
Containment Project II – The Greasemonkey Diaries
ACHTUNG: VERSTÖRENDER INHALT
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Text um eine Creepypasta handelt, die verstörende Themen beinhalten kann, wie zum Beispiel Gewalt, Sexualisierung, Drogenkonsum, etc. Creepypastas sind fiktive Geschichten, die oft dazu gedacht sind, Angst oder Unbehagen zu erzeugen. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text nicht zu lesen, wenn Sie sich davon traumatisiert oder belästigt fühlen könnten.
Hier die chronische Auflistung aller Pastas, die zu dieser Reihe gehören.
DN-AGE Erinnerungen (2270)
DN-AGE Erinnerungen I – Beauftragt
DN-AGE Erinnerungen II – Missbraucht
DN-AGE Erinnerungen III – Gebrochen
DN-AGE Erinnerungen IV – Gerettet
DN-AGE Erinnerungen V – Gefunden
DN-AGE Erinnerungen VI – Psychopaten Lachen Nicht
Containment Project 1 (2270)
Containment Project I – Dies sind die Worte von Publius Septimus Tertio
Containment Project II – The Greasemonkey Diaries
Containment Project III – EXIT
Containment Project IV – Gedanken
Containment Project 2 (2290)
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 1: Nora
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 2: Alexis
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 3: Caelia
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 4: Bromios
CONTAINMENT PROJECT 2 Teil 5: Lavender
CONTAINMENT PROJECT
AUSWERTUNG
DATENLOG 2
Name: Qar’Ek
Da’qu
Verwaltungsbereich:
Leiter Historische Auswertungen der Containment Project-Anlagen auf SOL-00I
Datum: 5. Tag
des vierten Monats, Jahr 372 nach Gründung der Republik
Berechtigung: ERTEILT
Das folgende Material ist ein Kompendium der
Tagebucheinträge von Carlisle McAvin, gefunden in dessen Autowerkstatt am
Stadtrand von Muntun Upon Stynn, und den Einträgen von P. S. Tertio. Als Leiter
der historischen Auswertungen der Containment Project-Anlagen habe ich mir die
Freiheit genommen, die Einträge dieser beiden Personen in ihren jeweiligen
Tagebüchern miteinander zu verbinden, da beide Personen sehr ähnliche Einträge
aufweisen.
EINTRAG 1
10. Mai 1960
Guten Tag. Mein Name
ist Carlisle McAvin, bin siebzehn Jahre alt und ich schreibe dieses Tagebuch,
aufgrund der rätselhaften Ereignisse, die sich jüngst in unserem Kuhkaff namens
Muntun Upon Stynn zugetragen haben.
Ja, Kuhkaff. Muntun
Upon Stynn, also Bergsteinstadt, wenn man so will, hat lediglich an die 2500
Einwohner – es kennt also jeder jeden. Es liegt irgendwo in den schottischen
Highlands, vermutlich in der Nähe von Glencoe. Die Landschaft ist sehr Hügelig
und die Feldwege sind schroff. Daher gibt es keine vernünftige Straße, die
dorthin führt. Weswegen ich, wenn ich denn einmal mit dem Auto unterwegs bin,
mehr oder minder zwischen dem Marktflecken Mennith und dem Anwesen seiner
Lordschaft MacDonald hin- und herpendele.
Wie ihr euch sicher
vorstellen könnt, gibt es hier nicht viel zu sehen. Wir haben ein kleines
Rathaus, eine kleine Kirche, einen Pub, sowie ein kleines Theater, das erst
jüngst zu einem Kino ausgebaut wurde. Film…komisches Zeug, wenn auch
unterhaltsam. Wie bereits erwähnt, arbeite ich in einer Autowerkstatt. Nun ja,
ehrlich gesagt ist es eher eine Werkstatt UND ein Gemischtwarenladen in einem. Mein
Vater Wallace leitet den Laden, während ich die Werkstatt führe. Meine Mutter
ist während meiner Geburt gestorben und mein Vater hat bis heute nicht wieder
geheiratet. Er selber hält von Autos nichts, denkt sie seien nur ein moderner
Schnickschnack, der irgendwann wieder vorbeigeht. Ich dagegen bin von ihnen
besessen. Ich brauchte ein Jahr, um mir mein eigenes Auto zusammenzustellen. Zugegeben,
es läuft noch immer mit Kurbelantrieb und anfangs machte es nur Schwierigkeiten.
