitschaft aufrechtzuerhalten.
Dieses angenehme, lähmungsartige Gefühl wurde schlagartig durchbrochen, als mein Handyklingelton auf einmal ertönte.
Ich zog es aus meiner Tasche und blickte auf den Display.
Klara.
Ich wusste nicht, ob ich rangehen sollte, mein eben noch ruhiger Puls erhöhte sich immer mehr. Schließlich klickte ich auf „annehmen“. Ich führte mein Handy zögerlich an mein Ohr, meine Hand verkrampfte sich, so als wäre sie bereit, es jeden Moment reflexartig auf den Boden zu schmettern. Zunächst hörte ich nichts als Stille.
„Rachel? Bist du dran?“.
Ich atmete erleichtert auf. Ihre Stimme hörte sich normal an.
„Ja, bin ich. Was ist los?“
„Ich wollte fragen, wo du bleibst? Deine Schicht hat bereits vor einer halben Stunde angefangen!“ Der Satz löste gemischte Gefühle in mir aus. Immerhin wusste ich jetzt, dass die wahre Klara existierte und dass ich irgendwie Kontakt zu ihr aufnehmen konnte.
Aber es bestätigte auch, dass die Person von vorhin, wenn es überhaupt eine Person war, definitiv nicht Klara war. Und es warf eine Frage auf, die Panik in mir aufsteigen ließ.
Wer oder was sind die Personen, die ich jetzt gerade um mich herum in der Stadt sehe?
Ich legte auf.
Ich fühlte eine tiefe, innere Verzweiflung, ich war dieser Situation völlig ausgeliefert. Wie ein Kind, das mit einer unbekannten und furchterregenden Situation konfrontiert wird, hatte ich nur noch einen Willen: Ich wollte möglichst schnell an den Ort, der mir am meisten Sicherheit schenkte, nach Hause. Ich beschleunigte meinen Gang, bis ich irgendwann bemerkte, dass ich mich verirrt hatte, unfähig dazu, auch nur irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Selbst die Stadt an sich schien verändert, es schien auf einmal Häuser und Straßen zu geben, die vorher noch nie da gewesen waren.
Ich holte mein Handy wieder aus meiner Tasche und öffnete Google Maps, in der Hoffnung, so nach Hause zu finden.
Die App zeigte mir an, dass ich schon zuhause sei.
Ich aktualisierte die Ansicht.
Mein Standort veränderte sich nicht.
Ich lief ein paar Meter und aktualisierte die Ansicht erneut, wieder erfolglos.
Google Maps war fest davon überzeugt, dass ich mich die ganze Zeit über in meinem Mietshaus befand. Ich begann leise Befürchtungen zu entwickeln, was dies zu bedeute hatte, aber verdrängte sie gleich wieder.
Ich ging einfach weiter geradeaus, ohne zu wissen wohin, ließ mich ganz vom Strom der Fußgänger mitreißen.
Mein Körper funktionierte nur noch, ich atmete und setzte einen Fuß vor den anderen. Mein Verstand hingegen war wie ausgeschaltet, denn er konnte mit seiner Umwelt nichts mehr anfangen. Ich schaltete auf Durchzug.
Ich muss einige Stunden so durch die Stadt geirrt sein, denn auch wenn meine Uhr immer noch 07:30 Uhr anzeigte, taten meine Füße weh.
Schließlich fingen die Straßen wieder an, mir bekannter vorzukommen. Ich wusste ungefähr, wo ich war, und schon bald erblickte ich das graue Dach meines Mietshauses. Ich war in meinem gesamten Leben noch nie so erleichtert gewesen, wie als ich das Gebäude betrat. Der Fahrstuhl schien so, als hätte er auf mich gewartet, doch ich nahm die Treppe. Es ging schon immer irgendetwas Unheimliches von ihm aus, und ich wollte nicht wissen, was passieren würde, wenn ich ihn heute benutzte.
Oben angekommen eilte ich zu meiner Wohnungstür und schloss sie auf. Ich öffnete sie zunächst vorsichtig, hielt kurz Inne, doch ich konnte nichts Sonderbares erkennen. Alles sah wie gewohnt aus. Ich lief einmal durch meine gesamte Wohnung, um sicherzustellen, dass wirklich alles beim Alten geblieben war. Und da fiel mir auf, dass selbst der muffige Kellergeruch, der mir sonst den ganzen Tag über in meine Nase stieß, verschwunden war. Ich zog meine Jacke und meine Schuhe aus, warf sie in die Ecke und schmiss mich ohne Zögern auf mein Bett.
Die Farbe der Tapete, die bereits dabei war abzubröckeln, meine Matratze, die für meinen Geschmack eigentlich immer ein bisschen zu hart war, und meine warme Bettdecke. Zum ersten Mal an diesem Tag waren alle Dinge so, wie sie sein sollten. Und das half mir, meinen Glauben daran aufrechtzuerhalten, dass ein kleines Nickerchen mich von diesem Alptraum erlösen würde.