Doch nun fährt es wie geschmiert!
Der Weg von Mennith
nach Muntun ist in den meisten Fällen ereignislos und langweilig. Doch nicht
heute. Nachdem ich meine Besorgungen in Mennith erledigt hatte, fuhr ich wieder
nach Hause. Doch urplötzlich, ohne jede Vorwarnung, kam jemand aus dem Gully
nahe der Stadt gekrochen! Ich trat auf die Bremse so fest ich konnte – ein
Wunder, dass ich den Typen nicht überfahren hatte! Das hätte mir noch gefehlt!
Ich stieg also wutentbrannt aus meinem Wagen aus und betrachtete den Motorraum
– alles in Ordnung! Ich lief auf den Typen zu und schrie ihn an, was er sich
dabei dachte, mir einen solchen Schrecken einzujagen. Doch als ich ihn näher
betrachtete und meine Wut langsam abklang, merkte ich, dass dieser Kerl nicht
von hier stammte. Er hatte eine dicke Decke um sich geschlungen und darunter
eine…römische Tunica?! Was zum Teufel? was noch erschreckender war, war die Tatsache,
dass er ein echtes Kurzschwert mit sich trug. Ich weiß es so genau, weil dieser
geisteskranke Irre es zückte und mir ins Gesicht hielt.
„Ubi sum?! Qui es?! Quid hic accidit?!“
„Alles ruhig, man“,
versuchte ich ihn zu beruhigen: „Keine Ahnung, wer du bist, aber Julius Ceasar
wird seit Monaten nicht mehr aufgeführt.“
„Quid dicit?! Non te
comprehendo!“
„Reg dich ab, Alter.
Tu das Messer weg. Kein Grund hier Ausfallend zu werden.“
Verzweifelt
versuchte ich ihm zu gestikulieren, dass er das Schwert wegstecken sollte. Doch
er verstand mich nicht. Entweder war dies ein sehr durchdachter Scherz der
Jungen aus Mennith, oder etwas ging nicht mit rechten Dingen vor sich.
Glücklicherweise – und ohne mein Zutun – steckte er das Schwert weg und lief
dann staunend um mein Auto herum.
„Quid est?! Tuus
est?“ meint er erstaunt, ehe er mit einem sichtlich verwirrten Gesichtsausdruck
wieder zurückkam. „Nulli equi?“ fragte er mit einem gerunzelter Stirn und ich
nickte nur.
Jetzt werdet ihr
euch bestimmt fragen, woher ein einfacher Mechaniker aus den Highlands Latein
beherrscht. Nun, zugegeben, die Arbeit in der Werkstatt macht sehr großen Spaß
– jedoch möchte ich das nicht für immer machen. Sobald ich das nötige Geld
zusammenhabe, möchte ich an der Universität in Glasgow studieren. Was genau,
das weiß ich noch nicht, aber um erst einmal aufgenommen zu werden, sind
fortschrittliche Lateinkenntnisse unabdingbar.
Ich erwiderte seine
Frage mit den gleichen Worten, nur
affirmativ, und zeigte ihm dann den Motorraum. Offenbar hatte er so eine
Maschine noch nie gesehen, jedoch beschlich mich das Gefühl, dass er noch nie
irgendeine Maschine gesehen hatte. Nichtsdestotrotz musste ich sicher gehen,
dass meine Karre noch funktionierte. Ich wies den Kerl also an, nach vorne zur
Kurbel zu gehen, während ich mich ans Steuer setzte und ihm dann signalisierte,
dass er daran drehen sollte. Lange Rede, kurzer Sinn, der Wagen funktionierte
noch. Zögerlich setze er sich zu meiner Linken, nachdem ich ihm ein Zeichen
gab, in den Wagen zu steigen. Konnte ihn doch nicht einfach da stehen lassen,
oder?
EINTRAG 2
10. Mai 1960
Eine Sprache für das
Studium zu lernen, ist eine Sache. Eine völlig andere Sache ist es jedoch, sie
auch tatsächlich zu sprechen! Das heißt…sprechen zu MÜSSEN! Die Fahrt nach
Muntun dauerte weitere fünfzehn Minuten (insgesamt ist man dreißig Minuten
unterwegs) und daher wollte ich zumindest etwas über diesen komischen Kerl
erfahren. Doch ich erkannte schnell, dass er weder Englisch noch Scots noch
Gälisch sprach – nur Latein – und ich merkte schnell, dass hier etwas wirklich
Merkwürdiges vor sich ging.
Ich fragte ihn
einfache Zeug; wie er hieß, woher er kam und so weiter. Er sagte mir, sein Name
sei Publius Septimus Tertio und dass er aus einem Ort namens Mons Petrae komme.
Instinktiv wollte ich mit voller Wucht in die Bremse treten, hörte sich dieser
Name doch extrem nach Muntun Upon Stynn an. Doch dies würde bedeutet, dass wir
die ganze Kurbelei erneut hätten vornehmen müssen, weswegen ich einfach
weiterfuhr, bis wir meine Werkstatt erreichten. Dort gingen wir auch gleich die Treppe hoch zu
der eigentlichen Wohnung und in mein Zimmer.
Allerdings muss ich sagen,
dass ich…etwas amüsiert war, zu sehen, wie Publius erst in meiner Werkstatt
herumlief; seine Augen voller Verwunderung und zugleich Begeisterung. Wie er
wohl reagieren wird, wenn ich ihm einen Film zeige! Jedenfalls reagierte er auf
das Glas Whiskey, welches traditionell jedem Gast angeboten wird und den ich in
meinem Zimmer ohne Wissens meines Vaters bunkerte, nicht schlecht!
„Und dein Vater
erlaubt es dir, dich während der Arbeit zu betrinken?“ fragte er verwundert und
ich gab in meinem noch immer sehr gebrochenen Studienlatein und einem
süffisantem Grinsen zurück: „Erstens ist er nicht hier. Und zweitens, betrinken
wir uns nicht.“ Daraufhin schenkte ich jedem von uns noch einmal ein, ehe ich
die Flasche voll mit feinstem Single Malt Scotch demonstrativ schloss und
wegstellte.
„Und du verarscht
mich wirklich nicht? Du bist wirklich ein Römer? Ich meine…aus der
Vergangenheit?“
„Natürlich bin ich
Römer. Sieht man das nicht?!“ rief er defensiv.
Ich fragte Publius,
in welchen Jahr er und seine Familie lebten und er gab 762 a. u. c. an – also
762 Jahre ab urbe condita, seit der Gründung Roms. Das entspricht unserem 9
nach Christus. Doch was darauf geschah, kann ich mir bis jetzt noch nicht
erklären. Ich machte diesbezüglich eine schelmische Bemerkung darüber, wie man
eben nicht alles erobern konnte und machte eine offensichtliche Anspielung auf
die Varusschlacht.
„Was meinst du
damit?“ fragte er verwirrt: „Jeder weiß
doch, dass dieser Aufstand niedergeschlagen wurde!“ Diese Bemerkung an sich war
schon relativ merkwürdig. Doch Publius schoss den Vogel endgültig ab, als er
mir erzählte, dass seine Stadt zwischen York, Manchester und Lincoln liege. Ich
sprang auf: „Das…ist absolut unmöglich! Du…du dürftest eigentlich gar nicht
existieren!“
„Warum?“
„Weil Britannien
erst in 34 Jahren römisch wird! Unter Kaiser Claudius!“
„Kaiser? Was für ein
Kaiser?“ fragte er, sichtlich amüsiert ob meiner Unwissenheit bezüglich seiner
angenommenen Realität: „Rom ist und war seit 245 a. u. c. eine Republik! Das
weiß doch jeder!“
Das ergab alles
keinen Sinn! Entweder war dieser Kerl ein richtig guter Hochstapler, oder etwas
vollkommen Anderes und Unerklärliches war hier am Werk! Von all dem sichtlich
verwirrt, schnappte ich mir die Whiskeyflasche, schenkte mir erneut ein und
trank alles mit einem Schluck aus, nur um dann in Publius‘ grinsendes Gesicht
zu blicken, ehe dieser so etwas sagte wie: „Wie war das nochmal – wir betrinken
uns nicht?“ Ich weiß nicht, ob es der Alkohol war oder die Art, wie er es
sagte, doch ich musste lauthals lachen. Jedenfalls, nachdem ich mich wieder
gefangen hatte, fragte ich ihn, wie er denn überhaupt hierhergekommen war.