Dunkelheit. Feuchtkalte Nässe überall um mich herum. Ich bekam kaum noch Luft in der erstickenden Enge des Raumes, in dem ich mich befand. Meine Hände tasteten verzweifelt nach einem Ausgang, doch sie stießen wieder und wieder nur auf harten Beton. Ich war wie eingemauert. Ich schrie, doch es war so, als wären mehrere Kubikmeter massiven Gesteins zwischen mir und der Außenwelt. Die Wände um mich herum schienen sich aufeinander zuzubewegen, der Raum wurde immer kleiner, bis ich kaum noch Platz zum Atmen hatte. Ich versuchte mich zu befreien, doch ich war fest zwischen dem Beton eingeklemmt. Die Wände pressten sich immer stärker gegen meinen zitternden Körper, ich verspürte einen Schmerz, den ich noch nie erlebt hatte, als sie anfingen, meine Knochen zu zertrümmern.
Ich öffnete die Augen. Tastete meinen gesamten Körper ab, doch alles war normal, keine zertrümmerten Knochen, keine sonstigen Verletzungen. Während ich langsam wieder zu mir kam, bemerkte ich, dass ich immer noch in meinem Bett lag. Die feuchtnasse Kälte war zwar noch da, doch sie kam von meiner durchgeschwitzten Kleidung. Meine Atmung und mein Puls beruhigten sich wieder. Es war nicht der erste Alptraum, den ich hatte. Aber bei weitem der intensivste.
Ich schaltete meine Nachttischlampe an, da es draußen anscheinend bereits dunkel geworden war. Ich ging Richtung Fenster, wollte ein wenig frische Luft hineinlassen. Doch als ich sie öffnete, kam mir nur ein alter, modriger Geruch entgegen. Ein Geruch, von dem ich gehofft hatte, ihn nie wieder wahrnehmen zu müssen.
Der Geruch von alten Kellerwänden.
Ich stieß meine Hände schlagartig nach vorne. Doch sie prallten nur gegen den massiven, kalten Beton, der hinter meinen Fenstern war.
Für ein paar Minuten stand ich einfach nur da, starrte auf die dunkle Wand vor mir. Irgendwann drehte ich mich um. Doch bevor ich auch nur einen einzigen Schritt gehen konnte, sah ich es:
Meine Tapete, die eh schon angefangen hatte, sich von den Zimmerwänden zu lösen, hing nun fast gänzlich herunter. Es kamen dieselben, grauen Wände zum Vorschein, die sich sich hinter meinen Fenstern befanden.
Doch das war nicht alles.
Mitten auf dem Beton war ein einzelner, schwarzer Buchstabe aufgemalt.
K.
Ich verließ mein Schlafzimmer, ging Richtung Flur, raus aus meiner Wohnung, und schließlich Richtung Treppe. Jeder Schritt, den ich ging, war schneller als der vorherige, bis ich irgendwann anfing zu laufen, und schlussendlich rannte. Meine Kehle war vollkommen zugeschnürt, ließ nicht zu, dass ich auch nur irgendeinen Laut von mir gab, geschweige denn einen Schrei.
Als ich im Erdgeschoss angekommen war, blieb ich ruckartig vor der Ausgangstür stehen. Mein gesamter Körper verkrampfte sich, als ich realisierte, dass auch hinter ihr nichts anderes war als eine kalte, harte Betonwand.
Ich war eingemauert.
Ich war nicht in der Lage zu denken, aber mein Körper war weiterhin in der Lage zu handeln. Und in Situationen, in denen der Verstand keine Lösung findet, da scheint es etwas anderes zu geben, etwas, von dem ich nicht genau sagen konnte, was es war, aber etwas, das mich wissen ließ, was zu tun war. Und tief im Inneren wusste ich, dass ich entkommen konnte. Denn wo ein Weg hineinführt, da führt auch ein Weg hinaus. Und wo auch immer ich gelandet war, ich war immer noch dort, weil ich nicht den gleichen Weg zurückgegangen war.
Ich atmete tief durch und begann dann, mich Schritt für Schritt der Kellertreppe zu nähern. Schon am Anfang der Treppe roch ich bereits den muffigen Geruch und nahm ganz schwach das Surren der Rohre wahr. Jede Stufe, die ich weiter hinunterging, verblasste die Welt um mich herum mehr, wurde in pechschwarze Dunkelheit getaucht. Es war so, als würde der Keller mir all meine Sinne rauben.
Ich spürte die nasse Kälte,
meine Augen konnten nichts als Dunkelheit erkennen,
das Surren der Heizungsrohre übertönte jedes andere Geräusch,
ich roch den Kellergeruch penetranter als je zuvor
und mir war so, als verspürte ich den Geschmack von Schimmel und modrigen Wänden auf meiner Zunge.