Er erzählte mir, wie
er durch einen Eingang in einem Grab auf dem Hügel nahe seinem Dorf in ein
System aus Gängen hinabgestiegen war. Dort hatte er sich verlaufen und es auf
gut Glück durch den Gully auf der Straße versucht. Und den Rest habt ihr
bestimmt schon in Eintrag eins gelesen. Es klang alle so dermaßen Surreal –
aber dennoch irgendwo plausibel. Immerhin schrieb Jule Verne von einer
verlorenen Welt tief im Innersten der Erde und zudem gibt es vorherrschende
Theorien darüber, dass unser Planet nur wenige Meter unter der Erdschicht hohl
ist. Ob Publius von dort gekommen war? Vielleicht gab es einen Flecken auf…oder
unter der Erde, in dem die Antike fortbestanden hatte – aber warum dann diese
verdrehte Realität?
Leider hatte ich
keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, da die Tür zum Laden aufging und
mein Vater von unten nach mir rief. Ich bat meinen Gast, sich ruhig zu
verhalten, bis ich wieder da wäre. Er nickte nur und setze sich wie ein braver
Schoßhund auf mein Bett, wo er einige Schriftrollen heraus kramte und nach
einem Stift fragte. Hastig drückte ich ihm einen Bleistift in die Hand, ehe ich
nach unten raste.
ANMERKUNG: Die nachfolgende Rolle von P.S. Tertio
habe ich aus Redundanzgründen gekürzt, da die ersten Absätze dasselbe
schildern, wie in Einträgen 1 & 2 von McAvin.
ROLLE 28
9. Kalende des Januar
762 a. u. c.
Zumindest glaub ich, dass es das noch ist…
[…] Ich hoffe nur,
dass er keinen Ärger mit seinem Vater bekommt. Jedoch frage ich mich immer
noch, in was für einer merkwürdigen Welt ich hier gelandet bin?! Alles ist so
fremd. Die Gebäude…die Materialien, aus denen sie bestehen. Oder sollte ich
sagen, wie sie verarbeitet sind.
Dennoch scheint das
Zimmer dieses merkwürdig angezogenen und sich verhaltenden Jungen, der meine
Sprache gerade so beherrscht, sehr interessant ausgestattet zu sein. Was vor
allem ins Auge springt, ist eine Zusammenstellung verschiedener, mir fremden
Geräte und Gegenstände vor seinem Fenster. Jedoch werde ich versuchen, sie so
genau wie möglich zu beschreiben. Das Markanteste ist ein Kasten, auf einem
Hocker sitzend, mit einem großen, beweglichem Teller und einer großen, ausladenden
Muschel. Unter dem Hocker befand sich ein Stapel voller dünner Taschen aus
einem komischen, dünnen Papier gefertigt. Als ich eine davon nahm und den
Inhalt herausholte, starrte ich auf einen großen, schwarzen, sehr leichten, mit
Rillen verzierten Discus mit einer Beschriftung und einem kleinen Loch in der
Mitte. CREOLE LOVE CALL – keine Ahnung, was das bedeutet.
Das letzte Gerät,
das ich interessant fand, war etwas, das auf Carlisles Schreibtisch stand. Es
war ein hochkanter Kasten mit zwei großen, runden Augen an der Unterseite.
Dazwischen eine verwirrende Leiste mit merkwürdigen langen und kurzen Strichen.
Als ich aus purer Neugier (und ja, ich weiß, ich hätte eigentlich nichts
anfassen sollen!) das rechte Auge anfasste, merkte ich, dass es sich drehen
ließ, wobei ein Regler sich nach rechts oder links bewegte, je nachdem, in
welche Richtung man drehte.
Kurz darauf kam mein
Gastgeber wieder zu mir und bot mir an, den Ort, in dem er lebte, mit ihm zu
besichtigen. Allerdings musste ich ihm dann gestehen, dass ich ohne das Wissen
meiner Eltern und Verwandten hierhergekommen war und dass sie meine Abwesenheit
bestimmt schon bemerkt hatten.
ROLLE 29
9. Kalende des Januar
762 a. u. c.
Ich bin wieder zu
Hause. Aber, lasst mich rekapitulieren, was passiert ist. Nachdem ich sagte,
dass ich wieder nach Haus musste, schlichen wir uns nach draußen und fuhren mit
diesem komischen Wagen wieder zum Gully auf der Straße. Jedoch machten wir
zuvor die Bekanntschaft mit einer, wie ich sie nur betiteln kann, Hexe. Nein,
ihr Dussel, sie war keine wirkliche Hexe, welche uns hätte verfluchen können!
Es war mehr oder weniger eine komplett irre gewordene, alte Frau, welche laut
Carlisle Mrs. Darson genannt wurde.
Ihre Erscheinung war
heruntergekommen und sie trug eine Decke über ihrem Kopf. Sie gestikulierte
wild umher und faselte immer wieder von dem gleichen Zeug; von riesigen Türmen
aus Glas und Stahl – was auch immer das ist! Von fliegenden…Autos und von DN‑AGE,
das irgendwas mit ihr gemacht hätte. Dann ging die irre Kuh uns an und meinte,
dass wir in Wirklichkeit alte Männer seien und man uns jung gemacht hätte. Was
für ein Schwachsinn! Doch da sie nicht aufhören wollte, zückte ich in
Verzweiflung mein Gladius und schrie sie an, uns in Ruhe zu lassen, was sie
dann auch letztendlich tat.
Jedenfalls
erreichten wir erneut den Gully, durch den ich gekommen war. Ich fragte ihn
dann, welche Tageszeit hier vorherrschte und Carlisle meinte, es sei etwa zehn
Uhr morgens. Ich weiß zwar nicht, was „zehn Uhr“ bedeutet, doch sagte ich ihm,
dass es ebenfalls Morgen gewesen war, als ich zu den alten Steinen aufgebrochen
war. Er schaute mich zunächst verwirrt an, lief dann jedoch zu seinem Wagen und
übergab mir ein kleines Päckchen mit merkwürdigen, kleinen Stangen darin. Er
meinte, man nenne diese Dinger ‚Zigaretten‘ und dass ich sie ‚rauchen‘ konnte, wenn
mir langweilig war oder ich unter Stress stand, indem man sie kurz anzündete.
Ich bedankte mich, warf mir meine Decke um und begann meinen Abstieg nach
unten.
Der Weg zurück zu
der Leiter, durch die ich gekommen war, stellte sich als sehr, sehr lange
heraus. Mir war das gar nicht aufgefallen, als ich dieser komischen Schildkröte
gefolgt war. Jedoch hatte ich disen komischen Stift, welchen er mir gegeben
hatte, mitgenommen und hatte mir das Geschriebene an der Wand neben der Leiter
zu seiner Welt notiert. Ich tat das, da Carlisle meinte, ich solle morgen
wieder zu ihm kommen – was ich auch definitiv vorhabe!
Rolle 30
9. Kalende des Januar
762 a. u. c.