Ich tastete mich wieder am Putz entlang, während meine Sinne den Keller mit jedem Schritt intensiver wahrnahmen.
Ich hielt es fast nicht mehr aus, als meine Finger plötzlich einen kleinen, quadratischen Plastikknopf erfühlten. Adrenalin schoss in meine Adern, ich riss meine Augen panisch auf, während meine Hände fast schon gewaltvoll auf den Knopf eindrückten. Ich ließ ihn nicht los, bis ich es plötzlich hörte, das metallische, dumpfe Geräusch des Fahrstuhls, wie er mir immer näherkam. Es durchbrach das alles beherrschende Geräusch der Heizungsrohre, und es schien so, als würde es auch die Kraft, die von diesem Keller ausging, durchbrechen.
Die Sekunden, die ich auf ihn wartete, schienen wie eine Ewigkeit, doch ich hatte jetzt die Stärke gefunden, diese Ewigkeit durchzustehen.
Und als der Fahrstuhl endlich angekommen war und seine Türen öffneten, durchbrach das ausströmende Licht auch die Dunkelheit des Kellers.
Die Türen waren noch nicht vollständig offen, doch ich zwängte meinen Körper bereits in die enge Kabine. Doch es war noch nicht vorbei. Der entscheidende Schritt stand mir noch bevor.
Ich drückte die 3.
Die Türen schlossen sich.
Ich wartete.
Nichts.
Ich drückte erneut die 3, diesmal mit aller Kraft.
Die Türen schlossen sich.
Und öffneten sich wieder.
Ich war kurz davor, einfach zusammenzubrechen. Meine Knie begannen zu zittern und ich spürte, wie ich anfing zusammenzusacken. Doch kurz bevor ich fiel, löste sich der Kloß in meiner Kehle, und ich schrie. Ich schrie lauter, als ich jemals zuvor geschrien hatte.
Ich schrie mitten in diesen schwarzen, leeren Raum.
Es waren keine spezifischen Worte, es waren lediglich Geräusche, die meiner Kehle entfuhren, Ausdrücke all der Gefühle, die ich bis dahin unterdrückt hatte. Ich schrie, bis meine Stimme brach. Und in dem Moment, in dem die Stille dabei war, wieder Überhand zu gewinnen, schlossen sich die Türen erneut. Und ich merkte, dass ich mich bewegte. Nach oben.
Als der Fahrstuhl stoppte, und sich seine Türen öffneten, strömte das angenehme Licht der Flurlampen mir entgegen. Ich rannte zurück in meine Wohnung, in mein Schlafzimmer, und wäre fast hinausgefallen, als ich mich über die Fensterkante lehnte. Denn alles, was sich jetzt hinter ihr verbarg, war weites Himmelblau, und der Geruch von frischem Laub an einem Herbstmorgen.
Ich schaute auf meine Uhr.
07:32.
Und ich konnte schwach erkennen, wie der Minutenzeiger sich wieder bewegte.
Ich weiß immer noch nicht, was genau das da unten war.
Aber ich habe es gebrochen, als es versucht hat, mich zu brechen.
„Ich weiß wirklich nicht, was ich…“
Ich erwarte nicht, dass sie mir darauf etwas antworten können. Aber ich musste es irgendjemandem erzählen. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie jetzt denken, ich wäre durchgedreht, aber-
„Ich denke nicht, dass sie verrückt sind.“
Also glauben Sie die Geschichte?
„Nun ja, als der Vermieter des Hauses kann ich Ihnen nur sagen, was ich weiß. Vor Jahren, aber das ist schon sehr lange her, wurde in dem Keller dieses Hauses eine Leiche gefunden. Ich kenne nicht alle Details, da das Haus damals noch nicht in meinem Besitz war, aber dem nach zu urteilen, was ich gehört habe, handelte es sich hierbei weder um Mord noch um Selbstmord. Der Mann, der damals gefunden wurde, war einfach verdurstet. Er hätte jederzeit einfach die Treppe nach oben nehmen können, oder den Fahrstuhl. Aber es schien, als wäre er dort unten gefangen gewesen. Aber dass Sie dort unten waren, ist eigentlich vollkommen unmöglich. Der Knopf im Fahrstuhl, der ins Kellergeschoss führt, ist eigentlich schon seit Jahren deaktiviert…“
Naja, anscheinend ja doch nicht.
„Verstehen sie mich nicht falsch, aber selbst, wenn er funktioniert hätte, es ist einfach nicht möglich, dass sie im Keller waren.“
Wieso?
„Nach den schrecklichen Ereignissen damals ließ der Vermieter des Hauses den Keller komplett zumauern. Selbst wenn Sie mit dem Fahrstuhl nach unten fahren würden: sobald seine Türen sich öffnen, würden sie nichts als eine massive Betonwand sehen.“