Wie vorhergesehen,
war meine Abwesenheit bemerkt worden und alle waren heilfroh, mich wieder zu
sehen. Auf die Frage, wo ich all die Stunden gewesen war, erfand ich eine
Notlüge und meinte, dass ich mich auf dem Weg von den Steinen im Wald verlaufen
hätte, da ich vorher noch einen Abstecher ins Dorf machen wollte. Sie alle
kauften mir jedes Wort dieser, zugegeben, dreckigen Lüge ab. Beste
Voraussetzung also, mir demnächst eine toga candida anzulegen!
* *
ROLLE 30
8. Kalende des Januar
762 a. u. c.
Auf dieser Rolle ist
noch etwas Platz, deswegen schreibe ich den ersten Teil des Geschehnisses
dieses Tages noch auf diese. Bitte verzeiht, wenn es etwas bruchstückhaft
wirkt, aber ich will kein gutes Papier verschwenden.
Normalerweise ist es
nicht die römische Art, eine Frau um Rat zu fragen. In diesem Fall war der Rat
meiner Schwester unerlässlich. Seit Kindertagen habe ich sie immer um Rat
gefragt, so auch in diesem Fall. So ging ich also in die Bäckerei von Marius
und dann hoch in die eigentliche Wohnung, um mit Septima zu sprechen. Nachdem
sie die Sklaven aus dem Raum geschickt hatte, erzählte ich ihr von meinen
merkwürdigen Funden und zeigte ihr die Packung mit den Zigaretten, welche ich mitgenommen
hatte. Jedoch bekam ich nicht die Reaktion, die ich erwartet hatte. Anstatt
mich als verrückt abzustempeln, hielt sie nur ihre rechte Hand vor ihren Mund und
meinte nur: „Ich dachte…es wär nur ich.“ Daraufhin lief sie zu einer Truhe, die
ich sehr gut kannte. Es war ihre Truhe aus Kindertagen, in der sie allerlei
Habseligkeiten lagerte. Sie kramte eine kurze Weile darin herum, ehe sie mit
einem Bündel wiederkam. Ich staunte nicht schlecht, als sie es auspackte und
mir etwas zeigte, dass sehr gut in das Ensemble der mir gefundenen Stücken
passte.
Es sah aus wie eine
Kachel, doch war sie viel zu dick dafür und bestand aus drei Lagen, alle aus
Materialien, die mir fremd waren. Die erste bestand aus einer Glas-artigen Schicht,
dahinter eine weiche und durchsichtige und zu guter Letzt eine schwarze,
Kohle-artige.
„Ich habe sie vor
einigen Tagen gefunden, als ich auf einem Feld Blumen zum Pressen gesammelt
habe.“ erklärte sie mir. Ich fragte sie, ob sie es Marius gezeigt hatte – sie
verneinte.
Eintrag 3
11. Mai 1960
Wisst ihr, wie
beschissen das ist, wenn man sich auf nichts konzentrieren kann? Also ich
meine, auf absolute gar nichts?! So erging es mir heute während der Arbeit; den
Kunden falsche Artikel verkaufen, die Artikel fasch abrechnen, die Werkzeuge
vertauschen und sogar verlieren! So erging es mir den ganzen, verschissenen Tag!
Wieso? Ganz einfach: die Gänge. Ich hatte ja im letzten oder vorletzten Eintrag
gesagt, dass ich mit den Werken von Jules Verne vertraut bin. Nun, vertraut ist
wohl etwas untertrieben – ich liebe diesen Autor! Die Welten, die er erschafft,
die Figuren, die er zum Leben erweckt. Ich habe 20.000 Meilen unter dem Meer
schon zigmal durchgelesen, so auch Reise zum Mittelpunkt der Erde. Warum ich
euch das erzähle? Ganz einfach: in keinem dieser Bücher steht irgendetwas von
unterirdischen Gängen aus Eisen mit komischen Beschriftungen. Fantastische
Erfindungen, die eines Tages vielleicht Realität werden, interessante Welten,
die man gerne selbst bereisen wollen würde. Doch von Welten, die durch Gänge
verbunden sind – nichts.
Nun, ich dachte mir,
ich werde selber Abenteurer und stieg nach der Arbeit selber in den Gully,
durch den Publius gekommen war. Und es war so, wie er es beschrieben hatte:
eiserne, oder sollte man eher sagen, stählerne Gänge mit Rohren und Lampen –
und dazu die komischen Beschriftungen, die er beschrieben hatte. Neben der
Leiter stand D.E. 1920 RD in fetter, aufgemalter, gelber Schrift. Was hat das zu bedeuten? 1920? Das war vor
vierzig Jahren. Da ich nicht wusste, was es bedeutet und da ich nicht wusste,
wohin es ging, lief ich die Wand mit der Schrift entlang und kam schließlich zu
einer weiteren Leiter mit einem weiteren Schriftzug: D.E. 1920 SQR. SQR? Wenn
Publius durch diesen Eingang gekommen war, müsste es nicht SPQR heißen – also Senat und Volk von
Rom? Dies war das Zeichen der römischen Republik – die Republik, die in
Publius‘ Welt scheinbar noch existierte. Ich kletterte die Leiter nach oben,
stoppte aber abrupt, als ich eine vertraute Stimme wahrnahm…Mrs. Darson?! Ja,
es war ihre Stimme, wie sie wieder und wieder von den gleichen Unsinnigkeiten
faselte. Noch dazu hörte ich auf einmal das laute Läuten von Kirchenglocken und
schaute mit einer Hand auf meine Taschenuhr: 16 Uhr – das Nachmittagsläuten.
Ich war scheinbar
immer noch unterhalb von Muntun, weswegen ich die Leiter betrübt wieder nach
unten kletterte. Als ich mich jedoch umdrehte, bemerkte ich vor mir drei
weitere Gänge mit folgenden Beschriftungen:
D. R. -44
FRM
D. M. 1340
SQR
D. CNTRL
Aus irgendeinem
Grund entschied ich mich, den ersten der drei genannten Gänge entlangzulaufen
und ihr glaubt nicht, wer mir da entgegenkam. Na gut, ihr könnt es euch wohl
denken; es war Publius, welcher, erneut in seiner Decke eingehüllt, wohl
ebenfalls auf Erkundungstour gegangen war. Für ihn war es wohl auch eine
sichtliche Überraschung, mich hier zu sehen. Göttliche Fügung, würde ich sagen.
Wir begrüßten uns herzlich und er berichtete mir, dass er durch den Gully im
Zentrum seiner Stadt in die Gänge gekommen war. Und es schien sogar, als hatte
er denselben Gedanken gehabt und zeigte mir eine seiner Schriftrollen, auf der
er ebenfalls einige der komischen Beschriftungen notiert hatte:
D. E. 1920
SQR
D. S.
-8000 HLL
D. CNTRL
Wir erkannten, dass
die beiden unteren Beschriftungen genau gleich waren und diskutierten, was nun
als nächstes zu tun sei. Publius wollte der Sache sofort auf den Grund gehen.
Doch auf einmal schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: hatte er nicht gesagt,
er sei durch ein Grab auf einem Hügel in das Gänge-system gelangt? Wir haben ja
auch einen Hügel – allerdings befindet sich dort eine kleine Kapelle, sowie
eine Lichtung mit Festhütte und nicht ein Grab oder ein uralter Steinkreis.
Doch ich erinnerte mich, wie verwirrt ich war, als ich erfuhr, wie ähnlich sich
der Name seiner Stadt nach Muntun Upon Stynn anhörte. Ob es da eine Verbindung
gab? Oder war alles nur Zufall?
Mittels viel
Überzeugungskunst schaffte ich es, Publius dazu zu überreden, zuerst zu mir zu
gehen, um einiges an Proviant zu holen. Wer weiß, was wir auf dem Hügel oder
oberhalb der anderen Leitern finden! Ich muss dazu allerdings sagen, dass
ich…nun ja…ihm einige Versprechungen gemacht hatte. Zum einen wollte er erneut
von meinem gebunkertem Whiskey trinken und zum Anderen wollte er unbedingt wissen,
was es mit CREOLE LOVE CALL auf sich hatte. Und…natürlich würde ich seinen
Bitten nachkommen!